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Welche Aufgaben hat die Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz (BzKJ)?
Die Umbenennung der BPjM in die BzKJ erfolgte im Zuge der Externer Link: Novellierung des Jugendschutzgesetzes (JuSchG), welches am 1. Mai 2021 in Kraft getreten ist. Dort sind die gesetzlichen Aufgaben der BzKJ in § 17a zusammengefasst. Die Aufgaben verfolgen einen ganzheitlichen sowie kinderrechtlich geprägten Ansatz und sollen dazu beitragen, ein gutes Aufwachsen mit Medien zu ermöglichen. Das Aufgabenspektrum umfasst insbesondere
die schon seit Zeiten der Bundesprüfstelle bestehende Aufgabe der Führung der Liste jugendgefährdender Medien,
die Überprüfung infrastruktureller Vorsorgemaßnahmen der Anbieter von Online-Plattformen (zum Beispiel Melde- und Abhilfeverfahren, sichere Voreinstellungen, Alterseinstufungs- und Altersverifikationssysteme etc.),
die Förderung einer gemeinsamen Verantwortungsübernahme von Staat, Wirtschaft und Zivilgesellschaft im Rahmen einer Gesamtstrategie zur Weiterentwicklung des Kinder- und Jugendmedienschutzes und
die Förderung kindgerechter Zugänge zum Internet.
Bei der vormaligen Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien stand der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor gefährdenden Inhalten im Mittelpunkt. Inwiefern spielen nun die Aspekte Befähigung und Teilhabe der Kinder und Jugendlichen eine Rolle?
Das neue Jugendschutzgesetz definiert in seinem § 10a die Schutzziele des Kinder- und Jugendmedienschutzes entlang der in der UN-Kinderrechtskonvention festgeschriebenen Kinderrechte auf Schutz, Befähigung und Teilhabe. Neben den Schutz vor entwicklungsbeeinträchtigenden und jugendgefährdenden Medien nach herkömmlichem Verständnis (zum Beispiel Abschirmung durch Indizierung) sind der Schutz der persönlichen Integrität und die Förderung von Orientierung bei der Mediennutzung und -erziehung für Kinder, Jugendliche, personensorgeberechtigte Personen sowie pädagogische Fachkräfte getreten.
Wie sollen diese neuen Aufgaben konkret umgesetzt werden?
Zur Umsetzung der Schutzziele hat der Gesetzgeber der BzKJ in § 17a JuSchG einen vielfältigen Instrumentenkasten zur Verfügung gestellt. Am Beispiel radikalisierender Medien lässt sich dieser gut erläutern:
Medien, die beispielsweise zum Rassenhass anreizende Inhalte verbreiten oder Menschengruppen diskriminieren, können weiterhin in die Liste jugendgefährdender Medien aufgenommen (= indiziert) werden und unterliegen damit strikten Verbreitungs- und Werbebeschränkungen gegenüber Kindern und Jugendlichen. Neben die Bewertung des reinen Inhalts von Medien tritt nun aber auch die Berücksichtigung sogenannter Interaktionsrisiken, die die persönliche Integrität von Kindern und Jugendlichen gefährden können. Hierbei geht es beispielsweise um die Ausgestaltung von Kommunikationsmöglichkeiten (zum Beispiel über private wie öffentliche Chats oder Kommentare) innerhalb eines Internetangebotes, da diese Radikalisierungsprozesse erheblich befördern können. Denn über die Verbreitung z. B. extremistischer aber statischer Inhalte hinaus kann in Sozialen Medien eine individuelle Ansprache und fortgesetzte Kommunikation erfolgen.
Der Gesetzgeber hat die BzKJ zudem beauftragt Mittel dafür einzusetzen, die Erkenntnisse und Ergebnisse aus der Indizierungspraxis zum Zwecke der Orientierung nutzbar zu machen. Hierbei geht es vor allem um die Unterstützung von Präventionsarbeit und die Einbringung dieser Erkenntnisse und Ergebnisse in den öffentlichen Diskurs. Wenn beispielsweise eine salafistische Schrift indiziert wird, dann ergeht diese Entscheidung stets im Spannungsfeld zwischen Kinder- und Jugendschutz sowie der Meinungs- und Religionsfreiheit. Diese juristische Abwägung, die auf Basis interdisziplinärer Erkenntnisquellen vorzunehmen ist, kann wichtige Hinweise zu Grenzlinien auch in der pädagogischen Arbeit geben. Ein guter Austausch mit anderen Akteurinnen und Akteuren sowie Behörden, zum Beispiel auch mit der Bundeszentrale für politische Bildung, kann zur gegenseitigen Vermittlung von relevanten Informationen und Erkenntnissen beitragen.
Hinzu kommt die Überprüfung von Anbietern von Online-Plattformen und Diensten nach § 24a JuSchG hinsichtlich vorzuhaltender Vorsorgemaßnahmen (zum Beispiel sichere Voreinstellungen, Beschwerde- und Hilfesysteme). Radikalisierungsprozesse sind oftmals Kommunikationsprozesse. Wenn entsprechende problematische und gefährdende Ansprachen erfolgen und Aussagen getätigt werden, müssen diese gemeldet werden können. Auch der nahe Zugang zu Rat und Hilfe ist wichtig. Hierüber wird die BzKJ mit Plattformanbietern in den Austausch gehen, Standards entwickeln und deren Umsetzung, Ausgestaltung und Angemessenheit überprüfen.
Die BzKJ hat darüber hinaus einen Auftrag zur ständigen Weiterentwicklung des Kinder- und Jugendmedienschutzes und der Vernetzung aller hierfür relevanten Akteurinnen und Akteure. Bereits 2018 hat die vorherige Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien auf der Grundlage jugendpolitischer Beschlüsse begonnen, interdisziplinäre Expertinnen und Experten im Rahmen des bei ihr im Format der "ZUKUNFTSWERKSTATT" umgesetzten kinder- und jugendpolitischen Strategieprozesses "Digitales Aufwachsen. Vom Kind aus denken. Zukunftssicher handeln." zusammenzuführen. Die beteiligten Akteurinnen und Akteure arbeiten gemeinsam an der kinderrechtlich orientierten Weiterentwicklung des Kinder- und Jugendmedienschutzes mit dem Ziel, ein gutes Aufwachsen mit Medien zu fördern. Der Gesetzgeber hat diesen Ansatz verstetigt und ergänzt. Dazu kommt nunmehr die Möglichkeit der finanziellen Förderung von Maßnahmen zur Ermöglichung einer sicheren Teilhabe von Kindern und Jugendlichen am Internet.
Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit anderen Akteurinnen und Akteuren in Ihrem Arbeitsbereich?
Die intensive Zusammenarbeit mit den anderen Institutionen des Kinder- und Jugendmedienschutzes sowie der Jugendhilfe und Lehrerschaft ist seit jeher struktureller Bestandteil der Arbeit der Behörde, auch schon der vormaligen Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM). Indizierungsverfahren können beispielsweise nur durch Anträge und Anregungen berechtigter Stellen wie Behörden (z. B. Jugendämter) oder anerkannten Jugendhilfeträgern eingeleitet werden. Außerdem ist die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) institutionell an Telemedien (elektronische Informations- und Kommunikationsdienste ("Internetdienste")) betreffenden Indizierungsverfahren beteiligt. Die Prüfgremien sind pluralistisch zusammengesetzt.
Die interdisziplinäre Zusammenarbeit hat sich seit 2018 in der ZUKUNFTSWERKSTATT weiter vertieft. Hieraus ist auch der Externer Link: Gefährdungsatlas entstanden, der auf der Grundlage der Mediennutzungsrealität von Kindern und Jugendlichen unter anderem auf existierende Medienphänomene sowie auf die damit verbundenen potenziellen Gefährdungen und auf die möglichen Entwicklungschancen für Kinder und Jugendliche beim Aufwachsen mit digitalen Medien aufmerksam macht.
Die neuen gesetzlichen Aufgaben der BzKJ, zu denen gerade auch die Vernetzung der im Bereich des Kinder- und Jugendmedienschutzes tätigen Institutionen sowie ein intensiver Dialog mit den Medienanbietern zählen, verstärken diese Zusammenarbeit noch.
Wie werden Kinder und Jugendliche in die Arbeit der Behörde und die Entwicklung der Zielsetzungen und Maßnahmen einbezogen?
Bereits die Arbeit der vormaligen BPjM war von der Einbindung vielfältiger Perspektiven auf das Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen geprägt. Sowohl in den Gremien der Prüfstelle als auch in der Arbeit der ZUKUNFTSWERKSTATT waren und sind Kinder- und Jugendhilfe, Lehrkräfte, Kinderrechtsorganisationen und eine vielfältige medienpädagogische Fach- und Forschungsexpertise eingebunden.
Hinzu kommt mit dem neuen Jugendschutzgesetz die Einrichtung eines zwölfköpfigen Beirats, der die BzKJ bei den Prozessen zur Weiterentwicklung des Kinder- und Jugendmedienschutzes unterstützend berät. In diesem wirken zwei Personen mit, die zum Zeitpunkt ihrer Berufung höchstens 17 Jahre alt sind.
Die Verwirklichung von Kinderrechten kann nicht allein dadurch gelingen, dass über Kinder und Jugendliche gesprochen wird, vielmehr muss mit ihnen gesprochen werden. Hierzu gibt es einerseits die unmittelbare Beteiligung im Beirat, aber auch die qualitative Einbeziehung über entsprechende Praxisprojekte, wie zum Beispiel das vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) geförderte Projekt "ACT ON!" des JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis. Im Rahmen des Projektes werden die medialen Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen fokussiert und ihre Perspektiven auf aktuelle Medienphänomene durch qualitative Studienarbeit sowie in Kinder- und Jugendworkshops und anderen partizipativen Formaten (z. B. Produktion einer Podcast-Reihe) erfasst.
Welche Rolle spielt das Verhältnis von Medien und Extremismus in der Arbeit der BzKJ?
Ein großer Teil der Indizierungsverfahren befasst sich mit Medien mit extremistischen Inhalten. Dabei ist voranzustellen, dass Extremismus als solcher, unabhängig von der politischen Richtung, keinen Tatbestand der Jugendgefährdung darstellt und auch keine statistische Größe in der Indizierungspraxis abbildet. Für die Prüfung entscheidend ist stets, ob Tatbestände der Jugendgefährdung erfüllt sind. Dies ist gemäß § 18 Absatz 1 des Jugendschutzgesetzes zum Beispiel bei verrohend wirkenden, zu Gewalttätigkeit oder Rassenhass anreizenden sowie Menschengruppen diskriminierenden Medien der Fall.
Wenn im Verfahren bejaht wird, dass diese Wirkungen anzunehmen sind, gilt es im Einzelfall noch eine Abwägung des Verfassungsgutes Jugendschutz mit den Grundrechten der Verfahrensbeteiligten, also der Rechteinhaber/-innen der Medien, vorzunehmen, insbesondere bezüglich der Meinungs-, Kunst- oder Religionsfreiheit.
Die Verfahrensgegenstände sind häufig einem politisch oder religiös extremistischem Spektrum zuzurechnen. Dies betrifft beispielsweise Musik und Videoclips von Rechtsrock-Bands, revisionistische und antisemitische Schriften, dschihadistische Schriften und Propagandavideos oder auch Musikstücke aus dem linksextremistischen Bereich, in denen unter anderem Gewaltausübung gegen Polizisten propagiert wird. Die Erscheinungsformen sind vielfältig und zunehmend auch von Interaktion geprägt, wie zum Beispiel Foren und Blogs, in denen über Kommentare oder Chats miteinander kommuniziert wird.
Neben der Indizierungspraxis wird es im Bereich der neuen gesetzlichen Aufgaben im Feld der Anbietervorsorge darum gehen, welche Mechanismen Plattformanbieter bereithalten, Kinder und Jugendliche gegen radikalisierende Ansprache stark zu machen und jugendgefährdende Inhalte von ihnen fern zu halten.
Betreibt die BzKJ ein eigenes Monitoring beziehungsweise ist dies geplant? Welche Medien und Akteurinnen und Akteure nehmen Sie zum Beispiel im Bereich Islamismus in den Blick?
Ein Indizierungsverfahren kann nur auf Antrag oder Anregung einer hierzu berechtigten Stelle eingeleitet werden kann. Dies sind zusammengefasst alle Behörden, anerkannte Träger der freien Jugendhilfe, die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM), die anerkannten Einrichtungen der freiwilligen Selbstkontrolle und die aus Mitteln des Bundes, der Länder oder der Landesmedienanstalten geförderten Internet-Beschwerdestellen. Ein eigenes Monitoring der BzKJ findet diesbezüglich nicht statt, da die Behörde die Verfahren gemäß den gesetzlichen Vorgaben nicht selbst initiiert.
Eingehende Anträge von der KJM gehen oftmals auf das Monitoring von jugendschutz.net zurück. Im Bereich Extremismus sind regelmäßig auch Polizei- und Verfassungsschutzbehörden unter den Anregungsstellenden.
Bezüglich der neuen Aufgaben der BzKJ ist die Fortsetzung und Vertiefung des interdisziplinären und zwischenbehördlichen Austauschs vorgesehen. Im Bereich der Anbietervorsorge geht es zum Beispiel um eine intensive Zusammenarbeit mit jugendschutz.net. In seiner Funktion als gemeinsames Kompetenzzentrum von Bund und Ländern für den Jugendmedienschutz im Internet nimmt jugendschutz.net erste Einschätzungen der von den Plattformanbietern zu treffenden Vorsorgemaßnamen (z. B. sichere Voreinstellungen, Melde- und Abhilfeverfahren, Alterseinstufungs- und Altersverifikationssysteme etc.) vor und unterrichtet die BzKJ über seine Einschätzungen.
Welche Rolle wird die Prävention von Radikalisierung in der Arbeit der BzKJ spielen? Wird sie selbst als Präventionsakteurin aktiv? Ist zum Beispiel geplant, eigene Bildungsveranstaltungen, Beratungen oder Publikationen anzubieten?
Der BzKJ kommt eine Unterstützungsfunktion im Bereich der Präventionsarbeit zu, die mit dem Schutzziel der Orientierung einhergeht. Es gilt, die in den Indizierungsverfahren getroffenen Wertentscheidungen und die ihnen zugrunde liegenden Erkenntnisse und Wirkannahmen als Orientierungshilfen für Kinder und Jugendliche, personensorgeberechtigte Personen und Fachkräfte nutzbar sowie zum Gegenstand des öffentlichen Diskurses zu machen. Das ersetzt keine Präventionsarbeit, kann diese aber unterstützen.
Als Bundesbehörde wird die BzKJ hierbei Formate anbieten, die sich insbesondere an Multiplikatorinnen und Multiplikatoren richten. Hierbei wird es weiterhin um die Einbeziehung und Abstimmung mit anderen Akteurinnen und Akteuren gehen, um Synergien zu erreichen und Doppelstrukturen zu vermeiden. Mit der Unterstützung des Beirats wird auch die Vertiefung des direkten Dialogs mit Kindern und Jugendlichen angestrebt.
Indizierungsverfahren
Wie laufen Prüf-/ Indizierungsverfahren ab? Wer schlägt Medien zur Prüfung vor? Nach welchen Kriterien werden die Medien geprüft?
Die BzKJ unterhält die "Prüfstelle für jugendgefährdende Medien". Sie ist für die Durchführung der Indizierungsverfahren zuständig. Für die Einleitung eines Indizierungsverfahrens bedarf es eines Antrags oder einer Anregung einer nach dem Jugendschutzgesetz hierzu ermächtigten Stelle. Privatpersonen, denen ein Medium jugendgefährdend erscheint, können zwar selbst keinen Antrag und keine Anregung zur Indizierung einreichen. Sie können sich jedoch an eine anregungs- oder antragsberechtigte Stelle in ihrer Nähe wenden. So haben beispielsweise Schulen, Polizeidienststellen und alle Kommunalbehörden ein Anregungsrecht und können ein Verfahren bei der Prüfstelle initiieren.
Ist ein Verfahren durch Antrag oder Anregung in die Wege geleitet, entscheidet im Regelverfahren das sogenannte 12er-Gremium in einem gerichtsähnlichen Verfahren über das Vorliegen einer Jugendgefährdung beim jeweils vorgelegten Medium.
Das 12er-Gremium ist das zentrale Entscheidungsorgan der Prüfstelle und setzt sich aus der/dem Vorsitzenden der Prüfstelle, acht Gruppenbeisitzer/-innen und drei Länderbeisitzer/-innen zusammen. In Fällen der offensichtlichen Jugendgefährdung sowie bei Telemedien (elektronische Informations- und Kommunikationsdienste ("Internetdienste"), zum Beispiel Apps, Webportale, Webshops, Video-Clips/-Podcasts, Online-Spiele, E-Books etc.), kann auf Antrag oder nach Stellungnahme der zentralen Aufsichtsstelle der Länder (Kommission für Jugendmedienschutz/KJM) auch das 3er-Gremium im vereinfachten Verfahren entscheiden.
Das 3er-Gremium setzt sich aus der/dem Vorsitzenden der Prüfstelle, einer/einem Gruppenbeisitzer/-in und einer/einem weiteren Beisitzer/-in zusammen. Aufgrund der hervorgehobenen Sachkunde der KJM bei der jugendschutzrechtlichen Bewertung von Inhalten in Telemedien bietet das neue Jugendschutzgesetz hier eine erweiterte Möglichkeit der Verfahrensbeschleunigung, um schneller auf potenzielle Gefährdungen im Internet reagieren zu können.
Bei allen Entscheidungen der Gremien werden verschiedene gesellschaftliche Gruppen einbezogen. Die in den Gremien tätigen Beisitzerinnen und Beisitzer stammen unter anderem aus den Bereichen der Kunst, der Literatur, der Lehrerschaft sowie von Trägern der freien und öffentlichen Jugendhilfe.
Im Rahmen der Gremiensitzungen wird zunächst festgestellt, ob das jeweils zur Prüfung vorgelegte Medium eine jugendgefährdende Wirkung entfalten kann. Im Jugendschutzgesetz werden bestimmte Fallgruppen jugendgefährdender Medien genannt, die von der Prüfstelle für jugendgefährdende Medien zu indizieren sind. Dies sind gemäß Externer Link: § 18 Absatz 1 des Jugendschutzgesetzes "unsittliche, verrohend wirkende, zu Gewalttätigkeit, Verbrechen oder Rassenhass anreizende Medien sowie Medien, in denen Gewalthandlungen wie Mord- und Metzelszenen selbstzweckhaft und detailliert dargestellt werden oder Selbstjustiz als einzig bewährtes Mittel zur Durchsetzung der vermeintlichen Gerechtigkeit nahegelegt wird".
Darüber hinaus hat die Prüfstelle für jugendgefährdende Medien in ihrer Spruchpraxis weitere Fallgruppen entwickelt, welche geeignet sein können, Kinder und Jugendliche in ihrer Entwicklung zu gefährden. Hierzu gehören beispielsweise Medien, die den Nationalsozialismus verherrlichen oder verharmlosen sowie Medien, die die Menschenwürde verletzen oder Menschengruppen diskriminieren.
Gelangt das Gremium zu dem Ergebnis, dass mindestens eine der Fallgruppen erfüllt und damit eine jugendgefährdende Wirkung gegeben ist, erfolgt in einem zweiten Schritt eine Abwägung der Belange des Jugendschutzes mit den Grundrechten der Verfahrensbeteiligten (zum Beispiel Meinungs-, Kunst- oder Religionsfreiheit). Die Verfahrensbeteiligten sind die Rechteinhaber/-innen des Mediums, im Falle eines Tonträgers sind das beispielsweise die Interpretinnen und Interpreten, die Produzentinnen und Produzenten oder das Label. Diese haben in jedem Verfahren ein Recht zur Stellungnahme und können ihre Sicht vortragen.
Wenn das Gremium eine Jugendgefährdung bejaht und die Belange des Jugendschutzes überwiegen, wird das Medium in die Liste jugendgefährdender Medien eingetragen (indiziert).
Die Indizierung von Medien wird im Bundesanzeiger bekannt gemacht und in der behördeneigenen Externer Link: Fachzeitschrift BPJMAKTUELL der BzKJ veröffentlicht. Würde die Bekanntmachung eines Mediums in der öffentlichen Liste der Wahrung des Kinder- und Jugendschutzes schaden, wird dieses in einer nichtöffentlichen Liste geführt. Es erfolgt dann auch keine Bekanntgabe im Bundesanzeiger. Ein Schaden für die Wahrung des Kinder- und Jugendschutzes ist insbesondere dann anzunehmen, wenn die Bezeichnung in der öffentlichen Liste nur in der Weise erfolgen kann, dass durch die Bezeichnung für Kinder und Jugendliche zugleich der unmittelbare Zugang möglich wird, zum Beispiel bei der Nennung von Internet-URLs.
Wann werden Medien mit islamistischen oder rechtsextremistischen Inhalten indiziert? Können Sie Beispiele vorstellen?
Indiziert werden Medieninhalte, die eines der gesetzlich normierten oder vom 12er-Gremium der Prüfstelle entwickelten Jugendgefährdungstatbestandsmerkmale verwirklichen. Dass ein Medium dem Bereich des politischen Extremismus zuzuordnen ist, führt – ohne Hinzutreten weiterer Umstände – nicht zur Indizierung. Die Prüfstelle nimmt insoweit keine Zuordnung vor.
Im Bereich des Islamismus wurden in der Vergangenheit z. B. Medien indiziert, in denen zum bewaffneten Dschihad aufgerufen oder die Anwendung von Gewalt gegen bestimmte Menschengruppen ("Ungläubige", Frauen) befürwortet wurde. Allein eine strenge Auslegung des Korans führt demgegenüber nicht zur Indizierung.
Medien, die dem rechtsextremen Spektrum zuzuordnen sind, werden regelmäßig indiziert, wenn sie zum Hass gegen bestimmte Menschengruppen anstacheln. In der jüngeren Vergangenheit wurden in verschiedenen Medienarten häufig Flüchtlingsbewegungen als übergeordneter Plan zur Dezimierung der mitteleuropäischen Bevölkerung und die geflüchteten Menschen als Waffe dargestellt. Derartige Aussagen sind nach Auffassung der Gremien der Prüfstelle in besonderem Maß geeignet, Angst, aber auch Hass gegenüber dieser Bevölkerungsgruppe zu schüren. Davon abzugrenzen sind Aussagen, die sich sachlich-kritisch mit der Flüchtlingspolitik der Bundesregierung auseinandersetzen. Eine solche sachliche Kritik wird von den Gremien der Prüfstelle nicht als jugendgefährdend eingestuft.
Die BzKJ hat eine finanzielle Förderkompetenz erhalten. Welche Akteurinnen und Akteure, Projekte und Maßnahmen sind förderfähig? Welche Förderprogramme sind geplant und wie hoch sind die geplanten Fördersummen?
Die Fördertätigkeit der BzKJ befindet sich derzeit in der Phase konzeptioneller Entwicklung. Der Gesetzgeber hat in der Gesetzesbegründung das Schutzziel der Orientierung als Leitgedanken der zukünftigen Förderpolitik gesetzt. Dies betrifft schwerpunktmäßig zunächst kindgerechte Zugänge zum Internet, sprich kindgerechte Internetangebote, sowie strukturelle Maßnahmen, die eine unbeschwerte Teilhabe am und im Internet durch Orientierungshilfe unterstützen. Das Fördervolumen soll bis 2023 sukzessive 1 Million Euro jährlich erreichen.
Weiterführende Informationen zu den Aufgaben und der Arbeit der BzKJ sind auf der Internetseite Externer Link: www.bzkj.de zu finden.
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