Meine Merkliste Geteilte Merkliste PDF oder EPUB erstellen

"Wir bilden eine Brücke zwischen Forschung und Praxis" | Infodienst Radikalisierungsprävention | bpb.de

Radikalisierungsprävention Islamismus Nach Berufsgruppen Schule & pädagogische Praxis Politische Bildung Jugendarbeit & Soziale Arbeit Wissenschaft & Forschung Sicherheitsbehörden & Justiz Verwaltung & Politik Beratung & Ausstieg Kinder- & Jugendhilfe Journalismus & Medien Hintergrund-Beiträge Grundlagen: Begriffe & Konzepte Islamismus, Salafismus, Dschihadismus Salafismus – was ist das überhaupt? "Politischer Islam" Die Begriffe Radikalisierung, Deradikalisierung und Extremismus Zum Konzept der Prävention Was ist antimuslimischer Rassismus? Debatte: Politische Bildung & Primärprävention Islamismus: Gruppierungen, Ideologie & Propaganda Zahlen zur islamistischen Szene in Deutschland Die salafistische Szene in Deutschland "Legalistischer Islamismus" als Herausforderung für die Prävention Die Hizb ut-Tahrir in Deutschland Die Furkan-Gemeinschaft Mädchen und Frauen im Salafismus Antisemitische Narrative in deutsch-islamistischen Milieus Antimuslimischer Rassismus als islamistisches Mobilisierungsthema Monitoring von islamistischen YouTube-Kanälen Salafistische Online-Propaganda Das Virus als Mittel zum Zweck Dschihadistinnen. Faszination Märtyrertod Gewalt als Gegenwehr? Ausdifferenzierung der islamistischen Szene in Deutschland LGBTIQ*-Feindlichkeit in islamistischen Social-Media-Beiträgen Gaming und islamisch begründeter Extremismus Radikalisierung: Gründe & Verlauf Radikalisierung – eine kritische Bestandsaufnahme Islamistische Radikalisierung bei Jugendlichen erkennen Psychosoziale Aspekte von Radikalität und Extremismus Interview mit Ex-Salafist Dominic Musa Schmitz Wie sich zwei Teenager radikalisierten Welche Rolle spielt Religion? Diskriminierung und Radikalisierung Erfahrungen von Rassismus als Radikalisierungsfaktor? Radikalisierung bei Geflüchteten Faktoren für die Hinwendung zum gewaltorientierten Islamismus Wer sind die "IS"-Unterstützer? Deutschsprachiger Islamkreis Hildesheim: Geschichte einer Radikalisierung Anzeichen von Radikalisierung Prävention & Politische Bildung Ansätze der Prävention mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen 20 Thesen zu guter Präventionspraxis Religion – eine Ressource in der Radikalisierungsprävention? Emotionen in der Präventionsarbeit Counter Narratives Gender-reflektierte Präventionsarbeit Die Bedeutung innermuslimischer Salafismuskritik für die Radikalisierungsprävention Rechtsextremismus und Islamismus - Was ist übertragbar? Phänomenübergreifende Jugendkulturarbeit Museen & Extremismusprävention Paradies – Hier, Jetzt, Später? Muslimische Jugendarbeit Muslimische Institutionen & Prävention Politische Bildung im Jugendstrafvollzug Politische Bildung in der Untersuchungshaft Prävention in Gefängnissen Jugendquartiersmanagement Interview: Polizei und Extremismusprävention in Mannheim Videos und soziale Medien: Prävention im Internet Online-Streetwork gegen Extremismus Aufsuchende Sozialarbeit in Social Media Online-Projekt: Fragen zum Glauben Phänomenübergreifende Radikalisierungsprävention Polizei NRW: Kontaktbeamte für muslimische Institutionen Beratung & Fallmanagement Interview: Die Rolle der Angehörigen in der Radikalisierungsprävention Der rechtliche Rahmen für die Präventionspraxis Datenschutz in der Präventionsarbeit Religionsfreiheit vs. Kindeswohlgefährdung Psychische Störungen im Zusammenhang mit Radikalisierung Beratung in Zeiten von Corona Risk Assessment im Phänomenbereich gewaltbereiter Extremismus BAMF: Prävention im Flüchtlingsbereich Mit Kommunaler Fachberatung zu einer nachhaltigen, lokal verankerten Radikalisierungsprävention Deradikalisierung & "IS"-Rückkehrende „Rückkehrer:innen radikalisierten sich meist in Gruppen" Pädagogische Ansätze zur Deradikalisierung Zur Rolle von Psychotherapie in der Ausstiegsbegleitung und Deradikalisierung Ausstiegsarbeit und Psychotherapie Distanzierung vom Salafismus Wie "ZiVI-Extremismus" Beratungsstellen für Deradikalisierung unterstützen kann Praxisbericht: Deradikalisierung im Strafvollzug Wie das BAMF den Umgang mit Rückkehrenden koordiniert Interview: Zurück aus dem "Kalifat" Rehabilitation von "IS"-Rückkehrerinnen und ihren Kindern Rückkehrende und Strafjustiz Rückkehrer und "Homegrown Terrorists" Pädagogische Ansätze zur Deradikalisierung Islamismus & Prävention in Schule & Jugendarbeit Diskutieren mit radikalisierten Schülerinnen und Schülern Globale Konflikte im Klassenzimmer Umgehen mit Kindern aus salafistisch geprägten Familien Kinder in salafistisch geprägten Familien Radikalisierung an Schulen früh erkennen FAQs zum Sprechen über Anschläge Mohammed-Karikaturen im Unterricht Schweigeminuten: Möglichkeiten & Fallstricke Salafismus als Herausforderung für die Offene Kinder- und Jugendarbeit Radikalisierungsprävention in der Schule Interview: Wie können Schulen reagieren? „Die Kids sind auf TikTok und wir dürfen sie dort nicht allein lassen" Akteure, Netzwerke & Internationales Serie: Islamismusprävention in Deutschland BAG religiös begründeter Extremismus Das KN:IX stellt sich vor Radicalisation Awareness Network RAN aus Praxis-Sicht Hass im Netz bekämpfen Bundesprogramm gegen Islamismus Soziale Arbeit und Sicherheitsbehörden Zusammenarbeit Beratungsstellen & Jugendhilfe Kommunale Radikalisierungsprävention Netzwerkarbeit vor Ort: Augsburg "Prevent", die Anti-Terrorismus-Strategie Großbritanniens Interview: Vilvoorde – vom "belgischen Aleppo" zum Vorbild Frankreich: Was hilft gegen Dschihadismus? Forschung & Evaluation Übersicht: Forschung zu Islamismus Übersicht: Evaluation von Präventionsprojekten modus|zad: Zwischen Forschung und Praxis Umfrage: Phänomenübergreifende Perspektiven gefordert, Islamismus weiterhin relevant Partizipative Evaluationen Evidenzbasierte Prävention (Neue) Evaluationskultur? Evaluation neu denken Das "Erwartungsdreieck Evaluation" Evaluation von Präventionspraxis Angemessene Evaluationsforschung Weitere Themen Das Sprechen über den Islam Gesetze und Plattformregeln gegen Online-Radikalisierung MasterClass: Präventionsfeld Islamismus Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz Türkischer Ultranationalismus als pädagogisches Arbeitsfeld Hintergrund-Beiträge chronologisch Schwerpunkt-Themen: Serien "Legalistischer" Islamismus Psychologie & Psychotherapie Antimuslimischer Rassismus Rechtlicher Rahmen Kooperation von Präventionsakteuren Umgang mit Anschlägen in der Schule Evaluationen Materialsammlungen Wie umgehen mit dem Nahostkonflikt? – Eine Übersicht für Schulen und Bildungseinrichtungen Handreichung: Schule und religiös begründeter Extremismus Handreichung: Umgang mit Anschlägen Pädagogische Materialien Sekundarstufe Grundschule Medien für den Unterricht Publikationen für die Schule Jugendbücher & Unterrichtsmaterialien von dtv Fachbeiträge für Schule und Pädagogik im Kontext Islamismus und Prävention Video & Audio Video: Dokumentationen, Filme & Erklärvideos Podcast-Serien und Radiobeiträge Veranstaltungen: Vorträge, Podiumsdiskussionen & Fachgespräche Islam & muslimisches Leben Bücher & Zeitschriften Fachbücher Sachbücher Biografien & Autobiografien Romane Fachzeitschriften Broschüren, Handreichungen & Online-Portale Service Newsletter: Abo & Archiv Newsletter-Archiv Datenbank: Beratung & Angebote vor Ort finden FAQ Infodienst-Publikationen Infodienst-Journal Aktuelle Termine Termin-Rückblick 2023 Termin-Rückblick 2022 Termin-Rückblick 2021 Termin-Rückblick 2020 Stellenangebote Über den Infodienst & Kontakt Verlinkung mit dem Infodienst

"Wir bilden eine Brücke zwischen Forschung und Praxis" Fragen und Antworten zu modus | zad

Michèle Leaman Dennis Walkenhorst

/ 9 Minuten zu lesen

Das Zentrum für angewandte Deradikalisierungsforschung modus | zad wurde 2017 in Berlin gegründet. Die Leiterin Michèle Leaman und der wissenschaftliche Leiter Dennis Walkenhorst beantworten Fragen zu Zielen, Methoden und dem Rollenverständnis von modus | zad und dessen Verbindungen zum Violence Prevention Network.

Michèle Leaman und Dennis Walkenhorst

Termine, Stellen, News, Materialien, Videos & Hintergrund-InfosNewsletter zu Radikalisierung & Prävention abonnieren

Bleiben Sie auf dem Laufenden im Arbeitsfeld Radikalisierungsprävention! Termine, Stellen, News, Materialien, Videos & neue Hintergrund-Beiträge des Infodienst Radikalisierungsprävention – alle sechs Wochen per E-Mail.

Interner Link: → Zum Newsletter-Abonnement


Infodienst Radikalisierungsprävention: Seit 2017 existiert das Zentrum für angewandte Deradikalisierungsforschung, modus | zad, in Berlin. Aus welchen Gründen wurde modus | zad ins Leben gerufen, und worin sehen Sie dessen Mehrwert für das Feld?

modus | zad: Im Prinzip kann die Gründung von modus | zad als eine Reaktion auf die vorherrschende Entkopplung von Forschung und Praxis im Feld der Extremismusprävention verstanden werden. Um den Impuls zur Gründung zu verstehen, ist es deshalb auch nicht ganz unwichtig zu wissen, dass modus | zad durch eine Praxisorganisation, nämlich Violence Prevention Network e. V. (VPN), ausgegründet wurde.

Die Notwendigkeit der Gründung von modus | zad als Organisation der anwendungsorientierten Forschung wurde bei VPN mit Blick auf Erfahrungen in vorangegangenen Kooperationen in Forschungs- und Evaluationsprojekten deutlich. Wir haben sozusagen eine "doppelte" Entkopplung beobachtet: Einerseits erreichen aktuelle Forschungserkenntnisse die Praxis kaum oder nur sehr verspätet. Das hat sowohl mit den genutzten Austausch- und Vermittlungsformaten zu tun, als auch mit den begrenzten Kapazitäten auf Seite der Praktikerinnen und Praktiker, zum Beispiel zur individuellen Fortbildung. Andererseits werden die Bedarfe und Erkenntnisse aus der Praxis nicht oder nur unzureichend in der Forschungslandschaft berücksichtigt. Forschungsprojekte werden also häufig ohne näheren Bezug zu akuten Problemen und Fragestellungen der Praxis geplant. Aus unserer Sicht war es deshalb notwendig eine Organisation zu gründen, die sich genau diesen Problemstellen annimmt, sozusagen in einer Mittler- oder Brückenfunktion zwischen Forschung und Praxis.

Welche Aktivitäten und Zielsetzungen verfolgt das Zentrum?

Ein zentrales Ziel von modus | zad liegt in der effektiveren Vernetzung von relevanten Akteuren, also dem Angebot der angesprochenen Mittler- oder Brückenfunktion. Die Kommunikation zwischen Forschenden und Praktizierenden erfordert vor allem einen erfolgreichen langfristigen Beziehungsaufbau und die Schaffung gegenseitigen Vertrauens – ähnlich übrigens wie in der Arbeit mit Klientinnen und Klienten.

Inhaltlich widmen wir uns allen aktuellen Phänomenen, die für die Themenfelder Extremismus und (De-)Radikalisierung relevant sind. Wir schauen dabei sowohl auf die Präventionsseite als auch auf extremistische Akteure selbst. Momentan bedeutet das, dass wir vor allem Expertise in den Bereichen Islamismus und Rechtsextremismus vorweisen können und zu diesen Themen Projekte durchführen. Allerdings gehört es zur Philosophie von modus | zad auch mögliche zukünftige Herausforderungen so früh wie möglich zu identifizieren und entsprechend zu bearbeiten.

Mit Blick auf die Vernetzung beobachten wir immer wieder, dass es in unserem Themenfeld zwar eine fast schon unüberschaubare Zahl an Konferenzen und Fachtagen zu bestimmten Themen gibt, dass dort aber häufig Vertreterinnen und Vertreter aus Praxis und/oder Forschung jeweils unter sich bleiben. Darüber hinaus treffen hier oftmals dieselben Akteure einer gewachsenen "Extremismuspräventionsblase" aufeinander. Unser Ziel ist es, den Austausch effektiver zu gestalten und beispielsweise auch Fachleute anderer Disziplinen, Fachbereiche und gesellschaftlicher Funktionssysteme miteinzubeziehen, um neue Perspektiven und Ideen ins Feld zu bringen – zum Beispiel aus der Wirtschaft oder dem Tech-Bereich.

Wie findet konkret eine Verknüpfung von Forschung und Praxis statt? Können Sie dafür Beispiele vorstellen?

Zum einen entwickeln und testen wir ständig neue Formate; einerseits zur niedrigschwelligen Wissenssammlung im Austausch mit der Praxis und andererseits zur zielgenauen und schnellen Vermittlung von Forschungserkenntnissen. Hier hat sich gezeigt, dass bislang genutzte Methoden und Formate – zum Beispiel Fokusgruppen oder Praxisworkshops – zwar häufig gute Ansätze zeigen, allerdings auch oft ohne den notwendigen Beziehungsaufbau oder ohne vertieftes Wissen über die Praxis geplant werden. Darüber hinaus werden solche Formate noch immer zu selten genutzt; auch, weil die Projektfinanzierungen das nicht zulassen.

Als Beispiel für ein neues, möglichst informelles und niedrigschwelliges Format der Wissenssammlung haben wir im vergangenen Jahr sogenannte "Trend Calls" gestartet. Im Rahmen der Trend Calls schalten wir in kurzen Abständen verschiedene Praktikerinnen und Praktiker aus ganz Deutschland in Videocalls zusammen und fragen nach aktuellen Themen, Problemen und Bedarfen. Neben der niedrigschwelligen, informellen Abfrage profitieren die Teilnehmenden auch vom Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen. Bei Themen, die besondere Relevanz besitzen, versuchen wir auch kurzfristig entsprechende Expertinnen und Experten aus der Forschung miteinzubeziehen oder bereiten entsprechende Forschungserkenntnisse auf.

Als Format zur Wissensvermittlung hat sich zum Beispiel unsere Externer Link: Podcast-Reihe modus|extrem als äußerst vielversprechend herausgestellt. Neben der sehr breiten Streuung der Erkenntnisse wurde das Format auch zielgerichtet von Praktikerinnen und Praktikern der Extremismusprävention positiv rezipiert. Der Podcast hat inzwischen rund 3.000 Abonnements. Dabei planen wir, stetig neue Formate zu entwickeln und zu testen, um Transferprozesse zu beschleunigen und effektiver zu gestalten. Ganz praktisch gesprochen können zum Beispiel Mitarbeitende von Beratungsstellen unseren Podcast im Auto auf dem Weg zu einer Klientin oder einem Klienten hören. Das wäre mit einer wissenschaftlichen Handreichung nicht möglich.

Die Verknüpfung von Forschung und Praxis manifestiert sich darüber hinaus aber auch in Personen. So haben wir in einigen Projekten die Position eines "Practitioner Scientist" geschaffen. Es handelt sich dabei um Mitarbeitende, die sowohl über langjährige Erfahrungen in der Praxis der Extremismusprävention, als auch über die wissenschaftlichen Qualifikationen zur Forschung verfügen. Eine Tatsache, die von Forschenden häufig übersehen wird, ist, dass viele der im Feld der Extremismusprävention tätigen Praktikerinnen und Praktiker über ausgezeichnete akademische Qualifikationen und eigene Forschungsinteressen verfügen. Hier lohnt es sich definitiv anzusetzen und diese Personen aktiv in Forschungsprozesse miteinzubeziehen.

Wie würden Sie Ihr eigenes Rollenverständnis als vernetzender Akteur zwischen Wissenschaft und Praxis beschreiben?

Die Begriffe Mittler- oder Brückenfunktion sind ja bereits gefallen. Allgemein ist es wichtig, sich sowohl in der Forschungs- als auch der Praxislandschaft sehr gut auszukennen, über die entsprechenden Kontakte und Beziehungen zu verfügen und allen Beteiligten stets interessiert und auf Augenhöhe zu begegnen. Man wandelt dann ein stückweit zwischen den Welten und nimmt sich selbst häufig als "Übersetzer" oder "Diplomat" wahr. Praktikerinnen und Praktikern gegenüber vertritt man die Forschungsinteressen, den Forschenden gegenüber Anliegen der Praxis. Über Wissenschaft und Praxis hinaus hoffen wir natürlich auch neue Brücken zur Wirtschaft zu bauen, denn uns fehlen zur Innovation im Feld der Deradikalisierung und Extremismusprävention auch andere Perspektiven, Fähigkeiten und Ressourcen. Wir verstehen es als unsere Rolle, bislang nicht eingebundene Stimmen ins Gespräch miteinzubeziehen, wenn es um die Erarbeitung von neuen Ansätzen für die Extremismusprävention geht. Für diese vermittelnde Rolle braucht es sowohl Personen als auch eine Organisationsform.

Mit welchen Themen oder Projekten beschäftigen Sie sich derzeit und weshalb haben Sie diese Schwerpunkte gewählt?

Momentan legen wir bei modus | zad die Schwerpunkte vor allem auf drei Themenfelder: Evaluation und Praxisbegleitung, Online-Monitoring sowie Distanzierungsforschung.

Das Feld der Evaluation und Praxisbegleitung liegt bei den von uns formulierten Zielen natürlich auf der Hand. Hier wollen wir vor allem Evaluationen anbieten, die sich an den Bedarfen der Praxis orientieren und möglichst langfristig und niedrigschwellig angelegt sind. In der Sprache der Evaluationen sind unsere Angebote wohl am treffendsten mit "prozessorientierten formativen Evaluationen" beschrieben. (In der Interner Link: Infodienst-Serie Evaluation erfahren Sie mehr zum Thema.)

Das Monitoring beziehungsweise die Analyse von extremistischen Akteuren online ist ein zweites Schwerpunktthema. Gerade hier manifestiert sich, wie weit extremistische Akteure der Extremismusprävention voraus sein können; sowohl was die Nutzung von Technik als auch was die erfolgreiche Online-Ansprache von jungen Menschen betrifft. Für uns ist es wichtig zu verstehen, was Extremistinnen und Extremisten online erfolgreich macht, um daraus Erkenntnisse für eine schnellere und kompetentere Prävention zu generieren. Das haben wir beispielsweise im Projekt Externer Link: ABAT geleistet, aus dem auch ein längerer Externer Link: Report sowie ein Externer Link: Handbuch für die Praxis hervorgingen.

Das dritte Themenfeld betrifft die Forschung zu individuellen Prozessen der Distanzierung vom Extremismus. Es gibt seit langer Zeit viele Projekte der praktischen Distanzierungsbegleitung, sowohl im religiös als auch im politisch begründeten Extremismus. Demgegenüber ist das Forschungswissen desolat – darüber, was Distanzierungsprozesse ausmacht, was funktioniert und was nicht und wie sich Distanzierung überhaupt beschreiben lässt. Hier gilt es zunächst eine empirische Basis zu schaffen, auf der man belastbare Aussagen zu erfolgreicher Distanzierung machen kann. Das versuchen wir zum Beispiel im Rahmen des Projektes Externer Link: DISLEX 3D, in dem wir uns verschiedene Perspektiven auf Distanzierungsprozesse ansehen. Dazu erheben und systematisieren wir zunächst, was eigentlich beobachtet wird, wenn von Distanzierung gesprochen wird. Auch hier ist unser Ansatz grundsätzlich mehrperspektivisch, indem wir sich distanzierende Personen, Beraterinnen und Berater sowie das systemische Umfeld in die Analyse miteinbeziehen. Die ersten Ergebnisse, die voraussichtlich im Herbst 2020 veröffentlicht werden, sind jedenfalls vielversprechend.

Wie sieht ihre Anbindung an Violence Prevention Network (VPN) aus, und in welcher Form grenzt sich modus | zad von VPN ab?

Wir nutzen die Synergien zwischen den beiden Organisationen natürlich so gut wir können. Für modus|zad bedeutet das in erster Linie den erleichterten Aufbau guter Beziehungen zu einer großen Zahl von Praktikerinnen und Praktikern aus den VPN-Beratungsstellen und -Projekten und somit "kürzere Wege" als bei anderen Forschungsorganisationen. Eine Exklusivität hinsichtlich der Zusammenarbeit gibt es bei den beiden Organisationen aber nicht. Das würde der Idee von modus | zad auch völlig widersprechen.

VPN hat als große Praxisorganisation die Vision, dass ideologisch gefährdete Menschen und extremistisch motivierte Gewalttäterinnen und -täter durch Deradikalisierungs- beziehungsweise Distanzierungsarbeit ihr Verhalten ändern, ein eigenverantwortliches Leben führen und (wieder) Teil des demokratischen Gemeinwesens werden. Für die Umsetzung braucht es ein großes und erfahrenes Team aus Praktikerinnen und Praktikern unterschiedlichster Disziplinen.

Bei modus | zad brauchen wir hingegen andere Ressourcen und Kompetenzen, um unsere Brückenfunktion leisten und ein schnelles Reaktionsvermögen entwickeln zu können. modus | zad ist eine eigenständige Organisation mit einem klar abgegrenzten, eigenen Profil und einem ganz anderen Arbeitsfeld als VPN. Uns ist es wichtig, als Forschende mit hoher Praxiskompetenz wahrgenommen zu werden und nicht als "verlängerter Arm" einer Praxisorganisation.

Wie begegnen Sie kritischen Stimmen, die eine zu enge Verzahnung von modus | zad mit VPN monieren – zum Beispiel bei der Evaluierung des VPN-Modellprojekts Fokus ISLEX durch modus | zad – und mögliche Rollen- und Interessenkonflikte als Akteur in der praktischen Arbeit sehen, der gleichzeitig als Mittler zur Wissenschaft auftritt?

Wir sind uns unserer Position und den damit verbundenen Herausforderungen stets bewusst. Deshalb ist es für uns besonders erfreulich, dass wir inzwischen auch in der breiteren Landschaft der Praxisträger bekannt sind und mit verschiedensten Akteuren kooperieren, zum Beispiel im Bereich der Evaluation. Unsere Angebote richten sich an die gesamte Praxis- und Forschungslandschaft. Darüber hinaus setzt die Ausgründung aus VPN aber natürlich inhaltlich klare Grenzen, etwa wenn es um Evaluationen geht.

Im angesprochenen Fall der Evaluation des VPN-Praxisprojekts "Fokus ISLEX" durch modus | zad ist es wichtig zu betonen, dass es sich hierbei explizit nicht um eine wirkungsorientierte Evaluation handelt. Wir bewerten also das VPN-Projekt nicht, sondern begleiten es forschend und unterstützen in der Umsetzung. Ergebnisse einer etwaigen wirkungsorientierten Evaluation, die modus | zad bei VPN durchführen würde, hätten aufgrund der unbestreitbaren institutionellen Nähe der Organisationen zueinander keinen Erkenntniswert, weder für uns noch für VPN.

Welche weiterführenden Entwicklungsperspektiven sehen Sie für modus | zad in der Zukunft?

Als noch sehr junge Organisation versuchen wir uns natürlich zunächst weiterhin im Feld zu etablieren. Sowohl auf Seiten der Praxisorganisationen wie auch bei politischen Entscheidungsträgerinnen und -trägern sind wir mit unserer Arbeit bisher durchweg auf ein positives Echo gestoßen. Auch in der Forschungslandschaft wurden wir sehr positiv empfangen, was sich bereits in mehreren Kooperationsprojekten mit Forschungsinstituten und Universitäten manifestiert hat. Inhaltlich wollen wir zukünftig noch weiter vorausschauen und extremistische Phänomene in den Blick nehmen, die sich möglicherweise in der (nahen) Zukunft auch als Herausforderungen für die Prävention abzeichnen. Hier sind zum Beispiel die sogenannten "Reichsbürger" beziehungsweise "Souveränisten" zu nennen, über die wir noch viel zu wenig wissen; und natürlich auch die sogenannte "Incel"-Bewegung und die Rolle der Gaming-Szene. Auch in der Klimaprotestbewegung wird inzwischen über mögliche Radikalisierungspotenziale gesprochen. Es könnte sich lohnen, dort genauer hinzuschauen, um frühzeitig Präventionsformate zu entwickeln.

Perspektivisch wollen wir uns als anwendungsorientierte Forschungsorganisation auch langfristig im Feld etablieren und für alle Forschenden ansprechbar sein, die innovative Projekte mit starker Praxisanbindung planen oder Unterstützung bei der Vermittlung benötigen. Natürlich wollen wir auch selbst weiterhin Forschungs-, aber auch Praxis-Modellprojekte entwerfen und durchführen, die einen Beitrag dazu leisten, zeitnah neue Erkenntnisse und Lösungsansätze zu entwickeln und zu verbreiten. Um die angesprochene Brückenfunktion sinnvoll einnehmen zu können, müssen wir grundsätzlich sowohl als Forschungs- als auch als Praxisakteur agieren und unsere Erkenntnisse an beide Seiten auf Augenhöhe vermitteln können.

Infodienst RadikalisierungspräventionMehr Infos zu Radikalisierung, Prävention & Islamismus

Das Online-Portal Infodienst Radikalisierungsprävention der bpb bietet Hintergrundwissen, pädagogische Materialien, einen Newsletter und eine Übersicht mit Beratungsangeboten.

Interner Link: → Zur Infodienst-Startseite

Weitere Inhalte

Infodienst Radikalisierungsprävention

Forschung & Evaluation

Welche Forschungsprojekte gibt es zu Radikalisierung, Islamismus und Salafismus? Welche Projekte der Islamismusprävention wurden evaluiert? Welche Ansätze zur Evaluation gibt es?

Infodienst Radikalisierungsprävention

Radikalisierungsprävention

Der "Infodienst Radikalisierungsprävention – Herausforderung Islamismus" behandelt die Themen Islamismus, Prävention und (De-)Radikalisierung: mit Hintergrundinfos, Materialien, Terminen & Newsletter

Infodienst Radikalisierungsprävention

Wissenschaft & Forschung

Informationen für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler

Infodienst Radikalisierungsprävention

Forschung zu Radikalisierung

Ein Überblick über die Forschung zu den Hintergründen, Motiven und Verläufen von Radikalisierung zeigt: Immer spielen mehrere Faktoren zusammen, und die Prozesse verlaufen nicht geradlinig.

Infodienst Radikalisierungsprävention

Übersicht: Forschung zu Islamismus

PDF-Handreichung: Forschungsprojekte zu Radikalisierung, Islamismus, Salafismus und phänomenübergreifenden Aspekten

Michèle Leaman ist Mitbegründerin und Leiterin von modus|zad. Von 2017-2019 leitete sie das Projekt "Salam to You", das von Demokratie leben! gefördert wurde. Sie rief den Podcast "modus|extrem" ins Leben. Vor ihrem Engagement in der Extremismusprävention war sie langjährig in den USA im Bereich der Professionalisierung und Vernetzung von Universitäten und Non-Profit-Organisationen tätig.

Dr. Dennis Walkenhorst ist der wissenschaftliche Leiter von modus|zad und für sämtliche Projekte mit Wissenschaftsschwerpunkt verantwortlich. Zusätzlich ist er wissenschaftlicher Leiter von VPN, wo er seit 2017 tätig ist, sowie Lehrbeauftragter an der HWR Berlin. Seine Forschungsinteressen umspannen gewaltbereite extremistische Bewegungen, (De-)Radikalisierung, politische Soziologie sowie systemisches Denken.