Personentransport mit der Berliner Luftbrücke
"Über die Einzelheiten der Luftbrückenaktion ließen sich Bände schreiben; vielleicht werden sie einmal auch geschrieben, obwohl ich zweifle, daß sie ihr gerecht werden können."
Die Erwartung einer extensiven publizistischen Rezeption der Berliner Luftbrücke von 1948/49, wie sie Lucius D. Clay – amerikanischer Oberbefehlshaber in Deutschland und bereits von seinen Zeitgenossen als Vater der Luftbrücke bezeichnet – im unmittelbaren Nachgang der Ereignisse entäußerte, hat sich mittlerweile mehr als bestätigt. Die wissenschaftliche, aber auch die populäre Literatur zu der einzigartigen Versorgung einer geteilten Millionenstadt per Flugzeug füllen inzwischen mehrere Regalmeter in den Bibliotheken.
Dennoch fördert die Forschung bis heute immer wieder neue Erkenntnisse zu Tage. So wurde unlängst herausgestellt, dass sich während der Berlin-Blockade selbst im Verhältnis zwischen der amerikanischen Besatzungsmacht und der westdeutschen bzw. Westberliner Bevölkerung keine wesentlichen Veränderungen vollzogen haben, vielmehr die Alliierten erst im Nachgang der Ereignisse nicht mehr nur als Besatzer, sondern auch als verlässliche Partner wahrgenommen wurden. Diese erinnerungskulturelle Aufladung der Luftbrücke als Katalysator in den deutsch-amerikanischen Beziehungen scheint teilweise den Blick darauf verstellt zu haben, dass es nicht die US-Amerikaner alleine waren, die die Versorgung der Halbstadt aus der Luft bewältigten. Auch Großbritannien hatte hierbei einen gewichtigen Anteil, der sich nicht nur auf die praktische Hilfe durch die Royal Airforce beschränkte, sondern darüber hinaus wohl auch Einflüsse in der Planungs- und Anlaufphase umfasste.
General Clay sollte mithin Recht damit behalten, dass die Literatur trotz ihrer Fülle bis heute nicht sämtliche Aspekte bei diesem Großprojekt humanitärer Hilfe ausreichend behandelt hat. Dies trifft besonders auf den britischen Beitrag zu und bei aller Fokussierung auf die Versorgung durch den Airlift wurde dem Backlift so gut wie keine Beachtung geschenkt. Denn die Maschinen der angloamerikanischen Streitkräfte flogen keineswegs immer leer zurück.
Westberlin war zwischen dem 26. Juni 1948 und dem 12. Mai 1949 von den sowjetischen Besatzungstruppen längst nicht so hermetisch abgeriegelt worden, wie dies zunächst scheinen mag – auch das ist mittlerweile Konsens in der Forschung. Für die Einwohner der drei Westsektoren bedeutete dies, dass lokaler Handel und Personenverkehr zwischen Westberlin und dem sowjetischen Einflussbereich, das heißt Ostberlin und dem brandenburgischen Umland, weitestgehend möglich waren. Dennoch stellte die Blockierung der Transitrouten nach Westdeutschland die West-Alliierten nicht nur vor größere Probleme, was die Versorgung ihrer Sektoren mit lebenswichtigen Gütern anbetraf. Auch der zivile Personenverkehr zwischen den Westzonen und dem Vorposten in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) wurde unmöglich gemacht, so dass diesbezüglich die Notwendigkeit eines Lufttransfers von Berlin nach Westdeutschland entstand. Eine Aufgabe, die mit wenigen Ausnahmen ausschließlich der Royal Airforce (R.A.F.) zu kam, wie die Briten in einem zeitgenössischen Informationsheft mehr als deutlich hervorhoben:
"There was a considerable number of people in West Berlin whom it was desirable, for one reason or another to bring away. These were all carried in R.A.F. aircraft. The R.A.F. took the whole of this human backload."
Abgewickelt wurde der Personenverkehr von der Royal Airforce zumeist zwischen dem Berliner Flugplatz Gatow und Lübeck-Blankensee (teilweise auch Wunstorf). Da die Transporte bisher von der Literatur allenfalls beiläufig erwähnt wurden, kann der allgemeine Ablauf hier nur kurz skizziert werden. Zunächst flogen die britischen Maschinen im Juni/Juli 1948 4.000 nicht in Berlin ansässige Personen aus, die sich von der Abriegelung der ehemaligen Reichshauptstadt dort überrascht sahen. Ab August stand der Transport im Wesentlichen jedem offen, der eine Zuzugsgenehmigung oder eine sonstige Aufenthaltserlaubnis für die westlichen Zonen besaß. Allerdings mussten diese Personen zusichern, dass sie ein halbes Jahr nicht in die Stadt zurückkehren würden. Angesichts des aufkommenden Winters wurden in der Folge vor allem Kranke und erholungsbedürftige Personen in die Westzonen überführt. Einen Schwerpunkt bildete auch der Ausflug von unterernährten Kindern, denen in Westdeutschland eine bessere Versorgung geboten werden sollte. Allein bis zum Jahreswechsel 1948/49 transportierte die R.A.F. auf diese Weise etwa 8.600 Kinder teils mit, teils ohne ihre Verwandten. Insgesamt wurden von Ende Juni 1948 bis Anfang Mai 1949 68.000 Passagiere ausgeflogen, die in der Regel für ihren Flug aber eine Gebühr zu entrichten hatten. Nur Kinder flogen kostenlos.
Im Folgenden soll der Fokus auf einer weiteren Gruppe liegen: Denn unter den Ausgeflogenen befanden sich ebenso Menschen, die aus dem Gebiet der SBZ nach Westberlin geflüchtet waren. Mithin bietet die kleine Studie nicht nur die Möglichkeit, einen weiteren Baustein in die Erforschung der Berliner Luftbrücke einzufügen, sondern gestattet auch einen Blick auf den Umgang mit den SBZ-Flüchtlingen in der Gründungsphase der Bundesrepublik.
Arbeitskräfte für den Ruhr-Bergbau: Die Operation Planet
Obwohl ein Grenzübertritt von der SBZ in die Britische Zone noch vergleichsweise wenig Gefahr beinhaltete, war auch Berlin mit Aufkommen des Kalten Krieges verstärkt zu einem Anlaufpunkt für Personen geworden, die den sowjetischen Machtbereich aus verschiedenen Gründen verlassen wollten. Genaue Aussagen über die Zahl der 1948/49 in der Stadt befindlichen SBZ-Flüchtlinge lassen sich kaum treffen, da Berlin nach dem Krieg wie die meisten größeren Städte mit nachlassender Wohnungsknappheit Zuwanderer aus seinem Umland anlockte und zudem weiterhin als Verkehrsknotenpunkt fungierte. Westberlin hatte zu diesem Zeitpunkt etwas mehr als 2 Millionen Einwohner. Schätzungen des statistischen Landesamtes Berlin führten um die Jahreswende 1948/49 etwa 130.000 Heimatvertriebene und 55.000 Zuwanderer aus der SBZ auf. Es wird deutlich, dass unterschieden werden müsste, welche dieser Personen Berlin lediglich als Zwischenstation nutzten und wer dort dauerhaft sesshaft werden wollte. Daher können die Zahlen nur ein ebensolcher Anhaltspunkt sein, wie die des Hauptsozialamtes Berlin. Diese Zentralstelle des Sozialsenators in der Kuno-Fischer-Straße – auch als Flüchtlingsdienst betitelt – war von den Sozialämtern im Januar 1949 ins Leben gerufen worden und sollte das Umherziehen der Flüchtlinge zwischen den verschiedenen Stadtteilen verhindern. Dort ließen sich im ersten Halbjahr 1949 rund 14.000 Flüchtlinge aus der SBZ registrieren.
Aufgrund der dargestellten Ausgangslage wäre zu vermuten, dass es vornehmlich die Überfüllung Westberlins war, die den Plan nahelegte, Flüchtlinge in den ohnehin ständig pendelnden Flugzeugen in die Westzonen auszufliegen. Dagegen spricht allerdings schon die Tatsache, dass im ganzen Jahr 1949 nur rund 5.000 Flüchtlinge auf diesem Weg offiziell transportiert wurden und darüber hinaus wohl auch etliche, die der SBZ den Rücken gekehrt hatten, ihren Platz im Flugzeug selbst bezahlen konnten.
Um die Zielsetzung des Flüchtlingsausflugs mit der Berliner Luftbrücke zu ergründen, ist es daher aufschlussreicher, den Blick zunächst von Berlin weg in den Westen der britischen Besatzungszone zu wenden. Denn bei der Flüchtlingslenkung nach dem Zweiten Weltkrieg spielten die Sogkräfte in Westdeutschland eine ebenso große Rolle wie die Schubkraft der sich sowjetisierenden SBZ. In dem vorliegenden Fall bestanden diese Sogkräfte ohne Frage auch in der Erwartung von Freiheit und besseren Lebensumständen im Westen, doch entgegen dem Trend einer generellen Ablehnungshaltung nutzten die staatlichen Stellen diese Kräfte selbst aus.
Denn die in die britische und die amerikanische Zone einströmenden Menschen aus der SBZ wurden von der westdeutschen Gesellschaft keineswegs mit offenen Armen empfangen. Ungeachtet aller Integrationsprobleme der Flüchtlinge und Vertriebenen aus Ostmitteleuropa, akzeptierten die Westdeutschen doch weitgehend, dass diese unter Zwang ihre Heimat hatten verlassen müssen. Vor allem für die mit Vertriebenen aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten stark belegten Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein, aber auch für das von Bombenzerstörungen sehr in Mitleidenschaft gezogene Nordrhein-Westfalen, stellte die Wohnraumbeschaffung ein großes Problem dar. Die ab 1947 vermehrt in den Westzonen ankommenden Menschen aus dem russischen Einflussbereich wurden somit als weitere Verschärfung des Problems wahrgenommen. Ab Frühling 1947 grenzten die Behörden aus diesen Gründen zunächst die Vertriebenen von den SBZ-Zuwanderen ab. Unter den so bezeichneten illegalen Grenzgängern unterschieden die Verwaltungen dann vereinfacht gesagt abermals zwischen echten Flüchtlingen, die aufgrund politischer Verfolgung geflohen waren und Zuwanderern, die anderweitige Motivation zum Verlassen der SBZ bewogen hatte. In Niedersachsen wurde diese Unterscheidung im Durchgangslager Uelzen-Bohldamm vorgenommen. Gegen eine zwangsmäßige Rückführung von Abgelehnten in die SBZ erhob die britische Militärregierung aber stets Einspruch, so dass eine Anerkennung grundsätzlich gleichzusetzen war mit dem Anspruch auf Wohnraumvermittlung und weitere Hilfsleistungen, keineswegs aber über das Bleiberecht als solches entschied.
Gerade Nordrhein-Westfalen brauchte jedoch die SBZ-Zuwanderer als Arbeitskräfte für den Bergbau und die Industrie. Eine fehlende fachliche Qualifikation war kein Hindernis, weil vor allem im Bergbau auch ungelernte Hilfskräfte benötigt wurden. Vorteilhaft war zudem, dass innerhalb der SBZ-Flüchtlinge der Anteil an jungen, arbeitsfähigen Männern deutlich höher war, als unter den Vertriebenen und auch dadurch bedingt ihre Unterbringung vergleichsweise einfacher fiel. Die SBZ-Zuwanderer brachten seltener eine Familie mit und konnten so in Zeiten extremer Wohnungsknappheit besser in Massenquartieren untergebracht werden. Darüber hinaus wurde eine zeitweise Trennung von den Familien akzeptiert. Dies habe das Beispiel der illegalen Zuwanderer aus Berlin gezeigt, wie das Landesarbeitsamt 1955 in der Rückschau bemerkte. Hiermit könnten auch die Luftbrückenflüchtlinge gemeint gewesen sein, an deren Beispiel im Folgenden belegt wird, dass die britische Militärregierung und die deutschen Behörden vor allem den Arbeitsmarkt im Blick hatten, sich aber sonst mit einer zielgerichteten Flüchtlingslenkung schwer taten.
Ganz im Sinne der britischen Praxis des indirect-rule – am treffendsten wohl zu übersetzen mit Planungsverwaltung – war die Arbeitskräftelenkung in der britischen Besatzungszone die Aufgabe der deutschen Behörden, dies allerdings unter der Aufsicht der Manpower Division. Im Spätsommer 1948 war es aber das Berliner Hauptquartier der Control Commission for Germany, British Element (CCG, BE), das die Möglichkeit erkannte, die Bedarfsdeckung an Arbeitskräften im Ruhrgebiet und das Berliner Flüchtlingsproblem zu verbinden. Hierbei kam den Briten die Zusammensetzung der SBZ-Flüchtlinge, die nach Berlin strömten, sehr entgegen. Neben politisch Verfolgten und Personen, die sich aus persönlichen Gründen nicht mit dem sich herausbildenden System in der SBZ arrangieren konnten, stellten die sogenannten Aue-Flüchtlinge das größte Kontingent. Bei dieser Gruppe handelte es sich um junge Männer, die zur Arbeit in den Uran-Minen im Erzgebirge verpflichtet worden waren. Teilweise wurden die "Bergleute wider Willen" unter die politischen Flüchtlinge gezählt, weil das Ost-Regime viele von ihnen aufgrund politischer Oppositionshaltung zu der gesundheitsgefährdenden Arbeit herangezogen hatte.
Die Zusammensetzung der Aue-Flüchtlinge entsprach ziemlich genau dem Bedarf und den bezeichneten Präferenzen im westdeutschen Revier und so drängte sich die Idee nahezu auf, diese als Arbeiter dort einzusetzen:
"This class consists mainly of young fit men […]. In spite of this it is considered that on the whole these young men would be an asset to the British Zone, particularly in coal mining.[…] The Chief Manpower Officer Nord Rhein/Westfalen has said he is willing to accept single young men and can place them in other manual employment should they prove unfit for coal mining. It is recommended, therefore, that single men willing to work in the coal mines should be assisted to travel to the Ruhr."
Das tragende Argument war also die Bereitschaft und die Fähigkeit zu körperlicher Arbeit, wobei ein weiterer möglicher Aspekt in dem Papier keine Erwähnung findet. So dürfte es auch von Vorteil gewesen sein, dass diejenigen Männer, die tatsächlich schon in den Wismut-Bergwerken um Aue gearbeitet hatten, zumindest über grundsätzliche Bergbau-Kenntnisse verfügten. Für die Arbeitskräftelenkung schien jedoch entscheidender gewesen zu sein, dass die jungen Männer ledig waren. Selbst wenn Verheiratete, wie oben beschrieben, ihre Familien zunächst zurückließen, würde ein anhaltender Druck entstehen, auch deren Familien eine Zuzugsgenehmigung für das an Wohnraum knappe Ruhrgebiet zu erteilen. Verheiratete Männer könnten daher nicht akzeptiert werden.
Die angestellten Überlegungen waren in ihren Grundzügen schon die Basis für das Konzept, das in der Folge für den Transfer von Arbeitskräften entworfen wurde – später versehen mit dem militärischen Decknamen Operation Planet. In der Entwurfsphase wurde abermals deutlich, dass für die Militärregierung das Problem nicht in erster Linie die in Berlin ankommenden Flüchtlinge waren - ihre Zahl wurde mit weniger als 50 pro Woche als unwesentlich eingestuft - sondern die Frage, wie die Berliner SBZ-Flüchtlinge möglichst arbeitsmarktorientiert in ihrer Zone angesiedelt werden könnten. Denn entgegen den Wunschvorstellungen setzten sich die Flüchtlinge nicht nur aus potenziellen Bergleuten zusammen. So enthielt ein erster Entwurf, der die Zahl der auszufliegenden Flüchtlinge bestimmte, gleichzeitig auch Quoten für drei verschiedene Gruppen. Das größte Kontingent (Kategorie A) sollte pro Monat maximal 140 ledige Aue-Flüchtlinge (refugees from the uranium mines) umfassen. Dazu sahen die Überlegungen höchstens 80 Personen der zweiten Gruppe (Kategorie B) vor, die aus verheirateten Aue-Flüchtlingen mit ihren Familien bestand, hiervon aber immer noch 30 potenzielle Bergarbeiter. Zuletzt schließlich sollten weitere 80 Flüchtlinge (Kategorie C) akzeptiert werden, von denen wiederum 30 Arbeiter sein sollten, allerdings nicht im Bergbau. Die Genehmigung der Quoten erfolgte am 6. Oktober 1948 durch die Regionalkommissare der Militärregierung und Ende des Monats sollte der erste Transport von 150 Aue-Flüchtlingen der Kategorie A zum Abtransport nach Lübeck bereitstehen.
Der Ablauf der Ausflüge war sehr genau festgelegt. Nach ihrer Ankunft in Berlin wurden die Flüchtlinge, die in Westdeutschland arbeiten wollten, in Zuständigkeit des Arbeitsamtes Charlottenburg für den Abflug mit der Luftbrücke registriert und anschließend aus Sicherheitsgründen überprüft. Wer dort nicht abgewiesen wurde, hatte sich einer medizinischen Untersuchung zu stellen, die neben der Arbeitsfähigkeit auch sicherstellen sollte, dass keine ansteckenden Krankheiten vorlagen. Mit einem Maximum von 30 Kilogramm Gepäck wurden die kleinen Gruppen in Frachtflugzeugen des Typs York dann von Gatow zum Flughafen Lübeck-Blankensee geflogen und von dort per Zug weiter zum Flüchtlingsaufnahmelager Hiltrop (nördlich von Bochum) geleitet.
Das Unterbringungsproblem für Familien war auch mit dem Anlaufen der Operation Planet Anfang November 1948 noch nicht befriedigend gelöst worden. Für verheiratete Männer, die zur Arbeit ins Ruhrgebiet geschickt wurden, bedeutete dies, dass sie dort voraussichtlich ohne ihre Familien leben müssten. Aus diesem Grund wurde für die Kategorie-C-Flüchtlinge (keine Bergbauverwendung) erstmals Niedersachsen als Zielraum ins Spiel gebracht. Ab Dezember kamen vermehrt Non-Miners in Nordrhein-Westfalen an – teils mit ihren Familien. Viele der ins Ruhrgebiet geleiteten Flüchtlinge waren zudem nicht geeignet, um in den Bergwerken zu arbeiten. Mitte Januar schließlich fiel die Entscheidung zu einer Übernahme der Kategorie-C-Flüchtlinge durch Niedersachsen, nachdem das Landesarbeitsamt Nordrhein-Westfalen wegen der Überbelegung der Lagerkapazitäten abermals darauf insistiert hatte.
In Niedersachsen war die Unterbringung dieser Flüchtlinge, die ja nur zu einem geringeren Teil aus Arbeitern bestanden, die vordringliche Aufgabe. Deshalb hatte hier anstatt des Arbeitsamtes das Ministerium für Flüchtlingsangelegenheiten unter dem Minister Heinrich Albertz (SPD) die Übernahme der Berlin-Flüchtlinge zu organisieren. Im Zuständigkeitsbereich Albertz‘ - 1966/67 kurzzeitig regierender Bürgermeisters von Berlin - lag auch das Flüchtlingsdurchgangslager Uelzen-Bohldamm. Schon seit Anfang 1947 war die Registrierung, Überprüfung und Weiterleitung von SBZ-Zuwanderern die Aufgabe dieser Ost-West-Schleuse und folgerichtig wurden von Uelzen aus auch die dort ankommenden Transporte der Berliner SBZ-Flüchtlinge an ihre Bestimmungsorte weitergeleitet.
Obwohl das Problem der Kategorie-C-Flüchtlinge damit notdürftig gelöst war, wähnten die Briten eine Verschlechterung der Berliner Flüchtlingssituation gerade durch die Flüchtlingsausflüge im Zeichen der Operation Planet: "A detailed survey of Berlin refugee problem has been made and the effect of Operation "Planet" carefully studied. […] It has been decided that this operation has little beneficial effect on the general problem but on the contrary offers an inducement to Soviet Sector and Soviet Zone residents to drift into Berlin in the hope of obtaining an air passage to the West."
In der Konsequenz zögerte die Militärregierung nicht lange und entschloss sich schon am 24. März 1949 dazu die Aktion zum 14. April auslaufen zu lassen. Die letzten 300 noch in Berlin auf den Abflug wartenden Flüchtlinge waren in die Kategorie C einzuordnen. Eine Tatsache, die den Briten die Abbruch-Entscheidung nicht gerade erschwert haben dürfte, hieß dies doch im Umkehrschluss, dass keine geeigneten jungen Männer aus dem Erzgebirge mehr zur Verfügung standen. Eine Annahme, die auch die Gesamtzahlen der Operation Planet nicht unrealistisch erscheinen lassen: 661 arbeitsfähigen, ledigen Männern der Kategorie A standen 55 Personen der Kategorie B und 701 der Kategorie C gegenüber. Die Zahlen legen nahe, dass der Hauptzweck, die Arbeitskräftelenkung ins Ruhrgebiet, kaum noch zu erfüllen war, da zu wenig unverheiratete männliche Flüchtlinge zur Verfügung standen, die ferner für harte körperliche Arbeit geeignet waren. Eine Weiterführung der Operation Planet schien aus diesem Blickwinkel nicht erfolgversprechend gewesen zu sein.
Zitierweise: Arne Hoffrichter, Arbeitskräftebedarf contra Wohnraummangel, Die Berliner Luftbrücke und das Problem der SBZ-Flucht 1948/49. In: Deutschland Archiv Online, 14.2.2013, Link: http://www.bpb.de/154092