"Deutschland ist kein Einwanderungsland" – dieser Satz wurde in der Kohl-Ära zu einem Mantra bundesdeutscher Migrationspolitik. Diese kategorische Aussage sollte zum Ausdruck bringen, dass die dauerhafte Zuwanderung von Menschen aus dem Ausland staatlicherseits nicht erwünscht war. Entsprechend lautete ein Ergebnis der Koalitionsgespräche von CDU und FDP 1982: "Es sind […] alle humanitär vertretbaren Maßnahmen zu ergreifen, um den Zuzug von Ausländern zu unterbinden."
In Bezug auf die sogenannten Gastarbeiter, die in der Realität bereits seit den 1950er Jahren in die Bundesrepublik gekommen waren, hatte diese ablehnende Haltung die Konsequenz, dass sich die Politik – zumindest auf gesamtstaatlicher Ebene – ziemlich lange der Einsicht verweigerte, dass eine Integrationspolitik Not tue. Man ging davon aus, dass die "Gäste" wieder gingen. Die meisten taten dies tatsächlich auch, aber für die, die blieben, hatte die lange verweigerte Akzeptanz langfristig negative Konsequenzen in Form mangelnder Integration.
Eine ganz andere Haltung nahm die Bundesrepublik in Bezug auf eine andere Zuwanderergruppe ein: die deutschen Aussiedler oder Spätaussiedler aus dem sozialistischen Osteuropa.
Anders als die "Gastarbeiter" sollten die Aussiedler aus Sicht des Staates auf Dauer in der Bundesrepublik bleiben. Zugleich wurde zunehmend klarer, dass es für ihre erfolgreiche Integration besonderer Maßnahmen bedurfte. Da hier vom Anspruch her Deutsche nach Deutschland kamen, war dies aber nicht von vornherein offensichtlich. Um ihre Integration zu gewährleisten, wurde in den 1970er Jahren zum ersten Mal eine Art "nationaler Integrationsplan" formuliert, der damals "Sonderprogramm zur Eingliederung der Aussiedler" hieß. Aussiedlerintegration war somit ein migrations- und integrationspolitisches Experimentierfeld für einen Staat, der eigentlich kein "Einwanderungsland" sein wollte.
Doch worin bestand in der Wahrnehmung von Politik und Öffentlichkeit die Herausforderung der Aussiedlerintegration, also der Integration von Menschen, die "als Deutsche unter Deutschen leben" wollten?
Historischer Kontext
Insbesondere in der Frühphase der Bundesrepublik ist Aussiedlermigration und -integration in engem Zusammenhang mit den staatlichen Bemühungen um die Eingliederung zweier weiterer Gruppen deutscher Migranten zu sehen: der Vertriebenen und Flüchtlinge der Nachkriegszeit zum einen und der Flüchtlinge und Übersiedler aus der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) beziehungsweise der DDR zum anderen. Eine zeitgenössische Publikation des Arbeits- und Sozialministeriums von Nordrhein-Westfalen sprach von den Spätaussiedlern entsprechend als "drittem Problem".
Diese drei Gruppen wurden im Bundesvertriebenengesetz (BVFG) von 1953 mit bestimmten Eingliederungshilfen bedacht. Das BVFG ist ein bemerkenswertes Stück Sozialgesetzgebung, das für einen Querschnitt von gesellschaftlichen Bereichen staatliche Fördermaßnahmen für deutsche Vertriebene und Flüchtlinge vorsah, um ihre Eingliederung in die Gesellschaft und ihre schnelle Gleichstellung mit den "Einheimischen" sicherzustellen. Zeitgenössische Beobachter sahen hier die Grundlage für die Bundesrepublik als "Flüchtlingsstaat" mit besonderem "integrations- und sozialrechtlichem Flüchtlingsrecht" und bezeichneten das "Flüchtlingsproblem" gar als "Schrittmacher des deutschen Sozialstaates."
Die Herausforderung der Integration
Das BVFG blieb stets der Bezugsrahmen für die Aussiedlerintegration. Aber schon bald zeigte sich, dass Aussiedler andere Bedürfnisse hatten als die Vertriebenen, deren "Nachzügler" die Aussiedler nach offizieller Lesart waren. Im Fall der Vertriebenen war unstrittig, dass sie wirtschaftliche Eingliederungshilfen brauchten. Eine sozio-kulturelle Integration oder gar Assimilation war aber nicht vorgesehen, im Gegenteil: Auf kultureller Ebene ging es um den Erhalt mitgebrachten Kulturgutes, um die Bewahrung des Erbes des deutschen Ostens.
Bei den Aussiedlern – und dabei zuerst bei ihren Kindern – wurde dagegen auch auf politischer Ebene zunehmend klar, dass neben struktureller und wirtschaftlicher Eingliederung eine umfassendere Integration vonnöten war. Die Herausforderung bestand nun darin, Menschen zu integrieren, die der deutschen Gesellschaft, wie sie sich bis dahin entwickelt hatte, fremd geworden waren, selbst wenn sie ihr in vielen Fällen als Bewohner der deutschen "Ostgebiete" vor dem Krieg angehört hatten. Diese Fremdheit hatte mit mangelnden Sprachkenntnissen zu tun, aber auch mit der seit Kriegsende erfolgten Prägung durch die Institutionen des "Ostblocks" und einer gewissen unterstellten "Rückständigkeit" aufgrund der unterschiedlichen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung in den beiden Teilen Europas. Diese Motive ziehen sich als roter Faden durch den Aussiedlerintegrationsdiskurs, der hier im Folgenden untersucht wird.
Die Aussiedlungswelle aus Polen 1956 bis 1959
Zum ersten Mal stellten sich diese Fragen in den Jahren 1956 bis 1959, als gut 250.000 Aussiedler aus der Volksrepublik Polen in die Bundesrepublik Deutschland kamen. In den meisten Fällen kamen sie aus Gebieten, die vor 1945 zum Deutschen Reich gehört hatten und dann im Potsdamer Abkommen Polen zugesprochen worden waren. Gegen Kriegsende waren viele Deutsche von dort geflohen, oder sie wurden nach dem Krieg von den polnischen Behörden vertrieben. Viele andere wurden als Polen "verifiziert" und konnten bleiben.
Für die Bundesrepublik Deutschland stellte die Aufnahme dieser Viertelmillion Menschen eine neuartige Herausforderung dar. In der schon erwähnten Publikation des Nordrhein-Westfälischen Arbeits- und Sozialministeriums bezeichnete der Herausgeber Harald von Koenigswald, früher Schriftsteller aus dem Umfeld der "Konservativen Revolution", die Spätaussiedlerfrage als "Antithese zum Vertriebenenproblem": Während die Vertriebenen der verklärten Vorkriegsheimat im Osten nachtrauerten, hätten die Spätaussiedler diese Heimat unter Fremdherrschaft als "Hölle" erfahren.
Aber einfach sei diese "Heimkehr" nicht, so von Koenigswald, obwohl es sich ja prinzipiell um Familienzusammenführung handelte und somit eigentlich verwandtschaftliche Netzwerke die Neuankömmlinge auffangen sollten:
"Zwölf Jahre Trennung wiegen schwer. Sie lassen sich nicht fortwischen. Und was für Erlebnisse stehen in diesen zwölf Jahren! Kinder haben ihre deutsche Muttersprache vergessen oder sie radebrechen sie nur in einer schwer verständlichen Weise."
Die Kinder und Jugendlichen der Aussiedler wurden hier zum ersten Mal als Gruppe mit ganz speziellen Bedürfnissen identifiziert, im Vergleich zu ihren Eltern oder aber auch zu Jugendlichen aus der SBZ, derer sich der Staat zu dieser Zeit gesondert annahm. Dabei gab es je nach Herkunftsregion unterschiedliche Problemstellungen: evangelische Jugendliche aus Ostpreußen konnten oft Deutsch sprechen, hatten aber kaum formale Schulbildung genossen und beherrschten kein Schriftdeutsch. Katholische Jugendliche aus Oberschlesien hingegen waren in der polnischen Nachkriegsgesellschaft oft gut integriert, brachten zum Teil schon Bildungsabschlüsse mit, konnten aber unter Umständen gar kein oder nur schlecht Deutsch. Das Ergebnis war in beiden Fällen, dass die Jugendlichen nur schwer Anschluss an das bundesdeutsche Bildungssystem und den Arbeitsmarkt fanden.
Zu diesem Zeitpunkt – den 1950er Jahren – waren es kirchlich-caritative Träger, die sich dieser Problematik annahmen und Internatsförderschulen gründeten, die die Jugendlichen kompensatorisch weiterbilden sollten. Sprachförderung war hier ein zentraler Aspekt – aber nicht der einzige. Auch die Prägung der Jugendlichen durch ein kommunistisches System bereitete den Förderpädagogen ein gewisses Unbehagen. So schrieb beispielsweise Adolf Silber, Rektor der Förderschule Steilhof im westfälischen Espelkamp-Mittwald:
"Unsere Aufgabe an den spätrückgeführten Kindern und Jugendlichen ist nicht zuerst die Aufgabe reiner Wissensvermittlung, sondern in erster Linie eine Erziehungsaufgabe. […] Unser Erziehungsziel ist es, die Jugendlichen zu Staatsbürgern zu erziehen […] Das ist in einer normalen Schule eine leichte, beinahe eine selbstverständliche Aufgabe, denn die Umwelt erzieht die Jugend ja schon für diese Aufgabe, und der Lehrer braucht nur zu leiten und zu lenken. Hier liegt der erste wesentliche Unterschied in der Erziehungsaufgabe, die uns an den spätrückgeführten Jugendlichen gestellt ist. Sie kommen aus einer ganz anderen Umgebung, die sie bis dahin geformt und erzogen hat. […]
Von früh bis spät wird der junge Mensch drüben gelenkt und geleitet und betreut. […] Der Drang der Eltern nach Freiheit und damit der Drang in die deutsche Heimat hat viele […] dieser jungen Menschen, die Spätrückgeführten des Jahres 1956/57, aus diesen Bindungen gerissen. Sie sind sich selbst nicht des Dranges nach Freiheit und des Dranges nach der Heimat, der ihre Eltern beseelte, bewusst. Unsere große Erziehungsaufgabe ist aber, diesen Prozess des Hinausführens, des hilfreichen Hinüberführens in unsere Welt nunmehr vorzunehmen."
Silber konstruiert hier Aussiedlerjugendliche ganz klar als "anders" – anders als ihre Eltern, anders als die "einheimischen" Jugendlichen, als kulturell wie sozio-politisch sehr unterschiedlich geprägt. Dem sollte ein staatsbürgerlich orientierter Sprach- und Förderunterricht entgegenwirken, der, so Silber, zur „inneren Freiheit und Charakterbildung“ erziehen sollte.
Aussiedlung ab 1970
Die jugendlichen Aussiedler blieben auch während der folgenden Jahrzehnte durchgehend eine als besonders problematisch identifizierte Gruppe. Entsprechende Diskurse existierten während der großen Aussiedlungswelle aus Polen in den 1970er Jahren, und noch viel stärker in den 1990er Jahren, als "kriminelle russlanddeutsche Jugendliche" Öffentlichkeit und Kriminalstatistiker erschaudern ließen. Schon in den 1960er Jahren wuchs daher die Zahl der Förderschulen, von denen die meisten aus Kostengründen allerdings nicht vom Staat, sondern von kirchlichen Trägern betrieben wurden.
Dies änderte sich ab Beginn der 1970er Jahre. Im Zuge der Neuen Ostpolitik kamen von 1971 bis 1972 gut 40.000 Aussiedler aus Polen in die Bundesrepublik. Nach dem deutsch-polnischen Emigrationsabkommen 1975 folgten über 200.000 weitere bis zur Verhängung des Kriegsrechts in Polen Ende 1981. Mit Anstieg und Verstetigung der Zahl der Aussiedler aus Polen etablierte sich Aussiedlerintegration in ihrer Gesamtheit als Gegenstand staatlicher Politik.
Zu dieser Zeit verlagerten sich die in den 1950er Jahren bei den Jugendlichen identifizierten Probleme und Herausforderungen auch auf die Erwachsenengeneration. Die Aussiedler der 1970er Jahre waren Menschen, die entweder im Staatssozialismus geboren oder zumindest maßgeblich von diesem System geprägt worden waren. Ihre Sozialisierung in einem kommunistischen System wurde verstärkt von Presse, Wissenschaft und Politik als Problem gesehen für ihre Transformation in "Leistungs- und Konsumbürger" und für ihre Orientierung in einer liberalen, demokratischen und kapitalistischen Gesellschaft. Der Spiegel verwies 1971 beispielsweise auf die "staunende Ratlosigkeit, die viele überkommt in dieser neuen Welt des Reklamerummels und Verkehrsgewühls, der Proteste auf den Straßen und der Nackten am Kiosk."
Unmittelbar wichtiger als diese grundsätzlichen Befürchtungen war allerdings die konkrete Herausforderung von Sprach- und zunehmend auch Berufsförderung, die auch für die Erwachsenen unter den Aussiedlern immer größere Bedeutung erlangte. Dabei war das Problem zumindest zu Beginn des Jahrzehnts nicht, die Menschen in Lohn und Brot zu bringen, denn Arbeit gab es noch genug. Die Frage, die sich auftat, war, wie man Menschen – Erwachsene und Jugendliche – die eigentlich Geld verdienen wollten und mussten, dazu brächte, zunächst gut Deutsch zu lernen, anstatt als Hilfsarbeiter schnell viel Geld zu verdienen. Der Spiegel zitierte 1971 einen Ministerialbeamten: "Die arbeitsfähigen Jugendlichen gehen oft in Hilfsarbeiter-Jobs, weil sie gleich verdienen wollen. Wer aber die Sprache nicht lernt, sackt auf das Niveau eines Gastarbeiters ab."
"Gelingt diese Integrierung nicht, werden sich Deutsche, die fünfundzwanzig Jahre lang darauf gewartet haben, hier als Deutsche leben zu können, noch lange so wie Ausländer fühlen. Und vielleicht wird es dann bald so etwas wie ein zweites, noch schwierigeres Gastarbeiter-Problem geben."
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) stellte ganz klar fest, dass es die Aussiedlerkinder aus Polen "nicht viel leichter [hätten] als ‚Gastarbeiterkinder‘".
Aus diesen Zeilen deutscher Leitmedien spricht die Erkenntnis, dass "Aussiedler" und "Ausländer" nicht so grundverschieden waren, wie man es gerne gehabt hätte. An dieser Stelle zeichnet sich die entstehende Migrationsgesellschaft als Hintergrund ab – und der "Gastarbeiter" als Schreckgespenst. Und genau dieses Schreckgespenst stellte den Ansporn für die Politik dar, die Integrationsmaßnahmen für Aussiedler zu erweitern und unter staatlicher Schirmherrschaft zu systematisieren.
Sonderprogramme zur Eingliederung der Aussiedler
Nachdem schon ab Anfang der 1970er Jahre die Arbeitsgemeinschaft der Landesflüchtlingsverwaltungen begonnen hatte, weiterführende und systematisierte Integrationsmaßnahmen zu diskutieren, lieferte das deutsch-polnische Ausreiseabkommen von 1975 den endgültigen Anstoß zur Formulierung eines koordinierten nationalen Programmes zur Aussiedlerintegration. Die Aussiedleraufnahme wurde auf einmal zumindest in quantitativer Hinsicht planbar. Im Frühjahr 1976 entwickelte die Vertriebenenabteilung des Bundesinnenministeriums in kürzester Zeit ein Sonderprogramm für die Integration der Neuankömmlinge, welches existierende Fördermaßnahmen zusammenfasste und neue Maßnahmen auf den Weg brachte. Zu den Maßnahmen gehörten unter anderem:
Zinsverbilligte Einrichtungsdarlehen bis zu 10.000 DM;
Kostenlose Sprachförderung, wobei Berufstätige Unterhaltsgeld erhielten;
Mögliche Lohnkostenzuschüsse über zwei Jahre in Höhe von 80 Prozent des Arbeitslohns für Arbeitgeber, die Aussiedler einstellten;
Hilfe für Existenzgründer mit Krediten aus dem European Recovery Programme (ERP);
Förderung des Baus von Eigenheimen für kinderreiche Familien durch die Lastenausgleichsbank;
Jugendförderung, beispielsweise durch bessere Ausstattung der existierenden Jugendgemeinschaftswerke und Schaffung von neuen;
Die Entwicklung von Grundsätzen von Wirtschaftsministerium und Ländern für die Anerkennung von Ausbildungsgängen in Gewerbe und Handwerk.
Im Sommer 1988 folgte zu Beginn der großen Aussiedlungswelle aus dem sich öffnenden Ostblock ein weiteres Sonderprogramm, welches diese Maßnahmen erweiterte und vertiefte, zum Beispiel auch durch verstärkte Investitionen in den Wohnungsbau wie auch durch die institutionelle Förderung kirchlicher und zivilgesellschaftlicher Akteure, Verbände und Stiftungen.
Zusammen mit den Förderungen nach dem BVFG und anderen Gesetzen ergab sich so ein ziemlich umfangreiches Integrationsprogramm für Aussiedler, dessen Ziel war, die Unterschiede zwischen Neuankömmlingen und Einheimischen zu minimieren. Nicht nur hatten die Aussiedler als Deutsche von Anfang an volle staatsbürgerliche Rechte; durch die Anerkennung ihrer Arbeitsjahre im Ausland mittels des Fremdrentengesetzes wurden auch ihre "Sozialstaatsbiografien" soweit angeglichen, dass sich auch im Alter keine Unterschiede auftun würden.
Im Falle des zweiten Sonderprogramms scheiterte die volle Durchführung dieses ambitionierten Programmes an mangelnden Geldern angesichts der hohen Zuzugszahlen und der Kosten der Wiedervereinigung. Aber vom Grundsatz her hatte die Bundesregierung mit den Sonderprogrammen für die Aussiedlereingliederung Integrationskonzepte vorgelegt, die in ihrem Umfang ihresgleichen suchten. Etliche der dort vorgesehenen Maßnahmen finden sich im Nationalen Integrationsplan von 2007 wieder, sei es die Sprachförderung für Erwachsene, die Maßnahmen zur Arbeitsmarktintegration oder die Förderung kommunaler und zivilgesellschaftlicher Akteure. Seit 2012 gibt es auch ein Bundesgesetz zur Anerkennung von ausländischen Abschlüssen.
Schlussfolgerungen
In einer längerfristigen Perspektive auf die Geschichte der Bundesrepublik sehen wir die Aussiedler in einer Art "Scharnierfunktion" zwischen verschiedenen historischen Migrationsbewegungen. Als "Nachzügler" von Flucht und Vertreibung profitierten sie von den für die Nachkriegsvertriebenen erlassenen Gesetzen. Für ihre speziellen Bedürfnisse entwickelte der bundesdeutsche Staat besondere Integrationspläne, welche ihrerseits von den bereits damals sichtbaren Versäumnissen der "Gastarbeiterintegration" geprägt waren. Und die Erfahrungen mit der Aussiedlerintegration wurden schließlich im neuen Jahrtausend ein Fundus für die Schaffung allgemeiner Integrationskonzepte, wie sich auch im Kontext der "Flüchtlingskrise" des Jahres 2015 zeigte. Hier wurde neben den genannten Integrationsmaßnahmen auch die Übernahme anderer Konzepte der Aussiedleraufnahme debattiert, so zum Beispiel die Zuweisung an einen festen Wohnort oder die von der CSU geforderte Obergrenze von 200.000 Zuwanderern pro Jahr. Das "Nicht-Einwanderungsland" Deutschland hat also umfangreiche Erfahrungen mit aktiver – und angesichts der relativ schnellen Eingliederung der Aussiedler erfolgreicher – Migrations- und Integrationspolitik.
Zitierweise: Jannis Panagiotidis, Experimentierfeld der Migrationspolitik: Die Herausforderung der Aussiedlerintegration im Wandel der Zeit, in: Deutschland Archiv, 16.1.2017, Link: www.bpb.de/240110