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Veränderungen durch die Digitalisierung | Deutsche Fernsehgeschichte in Ost und West | bpb.de

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Veränderungen durch die Digitalisierung

/ 8 Minuten zu lesen

DVB-T – Digitales, terrestrisches Fernsehen (© ddp/AP)

Die Verbreitungstechnik des Fernsehens wurde seit den 1980er Jahren durch die Digitalisierung grundlegend verändert. Die Digitalisierung stellt keine spezifische Veränderung des Fernsehens dar, sondern umfasst und durchdringt auch zahlreiche andere Produktions- und Distributionstechnologien. Die Digitalisierung steigerte vor allem die Zahl der ausstrahlbaren Programme, reduzierte den Energieaufwand pro Programm und führte zu zahlreichen weiteren Veränderungen, insbesondere zur Kombination der Fernsehprogramme mit anderen medialen (auch interaktiven) Diensten. Die meisten digitalen Übertragungsnormen arbeiten mit Datenkomprimierung, d. h. dass die Datenmengen der digitalen Ursprungssignale je nach Qualitätsansprüchen vor der Verbreitung reduziert werden, um Bandbreite zu sparen. 

Unter Digitalisierung versteht man dabei sowohl die Transformation der traditionellen Bild- und Tonsignale, die nun als 'analoge' Signale bezeichnet werden, als auch die direkte Produktion und Ausstrahlung von Fernsehsendungen in digitaler Form. Im technischen Sinne wird dabei nicht mehr eine Signalpegeländerung (durch Frequenzmodulation) betrieben, sondern ein Signalwechsel (durch 'Ein' und 'Aus' des elektrischen Impulses). 

DVB (Digital Video Broadcasting)

DVB ist eine flexible Standardfamilie, die für zahlreiche Weiterentwicklungen offen ist. DVB-S bezeichnet das Übertragungsverfahren aus dem All via TV-Satellit, DVB-S2 ist der erweiterte Satellitenstandard für HDTV, DVB-C das digitale Kabelfernsehen und DVB-T sowie DVB-T2 die terrestrische digitale Übertragung. DVB-H war das Kürzel für das Digitalfernsehen für mobile Endgeräte (vorzugsweise Handy), das sich in Deutschland allerdings nicht durchsetzen konnte. DVB ist weltweit der am meisten verbreitete digitale TV-Standard. Nur die USA und Japan haben noch eigene Systeme entwickelt, die jedoch außerhalb ihrer jeweiligen Länder kaum Verbreitung gefunden haben. 

Digitalfernsehen innerhalb und außerhalb Europas 

Digitalfernsehen in Europa wird nach dem einheitlichen Sendestandard DVB ausgestrahlt und wurde von mehr als 130 Rundfunkanstalten, Forschungsinstituten, Telekommunikationsunternehmen und Geräteherstellern ausgearbeitet. Mittlerweile ist DVB weltweit verbreitet. Von Südafrika und Australien über Brasilien und China bis zu den USA reicht die Palette der Anwenderstaaten. In Europa ist DVB 1995 als digitale Sendenorm von der Europäischen Union verbindlich vorgeschrieben worden. In England, Schweden und Spanien kam schon früh terrestrisches digitales Fernsehen (DVB-T) zum Einsatz, weil sehr viele Haushalte ihre Programme noch immer über die Dachantenne empfangen. Relativ spät, dafür aber mit großem Erfolg, wurde DVB-T auch in Deutschland eingeführt. 

Einführung des DVB-Standards in Deutschland

Bei der Einführung des digitalen Antennenfernsehens (DVB-T, seit 2016 schrittweise Umstellung auf das hochauflösende DVB-T2) gingen die deutschen Rundfunkveranstalter und Medienbehörden im Jahre 2002 ein besonderes Wagnis ein. In diesem Jahr wurde in der Region Berlin-Brandenburg zum ersten Mal eine Fernsehtechnologie, die nicht kompatibel zu ihren Vorgängern ist, eingeführt und die alte Technologie des analogen Fernsehens nach nur kurzer Übergangszeit im August 2003 einfach abgeschaltet. Erwartete Proteste der Zuschauer blieben aus. Die DVB-T-Set-Top-Boxen wurden zu einem relativ hohen Preis in mehr als 200 000 Exemplaren abgesetzt. Damit war Berlin-Brandenburg die erste Region weltweit, in der das analoge terrestrische TV nicht mehr bestand. 

Die Erfahrungen aus der deutschen Hauptstadt ermutigten Sender und Sendenetzbetreiber zu weiteren Maßnahmen des sogenannten "harten Umstiegs". Bis Ende 2005 waren in allen großen deutschen Ballungsräumen die analogen terrestrischen Fernsehsender abgeschaltet, fast alle anderen bis zum 31.12.2008. 

Auch bei den Satellitenreceivern steht kein analoges Empfangsgerät mehr in den Verkaufsregalen. Am 30. April 2012 wurde die analoge Satellitenverbreitung in Deutschland eingestellt und durch den digitalen Satelliten-Standard DVB-S ersetzt. In den Kabelsystemen ist die Digitalisierung auf den Standard DVB-C noch nicht abgeschlossen, aber weiter steigend und hat 2016 einen Anteil von 82,1 % erreicht. Die Abschaltung des analogen Kabelfernsehens erfolgt schrittweise und ist in einigen Bundesländern bereits für 2017 angekündigt.

Wie funktioniert Digitalfernsehen?

Satelliten-Receiver (© David Huhges/fotolia.com)

Für die Entwicklung des digitalen Fernsehens war es von zentraler Bedeutung, das Datenaufkommen bei der digitalen Umwandlung eines herkömmlichen Fernsehbildes soweit zu reduzieren, dass es nicht die Aufnahmefähigkeit eines herkömmlichen Fernsehkanals sprengte. 

Die Techniker besannen sich auf eine nahe liegende Methode: Sie übertrugen nur Bildinhalte, die sich in den 25 Fernsehbildern pro Sekunde änderten. Am Beispiel der Fußballübertragung lässt sich das Prinzip veranschaulichen: Einen Großteil des Bildschirminhaltes nimmt das Grün der Rasenfläche ein, dieser Bildausschnitt muss nicht bei jedem der 25 Bilder pro Sekunde erneut übertragen werden. Die sich bewegenden Kicker und der Ball sowie die Hintergründe von Zuschauern und bunten Werbetafeln sind das Einzige, was als neue Bildinformation zu übertragen ist. Bei Situationen, in denen der komplette Bildinhalt wechselt, etwa bei Bildschnitten, werden die neuen Bildinformationen schon einige Sekundenbruchteile im Voraus übermittelt – dort, wo noch Übertragungsreserve ist – und erst später in der Set-Top-Box zum notwendigen Bild umgesetzt. Diese Erkenntnisse waren Grundlage für das MPEG-Prinzip zur Datenreduktion von Bewegtbildern, der Basistechnologie für das europäische Digital-Fernsehverfahren DVB.

Datenbündelung 

Die Fernsehsender fassen ihre Programme zu einem einzigen Datenbündel zusammen (sogenanntes Multiplexing). Der Digital-Decoder – im Prinzip ein Computer – empfängt den Datenstrom ineinander verschachtelter Signale, ordnet die einzelnen Datenpakete und setzt daraus das gewählte Programm für die Wiedergabe am Bildschirm zusammen. Dafür muss der Decoder auf die speziellen Bedingungen der Übertragung eingerichtet sein. Digitalfernsehen im Kabel gehorcht anderen technischen Anforderungen als Digitalfernsehen über Satellit oder terrestrische Sender. DVB besteht aus verschiedenen sogenannten "Übertragungsdialekten". Entsprechend den Empfangsbedingungen müssen die Receiver ausgelegt sein.  Daneben können die Sender noch zusätzliche Informationen in den Datenstrom geben: von digitalen Radiosignalen über Zugangscodes bei Pay-TV bis hin zu großen verschlüsselten Datenmengen, die Industrieunternehmen des Nachts über freie Übertragungskapazität an ihre Filialen senden lassen.

Verschlüsselung und Bündelung von Programmen 

Für die Sender besteht die Möglichkeit, alle Angebote einer Programmfamilie – von Fernseh- über Radioprogramme bis hin zu Internetangeboten – zusammenzufassen, sie zu codieren und nur mit Hilfe einer Chipkarte eingeschränkten Benutzergruppen zugänglich zu machen. Dazu werden die Signale verschlüsselt und nur derjenige kann sie nutzen, der über eine Chipkarte mit dem entsprechenden Entschlüsselungscode verfügt. 

Der Bündelung von Programmen zu sogenannten "Bouquets" (franz.: Blumenstrauß) ermöglicht es den Dienstleistern, die diese Pakete schnüren, ihre Kunden gezielt mit zusätzlichen Angeboten zu versorgen. Getrieben von Geschäftsinteressen im Feld des e-commerce sind es häufig sachfremde Erwägungen, nach denen Programme gebündelt werden. 

Möglichkeiten durch Digitalisierung – Neue Angebote und Verbreitungswege

Pay-TV

Logo des Pay-TV-Anbieters Sky (© Sky)

Die digitale Technik hat die Fernsehbranche in den letzten Jahren verändert. Aufgrund der zusätzlichen Übertragungskapazitäten entstanden zahlreiche Pay-TV- und Spartensender, die für eine größere Programmvielfalt sorgen. Zusätzlich ermöglichte die Vernetzung von Fernsehen und Internet via Smart TV, den Zugriff auf Mediatheken und Online-Angebote der Sender sowie zeitunabhängiges Fernsehen über die Timeshift Funktion. Galt die Mediennutzung beim analogen Fernsehen vor allem als eine Einbahnstraße vom Sender zum Nutzer, so erlaubt die Digitalisierung der Kabelnetze nun auch einen sogenannten Rückkanal vom Nutzer zum Sender. Diese Interaktivität ermöglicht es, dass TV-Zuschauer auch aktiv in TV-Programme einbezogen werden können. 

Empfangsmöglichkeiten deutscher Haushalte 

Laut Digitalisierungsbericht der Landesmedienanstalten ist die Digitalisierung des TV-Empfangs ist abgeschlossen. 2019 können nahezu 100 % der Haushalte Fernsehprogramme digital empfangen. Der technische Digitalisierungsgrad bei den Verbreitungswegen über Satellit und erdgebundene Sender (terrestrische Ausstrahlung, DVB-T/DVB-T2) ist schon länger abgeschlossen: Der Deckungsgrad ist im terrestrischen Bereich (Antennenfernsehen) mit 100 % seit 2009 nicht mehr zu steigern. 2012 hat auch der Digitalempfang per Satellit die 100-Prozent-Marke erreicht, da am 30. April 2012 die letzten analogen Satellitentransponder abgeschaltet wurden. Auch bei den TV-Kabelnetzen ist der Anteil digitalisierter TV-Haushalte in den letzten Jahren stark angestiegen. Betrug der Digitalisierungsgrad 2011 noch 42,5 %, verdoppelte sich der Anteil fast auf 82,1 % im Jahr 2016 und hat die Volldigitalisierung 2019 bis auf wenige lokale Kabelempfänger erreicht.

Vor- und Nachteile der verschiedenen Übertragungsarten 

Digitalisierte Kabelnetze erlauben mehr als 100 TV-Kanäle, Satelliten sogar mehrere 100 und die terrestrische Verbreitung bis zu 36 Programme. Der Vorteil des digitalen Antennenfernsehens (DVB-T2) ist sein unkomplizierter Empfang über eine Stabantenne, der ohne Satelliten- oder Kabelanschluss beinahe überall möglich ist. Geeignete Set-Top-Boxen sind bereits für unter 50 Euro erhältlich und auch für Laptops verfügbar, in neuen Fernsehgeräten sind die HD-fähigen Empfangsteile schon eingebaut. Die Nachteile dieser DVB-T2-Technik liegen darin, dass nur die öffentlich-rechtlichen Programme frei empfangbar, die privaten Programme dagegen verschlüsselt sind.

Die Stärke des digitalen Satellitenempfangs (DVB-S) liegt außer in der großen Zahl der angebotenen Programme darin, dass Kosten nur einmalig für eine Satellitenschüssel und einen geeigneten Receiver anfallen. Monatliche Gebühren für den Empfang einzelner Sender waren in der Vergangenheit nicht fällig. Wer allerdings Programme der Sendergruppen ProSiebenSat.1 und RTL in HD empfangen möchte, muss dafür bezahlen.

Allerdings ist beim Satellitenempfang eine Internetverbindung zu vertretbaren Kosten nur über einen zusätzlichen Anschluss an Telekommunikationsnetze möglich, was die Interaktivität einschränkt. Mit DVB-S2 ist bereits eine Weiterentwicklung des DVB-S-Standards erhältlich, die eine im Schnitt um 30 Prozent gesteigerte Datenübertragung ermöglicht. Vor allem bei der Übertragung der Signale in HD-Qualität ist die Bildqualität deutlich verbessert.

Internetfernsehen

Zu den klassischen Verbreitungswegen für Fernsehprogramme kommt im Zeitalter der Digitalisierung mit dem Internet ein neuer hinzu. TV-Signale lassen sich über das Internetprotokoll (IP) und breitbandige DSL-Verbindungen oder TV-Kabelnetze auch an Computer oder TV-Decoder übertragen. IPTV (Internet Protocol Television) ist eigentlich der Oberbegriff für die Übertragung von Bewegtbildern über das Internet-Protokoll. Werden über diesen Übertragungsweg in geschlossenen Netzen kostenpflichtige Abonnement-Angebote bereitgestellt, muss man strenggenommen von Secured IPTV sprechen (wird dagegen das Internet-Protokoll als Übertragungsweg für frei zugängliche Angebote genutzt, spricht man von Web-TV). Mit dem Fernsehen über das Internetprotokoll ziehen Video-Angebote auf Abruf (Video on Demand) ebenso in die Online-Welt ein wie Live-Übertragungen von Großereignissen. Liegen Video-Dateien erst einmal in digitalisierter Form vor, werden sie auch im Internet zum begehrten Wirtschaftsgut. Auch eine Übertragung von TV-Programmen per Mobilfunk (Handy-TV) ist möglich.

In Deutschland gibt es 2020 mehrere Secured IPTV-Anbieter wie z. B. die Deutsche Telekom (Magenta TV), Vodafone (Giga TV Net) oder 1und1 (1und1 HD Fernsehen).

Medienkonvergenz - Smart-TV

Aktuell werden kaum noch TV-Geräte verkauft, die sich nicht mit dem Internet verbinden lassen. Smart-TV bedeutet, dass sich Onlinevideo- und Livestream-Angebote direkt über den Fernseher abrufen lassen. Verfügt das TV-Gerät nicht über Smart-TV Fähigkeiten, kann die Internet-Konnektivität auch mithilfe von Peripheriegeräten wie Set-Top-Box, Blu-Ray-Player, Streaming Box, Tablet oder Laptop hergestellt werden. Etwas über 56 % der deutschen TV-Haushalte (ca. 21,7 Millionen) können 2019 Internetinhalte direkt oder indirekt per Peripheriegerät auf ihren Fernseher nutzen.

Video on Demand (VoD) stellt mit großem Abstand die Top-Nutzung an smarten Fernsehgeräten abseits klassischer TV-Programme dar. Auch Live-Streaming Angebote sind beliebt. Vor allem jüngere Zielgruppen (14 – 29 Jährige) schauen immer weniger klassisch fern und nutzen verstärkt VoD-Angebote.

Video on Demand (VoD) und Streaming

YouTube (© picture-alliance, maxppp)

Unter Video-on-Demand (VoD) versteht man digitale Bewegtbildinhalte, die online abgerufen, heruntergeladen oder per Streaming angeschaut werden können. Neben den Mediatheken der Fernsehsender zählen dazu Videoportale wie YouTube oder Streaming-Anbieter wie Netflix. Knapp 40 % oder 28 Millionen Personen ab 14 greifen auf die Angebote von Videoportalen wie YouTube zu. Gefragt sind auch die Mediatheken der Fernsehsender, die mit 38,5 % fast gleichauf dahinter liegen, gefolgt von Netflix (26,8 %) und Amazon Prime Video (25,4 %).

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