Das Experiment:
In einem psychologischen Experiment geben sechs Studenten in einer Gruppe immer wieder bewusst die gleichen falschen Antworten. Was macht der Siebte? Im Gegensatz zu den sechs anderen ist dieser die eigentliche Testperson.
Welche Linien sind gleich lang?
Das so genannte Asch-Experiment des Psychologen Salomon Asch untersuchte 1951 die Beeinflussung der Meinung bzw. des Urteils einer Einzelperson durch die Meinung bzw. das Urteil einer Gruppe. Beim Experiment müssen die Versuchspersonen zunächst alleine entscheiden, welche Linie der Vergleichskarte (rechts) genauso lang wie die Linie auf der Standardkarte (rechts) ist. Ergebnis: Nahezu alle Probanden lösen die Aufgabe erfolgreich, die Versuchspersonen antworten im nebenstehenden Beispiel also „C“.
Wahrnehmungsanpassung in der Gruppe?
Schematische Darstellung des Asch-Experiments. (© http://www.kriminologie.uni-hamburg.de/wiki/images/f/fc/Asch.gif)
Schematische Darstellung des Asch-Experiments. (© http://www.kriminologie.uni-hamburg.de/wiki/images/f/fc/Asch.gif)
Im eigentlichen Experiment sitzt die unwissende Testperson mit sechs anderen – über den eigentlichen Zweck des Experiments eingeweihten – Personen zusammen in einem Raum. Nacheinander sollen die Personen nun angeben, welche der Linien die gleiche Länge wie die Ausgangslinie aufweist. In den ersten vier Durchgängen geben alle Eingeweihten und auch die eigentliche Versuchsperson die richtige Antwort. Der interessante Teil des Experiments beginnt, als die Gruppe der sechs anderen im fünften Durchgang geschlossen behauptet, dass in unserem Beispiel „B“ dem Strich auf der „Standardkarte“ entspricht, also von der Gruppe geschlossen eine falsche Antwort gegeben wird. Der Versuch wird auf diese Weise mehrmals wiederholt. Wie verhält sich nun die Versuchsperson?
Das Ergebnis ist erstaunlich: 76% der Testpersonen passten sich mindestens einmal dem falschen Urteil der Gruppe an. Ein Viertel der Testpersonen ließ sich nicht von der Gruppe beeinflussen und verhielt sich nicht konform. Die Anpassung an die Mehrheitswahrnehmung einer Gruppe wird in Anlehnung an das Experiment auch Asch-Effekt genannt.
Typisierung der Testpersonen
In der Gruppe der sich anpassenden Personen, der so genannten Konformisten, können drei verschiedene Anpassungstypen unterschieden werden:
Einige Wenige änderten ihre Meinung wegen der Mehrheitsmeinung, ohne bewussten Druck der Gruppe zu verspüren. Ihre Wahrnehmung änderte sich tatsächlich.
Die meisten glaubten ihrem eigenen Urteil nicht und wurden unsicher, obwohl sie richtig wahrgenommen hatten, da die Mehrheit ja Recht haben müsste.
Die dritte Gruppe nahm den Fehler korrekt wahr, wollte jedoch bewusst den Konflikt mit der Gruppe vermeiden.
Diejenigen, die sich der Mehrheit nicht anpassten, können in folgende Gruppen eingeteilt werden:
Die Selbstbewussten
Die Introvertierten
Die Zweifelnden
Die Selbstbewussten äußerten ihre abweichende Meinung klar und deutlich: Ohne die Gruppe anzugreifen, waren sie sich des Konfliktes bewusst. Die Introvertierten zögerten länger, entschieden sich aber dann letztendlich dafür, dass sie ihre Individualität und ihr getroffenes Urteil nicht aufgeben wollen. Die Zweifelnden fühlten sich hin- und hergerissen, entschieden sich aber letztendlich dafür, dass ein unabhängiges Urteil am besten für die Aufgabe ist.
Das Ergebnis dieses Experimentes zeigt, dass es sehr verschiedene Reaktionen auf Gruppendruck gibt und dass Gruppendruck in den meisten Fällen bei den Versuchsteilnehmern eine Wirkung zeigt, selbst wenn diese ihre Meinung nicht ändern.
Das Asch-Experiment im Unterricht
Wenn Sie das Asch-Experiment im Unterricht thematisieren wollen, können Sie dies auf unterschiedliche Art und Weise tun.
Das Experiment selbst mit der Klasse durchführen und anschließend durch Textarbeit mit Hintergrundinfos erläutern (
Interner Link: M 02.07 ,Interner Link: M 02.08 ).
Hierbei sollten Sie überlegen, ob eine Durchführung des Experiments mit Schülerinnen und Schülern für Ihre Klasse geeignet ist. Für die Rolle der Versuchsperson (1 Person) sollten zudem keine allzu schüchternen oder gar ausgegrenzten Schüler ausgewählt werden. Es besteht die Gefahr, dass die Jugendlichen, die sie für die Rolle der Versuchspersonen auswählen womöglich aufgrund ihres Verhaltens in der Experimentsituation gehänselt werden. Daher sollten Sie mit Bedacht entscheiden, ob ein solches Experiment in Ihrer Klasse unproblematisch durchführbar ist. Die ausgesuchten Versuchspersonen können am Anfang der Stunde unter einem Vorwand aus der Klasse geschickt werden. In der Zwischenzeit können Sie die Klasse über den Ablauf des Experiments aufklären.
Zur Durchführung des Experiments benötigen Sie die Testfolien aus MaterialInterner Link: M 02.07 .
Zu Beginn des Experiments wählen Sie scheinbar zufällig sieben bis acht Schülerinnen und Schüler, darunter die Probanden, aus. In insgesamt sechs Durchgängen sollen die acht Schülerinnen und Schüler sagen, welcher der Striche auf der Vergleichskarte dem Strich auf der Standardkarte entspricht. Ihre Konfidenten sollen dabei in den ersten drei Durchgängen richtig antworten, ab Karte 4 sollen sie für die folgenden Karten geschlossen eine falsche Antwort geben.Das Experiment in Form einer kurzen Szene durch Schülerinnen und Schüler darstellen lassen (
Interner Link: M 02.07 ).
Bei dieser Variante spielen acht Schülerinnen und Schüler das Experiment in Form eines kurzen szenischen Spiels nach. Die Klasse erhält eine Beobachtungsaufgabe.Das Experiment in Textarbeit (
Interner Link: M 02.07 ,Interner Link: M 02.08 ) erarbeiten lassen und evtl. zur Unterstützung ein Video vom Experiment zeigen.
Hier können Sie mit den Folien ausInterner Link: M 02.07 einsteigen und die Schülerinnen und Schüler die Aufgabe gemeinsam durchführen lassen. Anschließend beschreiben Sie kurz den Versuchsaufbau des Experiments von Salomon Asch. Die Jugendlichen sollen vermuten, wie die Testpersonen wohl gehandelt haben.
Literatur:
Floren, Franz-Josef: Wirtschaft, Gesellschaft, Politik. Sozialwissenschaften in der Jahrgangsstufe 11, Paderborn: Schöningh 2007, S.265-267.
Sader, Manfred: Psychologie der Gruppe, München: Juventa 2008, S.161ff.