Die 1970er und 1980er Jahre sind durch ein Nachlassen der Zuwachsraten des Fernsehens gekennzeichnet. Die Teilnehmerzahlen (Gebührenzahler) und die Zuschauerzahlen erreichten eine Sättigungsgrenze. Ende der 1980er Jahre hatten etwa 95 % aller Haushalte in West und Ost ein Fernsehgerät.
Abgrenzung trotz Entspannungspolitik
Im Osten Deutschlands waren die 1970er Jahre durch einen Wechsel in der Führung von Partei und Staat bestimmt: Erich Honecker löste Walter Ulbricht ab. Standen im Hintergrund auch Entspannungsbemühungen zwischen der Sowjetunion und der Bundesrepublik, die in den Vier-Mächte-Verhandlungen kulminierten, so war die Politik der DDR gegenüber der Bundesrepublik doch durch eine stärkere Abgrenzung und die Betonung der DDR als "neue(r) sozialistische(r) Nation" gekennzeichnet. Diese Politik führte dazu, dass der Deutsche Fernsehfunk am 11. Februar 1972 in "Fernsehen der DDR" umbenannt wurde.
Unterhaltungsorientierung im DDR-Fernsehen
Kurz nachdem Erich Honecker den langjährigen SED-Vorsitzenden Walter Ulbricht entmachtet und sich an seine Stelle gesetzt hatte, versuchte er beide Programme zu modernisieren. Bestehende Unterhaltungssendungen wurden ausgebaut und neue – analog zu den Angeboten von ARD und ZDF – konzipiert (z. B. Unterhaltungsabende wie "Ein Kessel Buntes" oder Volksmusiksendungen). Das Programm zielte stärker darauf, die DDR als Nation zu propagieren und sie als Heimat in das Bewusstsein der Zuschauer zu bringen. Die Vermittlung politischer Weltsichten bestand weiterhin, aber es zeigte sich nun deutlich, dass sich mit der Veränderung der Lebensverhältnisse und der Technologisierung der Produktion auch andere gesellschaftliche Leitbilder und Orientierungen herausbildeten. Im Westen wie im Osten – dort etwas zeitversetzt – korrespondierten diese mit bevorzugten unterhaltenden Sendungen und Darstellungsweisen im TV-Programm.
Die Fernsehentwicklung in den 1980er Jahren ist in der DDR zunehmend durch eine Stagnation in der Programmentwicklung gekennzeichnet. Dies hängt zum einen damit zusammen, dass es nach der Ausbürgerung des Liedermachers Wolf Biermann zu einem regelrechten Exodus von Künstlern, Filmemachern, Autoren und Schauspielern aus der DDR kam, deren Fehlen die Programmentwicklung des Fernsehens beeinflusste. Zum anderen wirkte nun auch das Fernsehen der Bundesrepublik stärker in die DDR hinein, nachdem es vor allem in den 1980er Jahren zu technologischen Veränderungen in der Ausstrahlung (vor allem durch die Verbreitung von Fernsehprogrammen per direkt abstrahlendem Satellit) kam.
"Free flow of communication"?
Die grenzüberschreitende Verbreitung von Hörfunk und vor allem von Fernsehen wurde nun international vehement diskutiert (unter dem Stichwort des "free flow of communication"). Es setzte sich gegenüber den Abschottungsversuchen der Ostblock-Staaten, die eine vorherige Zustimmung bei der Abstrahlung fremder Programme auf ihre Territorien forderten, mehr und mehr durch. Vor allem durch die Satellitentechnik war das 'Westfernsehen' nun auch in allen DDR-Gebieten zu sehen.
In den nicht-informationsbezogenen Programmteilen entwickelten sich im Fernsehen der DDR gleichzeitig auch Nischen, in denen etwas mehr Selbstständigkeit gewagt wurde, die sich dann vor allem 1988/89 auch in neuen Programmideen (z. B. "Elf 99") auswirkte.
Im Westen Deutschlands waren beide Jahrzehnte durch Reformversuche der ab 1969 regierenden sozialliberalen Koalition (Brandt/Scheel und Schmidt/Genscher), durch ein gesellschaftliches Aufbruchsklima und starke öffentliche Kontroversen gekennzeichnet. In den 1980er Jahren kam der Einstieg in ein kommerzielles Fernsehen hinzu.
Seit 1976 war die Medienentwicklung durch die Diskussion über neue Verbreitungstechnologien (Kabel, Satellit, Videos) und die sich mit der bevorstehenden Programmvermehrung ergebenden Möglichkeiten der Einführung eines kommerziellen Fernsehens bestimmt. Der Wechsel in der Bundesregierung zu einer christlich-liberalen Regierung unter Helmut Kohl führte ab 1982 zu einem Programm der Deutschen Bundespost zur Verkabelung der Republik, wurde damit der technische Grundstein für die ab 1984 in vier Städten eingeführten Kabelpilotprojekte gelegt, in denen es erstmals auch kommerzielle Programme gab.
Seit den 1970er Jahren hatte sich das Fernsehen in Ost und West gleichermaßen zum Leitmedium entwickelt. Was hier wie dort über den Bildschirm lief, bestimmte stärker als das Radio oder die Tageszeitungen die gesellschaftliche Debatte und das private Gespräch. Politische Konflikte wie das Misstrauensvotum gegen Bundeskanzler Willy Brandt wurden in der Live-Übertragung zu einem gesellschaftlichen Ereignis wie zuvor nur Sportübertragungen. Das Fernsehen förderte so in der Bundesrepublik den Zusammenhalt einer Gesellschaft, deren alte Bindungsstrukturen wie Großfamilie, Kirche oder Betriebe an Bedeutung und Kraft verloren hatten. In der DDR imaginierte das Fernsehen das Bild einer sozialistischen Gesellschaft, wie sie real von den Menschen nicht unbedingt täglich erfahren wurde, aber für viele auch als Zielvorstellung dienen konnte.
Medium der Modernisierung
In diesem Sinne war das Fernsehen in beiden deutschen Staaten Ausdruck der Modernisierung einer mobiler werdenden und auf eine größere Unabhängigkeit ihrer Individuen setzenden Gesellschaft. Es war zugleich auch einer ihrer Motoren, weil es Bilder der Modernisierung verbreitete und ihre Werte (wie Schnelligkeit, Beschleunigung, Offenheit für Neues etc.) durch ihre wiederholte Thematisierung propagierte. Dass der durchschnittliche Fernsehkonsum pro Jahr immer weiter anwuchs, deutet an, dass das Fernsehen umgekehrt offenbar auch die Folgen der Individualisierung linderte und Geborgenheit und Heimat vermittelte. Vor allem ältere Menschen verbrachten mehr und mehr Zeit vor dem Fernsehapparat.
Fernsehen und Politik in der BRD
Fernsehen bildete durch seine besondere Bild-Ton-Qualität und Verbreitungsmöglichkeiten wie die Live-Ausstrahlung, eine besondere Form von Öffentlichkeit. Diese erzeugte schon in den 1950er Jahren den Eindruck von Unmittelbarkeit und Teilhabe. Dies führte dazu, dass die Politik in Ost wie West das Fernsehen argwöhnisch betrachtete. Gleichwohl nutzte sie aber zunehmend dessen Vermittlungspotenziale.
Fernsehen als Medium politischer Öffentlichkeit
War das öffentlich-rechtliche Rundfunksystem der Bundesrepublik auf weitgehende Unabhängigkeit des Fernsehens vom Staat angelegt, so wurde umgekehrt in der DDR eine besonders enge Verbindung von Staat, Partei und Fernsehen gesucht. Die Fernsehgeschichte ist deshalb in der Bundesrepublik durch eine frühe, oft direkte Auseinandersetzung zwischen Politik und Fernsehen gekennzeichnet, die Entwicklung in der DDR durch eine feste Verkoppelung von Politik und Fernsehen, die oft nur indirekt – und nicht immer erfolgreich – unterlaufen werden konnte.
Die Politiker der Bundesrepublik taten sich mit dem Medium Fernsehen schwer: Erst in den 1970er Jahren arrangierten sie sich mit der Kritik an ihrem Handeln durch das Fernsehen. Vor allem das nach einem englischen Vorbild gestaltete NDR-Magazin "Panorama", das ab 1961 die Politik der Bundesregierung kritisch begleitete und kein Blatt vor den Mund nahm, wenn es galt, unhaltbare Zustände der Gesellschaft (beispielsweise die Polizeiaktion gegen den "Spiegel" 1962) anzuprangern, störte konservative Politiker beträchtlich. Immer wieder versuchten sie, Druck auf die Fernsehanstalt, die die Sendung produzierte, (den NDR) auszuüben und in die Redaktion hineinzuregieren. Die konservative Springer-Presse und ihr lautestes Sprachrohr, die "Bild-Zeitung", lieferten dabei oft willfährig Schützenhilfe. So wurde der "Panorama"-Moderator Gert von Paczensky in Schlagzeilen als "Spitzbart" bezeichnet, somit als eine Art westlicher Ulbricht tituliert, der schleunigst vom Bildschirm zu entfernen sei. Paczensky wie auch seine Nachfolger Eugen Kogon und Joachim Fest mussten ihren Moderatorenstuhl vorzeitig räumen, nach politischen Interventionen, die sich gegen kritische Kommentare zur Politik der Bundesregierung richteten. Doch "Panorama" selbst machte weiter. Als sich das WDR-Magazin "Monitor" unter Claus Hinrich Casdorff ebenfalls kritisch der Politik der Bundesregierung widmete, nahm die Kritik am NDR-Magazin ab.
Die Auseinandersetzungen um die Fernsehberichterstattung zeigten, dass das West-Fernsehen sich gegen die ihm zugemutete Rolle, nur die Meinung der Regierung wiederzugeben, erfolgreich wehrte und damit auch in der Bevölkerung das Bewusstsein von der Notwendigkeit einer kritischen Öffentlichkeit aufbauen konnte.
In der DDR war das Verhältnis von Politik und Fernsehen grundsätzlich anders definiert. Nach dem Leninschen Verständnis der Medien, das auch für die DDR in den 1950er Jahren maßgeblich war, hatten die Medien Agitatoren, Propagandisten und Organisatoren der Massen im Sinne der Partei zu sein. Dementsprechend war die Organisation des Fernsehens eng verkoppelt mit dem Staat und der führenden Partei, der SED.
Das "Staatliche Fernsehkomitee" war nicht nur direkt beim Ministerrat der DDR verankert – sein Vorsitzender war bis zum Ende der DDR das ZK-Mitglied Heinz Adameck –, sondern die Weisungen für das Fernsehen kamen auch direkt von der Partei. Zuständig waren sowohl die Abteilung für Agitation und Propaganda beim ZK der SED als auch – seit den 1970er Jahren – die Agitationsabteilung des Politbüros des ZK der SED, das zunächst unter der Leitung von Albert Norden, später von Werner Lamberz, ab 1979 von Joachim Herrmann stand. Zusätzliche Kontrollen übte das Ministerium für Staatssicherheit aus, das für die Medienkontrolle zuletzt 42 offizielle und 350 inoffizielle Mitarbeiter beschäftigte . 1984 wurde für das Fernsehen auch eine eigene SED-Kreisleitung gebildet, um die Fernsehproduktion stärker an die Partei zu binden .
Sprachanweisungen durch das Politbüro
Insbesondere für die politische Berichterstattung und hier vor allem für die Nachrichten der "Aktuellen Kamera" wurden direkte Sprachanweisungen vom Politbüro der SED gegeben. Diese Praxis führte dazu, dass das DDR-Fernsehen über bestimmte aktuelle Ereignisse erst Tage später berichtete, weil vom Politbüro noch keine konkrete Sprachregelung vorlag.
Diese Sprachregelungen führten zudem zu einem sehr hölzernen, eben 'offiziellen' Redestil in den Nachrichtensendungen, der zur Folge hatte, dass das DDR-Publikum sich oft lieber bei ARD und ZDF informierte, weil dort das politische Geschehen deutlicher und klarer formuliert wurde. Auch präsentierten diese unterschiedliche Meinungen und strebten nicht von vornherein eine Bewertung an.
Herausbildung inoffizieller Öffentlichkeiten
Hatte das bundesrepublikanische Publikum seit den 1960er Jahren, seitdem ARD und ZDF ihre politische Berichterstattung ausgebaut hatten, das Fernsehen als eine neutrale Instanz der Darstellung der Welt kennen und schätzen gelernt, so verstand es umgekehrt das DDR-Fernsehen als ideologisch einseitig und nicht neutral. Eine solche Einschätzung war auch in der DDR bei weiten Teilen des Publikums verbreitet und schlug sich auch in der Glaubwürdigkeit der politischen Berichterstattung nieder. Der Einfluss des DDR-Fernsehens auf die öffentliche Meinungsbildung war nicht zuletzt dadurch viel eingeschränkter als der des bundesrepublikanischen Fernsehens. Nicht zufällig entwickelten sich in der DDR deshalb vor allem in den 1970er und 1980er Jahren Formen von inoffiziellen Öffentlichkeiten jenseits der Medien und insbesondere jenseits des Fernsehens (die Verbreitung von Schreibmaschinentexten, Lesungen in Wohnungen, Kommunikation in inoffiziellen Gruppen etc.).
Fernsehen in Deutschland existierte seit seinen Anfängen grenzüberschreitend. So vor allem zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR. Beide waren durch eine gemeinsame Sprache, eine gemeinsame kulturelle Tradition und eine nationale Geschichte miteinander verbunden. Zwischen deren Bewohnern bestanden zahlreiche familiäre Verbindungen.
Technisch besitzen die im UKW-Frequenzband abgestrahlten Fernsehprogramme eine Reichweite bis etwa 150 km, wenn sich ihnen keine landschaftlichen Erhebungen in den Weg stellen. Das Fernsehen der Bundesrepublik erreichte mit seinen Sendern entlang der innerdeutschen Grenze und in West-Berlin weite Gebiete der DDR, mit Ausnahme des Gebiets um Dresden sowie der nordöstlichen Teile von Mecklenburg-Vorpommern. Die DDR-Programme konnten umgekehrt im Norden weit in die norddeutsche Tiefebene nach Westen hin ausgestrahlt werden, südlich davon wurde ihre Reichweite durch die Mittelgebirge stark begrenzt.
Empfang von Westfernsehen in der DDR
Zwar gingen die DDR-Behörden nach 1961 massiv gegen den Empfang des 'Westfernsehens' vor – die FDJ drehte zum Beispiel vielen Bürgern die nach Westen gerichteten Antennen um –, doch konnten sie langfristig den Empfang bundesrepublikanischer Programme in der DDR nicht verhindern. Ab 1971 wurde der Empfang westlicher Fernsehprogramme auch nicht mehr verfolgt. In der Bundesrepublik wurde 1959/60 ein starker Einfluss des DDR-Fernsehens auf die Arbeiterschaft im Westen befürchtet, nachdem die DDR leistungsstarke Sender an ihrer Westgrenze aufgebaut hatte, doch erwiesen sich die Befürchtungen als grundlos, wie einige eigens durchgeführte Befragungen erkennen ließen .
Gegenseitige Beeinflussung
Fernsehen bildete also eine Öffentlichkeit, die auch unabhängig von den jeweils Regierenden mehr oder weniger Einfluss auf die Bevölkerung in Ost und West hatte. Das hatte zur Folge, dass in beiden deutschen Fernsehsystemen auch das jeweils andere Deutschland thematisiert und die Bilder des jeweils anderen Fernsehens kommentiert wurden. Als das DDR-Fernsehen Anfang der 1960er Jahre mit der Ausstrahlung von Sendungen am Vormittag ("für Schichtarbeiter") begann, setzte die ARD, später ARD und ZDF gemeinsam, ebenfalls ein Vormittagsprogramm dagegen, das anfangs nur im NDR- und SFB-Bereich sowie von den Sendern an der innerdeutschen Grenze, später dann von allen bundesrepublikanischen Sendern ausgestrahlt wurde.
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