Bevor Sie die Datenauswertung durch die Schülerinnen und Schüler angehen, sollten Sie als Lehrerin bzw. Lehrer unbedingt erst selbst die Daten sorgfältig prüfen und vorab auswerten.
Dies ermöglicht Ihnen nicht nur, eine reibungslose Datenauswertung durch die Schülerinnen und Schüler vorzubereiten, sondern hilft auch Situationen bei der Datenauswertung zu vermeiden, in denen man mit brisanten Ergebnissen konfrontiert wird – Situationen in denen man dann ohne Vorbereitung in der Klasse spontan reagieren muss. Eine gute Vorabanalyse der Daten hilft unliebsamen Überraschungen vorzubeugen und heikle Situationen – im schlimmsten Falle gar eine Eskalation – zu vermeiden.
Außerdem bekommen Sie auf diese Weise eventuell auch schon einen kleinen Eindruck, wo die neuralgischen Punkte sind, die es für eine Verbesserung des Klassenklimas in Angriff zu nehmen gilt.
Worauf Sie bei der vorbereitenden Sichtung und Auswertung der Daten achten sollten:
Sind einzelne Schülerinnen oder Schüler durch ihr Antwortverhalten erkennbar, also identifizierbar? (-> Anonymität?)
Gibt es Fragen, bei denen eine oder zwei Personen sehr vom Antwortverhalten der restlichen Klasse abweichen? (-> Außenseiter?)
Wo sind heikle oder brisante Dinge erkennbar? (z.B. Mobbing, Missbrauch, autoaggressives Verhalten, psychische oder familiäre Probleme o.Ä.)
Wo sind neuralgische Punkte, die man in der späteren Phase der Maßnahmenfindung unbedingt berücksichtigen sollte? (z.B. Mobbing, aggressives Verhalten, "Lästereien", "Wegschauen" etc.)
Wichtig: Sollten Sie bei der Analyse der Daten ein ungutes Gefühl haben, was die eigenständige Auswertung der Daten durch die Schülerinnen und Schüler angeht, so sollten Sie – trotz aller didaktischen Vorteile, die eine solche Phase bietet – lieber darauf verzichten und stattdessen einige von Ihnen angefertigte Grafiken zu ausgewählten, "harmlosen" Ergebnisse zusammen mit den Schülerinnen und Schülern besprechen.
Tipp: Über die Grundauswertung der Daten erhalten Sie einen schnellen Überblick über das komplette Datenmaterial der Klassenbefragung, da hier alle Fragen einmal jeweils in absoluten und prozentualen Zahlen aufgeführt werden (Hinweise zu den Auswertungsfunktionen von GrafStat finden Sie in
Viele interessante Informationen liefern zudem die Antworten zu den offenen Fragen, denn hier formulieren die Schülerinnen und Schüler selbst, welche Erlebnisse sie mit verschiedenen Formen von Gewalt hatten und wie die Begleitumstände waren (Zur Auswertung von freien Fragen finden Sie Informationen in
Hinweise zum Schülerfeedback allgemein
Befragungen von Schülerinnen und Schülern findet man immer häufiger. In vielen Schulen wird im Rahmen der Schulentwicklung und Qualitätssicherung ein Schülerfeedback eingeholt, sei es zu Schulfragen allgemeiner Art oder aber konkret zur Beurteilung einzelner Lehrpersonen. Dies ist sicherlich ein probates Mittel, um schnell die Meinung der Schülerinnen und Schüler zu erfassen, wenngleich in der Fachliteratur ebenfalls darauf hingewiesen wird, dass man bei der Analyse der Ergebnisse unbedingt einige Aspekte berücksichtigen sollte, die evtl. eine verzerrende oder verfälschende Wirkung auf die Ergebnisse haben könnten.
Folgende Aspekte werden dabei genannt:
Schülerinnen und Schüler beurteilen Vorgänge und Sachverhalte eher spontan und unreflektiert.
Sie orientieren sich dabei nicht unbedingt an normativen, vorab aufgestellten Kriterien.
Unter Umständen wird das Antwortverhalten einiger Schülerinnen und Schüler von ihrer Vermutung beeinflusst, was die Lehrperson hören möchte bzw. nicht.
Individuelle Wahrnehmung kann sehr unterschiedlich sein: Negative Übertreibungen und Beschönigungen sind daher möglich, daraus folgen "weiche Daten".
Innere Werte-Kataloge bzw. die Bewertung von Freund/innen ("Ich gucke erst einmal, was Sabine geantwortet hat.") können die Stellungnahmen beeinflussen.
Auch der (Un-)Beliebtheitsgrad der Lehrperson kann Einfluss auf die Bewertung haben.
Diese beeinflussenden Faktoren sollten Sie auch bei der Ergebnisanalyse der Mobbing- und Gewalt-Befragung berücksichtigen.
Quelle:
Eigener Text nach: Kowalzcyzk et al.: Erziehen. Handlungsrezepte für den Schulalltag in der Sekundarstufe. Die Selbstdisziplin stärken – das Klassenklima stärken, Berlin: Cornelsen Scriptor 2004, S. 35.