Das Freiheits- und Einheitsdenkmal
Die geschichtspolitische Verortung in der Ideengeschichte der Bundesrepublik
Robert MeyerLutz HaarmannRobert Meyer/Lutz Haarmann
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Das geplante Denkmal für Freiheit und Einheit soll für die "Idee eines deutschen 'positiven' Denkmals" (Edgar Wolfrum) stehen. Ist damit eine Verschiebung der historischen Erinnerung verbunden, die nicht mehr primär Nationalsozialismus und Holocaust, sondern eine 'positive' Nationalgeschichte in den Mittelpunkt des Identitätsdiskurses rückt?
Einleitung
Seit den 1960/70er-Jahren oszilliert die geschichtspolitische Debatte in der Bundesrepublik zwischen zwei Identitätspolen: Auf der einen Seite handelt es sich dabei um die im linksliberalen Spektrum angesiedelte "Holocaust-Identität", welche die nationalsozialistische Vergangenheit gleichermaßen als Mahnung und Bürde für die bundesrepublikanische Gegenwart betrachtet. Auf der anderen Seite steht dem auf liberalkonservativer Seite ein Identitätsentwurf gegenüber, der sich gegen die einseitige Fokussierung auf die nationalsozialistische Vergangenheit und den Holocaust wendet. Stattdessen betonen sie stärker den Aspekt der Normalität, wobei auch die Vergangenheit jenseits des Nationalsozialismus als Referenzrahmen mit einbezogen wird.
Obgleich der linksliberale Identitätsdiskurs die geschichtspolitische Debatte in der Bundesrepublik dominiert hat und immer noch dominiert, lässt sich eine Reihe von Versuchen ausmachen, in denen Liberalkonservative ihren Identitätsdiskurs stärker akzentuieren: Hierbei sind etwa die "Tendenzwende" in den 1970er-Jahren oder der Historikerstreit im folgenden Jahrzehnt zu erwähnen. Debatten wie diese und geschichtspolitische Erinnerungsdiskurse im Allgemeinen manifestieren sich zudem immer wieder auch in materialen Artefakten, was sich paradigmatisch an der Errichtung des Denkmals für die ermordeten Juden Europas gezeigt hat.
Davon ausgehend thematisiert der vorliegende Beitrag das Denkmal für Freiheit und Einheit, mit dem an die Friedliche Revolution in der DDR 1989 und an die deutsche Wiedervereinigung 1990 erinnert werden soll. Untersucht wird, wie sich dieses Denkmal in die geschichtspolitischen Identitätsdiskurse der Bundesrepublik einreiht und ob es sich dabei um eine "ganz neue Idee eines deutschen 'positiven' Nationaldenkmals" handelt. Somit wird danach gefragt, inwiefern mit dem "Denkmal für Freiheit und Einheit" eine geschichtspolitische Verschiebung der historischen Erinnerung verbunden ist, insofern nicht mehr primär die Geschichte des Dritten Reiches und des Holocaust, sondern eine ins Positive gewendete deutsche Nationalgeschichte den Identitätsdiskurs bestimmt, was gleichsam auf einen geschichtspolitischen Übergang von der "Bonner" zur "Berliner Republik" schließen lassen könnte.
Hierzu wird zunächst der Diskurs um die Errichtung des Denkmals thematisiert, bevor im zweiten Abschnitt die topografische Aufstellung sowie schließlich die materielle Gestaltung des Denkmals behandelt werden.
1. Deutschland – "ein normales Land?": Nationale Identität in der Berliner Republik
Erinnerung steht seit einigen Jahren im Fokus der wissenschaftlichen Debatten und firmiert dabei nicht selten unter dem Stichwort der Geschichtspolitik. Die Instrumentalisierung der Geschichte für die Gegenwart wird dabei oftmals unter dem Rubrum der Kontroverse eingeordnet und mitunter als Kampf "um die Deutung von Geschichte" gedeutet. In diesem Sinne lässt sich "Geschichte als Waffe" begreifen, die weit in die Gegenwart hineinragt.
Um die Erinnerung und die Geschichte ist in der Bundesrepublik immer wieder gestritten worden. Geschichte wurde dabei auf der einen Seite als Belastung gesehen, wobei immer wieder die Erinnerung an den Nationalsozialismus und den durch ihn hervorgebrachten Holocaust im Fokus stand. In gewisser Weise verbunden war damit die These vom deutschen Sonderweg, die nicht nur die Zeit des NS-Regimes, sondern die deutsche Geschichte insgesamt in das Zentrum rückte. Gegenüber derartigen Deutungslinien wurden immer wieder auch Versuche unternommen, die deutsche Geschichte von der Bürde der nationalsozialistischen Diktatur zu entlasten. Die deutsche Geschichte, so lautete hierbei das zentrale Argument, dürfe nicht nur auf die zwölf Jahre dauernde totalitäre Diktatur reduziert werden. Der Nachweis einer positiv besetzten deutschen Geschichte wurde in Ausstellungen, wie etwa Ende der 1970er und Anfang der 1980er-Jahre über die Staufer, Wittelsbacher und vor allem über Preußen, geführt. Darüber hinaus kam es zum Bau einer Reihe von Museen: Dieser "Musealisierungsprozeß" führte auch zur Gründung des Hauses der Geschichte in Bonn. Dies wurde bereits seit den 80er-Jahren, wie wir in der Einleitung angedeutet haben, auf linksliberaler Gegen-Seite als eine Verschiebung des deutschen erinnerungspolitischen Diskurses weg von der oben angesprochenen "Holocaust-Identität" hin zu einer "offensive[n], nationalkonservative[n] Besetzung der Geschichte" durch die Bundesregierung Kohl gedeutet.
Diese Diskurslinie wurde nach der Friedlichen Revolution 1989/90 im vereinten Deutschland weiter gezeichnet. Noch vor der staatlichen Wiedervereinigung warnte Jürgen Habermas im Frühjahr 1990 von einem nun heraufziehenden "DM-Nationalismus". Auf der Gegenseite fragte im Sommer 1991 Klaus von Dohnanyi, ob Deutschland "ein normales Land" sei und kam zu dem Schluss, dass dies nicht der Fall sei, was er als "ein Schaden [...] für Europa, aber auch für die Deutschen" wertete. Daneben konstatierte auch der Politologe Eckhard Jesse: "Findet die selbstquälerische Form der Vergangenheitsbewältigung kein Ende, so bedeutet das eine nachhaltige Hypothek für die politische Kultur in der Bundesrepublik – unter Umständen mit Konsequenzen, die nicht im Interesse der 'Bewältiger' sein dürften." Damit zeigte sich auch im Kontext der deutschen Wiedervereinigung, dass sich linksliberale und liberalkonservative Deutungslinien unversöhnlich einander gegenüberstanden.
Der Bruch im erinnerungspolitischen Diskurs der Bundesrepublik erfolgte – zumindest in linksliberaler Deutung – mit der Walser-Bubis-Debatte. Ausgelöst hatte die Kontroverse der Schriftsteller Martin Walser. In seiner Friedenspreisrede hatte Walser 1998 gesagt, wenn ihm jeden Tag in den Medien die NS-Vergangenheit vorgehalten werde, "merke ich, daß sich in mir etwas gegen diese Dauerpräsentation unserer Schande wehrt. Anstatt dankbar zu sein für die unaufhörliche Präsentation unserer Schande, fange ich an wegzuschauen." Die folgende Kontoverse wurde von linksliberaler Seite als "Einschnitt in die 'Erinnerungskultur' der Bundesrepublik" gewertet. Im Rahmen der Walser-Bubis-Debatte wurde dem wiedervereinigten Deutschland gleichsam eine "erinnerungspolitische[...] Verschiebung im Rahmen eines sich transformierenden politisch-kulturellen Gefüges" attestiert. Ignatz Bubis´ Rolle in dieser Debatte wurde als ein "Kampf um die Erinnerung an die Shoah und gegen die soziale Freisetzung des latenten oder offenen antisemitischen Ressentiments" gesehen, die er gegen "den literarische[n] Agitator Walser" nicht habe gewinnen können. Dass der 1999 verstorbene Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland dann von der rot-grünen Bundesregierung posthum für sein Engagement gelobt wurde, die "Schatten der Vergangenheit kleiner werden zu lassen", war für den linksliberalen Diskurszweig ein weiterer Beleg für die "neuere deutsche Geschichtspolitik". Die Walser-Bubis-Debatte und die Diskussion um das geplante Holocaust-Mahnmal wurden als "Konturen" eben jener neuen geschichtspolitischen Lage des vereinten Deutschlands am Beginn der Berliner Republik verortet. Diese neue Verortung der Bundesrepublik mithilfe ihrer – unterstellten – neuen Geschichtsdeutung ziele "verstärkt auf die Normalisierung und Einordnung der deutschen Verbrechen während der Zeit des Nationalsozialismus." Von liberal-konservativer Seite hingegen wurden Walsers Äußerungen positiver bewertet. Der Philosoph Peter Sloterdijk befand, Walser habe mit der Paulskirchenrede die "Annäherung an die psychopolitische Normalität" vorangebracht. Zudem habe der Schriftsteller eine "glanzvolle Antizipation einer möglichen deutschen Normalisierung" betrieben.
Von späteren linksliberalen Diskursteilnehmern, wie der Historikerin Aleida Assmann, wurden hingegen noch 2007, also fast 20 Jahre nach der Wiedervereinigung, weiterhin Zweifel an der deutschen Nation und an ihrem Umgang mit ihrer Geschichte geäußert: "Während sich in Bonn der Verzicht aufs Nationale ausdrückte, wird in Berlin in großem Stil die Nation re-inszeniert. Die Nation will nicht nur imaginiert, sie will auch repräsentiert sein: durch Ideen, Mythen, Erzählungen, Symbole und nicht zuletzt durch die Architektur ihrer neuen Hauptstadt."
Inwiefern dies auch auf das Freiheits- und Einheitsdenkmal zutrifft, wird im Folgenden thematisiert.
2. Deutsche Geschichte und Identität jenseits des Nationalsozialismus
Als in der Bundesrepublik über die Errichtung des Holocaust-Mahnmals gestritten wurde, initiierte Florian Mausbach, der damalige Präsident des Bundesamtes für Bauwesen, im Jahre 1998 gemeinsam mit Günter Nooke, dem Menschenrechtsbeauftragten der Bundesregierung, Jürgen Engert, dem Gründungsdirektor des ARD-Hauptstadtstudiums, und dem letzten DDR-Ministerpräsidenten Lothar de Maizière die Idee für den Bau eines Freiheits- und Einheitsdenkmals. In einem Brief, den die vier Initiatoren am 13. Mai 1998 an Helmut Kohl, Rita Süssmuth, Gerhard Schröder und Eberhard Diepgen sandten, erklärten sie: "Wir Deutsche tun uns schwer mit Denkmälern und Gedenkstätten. [...] Die Unfähigkeit zu feiern und die Unfähigkeit zu trauern gehören zusammen. Sie können auch nur gemeinsam überwunden werden. Denkmäler der Schande und der Trauer, des Stolzes und der Freude sind notwendige Grundsteine des neuen Deutschland und der neuen Bundeshauptstadt."
Die Initiatoren des Denkmals rekurrierten damit auf die positiven Seiten der deutschen Geschichte. Die Deutschen, so die Argumentation, kämen nicht umhin, nicht nur die negativen Seiten ihrer Geschichte, sondern auch die positiven Elemente ihrer Vergangenheit zu betonen. So fragte Günter Nooke explizit, warum die Deutschen "im Kontext der national bedeutenden Denkmale nicht auch der Aktiva der deutschen Geschichte gedenken" könnten. Auch Alfred Grosser meinte, dass "man sich in Deutschland allzu wenig an die positive Vergangenheit" erinnere.
Mit der Absicht, die positiven Seiten der deutschen Geschichte zu würdigen, tat sich die Bundesrepublik lange Zeit schwer. Vor allem in den "80er-Jahren war die lange und ferne deutsche Geschichte verblasst, und in den Vordergrund immer dringlicher die Geschichte des Nationalsozialismus und des Holocaust getreten". Vor diesem Hintergrund verwies die frühere Bundesministerin für innerdeutsche Beziehungen Dorothee Wilms in ihrem Plädoyer für das Denkmal auf eine "gebrochene nationale Geschichtstradition" der Deutschen. Nicht nur die föderale Struktur Deutschlands habe die Etablierung einer zentral ausgerichteten nationalen Erinnerungskultur verhindert, sondern Wilms führte dies vor allem "auf die NS-Diktatur mit Holocaust und Völkermord, auf eine SED-Diktatur mit Rechtlosigkeit und Unfreiheit in einem Teil Deutschlands und auf all die anderen bedrückenden menschlichen und gesellschaftlichen Folgen" zurück. Allerdings dürfe die deutsche Geschichte nicht allein auf diese Zusammenhänge reduziert werden. Die Sichtweise, wonach der Nationalsozialismus den einzigen Fluchtpunkt deutscher Geschichte bildet, wurde somit kritisch gewertet. Entsprechend wurde auch die Annahme von Zwangläufigkeiten oder Sonderwegen in der deutschen Geschichte zurückgewiesen: Es sei "nicht wahr, dass die deutsche Geschichte auf das Jahr 1933 zulaufen musste". Die deutsche Geschichte sei wie auch diejenige anderer europäischer Staaten gleichermaßen von negativen wie positiven Seiten geprägt und Deutschland in dieser Hinsicht als ein normales europäisches Land zu sehen.
Die Würdigung der positiven Seiten der deutschen Geschichte sei gerade für die Identitätsstiftung wichtig. Die Reduzierung der deutschen Geschichte auf den Nationalsozialismus, so konstatieren die Befürworter des Denkmals, sei nicht geeignet, ein tragfähiges Identitätsgefühl hervorzubringen. So stellte Günter Nooke fest, dass "der Holocaust oder die vorbildliche Aufarbeitung des NS-Verbrechen [...] nicht als nationale Identifikation" ausreichten. Darauf machte auch der evangelische Theologe Richard Schröder aufmerksam, wenn er darauf hinwies, dass kein Volk "allein aus dem Versagen Orientierung gewinnen" könne. Weder Nooke noch Schröder sprachen sich damit grundsätzlich gegen die Errichtung von Mahnmalen aus, mit denen der Opfer staatlich begangener Verbrechen gedacht werde, doch dürfe sich die kollektive Erinnerung nicht darauf beschränken. Dies brachte auch der "linke Patriot" Peter Brandt zum Ausdruck, wenn er darlegte, "dass wir den Jungen nur zumuten können, diese Last weiterzutragen, wenn die Erinnerung an die Schrecken der Vergangenheit ergänzt wird um positive Identifikationsangebote". Es gelte vielmehr einen "Kernbestand ganz spezifischer positiver Leistungen, mit denen Deutschland seinen Beitrag zur Menschheitsentwicklung geleistet hat und fortgesetzt leistet" anzuerkennen. Dorothee Wilms erklärte, dass ohne Geschichtsbewusstsein "eine geistig-politische Orientierung in Staat und Gesellschaft nicht möglich" sei. Dies könne die Bezugnahme auf den Nationalsozialismus indes nicht leisten. Vielmehr sei es wichtig, eine Erinnerungskultur zu etablieren, in der sich die Identität widerspiegelt und gleichermaßen bewahrt werden soll, wobei insbesondere die Bedeutung von Denkmälern hervorgehoben wird.
In der Diskussion um die Errichtung des Freiheits- und Einheitsdenkmals wurde über die Zeit des Nationalsozialismus hinausgegangen. Dabei wurde grundsätzlich das "selbstzerstörerische Klischee" zurückgewiesen, wonach "die Deutschen nicht über beachtliche freiheitliche Traditionen [...] verfügen könnten". Hierbei spielte insbesondere das 19. Jahrhundert eine herausragende Rolle, wobei eine spezifisch deutsche Revolutionstradition begründet wurde, die sich von 1848 bis 1989 spanne. Dabei kam den Begriffen "Freiheit" und "nationale Einheit" eine herausgehobene Bedeutung zu: "Was in der Revolution von 1848 noch misslang, wurde nach 1989 zum europäischen Ereignis: Der Sieg der freiheitlichen, demokratischen und nationalen Bewegungen. [...] Ein Freiheits- und Einheitsdenkmal der friedlichen Revolution wäre zugleich Überwindung und Vollendung: Überwindung eines martialischen Nationalismus und Vollendung der demokratischen Revolution von 1848." Dementsprechend betonten die Initiatoren des Denkmals, es gebe von 1989 "durchaus eine direkte Traditionslinie hin zu 1832 und 1848!"
Aber nicht nur die Initiatoren des Freiheits- und Einheitsdenkmals stellten die Umwälzungen des Herbsts 1989 in einen revolutionären Kontext, der bis in das 19. Jahrhundert reicht. Auch die Bundesregierung machte sich diese Einordnung zu eigen und unterstrich ebenfalls diese Traditionslinie, wodurch die ursprünglich private Initiative auf eine politische Ebene gehoben wurde. Dabei bezog die Bundesregierung die Akteure von 1989 auf die Nationalbewegung im 19. Jahrhundert: "Die Frauen und Männer der friedlichen Revolution konnten an eine lange Freiheitstradition anknüpfen. Im 19. Jahrhundert war die deutsche Nationalbewegung der Träger des Freiheitsgedankens, der stets mit dem Wunsch nach Einheit verbunden war. So war die Revolution von 1848/49 nicht nur der Versuch, Menschen- und Bürgerrechte zu garantieren, sondern auch die Einheit zu schmieden."
Auch die Bundesregierung konturierte eine historische Kontinuität, die von 1848 über die Weimarer Republik bis hin zur Bundesrepublik reicht. Dementsprechend wurde darauf hingewiesen, dass die Weimarer Verfassung "bewusst an die Traditionen der Reichsverfassung von 1849" anknüpfte und dabei sowohl die Freiheit als auch die Einheit als konstituierende Merkmale bewahrte, bevor sie durch den linke und rechte Kräfte zerstört wurde. Diese revolutionäre Traditionslinie fand auch Eingang in den Beschluss des deutschen Bundestages, der sich am 9. November 2007 für die Errichtung eines Einheitsdenkmals entschied: "Die Bundesrepublik Deutschland errichtet in Erinnerung an die friedliche Revolution im Herbst 1989 und an die Wiedergewinnung der staatlichen Einheit Deutschlands ein Denkmal der Freiheit und Einheit Deutschlands, das zugleich die freiheitlichen Bewegungen und die Einheitsbestrebungen der vergangenen Jahrhunderte in Erinnerung ruft und würdigt."
Das Herausarbeiten einer spezifisch deutschen Revolutionstradition, die auf die Revolution von 1848 zurückgeführt wird, kommt indes nicht nur an der Errichtung des Denkmals zum Ausdruck. In diesem Zusammenhang ist beispielsweise auch die Umbenennung des Platzes vor dem Brandenburger Tor in "Platz des 18. März" einzuordnen. Hiermit soll eine Verbindungslinie zwischen dem 18. März 1848 und den ersten freien Wahlen in der DDR am 18. März 1990 gezogen werden. Es gibt somit einige städtebauliche Projekte, die – wie das Freiheits- und Einheitsdenkmal – die revolutionären Aspekte der deutschen Geschichte abbilden.
Die intendierte Anknüpfung der Ereignisse im Herbst 1989 an eine deutsche Revolutionstradition spiegelt sich auch in der semantischen Bezeichnung dieser Ereignisse wider, insofern einerseits von "Revolution" andererseits von "Wende" gesprochen wird. Damit sind beide Termini zu ideengeschichtlichen Kampfbegriffen geworden, mit denen um die Deutungshoheit über die Ereignisse des Herbstes '89 gerungen wird. So verwehren sich die Kritiker gegen den "Wende"-Begriff, weil dieser vom Honecker-Nachfolger Egon Krenz geprägt wurde. Mit dem Begriff der "Wende" glaubte er einen Terminus gefunden zu haben, "der sowohl eine Hinwendung auf das Bewährte aus 40 Jahren DDR zuläßt als auch deutlich macht, daß wir uns abwenden von allem, was unser Land in die gegenwärtige Situation gebracht hat". Dies verband sich gleichermaßen mit einem offensiven Aspekt, insofern Krenz die "Wende" ausrief, mit der die Führung der DDR "vor allem die politische und ideologische Offensive wiedererlangen" sollte. Krenz ging es also lediglich darum, die DDR in gewissem Maße zu reformieren und gleichzeitig den Machtanspruch der SED als Regierungspartei der DDR aufrecht zu erhalten. Damit stand das Anliegen von Krenz allerdings konträr zu den Forderungen der Bevölkerung der DDR. Die Bezeichnung als "Wende" relativiere somit lediglich die Ereignisse vom Herbst 1989 durch einen "belanglosen, ja diffamierenden Begriff" und durch eine "Verharmlosungsformel gegenüber Charakter und Qualität der DDR". Demgegenüber unterstreichen die Kritiker des "Wende"-Begriffs die freiheitlichen Intentionen der Bewegung, die das SED-Regime zum Einsturz brachte. Der weitestgehend friedliche Verlauf des Herbstes '89 dürfe nicht über den systemischen Wandel hinwegtäuschen, den diese Ereignisse ausgelöst hätten: "Die Revolution führte zu einem anderen politischen und ökonomischen System, wenn auch nicht zu einem, das denen vorschwebte, die sich die Veränderung des alten Systems auf die Fahnen geschrieben hatten. Der Umbruch in Ostdeutschland ging weit über alles hinaus, was die Herrschenden als Konzession gerade noch toleriert hätten", erklärte Charles S. Maier in seinem Plädoyer für den "Revolutions"-Begriff.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass mit dem Denkmal für Freiheit und Einheit die Normalisierung der deutschen Identität zum Ausdruck gebracht werden soll. Dies verbindet sich vor allem mit dem Gedanken einer deutschen Revolutionstradition, mit der die Ereignisse vom Herbst 1989 in eine Kontinuitätslinie mit der Revolution von 1848 gestellt werden. Dieser Zusammenhang verdeutlicht sich auch im Hinblick auf den Standort, an dem das Denkmal errichtet werden soll.
3. Topografische Aufstellung: die Schlossfreiheit in Berlin
Als Standort des Freiheits- und Einheitsdenkmals ist die Schlossfreiheit in Berlin vorgesehen. Die Aufstellung des Denkmals in Berlin war indes nicht unumstritten. Als Alternative war auch Leipzig im Gespräch. Hierfür sprach sich etwa vehement Gunter Weißgerber aus. Auch Rainer Eckert, der Direktor des Zeitgeschichtlichen Forums in Leipzig, votierte für die Aufstellung in Leipzig auf dem Augustusplatz, den Eckert in "Platz der friedlichen Revolution" umbenannt sehen möchte. Leipzig habe im Kampf um die Freiheit stets eine herausragende Rolle gespielt, etwa in den anti-napoleonischen Befreiungskriegen 1813 und in der Märzrevolution 1848. Damit griffen auch Befürworter des Standortes Leipzig auf die Revolutionstradition Deutschlands zurück.
Hingegen sprachen sich die Initiatoren des Denkmals bereits sehr früh für Berlin als Standort des Freiheits- und Einheitsdenkmals aus. Zwar wurde die Bedeutung Leipzigs und der dort einsetzenden Montagsdemonstrationen für die Revolution im Herbst 1989 gewürdigt, doch stellte Florian Mausbach zugleich die Rolle Ost-Berlins als "Hauptstadt der DDR" in den Vordergrund. So habe auf dem Alexanderplatz die größte Kundgebung stattgefunden, welche die "Machtlosigkeit der SED" demonstriert habe. Außerdem sei von der Öffnung der Mauer in Berlin, der Hauptimpuls zur Wiedervereinigung ausgegangen. Auch sei der Beschluss zur Wiedervereinigung "von der freigewählten Volkskammer in Berlin" gefällt worden, so Richard Schröder. Berlin wurde somit als der zentrale nationale Erinnerungsort angesehen, wo der revolutionären Ereignisse vom Herbst 1989 und der Wiedervereinigung gedacht werden könne.
Zugleich wurde mit Berlin die nationale Dimension des Denkmals betont. Als Hauptstadt der Bundesrepublik sei Berlin auch die "Hauptstadt unserer Erinnerungskultur", erklärte Richard Schröder. In seinem Beschluss machte sich der Deutsche Bundestag diese Sichtweise zu eigen und beschloss, das Denkmal "als nationales Symbol in der Mitte der deutschen Hauptstadt" zu errichten. Damit repräsentiert das Denkmal die Nation.
Ein weiterer Grund, der zugunsten von Berlin als Standort für das Denkmal angeführt wurde, ist der Umgang mit der deutschen Vergangenheit. So plädierte Bundestagspräsident Norbert Lammert für den Standort Berlin, weil neben den zahlreichen Mahnmalen zur Erinnerung an die verbrecherischen, totalitären Regime auf deutschem Boden auch ein Denkmal errichtet werden solle, das die positiven Seiten der deutschen Geschichte zum Ausdruck bringe: "Wir haben aus gutem Grund insbesondere in der Hauptstadt zahlreiche auffällige Stätten der Erinnerung an die Verbrechen zweier Diktaturen in Deutschland. Es gibt keinen vernünftigen Grund, nicht auch in ähnlich demonstrativer Weise der Freiheits- und Einheitsgeschichte der Deutschen zu gedenken."
Als Standort für das Denkmal der Freiheit und Einheit wurde der Sockel des ehemaligen Nationaldenkmals für Wilhelm I. auf der Schlossfreiheit festgelegt. Das Reiterdenkmal, das anlässlich des 100. Geburtstages des Kaisers 1897 enthüllt wurde, unterschied sich von anderen Denkmälern zu Ehren des Kaisers dadurch, dass es sich um ein offizielles Denkmal, ein Auftragswerk Wilhelms II., handelte. Andere Denkmäler für Wilhelm I. gingen entweder aus den Initiativen industrieller, kaufmännischer und akademisch gebildeter Kreise oder aus Kriegsvereinen hervor, feierten also weniger die Leistung des Kaisers, sondern vielmehr die Nation.
In gewisser Weise trifft dies auch auf das Freiheits- und Einheitsdenkmal zu: Es soll eben "nicht ein Denkmal des Parlamentarismus, also der repräsentativen Demokratie sein, sondern der unmittelbaren und selbsttätigen revolutionären Volksbewegung, der Menschen, die allein mit dem Mandat ihres Gewissens Freiheit und Einheit erkämpft haben", so Florian Mausbach: "Es sollte nicht ein repräsentatives Staatsmonument sein, sondern ein Bürgerdenkmal." Gemäß der Vorstellung eines "Bürgerdenkmals", das der "friedlichen Revolution von unten" gewidmet sein soll, sei beispielsweise auch der Standort unmittelbar vor dem Reichstag ungeeignet, da dieser eben nicht die Bürger, sondern das Parlament in den Vordergrund stelle.
Stattdessen kam es den Initiatoren darauf an, einen Ort zu finden, der die revolutionären Ereignisse besser zum Ausdruck bringe. Hierfür bot sich in ihren Augen die Schlossfreiheit in besonderer Weise an, denn in ihrer unmittelbaren Nähe "tagte die frei gewählte Volkskammer und fasste am 23. August 1990 den Beitrittsbeschluss". Ebenso findet in diesem Zusammenhang die große Kundgebung auf dem Alexanderplatz Erwähnung. Zudem verweise die Schlossfreiheit auf die "Befreiung von allen bürgerlichen Lasten und der Gewährung der Gewerbefreiheit" und bilde somit die "Keimzelle des bürgerlichen Lebens" in Preußen. Damit knüpften die Initiatoren bewusst an die preußische Tradition an und betonten die bürgerliche Seite Preußens. Insgesamt also wird durch das Denkmal sowie die Wahl des Ortes die Nation selbst zum gefeierten Referenzpunkt; hierzu passt es auch, dass es sich bei den Initiatoren nicht nur um Parlamentarier handelt, sondern das Ansinnen auf ein solches Denkmal gewissermaßen der Mitte der bürgerlich verfassten Nation entspringt.
Bei der Wahl des Standortes kommt insgesamt ein erinnerungskultureller Transfer zum Ausdruck. Aleida Assmann spricht in diesem Kontext von einem "Palimpsest". Im Rahmen der Neugestaltung der Mitte Berlins sei die Stadt "ein dreidimensionaler Palimpsest: auf konzentriertem Raum ist Geschichte immer schon geschichtet als Resultat wiederholter Umformungen, Überschreibungen, Sedimentierungen." In besonderer Weise wird dies am Ensemble der Schlossfreiheit und des Berliner Stadtschlosses deutlich: So wurde das Reiterstandbild Wilhelm I., das im Zweiten Weltkrieg schwer zerstört wurde, 1949/50 bis auf den Sockel vollständig abgetragen. Dieses Vorgehen stand indes im Zusammenhang mit dem Abriss des gesamten Berliner Stadtschlosses, den SED-Chef Walter Ulbricht 1950 folgendermaßen begründete: "Das Zentrum unserer Hauptstadt, der Lustgarten und das Gebiet der jetzigen Schloßruine, müssen zu dem großen Demonstrationsplatz werden, auf dem der Kampfwille und der Aufbauwille unseres Volkes Ausdruck finden können". Dementsprechend entstand hier der "Palast der Republik" als Zeichen des sozialistischen Aufbaus, als Ausdruck der Neudefinition der Mitte Berlins im Lichte der sozialistischen Ideologie. Mit dem Abriss des Palastes der Republik und der geplanten Rekonstruktion des Berliner Stadtschlosses sowie der Aufstellung des Freiheits- und Einheitsdenkmals wird dieser Ort nunmehr erneut umgeschichtet und überschrieben: "Mit der Errichtung eines Denkmals auf dem für das Reiterstandbild Wilhelms I. gebauten Sockel wird jener Ort des Einheitswillens gleichsam demokratisch vollendet und im Hegel'schen Sinne 'aufgehoben'" – im "Doppelsinn des Wortes 'Aufheben' von Bewahren und Überwinden". Insofern möchten die Initiatoren des Denkmals der Mitte Berlins ein neues Sediment deutscher Geschichte hinzufügen, welches das historische Erbe nicht leugnet, sondern dieses als Grundlage einer neuen Schichtung begreift.
Dies bestätigte Jürgen Engert, als er auf "die Ironie, die Brechung [hinwies], die entsteht mit dem Ersetzen des Symbols der Einheit von oben durch ein Sinnbild der Einheit von unten, einem Denkmal für die Kerzen". Damit reagierte Engert auf Kritik, wonach das geplante Denkmal insofern einem "geschichtsblinden Triumphalismus" fröne, als sein Sockel dem Kaiser der Reichseinigung von 1871 gewidmet war. Die Einheit, die nach 1989 möglich wurde, sah Engert im Unterschied zur Einigung von 1871 nicht als von oben verordnet, sondern als von unten erkämpft an. Beide Ereignisse verdichten sich aber durchaus für die Initiatoren und Befürwortern des Freiheits- und Einheitsdenkmals in dem ausgewählten Ort auf dem Sockel der Schlossfreiheit. Ort und Raum gehen in diesem Sinne eine Verbindung ein: Einmal zeigt sich der Sockel der Schlossfreiheit als Ort, der primär auf die Vergangenheit bezogen ist; andererseits hat das abgetragene Reiterdenkmal einen Raum eröffnet, der für Planung und Deutung in die Zukunft gerichtet ist. Beide Dimensionen werden durch "Freiheit" und "Einheit" besetzt und als notwendige Orientierungspunkte der Nation in die Zukunft projiziert. Die Schlossfreiheit erweist sich somit als Palimpsest, in dem "Erfahrungsraum und Erwartungshorizont" einer Nation aufeinandertreffen und in dem Geschichte als Prozess von Um- und Überschreibungen immer wieder neu geschichtet wird.
4. Materielle Gestaltung
Nachdem eine erste, inhaltlich sehr weit gefasste Ausschreibung kläglich gescheitert war, sollte die künstlerische Gestaltung des Denkmals im zweiten – nicht öffentlichen – Wettbewerb die friedliche Revolution 1989 und die Wiedererlangung der deutschen Einheit fokussieren. Der Beitrag der Leipziger Bürgerinnen und Bürger, denen der Änderungsbeschluss des Bundestages eine herausgehobene Rolle an der friedlichen Revolution zubilligte, sollte nun mit einem eigenen Denkmal gewürdigt werden. In Berlin sollte durch das in der Nähe des geplanten Denkmals liegende Deutsche Historische Museum der Bezug zur gesamten deutschen Freiheits- und Einheitsgeschichte hergestellt werden können. Auf den ursprünglich vorgesehenen Ort der Information wurde fortan verzichtet.
Unter den ursprünglich 28 eingereichten Entwürfen wurde am 13. April 2011 von Kulturstaatsminister Bernd Neumann der Beitrag der Architekten Milla und Partner in Zusammenarbeit mit der Künstlerin Sasha Waltz "Bürger in Bewegung" als Sieger verkündet. Dieser Entwurf, der von den Juroren gelobt wurde, weil er "weitgehend und in eindrücklicher Weise" mit den Vorstellungen der Auftraggeber übereinstimme, umfasst drei konzeptionelle Kerngedanken. Erstens werde hier den "mutigen Bürgern" von 1989 gedacht, die als Basis der gegenwärtigen Freiheit angesehen werden. Zugleich soll das Denkmal, das an eine Schale erinnert, auch Vermächtnis der Bürgerbewegung und zugleich Aufforderung an die nächsten Generationen sein. Zweitens sei das Denkmal begehbar, und somit könne sich der heutige Bürger als Teil des Denkmals betrachten. Drittens sei das entworfene Denkmal beweglich, und zwar wenn sich mehrere Bürger zusammenschließen und das Denkmal gemeinsam betreten. Hierzu formulierten die Künstler: "Freiheit und Einheit sind keine dauerhaften Zustände, sondern müssen stets neu gestärkt und definiert werden, sie erfordern ständiges Engagement." Insgesamt befand die Jury laut Neumann zum Beitrag von Waltz, Milla und Partner: "Die künstlerische Formensprache schafft einen symbolischen Ort der positiven Erinnerung an die Friedliche Revolution und Wiedervereinigung als glücklichste Ereignisse der jüngeren deutschen Geschichte." Der Bund erhoffe sich zudem, dass der Ort dieses Denkmals, das einen "interaktiven Charakter" habe, zu einem "lebendigen Ort der Auseinandersetzung mit unserer jüngsten Geschichte entwickeln" werde.
Während Andreas Kilb sich in seiner Kritik an dem Entwurf in der "Frankfurter Allgemeinen" vornehmlich auf die Realisierbarkeit des Auftrages und auf Probleme mit den Sicherheitsvorkehrungen bezog, erkannte der Osteuropahistoriker Karl Schlögel in der "Welt" unter dem Titel "Wir brauchen die Wippe nicht" Probleme der Authentizität eines Freiheits- und Einheitsdenkmals. Berlin benötige keinen weiteren Ort der Inszenierung. In ganz Berlin könnten Spuren der Teilung besichtigt werden, etwa an der Bernauer Straße, am Checkpoint Charlie, ja insbesondere am Brandenburger Tor. An diesem Ort fielen "Ort und historisches Ereignis" auf ideale Weise zusammen. Ähnliches gelte in Bezug auf das nationalsozialistische Erbe der Stadt. Anstelle eines Holocaust-Memorials hätte man in Berlin, so Schlögel, durchaus die Möglichkeit authentischer Orte, beispielsweise die Villa, in der die Wannseekonferenz stattfand, oder den Bendler-Block.
Schluss
Die Debatte um die Errichtung des Freiheits- und Einheitsdenkmals zeigt insgesamt ein ambivalentes Bild: Auf der einen Seite kommt dahinter der Versuch einer geschichtspolitischen Verschiebung des bundesrepublikanischen Identitätsdiskurses zum Ausdruck, insofern an eine freiheitsbewusste Revolutionstradition angeknüpft werden soll, die bis in das 19. Jahrhundert zurückreicht. Die bundesrepublikanische Geschichte wird damit nicht mehr primär auf die totalitäre Erfahrung mit dem Nationalsozialismus bezogen. Vielmehr wird eine neue Erzählung angestrebt, die sich auf die positiven Aspekte der deutschen Geschichte bezieht, die bis in die Gegenwart hineinreichen und als Anknüpfungspunkt für ein positiv besetztes nationales Identitätsgefühl diene. Dies machen nicht nur die Erwägungen der Initiatoren und der Bundesregierung deutlich, sondern auch der spezifische Standort auf der Berliner Schlossfreiheit. Vor diesem Hintergrund lässt sich die Absicht, die mit dem Einheits- und Freiheitsdenkmal verbunden ist, durchaus als eine geschichtspolitische Verschiebung im Identitätsdiskurs deuten.
Dass diese Verschiebung jedoch nicht nachhaltig gelungen ist, zeigt sich an der künstlerischen Umsetzung des Denkmals und damit an der Frage, wie man die Revolutionstraditionen von 1848 und 1989 mit der Normalität der Berliner Republik verbinden könnte. Letztlich konnten auch die Liberalkonservativen, denen die Denkmalbefürworter mehrheitlich angehörten, nicht erklären, wie sich ihr positives Geschichtsbild der Nation in einem Denkmal materialisieren lassen soll. So spielen die historischen Bezüge, welche die Initiatoren mit dem Denkmal verbunden haben, bei der materiellen Gestaltung des Denkmals keine Rolle. Möglicherweise wurde das Denkmal von Anfang an mit zu vielen Konnotationen überfrachtet und sollte dadurch gleichsam zu einer "eierlegende[n] symbolische[n] Wollmilchsau der Berliner Republik" werden.
Karl Schlögels Warnung vor einer Konstruktion von Orten durch die Nachgeborenen bei möglicher Missachtung der authentischen Stätten hingegen greift die Sorge aus dem linksliberalen Spektrum vor einer erinnerungspolitischen Wende praktisch auf. Vom Volksmund wurden ja bereits eigenständige, zum Teil sehr forsche Benennungen des geplanten Denkmals wie "Salatschüssel der Einheit", "Deutschlandwippe", "Neumann-Schaukel" oder einfach nur "Wippe" erfunden. Diese Bezeichnungen könnten jedoch eher auf einen zunehmend positiven Bezug der Deutschen zu den historischen Großereignissen der Friedlichen Revolution bzw. Wiedervereinigung hindeuten – und zwar mehr, als die Initiatoren und die Bundesregierung mit dem Denkmal für Freiheit und Einheit gegenwärtig auszudrücken in der Lage sind. Vielleicht gelingt der nächsten Generation dann auch ein Entwurf, der die Friedliche Revolution in die historische Linie von 1848 bis 1989 einordnet. Die Geschichte Deutschlands zwischen 1933 und 1945 wird allerdings weiterhin und auch dann noch einen wichtigen Fluchtpunkt der Debatte bilden. Eine Geschichtsvergessenheit, wie sie Johannes Gross Mitte der 1990er Jahre prognostiziert hatte, dürfte für die Berliner Republik nicht konstitutiv sein.
M.A., Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Institut für Politische Wissenschaft und Soziologie, Rheinische Wilhelms-Universität Bonn.
M.A., Leiter des Bonner Büros der Gesellschaft für Deutschlandforschung (GfD), Institut für Politische Wissenschaft und Soziologie, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn.
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