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Die europäischen Juden in den Nachkriegsjahren

Kim Wünschmann

/ 3 Minuten zu lesen

Diese Karte bildet die Bevölkerungsentwicklung der europäischen Juden nach dem Zweiten Weltkrieg ab. Sie zeigt die Zahl der Überlebenden in den einzelnen Ländern, aber auch die Migrationsbewegungen innerhalb Europas und insbesondere nach Palästina/ Israel.

(© bpb, Jan Fischer)

Über drei Millionen Juden – etwa ein Drittel der Vorkriegsbevölkerung – überlebten den Zweiten Weltkrieg in Europa. Einige waren der nationalsozialistischen Vernichtung durch Verstecken oder geschützt durch ihre nicht-jüdischen Ehepartner entkommen, andere waren aus Lagern und Gefängnissen befreit worden. Viele Überlebende befanden sich bei Kriegsende fernab ihres Heimatlandes. Flucht, Vertreibung und Deportationen hatten sie entwurzelt; eine große Anzahl von ihnen war staatenlos geworden. Während ein Teil an ihre Herkunftsorte zurückkehrte, suchten zahlreiche Überlebende, die ihrer Familie und ihres Besitzes beraubt worden waren, nach einer neuen Heimat. Die massive antijüdische Gewalt in weiten Teilen Osteuropas führte zu einer Massenflucht von Juden nach Westen. In Lagern für sogenannte Displaced Persons (DPs) in Deutschland, Österreich und Italien harrten etwa eine Viertelmillion Flüchtlinge darauf, sich in einem neuen Land ansiedeln zu können.

Aber nicht nur die massenhaften Migrationsbewegungen, auch die zahlreichen Grenzverschiebungen vor und nach 1945 erschweren die Berechnung der Zahl der jüdischen Überlebenden in den einzelnen europäischen Ländern. Zentrale Siedlungsgebiete von Juden in Osteuropa standen unter mehrfach wechselnder Herrschaft, Flüchtlinge wurden nach dem Krieg zwangsumgesiedelt oder in ihre Ursprungsländer "repatriiert", und so ist man besonders für Polen und die Sowjetunion weitgehend auf Schätzungen angewiesen. Die Quellenlage insgesamt ist lückenhaft und uneinheitlich. Eine systematische Registrierung jüdischer Überlebender durch staatliche Behörden, jüdische Einrichtungen und internationale Hilfsorganisationen war in den Wirren der Nachkriegszeit kein einfaches Unterfangen. Unterschiedliche Definitionen der religiösen und nationalen Zugehörigkeit führten in offiziellen Erhebungen zu abweichenden Ergebnissen. Hinzu kommt, dass angesichts der repressiven Minderheitenpolitik und des Assimilationsdrucks der kommunistischen Regime viele Überlebende in Osteuropa es vorzogen, in Volkszählungen ihre jüdische Herkunft zu verschweigen.

Die Karte informiert über die Anzahl der jüdischen Überlebenden in den einzelnen europäischen Ländern. Die dynamische Entwicklung der Bevölkerungszahlen im Zeitraum bis 1951 spiegelt sich in bis zu drei verschiedenen Zahlenangaben pro Land wider. Die blau-gefärbte Zahl beziffert die Anzahl der registrierten Überlebenden im Jahr 1946 – in den Fällen von Deutschland, Österreich und Italien sind dabei die „Displaced Persons“ nicht mit eingerechnet. Der jüdische Bevölkerungszuwachs in den westeuropäischen Staaten durch den Zustrom von Überlebenden aus Mittel- und Osteuropa schlägt sich in der violett-gefärbten Zahlenangabe nieder. Die grün-gefärbte Zahl schließlich gibt an, wie viele Juden aus einem jeweiligen Land bis 1951 nach Palästina/Israel ausgewandert sind. Dabei stellt die Gründung des jüdischen Staates am 14. Mai 1948 und damit die Abschaffung jeglicher Einwanderungsbeschränkungen eine deutliche Zäsur dar. Die große Mehrheit der jüdischen Emigranten konnte die europäischen Länder erst nach diesem Datum gen Israel verlassen.

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Fussnoten

Die Historikerin Dr. Kim Wünschmann ist Direktorin des Instituts für die Geschichte der deutschen Juden in Hamburg. Sie forscht zur Geschichte des Nationalsozialismus und des Holocaust, zur jüdischen Geschichte und Kultur, zum Schicksal von Zivilist:innen im Krieg und zu Geschichte im Comic.
Email: E-Mail Link: kim.wuenschmann@igdj-hh.de