Einstieg und Hintergrund
Im Alltag und in der Wissenschaft begegnen uns und den Lernenden häufig Statistiken aus empirischen Erhebungen. In übersichtlichen Zahlen und Prozentwerten werden dort die Ergebnisse präsentiert und verschiedene Personen mit ihren Einstellungen und Meinungen übersichtlich als Gruppen also in aggregierter Form dargestellt. Dass hinter diesen Zahlen viele individuelle Menschen stehen, die befragt wurden, erkennt man häufig nur vage an der Angabe zur Anzahl der befragten Personen. Ziel solcher empirischen Erhebungen ist es in der Regel, Gemeinsamkeiten bei den Befragten zu finden, um diese in spezifische Gruppen bzw. verschiedene Typen einzuteilen, die man dann miteinander vergleichen und analysieren kann. Die einzelnen Befragten sind nicht mehr sichtbar.
Ziel des Datendetektivs
Im Datendetektiv geht es nun darum, dass die Lernenden zum einen erfahren, wie in der empirischen Sozialforschung mit quantitativen Daten gearbeitet wird, zum anderen sollen sie sich bewusstwerden, dass sich hinter den aggregierten Daten viele individuelle Personen verbergen, die zwar hinsichtlich bestimmter Merkmale Gemeinsamkeiten aufweisen, dennoch aber sehr unterschiedlich sein können, d.h. die Heterogenität auf Fallebene soll wieder deutlich werden. Der Datendetektiv ermöglicht es quasi, mit der Lupe auf die aggregierten Daten wieder einzelne Menschen sichtbar zu machen, und bietet damit einen ganz neuen Ansatz mit quantitativen Daten zu arbeiten. Dieser Ansatz basiert auf einer Idee von Max Keck (Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Uni Münster, jetzt Uni Duisburg-Essen), der die Quanti-quali-Dimension von Daten aufzeigen möchte. (Für weitere Informationen zu diesem Ansatz s.
Umsetzung
An einem wahlsoziologischen Beispiel einer typischen Wählergruppe - in diesem Fall aufgrund des Neutralitätsgebots das Beispiel der Nichtwählerinnen und Nichtwähler - und deren sozio-ökonomischen Profilentwicklung wird denen Lernenden erfahrbar gemacht, wie durch Datenfilterungen Personenprofile in Daten aufdeckt werden können und welche Schlussfolgerungen man daraus ziehen kann. Deutlich werden soll dabei auch, welchen spezifischen Artefaktcharakter im Unterschied zu den qualitativen Profilen die Aggregat-Daten haben.
Problemstellung für das ausgewählte Beispiel
„Freie Wahlen sind Grundlage der Demokratie“
Ausgehend von dieser Problemstellung, die im Einstieg mithilfe einer Schlagzeilen-Collage zum Thema (
An die Hand bekommen die Lernenden dafür empirische Daten (
Nach der Datenanalyse erfolgt eine Zuordnung der untersuchten Fälle zu wissenschaftlich definierten Typen von Nichtwählerinnen und -wählern (
Für stärkere Lerngruppen kann im Anschluss daran vertiefend erarbeitet werden, inwiefern sich die Typisierung im Rahmen von wissenschaftlichen Untersuchungen von Stereotypen und Vorurteilen unterscheidet. (
Leitfragen
Welche Faktoren beeinflussen die Wahlabsicht? Aus welchen Gründen gehen Menschen nicht wählen? Und wie kann man dies wissenschaftlich herausfinden?
Nichtwählende – welche Menschen verbergen sich dahinter? (Quanti-quali-Dimension von Daten)
Wie könnte man Nichtwählerinnen und -wähler dazu motivieren, (wieder) wählen zu gehen? (s.
Interner Link: Baustein 4 )
Lernziele
Inhaltlich
Die Schülerinnen und Schüler
können Faktoren benennen, die die Wahlabsicht beeinflussen (Gründe für Nichtwählen).
analysieren und erschließen verschiedene Typen von Nichtwählerinnen und -wähler.
entwickeln Ideen zur Motivierung von Nichtwählerinnen und -wähler.
kennen Verfahren sozialwissenschaftlicher Datengewinnung und –analyse.
erschließen sich aus Texten die Bedeutung von Typisierung und Stereotypisierung, können kennzeichnende Unterschiede benennen und beide Verfahren begründet beurteilen.
Methodisch
Die Schülerinnen und Schüler
erlernen sozialwissenschaftliche Methoden und wenden diese mit Fokus auf eine fachspezifische Fragestellung exemplarisch an.
analysieren und interpretieren Daten.
erschließen sich Wissen aus der Rezeption verschiedener medialer Formate (Text, Schaubild, Daten, Diagramm).
erkennen Heterogenität auf Fallebene.
Planungshinweise
Die Unterrichtsmaterialien können im Rahmen einer Doppelstunde (90 Minuten) – bzw. in zwei bis drei Einzelstunden (à 45 Minuten) – eingesetzt werden.
Einstieg
Der Einstieg in den Baustein erfolgt über eine Collage mit verschiedenen Schlagzeilen im Nachgang von unterschiedlichen Wahlen, die eine Zunahme Nichtwählerinnen und -wählern thematisieren. (
Alternativ oder zusätzlich vorab kann das Thema als Impuls auch über einen Auszug aus dem Filmbeitrag von Caroline Kebekus „Externer Link: Wissen macht Äh - Rebecca und Larissa erklären die Bundestagswahl“ (Beitrag vom 01.07.2021 in der ARD-Mediathek). In der ersten Minute (bis Min 1:15) unterhalten sich hier die beiden fiktiven Figuren über die Bundestagswahl und die Wichtigkeit, an der Wahl teilzunehmen. Der Filmbeitrag bietet einen satirischen und evtl. lebenswelt-näheren Zugang für die Lernenden, sollte aber nur eingesetzt werden, wenn abzuschätzen ist, dass sich niemand in der Klasse – z.B. durch ähnlichen Sprachgebrauch – durch die Figuren bloßgestellt fühlt.
Nach dem Einstieg leitet die Lehrkraft zur Erarbeitungsphase über. Untersucht werden soll, in einer Art Detektivarbeit, was das für Menschen sind, die nicht zur Wahl gehen und welche Gründe sie dafür haben.
Erarbeitung
Die Lernenden erhalten alle benötigten Materialien für die Detektivarbeit. (M 03.02 - M 03.04) und bearbeiten diese zunächst in Einzelarbeit und vergleichen ihre Ergebnisse anschließend im Zweierteam.
Zunächst wählen sie sich einen Fall, also eine Person, für die Bearbeitung aus. Die dazugehörige Identifikationsnummer tragen sie in das entsprechende Feld auf dem Arbeitsblatt (