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Luise Schorn-Schütte

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Als Beginn der Reformation gilt in Deutschland der 31. Oktober 1517. An diesem Tag schlug Martin Luther gemäß der Überlieferung 95 Thesen an das Portal der Wittenberger Schlosskirche, mit denen er die katholische Kirche zu grundlegenden Reformen aufforderte. Für diese Schlüsselszene gibt es keinen historischen Beleg, die erhaltenen Ereignisschilderungen stammen von Personen, die an diesem Tag nicht vor Ort anwesend waren.

Das Geschehnis vom 31. Oktober 1517: Zum Reformationsjubiläum 1617 illustriert ein Flugblatt einen prophetischen Traum Friedrichs des Weisen, in dem der sächsische Kurfürst und spätere Förderer Martin Luthers in der Nacht des 30. Oktober 1517 den Thesenanschlag Luthers vorausgesehen habe: Die Abbildung zeigt den schlafenden Friedrich (rechts im Bild) in Schweinitz. Er träumt, dass ein Mönch eine himmlische Botschaft empfängt und Friedrich bittet, etwas an die Tür der Wittenberger Schlosskirche schreiben zu dürfen. Des Mönchs gewaltige Feder reicht bis nach Rom, durchdringt die Ohren des römischen Löwen und bringt die Krone des Papstes Leo X. zum Wackeln. Umstehende Würdenträger, darunter auch Friedrich, bemühen sich, sie auf dem päpstlichen Haupt zu halten (Bildmitte) bzw. versuchen vergeblich, sie zu brechen (Bildausschnitt links oben), während Luther zu den Menschen spricht (rechts daneben). Im Bildvordergrund wird eine Gans im Feuer geröstet. Man entnimmt ihr Schwanzfedern, Gänsekiele, die zum Schreiben verwendet werden und auch am Boden rings um den schreibenden Luther verstreut liegen. Es ist möglicherweise eine Anspielung auf den 1415 in Konstanz als Ketzer verbrannten Johannes Hus, welcher der Legende zufolge auf dem Scheiterhaufen gesagt haben soll: "Jetzt bratet ihr eine Gans, doch in 100 Jahren wird ein Schwan kommen, den werdet ihr ungebraten lassen." Ein Original des Flugblatts ist im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg zu sehen. (© akg-images)

Doch Forschungsergebnisse bestätigen, dass Luther diese Thesen verfasst hat, sie für eine außer­universitäre Öffentlichkeit drucken ließ, sie an ausgewählte Personen verschickte und diskutieren wollte. Genauso sicher ist, dass er damit Entwicklungen in Gang setzte, welche die Welt unwiderruflich verändern sollten.

Auf die Frage, welches die bleibenden Wirkungen der Reformation sind und wie man sie interpretieren muss, hat in den zurückliegenden 500 Jahren jede Epoche ihre eigene Antwort gegeben. Wie lässt sich diese Frage aus heutiger Perspek­tive beantworten?

Fussnoten

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Luise Schorn-Schütte ist emeritierte Professorin für Neuere Geschichte der Goethe-Universität Frankfurt am Main.