Entstehungsbedingungen des dualen Rundfunksystems nach 1945
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden in der Bundesrepublik Deutschland zunächst nur öffentlich-rechtliche Landesrundfunkanstalten zugelassen. Anfangs wurden lediglich Radioprogramme, später auch TV-Sendungen ausgestrahlt. Die Gründe für die Schaffung des öffentlich-rechtlichen Systems lagen in den politischen Bedingungen der unmittelbaren Nachkriegszeit und den Bemühungen der Alliierten um eine Demokratisierung Deutschlands. Diese sollte durch eine staatlich und wirtschaftlich unabhängige Struktur des Rundfunks befördert werden. 1950 schlossen sich die Landesrundfunkanstalten zur "Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland" (ARD) zusammen und strahlten ab 1954 ein Gemeinschaftsprogramm "Deutsches Fernsehen" aus. Zuvor wurde dieses vom Nordwestdeutschen Rundfunk (NWDR) vorbereitet. Der öffentlich-rechtliche Charakter des Fernsehens wurde 1961 durch das Bundesverfassungsgericht bestätigt und bis in die 1980er Jahren hinein festgeschrieben. Ein wesentliches Argument war die Frequenzknappheit, die zu einem Pluralismus innerhalb der Programme zwang. Am 1. April 1963 kam das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF) hinzu. Ab 1964 folgten die sogenannten Dritten Programme der ARD, die zunächst nur regional verbreitet wurden.
Rundfunkurteile und neue Verbreitungswege
In den 1980er Jahren sorgten zwei Entwicklungen für ein sich abzeichnendes Ende der Frequenzknappheit im deutschen Fernsehen:
Der rechtliche Rahmen: Das Rundfunkurteil des Bundesverfassungsgerichts von 1981 erlaubte die Zulassung weiterer Programme und dies schloss auch privatwirtschaftlich organisierte Programme ein. Als das Bundesverfassungsgericht 1986 in seinem vierten Rundfunkurteil privat-kommerzielle Rundfunkprogramme für verfassungsgemäß erklärte, wurde der Grundstein für das Duale Rundfunksystem gelegt.
Die technische Entwicklung: Rundfunksatelliten ermöglichten die Ausstrahlung von TV-Programmen, die unmittelbar von den Zuschauern empfangen werden konnten. Außerdem begann die Deutsche Bundespost damit, immer mehr Städte mit neuen TV-Kabelnetzen zu versorgen. Die neuen Verbreitungswege ermöglichten zusätzliche Angebote. So sendeten im Januar 1984 der Sat.1-Vorläufer PKS (im Rahmen eines sogenannten Kabel-Pilotprojektes) und RTL (von Luxemburg aus) die ersten privatwirtschaftlichen TV-Programme für Deutschland.
QuellentextDrittes Rundfunk-Urteil / BVerfG 57, 295 vom 16. Juni 1981
Die Regelung, die das Gesetz über die Veranstaltung von Rundfunksendungen im Saarland in Abschnitt C, I. und II. Titel für Rundfunksendungen in deutscher Sprache getroffen hat, genügt in wesentlichen Teilen nicht den insoweit bestehenden Geboten des Grundgesetzes; sie ist daher nichtig.
I.
Mit den zu prüfenden Vorschriften hat der Gesetzgeber des Saarlandes privaten Rundfunk grundsätzlich zugelassen. Die Gültigkeit der Privatfunkbestimmungen des Gesetzes über die Veranstaltung von Rundfunksendungen im Saarland kann daher nicht von den in den Stellungnahmen, Gutachten sowie in Ausführungen während der mündlichen Verhandlung erörterten Fragen abhängen, ob der Ausschluß privaten Rundfunks zugunsten der öffentlich-rechtlichen Anstalten auch unter den heutigen und künftigen technischen Bedingungen noch mit dem Grundgesetz vereinbar ist und ob im Zusammenhang damit eine verfassungsrechtliche Pflicht besteht, privaten Rundfunk einzuführen. Die verfassungsrechtliche Prüfung hat sich vielmehr auf die Frage zu beschränken, ob die saarländische Regelung mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Dafür bedarf es auch keiner Entscheidung über die in den schriftlichen und mündlichen Äußerungen behandelte Frage eines grundrechtlichen Anspruchs auf die Veranstaltung privater Rundfunksendungen.
Innerhalb des damit gezogenen Rahmens kann ebenfalls offenbleiben, ob die zur Prüfung stehenden Bestimmungen unter dem Gesichtspunkt ihres Zustandekommens verfassungsrechtlich zu beanstanden sind. Denn unabhängig von den Bedenken, die insoweit namentlich von dem Bevollmächtigten der ARD gegen die überstürzte Verabschiedung durch den Landtag des Saarlandes geltend gemacht worden sind, ergibt sich die Verfassungswidrigkeit dieser Bestimmungen aus einem Verstoß gegen konkrete grundrechtliche Maßstäbe, insbesondere solche der in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleisteten Freiheit des Rundfunks.
2. Verfassungsrechtlich zu beanstanden ist weiter das Fehlen jeder Regelung der Frage, was zu geschehen hat, wenn mehr Bewerber um eine Konzession auftreten, als nach der Frequenzsituation berücksichtigt werden können. Auch insoweit ist, wie gezeigt, eine gesetzliche Regelung geboten, die zumindest eine gleiche Chance der Bewerber gewährleistet. Die Frage konnte im Zeitpunkt der Verabschiedung der zur Prüfung stehenden Vorschriften (1967) nicht unberücksichtigt bleiben. Sie ist auch heute nicht gegenstandslos, weil im Saarland noch kein flächendeckendes Kabelnetz besteht und weil im Bereich der herkömmlichen Sendetechnik vorerst nicht mit einer wesentlichen Erweiterung der verfügbaren Frequenzen gerechnet werden kann; demgemäß kann jedenfalls in der Gegenwart und der nahen Zukunft nicht davon ausgegangen werden, daß allen Bewerbern der Zugang zur Veranstaltung privaten Rundfunks eröffnet werden könnte. Der Gesetzgeber durfte daher die Entscheidung hierüber nicht dem nicht näher begrenzten Ermessen der Landesregierung überlassen. Daß sich voraussichtlich nur wenige Bewerber finden würden, konnte eine Regelung nicht entbehrlich machen.
Quelle: Externer Link: http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv057295.html
Im Dualen System sind öffentlich-rechtliche Programme für eine umfassende Grundversorgung zuständig, während privatwirtschaftliche Anbieter nur bestimmte Standards einhalten müssen. Ausdrücklich räumten die Verfassungsrichter den kommerziellen Wettbewerbern "möglichst massenattraktive, unter dem Gesichtspunkt der Maximierung der Zuschauer- und Hörerzahlen erfolgreiche Programme zu möglichst niedrigen Kosten" ein. Allerdings ist seit dem vierten Rundfunkurteil die Existenz von RTL, Sat.1 & Co. notwendig an die funktionierende Grundversorgung durch ARD und ZDF gekoppelt (Akzessorität).
Zulassung und Kontrolle privatwirtschaftlicher Anbieter
Im Rahmen ihrer Kulturhoheit verabschiedeten in den 1980er und 1990er Jahren alle Bundesländer eigene Mediengesetze, um die Zulassung und Kontrolle privatwirtschaftlicher Radio- und Fernsehprogramme zu regeln. Als bundesweiten Rechtsrahmen für Rundfunkveranstalter erließen die Bundesländer 1987 einen Rundfunkstaatsvertrag, der seitdem immer wieder an aktuelle Gegebenheiten angepasst wurde (Rundfunkänderungsstaatsverträge). Für Zulassung und Kontrolle privatwirtschaftlicher Rundfunkanbieter sind im Rahmen der Kulturhoheit der Länder deren Landesmedienanstalten zuständig. TV-Programmanbieter können sich bei ihrer Lizenzierung eine Landesmedienanstalt aussuchen und erhalten dann eine bundesweite Satelliten-Lizenz. Plätze in Kabelnetzen und terrestrische Frequenzen (Antennenfernsehen) werden von den Landesmedienanstalten in den Bundesländern jeweils nach eigenen Gesichtspunkten vergeben.
Überführung des DFF in neue Landesrundfunkanstalten
Nach dem Ende der DDR 1989 und der deutschen Einigung wurde das Programmvermögen, Personal und Einrichtungen des Deutschen Fernsehfunks (DFF) in die neuen Landesrundfunkanstalten (Mitteldeutscher Rundfunk (MDR), Ostdeutscher Rundfunk Brandenburg (ORB)) und den Norddeutschen Rundfunk (NDR) überführt, dem das Land Mecklenburg-Vorpommern beigetreten war.
Trends beim Zuschauermarkt
Alle Programme verlieren Marktanteile, weil das Programmangebot kontinuierlich steigt. (© picture-alliance, Bildagentur-online/Klein)
Alle Programme verlieren Marktanteile, weil das Programmangebot kontinuierlich steigt. (© picture-alliance, Bildagentur-online/Klein)
Unter ökonomischen Gesichtspunkten vertretbar ist, dass auch beim öffentlich-rechtlichen Fernsehen von einer Teilnahme an einem Markt gesprochen wird. Die Marktverhältnisse auf dem deutschen Fernsehmarkt gelten seit Jahren als stabil. Nach aktuellem Stand (2019) sind die Gewichte im Dualen Rundfunksystem der Bundesrepublik so verteilt, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk etwa 48 % der Zuschauermarktanteile besitzt (zum Vergleich: 2015: ca. 44 %). Für die privatwirtschaftliche Konkurrenz bleiben etwa 52 % übrig (2015: ca. 56 %).
Erstens verlieren fast alle großen Sender kontinuierlich Marktanteile, was an der steigenden Zahl der Spartenprogramme liegt. Zweitens schneiden ARD und ZDF in den Zeiträumen mit geraden Jahreszahlen besonders gut ab, weil in diesen Jahren bei Zuschauern beliebte Sport-Großereignisse (Welt- und Europameisterschaft im Fußball, Olympische Spiele) stattfinden, deren TV-Übertragungsrechte i. d. R größtenteils bei den öffentlich-rechtlichen Anbietern liegen.
Drittens bleibt bei den Privatsendern trotz zunehmender Senderanzahl und Spartenprogramme der Marktanteil der beiden Sendergruppen RTL Deutschland und ProSiebenSat.1 Media SE mit zusammen ca. 40 % in den letzten Jahren recht konstant.