"Wir gehen nicht mehr!", prophezeite Propagandaminister Joseph Goebbels zur Herrschaft des NS-Regimes. Man habe sich darauf einzustellen, dass "die nationalsozialistische Bewegung in die Wirtschaft und die allgemeinen kulturellen Fragen, also auch in den Film, eingreift" – der Film solle nun "völkische Konturen" erhalten. Kunst sei nur dann möglich, "wenn sie mit ihren Wurzeln in das nationalsozialistische Erdreich eingedrungen ist". Mit diesen Worten, die Joseph Goebbels in einer Rede im Berliner Hotel Kaiserhof am 28. März 1933 an Vertreter der Filmbranche richtete, wurden bereits die Grundzüge der kommenden Filmpolitik der Nazi-Diktatur definiert.
Goebbels' Rede steht repräsentativ für eine Zeit radikaler, antidemokratischer Umbrüche – das Ende der Weimarer Republik. Zwei Wochen zuvor, am 13. März 1933, war Goebbels zum Minister für Volksaufklärung und Propaganda berufen worden, und erst acht Wochen lag die Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler zurück. Vier Wochen vor der Goebbels-Rede, am 28. Februar, schufen die Nationalsozialisten mit der "Reichstagsbrandverordnung" eine gesetzliche Grundlage, um wesentliche Grundrechte außer Kraft zu setzen. Und mit dem am 23. März verabschiedeten Ermächtigungsgesetz besaß die Regierung schließlich die Befugnis, ohne Zustimmung von Reichstag und Reichsrat sowie ohne Gegenzeichnung des Reichspräsidenten Gesetze zu erlassen. Ein weiterer entscheidender Schritt hin zum totalitären NS-Regime war gelungen, in dem das Medium Film eine besondere Rolle spielen sollte.
Das Filmgewerbe wurde zum Instrument der NS-Führung
Der Druck auf jüdische Filmschaffende erhöhte sich sofort; nur wenige wurden – wie Reinhold Schünzel, der von 1933 bis 1937 als sogenannter "Halbjude" mit einer Sondergenehmigung arbeitete – eine Zeitlang geduldet, um als Filmkünstler und Devisenbringer den deutschen Film exportfähig zu halten.
Bereits im Frühling 1933 hatte die Ufa, der größte deutsche Filmkonzern, "infolge nationaler Umwälzungen in Deutschland" – so lautete ein Beschluss des Ufa-Vorstandes – ihre jüdischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entlassen. Das Ziel war ein deutsches Filmgewerbe, von dem erstens diejenigen ausgeschlossen wurden, die politische Gegner darstellten und/oder den antisemitischen, rassistischen und nationalistischen Vorstellungen der Nazis nicht entsprachen. Und das zweitens als verstaatlichte Industrie zum Instrument der NS-Führung werden sollte.
Auf dem Weg dahin wurde am 1. Juni 1933 die Filmkreditbank als zentrale Steuerungsinstanz für Filmfinanzierung gegründet. Nachdem bereits am 28. Juni verfügt worden war, dass jeder, der "an der Herstellung eines deutschen Filmstreifens mitwirken will, deutscher Abstammung sein und die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen" muss, sorgte die Reichsfilmkammer mit der "Zuverlässigkeitsklausel" noch im selben Jahr dafür, dass die sogenannte "Arisierung" des deutschen Films weiter vorangetrieben wurde. Jeder Filmschaffende, vom Regisseur bis zum Beleuchter, musste fortan Mitglied der Reichsfilmkammer sein. Aufgrund der Mitgliedspflicht konnte die Institution gleichsam Berufsverbote für alle Filmschaffenden aussprechen, die nicht die vage Forderung nach "erforderlicher Zuverlässigkeit" besaßen – willkürliche Berufsverbote waren möglich.
Das Exil blieb als einziger Ausweg: "Mehr als 1.500 Filmschaffende – viele von ihnen Juden oder politisch progressiv – flohen aus Deutschland", so der Filmhistoriker Eric Rentschler, "und wurden durch sich politisch anbiedernde Schreiberlinge und zweitklassige Opportunisten ersetzt." Viele, die nicht entkamen, wurden wie Kurt Gerron, Eugen Burg, Paul Morgan und Otto Wallburg von den Nazis ermordet.
Film im Krieg – Film als Massenerziehung
Von Beginn an verstand die NS-Führung den Film als ein Medium zur Massenerziehung. Unterhaltende Stoffe wurden vom selbst ernannten "Schirmherrn des deutschen Films" Joseph Goebbels zusehends den offensiven Propagandafilmen vorgezogen. Diese besondere Rolle des Films gewann mit dem deutschen Überfall auf Polen 1939, dem Beginn des Zweiten Weltkriegs, zusätzliche Bedeutung. "Seine erzieherische Wirkung" müsse der Film "gerade im Kriege" entfalten, so Goebbels bei einer Rede vor der Reichsfilmkammer 1941. In seinem Tagebuch notierte Goebbels im Februar 1942: "Auch die Unterhaltung ist heute staatspolitisch wichtig, wenn nicht sogar kriegsentscheidend."
In der Folge entstanden sowohl hetzerische Dokumentarfilme wie "Feldzug in Polen" (1940) und das antisemitische Machwerk "Jud Süß" (1940) als auch propagandistische Unterhaltungsfilme wie "Wunschkonzert" (1940) sowie tendenziöse Spielfilmportraits "großer Deutscher" wie "Friedrich Schiller" (1940) und "Carl Peters – Ein deutsches Schicksal" (1941). Auch im Krieg und während des millionenfachen Massenmords in den deutschen Vernichtungslagern lief die deutsche Filmindustrie auf Hochtouren: "Die Anzahl der verkauften Eintrittskarten", erläutert die Filmwissenschaftlerin Sabine Hake, "schnellte von 624 Millionen im Jahre 1939 auf 1,117 Milliarden im Jahre 1943. In den frühen 1940er Jahren hatten nur die Vereinigten Staaten mehr Vorführorte als das Dritte Reich mit seinen beinah 8.600 Kinos in Deutschland und den besetzten Ländern und Gebieten."
Wichtige Filmtitel des Kinos des "Dritten Reiches" sind "Triumph des Willens", "Jud Süß" oder "Kolberg". Berühmt-berüchtigt als perfide Machwerke aus der Propagandamaschinerie der Nationalsozialisten stellen diese Propagandafilme in der öffentlichen Wahrnehmung den Inbegriff der Filmproduktion in der NS-Zeit dar, denen mit einer Mischung aus Neugier, Distanz, Abscheu und Faszination begegnet wird. Diese Identifikation des Kinos der NS-Zeit mit seinen besonders eindeutigen Propagandafilmen ist symptomatisch und irreführend zugleich. Unbestritten ist der Wille und die Vehemenz, mit denen sich die Nazis der Suggestivkraft des Films zur Indoktrinierung und Mobilisierung der Massen bedienten. Gleichwohl sollte begrifflich stärker zwischen NS-Filmpropaganda und nationalsozialistischen Propagandafilmen differenziert werden. Wie neuere Forschungsarbeiten deutlich gemacht haben, war die Filmkultur in der NS-Zeit als komplexes System darauf ausgelegt, ihre propagandistische Wirkung durch die geschickte Kombination von Unterhaltung und Vermittlung politischer Inhalte zu entfalten. Die politisch-ideologische Indoktrination hatten – zumindest vordergründig – die Dokumentar- und Kulturfilme und insbesondere die Wochenschau zu leisten, die seit 1938 obligatorischer Bestandteil jedes Kinobesuchs war. Der Spielfilm hingegen sollte vor allem der Zerstreuung und der Unterhaltung dienen – war dabei allerdings keineswegs frei von Ideologemen und Propaganda, sondern wies die Mischung von Propaganda- und Unterhaltungselementen zumeist lediglich in anderer Gewichtung auf.
Vom Hitlerjungen Quex zu Friedrich Schiller
Die Filmpropaganda vollzog sich dabei in erster Linie über Polarisierungen, indem dem Publikum entweder idealisierte gesellschaftliche Wunschbilder oder radikale Feindbilder im Sinne der nationalsozialistischen Ideologie präsentiert wurden. Zudem war die propagandistische Funktion der Filme häufig stark kontextorientiert – das heißt, sie wurden gezielt im Zusammenhang mit politischen Aktionen der Nazis produziert und zum Einsatz gebracht. Dem allgemeinen Prinzip der nationalsozialistischen Propaganda entsprechend, handelte es sich um unterschiedlich angelegte, schrittweise Versuche, das Führerprinzip und die "Rassenlehre", den Mythos von Blut und Boden, den Kult der Volksgemeinschaft, spezifische Feindbilder und Themen wie Krieg und Nation populär zu machen und eindeutig zu besetzen.