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Wettbewerbs- und Castingshows auf vielen Kanälen | Deutsche Fernsehgeschichte in Ost und West | bpb.de

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Wettbewerbs- und Castingshows auf vielen Kanälen

/ 4 Minuten zu lesen

Lukas Mattioli (13 Jahre) bei der RTL-Castingshow "Das Supertalent" (© picture-alliance/dpa)

Talentwettbewerbe im Fernsehen

Castingshows sind Talentwettbewerbe. Es gab sie in ähnlicher Form schon in den 1950-er Jahren bei Peter Frankenfeld mit "Wer will, der kann" (1953–1956, NWDR) und "Toi toi toi" (1957–1961, NWRV). Auch in anderen Programmen hat es sie immer wieder gegeben. Einzelne Kandidaten durften bestimmte Fähigkeiten vor einem Saalpublikum vorführen. Im Anschluss unterwarfen sie sich einer Bewertung durch den Moderator und das Publikum. 'Casting' ist ein englischer Begriff für eine 'Besetzung' von Rollen mit dafür als geeignet erachteten Schauspielern (Tänzern und Musikern). Er gehört eigentlich in die Vorproduktion von Inszenierungen. Das Fernsehen greift diesen Vorgang, der bei jeder neuen Produktion ansteht, auf. Daraus entsteht eine Show, die selbst schon wieder eine eigene Produktion darstellt.

Massencasting und Telefon-Voting

Die Castingshows des Fernsehens seit den 1990er Jahren beschäftigen sich mit Wettbewerben, bei denen zumeist junge Menschen gegeneinander in einzelnen Fertigkeiten der Unterhaltungsindustrie (als potentielle Sänger, Tänzer, Models) gegeneinander antreten. In einem zumeist stufenweisen Herauswählen von Kandidaten und Kandidatinnen, die dann ausscheiden müssen, wird die für das Musik-Business am besten geeignete Person ausgesucht. Dabei folgen Sendungen wie "Popstars" oder "Deutschland sucht den Superstar" einem zweistufigen Verfahren. In einer ersten Runde werden sogenannte 'Massencastings' durchgeführt, da sich auf entsprechende Aufrufe mehrere Zehntausend von Bewerbern melden. Aus diesen Castings, die von einer Jury durchgeführt werden, werden bestimmte, besonders provokante Beispiele zu Sendungen zusammengeschnitten und ins Fernsehen gebracht. Am Ende bleiben in der Regel wenige Kandidaten und Kandidatinnen übrig, die dann in großen Shows im Hauptprogramm, also zur Prime Time, auftreten. Hier werden von Sendung zu Sendung Jury-Bewertungen abgegeben, gleichzeitig erhalten die Zuschauer die Gelegenheit, durch ein Telefon-Voting sich an dem Herauswählen der Kandidaten zu beteiligen, so dass am Ende der finalen Show ein Sieger feststeht.

Castingshows im Privatfernsehen

Heidi Klum mit Finalistinnen der zweiten Staffel von "Germany's next Topmodel by Heidi Klum" (© picture-alliance, schroewig)

Als erste Castingshow im deutschsprachigen Fernsehen wird die Sendung "Popstars" (RTL II, 2000–2015, später ProSieben) angesehen. Dabei geht es um die Auswahl von jugendlichen Musikgruppen. Zugrunde lag ein neuseeländisches Format, das in Lizenz verwendet wurde. Besonders erfolgreich war und ist jedoch RTL mit "Das Supertalent" (seit 2007) und insbesondere seiner 2002 begonnenen Castingshow-Reihe "Deutschland sucht den Superstar" (DSDS). "Deutschland sucht den Superstar" ist eine Lizenzausgabe des britischen Modells "Pop Idol", die der frühere Manager der Spice Girls, Simon Fuller, entwickelt hatte. Die Sendereihe fällt vor allem wegen der Jury auf: Der Musikproduzent Dieter Bohlen, von Beginn an als Juror bei "DSDS" dabei, sorgte durch die Beleidigung von Kandidaten für Schlagzeilen. Seine "besten Sprüche" wurden regelmäßig in der Print-Presse veröffentlicht. Immer wieder kam es zu erregten öffentlichen Diskussionen und zu Prüfungen der Sendung durch die Medienaufsicht wegen der Verletzung der Menschenwürde. Eine geschickte Kombination der verschiedenen Medien und insbesondere die Mitwirkung der "Bild-Zeitung", die die Kandidatinnen und Kandidaten immer wieder groß präsentierte und über ihre Leben und ihre Vorlieben berichtete, sorgte für hohe Einschaltquoten.

Ein aktuelleres Casting-Format, das vor allem die Gesangsleistungen der Kandidaten in den Mittelpunkt stellt, ist "The Voice of Germany" (ProSieben/Sat.1, seit 2011). Umstritten ist dagegen die Suche nach Kinderstars in dem Ableger "The Voice Kids" (Sat.1, seit 2013),eine kindgerechte Variante läuft dagegen mit "Dein Song" beim KiKA (seit 2008).

Einnahmemöglichkeit durch Telefon-Voting

Bei Castingshows stimmt das Publikum meistens per Telefon über das Fortkommen der Teilnehmer und letztlich über den Sieger ab und entscheidet nicht zuletzt nach Charakter und sozialem Verhalten innerhalb der öffentlich ausgetragenen Konkurrenz. Die veranstaltenden Sender gewinnen mit den kostenpflichtigen Anrufen zusätzlich zur Schaltung von Sponsoren- oder Unterbrecherwerbung eine lukrative Einnahmemöglichkeit aus den Telefongebühren und sind an den Plattenverkäufen beteiligt.

Der Traum vom Ruhm

Weitere Castingshows gab es etwa im Bereich des Tanzens mit "You can dance" mit Estefania Küster (Sat.1, 2006/2007). Eine andere, einerseits kommerziell erfolgreiche und andererseits in ihrer Wirkung auf junge Zuschauer umstrittene Variante stellt die Castingshow "Germany's next Topmodel by Heidi Klum" dar, die seit 2006 auf ProSieben gezeigt wird und bei der die Gewinnerin einen Model-Vertrag erhält. Neuere Sendungen wie "Die Höhle der Löwen" (DHDL, Vox, seit 2014), "Curvy Supermodel" (RTL 2, 2016–2018) und auch Koch-Castingshows (z. B. "MasterChef", Sky, seit 2016,) zeigen, dass Sendungen mit Wettbewerbscharakter im Trend liegen. Die mit dem Deutschen Fernsehpreis 2013 in der Kategorie "Beste Unterhaltung Show" ausgezeichnete Tanz-Castingshow "Got to Dance" (Sat.1, 2013–2015) wurde allerdings – vermutlich wegen mangelhafter Quoten, trotz ansprechender Umsetzung – aus dem Programm genommen.

Zuschauererwartungen an Unterhaltung

Zuschauer der RTL-Castingshow "Das Supertalent" (© picture-alliance/dpa)

Der Durchgang durch die Programmgeschichte und Gegenwart zeigt: Die Formen der Unterhaltung sind vielfältig. Sie sind in ihrer Entwicklung ständig in Bewegung. Die Zuschauer sind wählerisch, nicht zuletzt angesichts der beachtlichen Ausdifferenzierung und der großen Zahl von Angeboten. Sie entwickeln sehr verschiedene Vorlieben. Je nach Alter, sozialer Herkunft, nach Bildung, nach der Zugehörigkeit zu Freundesgruppen und Familienverbänden. Nirgendwo sind die Unterschiede größer, als bei den Unterhaltungserwartungen der Zuschauer. Unterhaltung muss etwas Vertrautes anbieten. Zuschauer müssen sich immer wieder erkennen können. Zugleich muss Unterhaltung etwas Überraschendes und Neues enthalten. Das bedeutet eine stetige Herausforderung für Redakteure und Produzenten.

Ausgewählte Sparten und Formen 2013 bis 2018

Anteil an der Gesamtsendedauer, in %

ARD/Das ErsteZDFRTLSat.1ProSieben
201320152018201320152018201320152018201320152018201320152018
Nonfiktionale Unterhaltung gesamt 15,57,911,99,28,610,032,836,135,634,442,140,18,24,25,4
Information 243,839,238,043,343,841,922,222,620,715,913,816,49,88,210,6
Sport 36,16,88,25,15,56,91,41,31,20,40,50,4--0,5
Fiction 434,336,132,632,932,232,421,917,921,026,721,321,356,065,861,8

Fußnote: 1 Journalistische Unterhaltungsformen wie Magazin, Ratgeber, Reportage, Doku und Talk/Gespräch;
Factual Entertainment/Reality-Formate wie Doku-Soap, Coaching, Scripted Doku-Soap, Real-Life-Inszenierung und Gerichtsshow);
Konventionelle Unterhaltungsformen wie Quiz/Gameshow/Spiele und Show/Darbietungen/Übertragung

Fußnote: 2 Nachrichten, Magazine, Dokumentationen, Polit-Talks, Live-Sendungen

Fußnote: 3 Magazine, Live-Sendungen

Fußnote: 4 Filme, Serien
Quellen: Krüger 2016, Krüger 2019

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