Die Amerikanisierung der Wahlkämpfe hat ihren Preis. Die Anforderungen an die Parteien zur Professionalisierung der Wahlkämpfe sind auf allen Ebenen gestiegen. Der Ausbau der hauptamtlichen Parteiapparate bedarf ebenso wie die Diversifikation der Werbematerialien neuer Einnahmequellen. Andererseits wird der Wahlkampf auch vonseiten des Bundesverfassungsgerichts als staatspolitische Aufgabe anerkannt. Die Parteien sollen deshalb auch weiterhin öffentliche Gelder für Wahlkampfzwecke erhalten. In westlichen Demokratien ist die Parteienfinanzierung aus öffentlichen Mitteln die Regel. Die Bundesrepublik Deutschland bildet also darin keine Ausnahme (zu den Gesamteinnahmen der Parteien vgl. Tabelle unten).
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 9. April 1992 hat schließlich den Weg für eine zukunftsorientierte Mischfinanzierung der Parteitätigkeit aus privaten und aus öffentlichen Mitteln freigemacht. Das Gericht hielt darin zwar am Grundsatz der Unabhängigkeit der Parteien vom Staat fest, erklärte jedoch – entgegen der bisher vertretenen Auslegung – eine staatliche Finanzierung der "allgemein ihnen nach dem Grundgesetz obliegenden Tätigkeit" für zulässig.
Eine Bedingung muss jedoch gelten: Die staatlichen Zuwendungen sollen die von der Partei selbst erwirtschafteten Einnahmen nicht übersteigen.Außerdem müssen alle Einnahmequellen wie Mitgliedsbeiträge und Spenden in die Berechnung einfließen. Dies alles führt dazu, dass es für die Wahlkampfkostenerstattung nicht mehr so entscheidend ist, wie die Partei bei den Wahlen abgeschnitten hat. Nach einigen Reformen des Parteiengesetzes gelten inzwischen die folgenden Regeln:
Die Parteien erhalten bei Bundestags- und Europawahlen für die ersten vier Millionen gültigen Listenwählerstimmen jährlich jeweils 1,00 Euro pro Stimme erstattet. Voraussetzung: Die Parteien haben einen Stimmenanteil von über 0,5 Prozent (bei Europa- und Bundestagswahlen) bzw. über 1,0 Prozent (bei Landtagswahlen). Jede weitere Stimme bringt jährlich 83 Cent. Für die Kommunalwahlen gibt es wie bisher keine Kostenerstattung. Gruppierungen ohne Landesliste, die lediglich mit Direktkandidaten in den Wahlkreisen antreten, erhalten die entsprechenden Beträge pro Wähler, sofern sie wenigstens zehn Prozent der im Wahlkreis abgegebenen gültigen Stimmen erreicht haben.
Zusätzlich zu diesem Grundaufwand wird ein vom Wahlkampf unabhängiger Zuschuss eingeführt. Die Parteien erhalten 45 Cent für jeden von ihnen eingenommenen Beitrags- und Spendeneuro, sofern die Zuwendungen von natürlichen Personen stammen und pro Person und Jahr 3.300 Euro nicht übersteigen.
Neben der "relativen Obergrenze", wonach der Zuschuss für eine Partei deren selbst erwirtschafteten Gewinn nicht überschreiten darf, ist die jährliche Parteienfinanzierung gedeckelt. Im Jahr 2016 lag diese "absolute Obergrenze" bei 160.519.363 Euro. Jedes Jahr wird die absolute Obergrenze auf Grundlage einer gesetzlich geregelten Dynamik angepasst.
Da die Mitgliedsbeiträge und die damit verbundenen staatlichen Zuschüsse konstant sinken, werben die Schatzmeister intensiv um Privatspenden. Nicht alle Parteien sind jedoch in diesem Bereich erfolgreich. Neben der AfD liegen vor allem die wirtschaftsnahen Parteien CDU, CSU und FDP bei der Spendenakquise vorn, während die linken Parteien hier das Nachsehen haben. Insbesondere die SPD und Die Linke bestreiten ihren Etat nach wie vor zu einem beträchtlichen Teil aus Mitgliedsbeiträgen, ebenso die CDU als zweite Volkspartei. Die SPD kann erhebliche sonstige Finanzmittel aus ihren Unternehmensbeteiligungen gewinnen, keine andere Partei ist in diesem Bereich so erfolgreich.
Doch die Mitgliederzahlen sinken vor allem bei den großen Parteien teils dramatisch. Dabei ist der Staatszuschuss an die Höhe der Mitgliedsbeiträge und Spenden gekoppelt. Durch die Begrenzung der Gesamtzuschüsse an die Parteien erhalten diese für die genannten Beträge je Wählerstimme und zugewendetem Euro nicht den vollen gesetzlich festgelegten Satz, sondern gekürzte Beträge. Darum nehmen lokale oder regionale Spitzenkandidaten die Finanzierung ihrer Wahlkämpfe selbst in die Hand. Dabei kommen die aus den USA importierten "Fundraising"-Methoden zunehmend zum Einsatz. Finanzkräftige Unterstützer werden etwa zum Abendessen eingeladen und zahlen dafür "Eintrittsgelder".
Die Wahlkampfkostenbelastung der Parteien ist von der Anzahl der Wahlen in einem Jahr abhängig. In Superwahljahren wie 2017, als neben der Bundestagswahl vier Landtagswahlen, darunter im bedeutenden Bundesland Nordrhein-Westfalen, stattfanden, ist der Anteil der Wahlkampfkosten an den Gesamtausgaben besonders hoch. Für den Wahlkampf zur Bundestagswahl 2017 gab die SPD circa 24 Millionen Euro aus, die CDU 20 Millionen und die CSU rund 9,5 Millionen (dies ist eine Schätzung, da die Partei keine offiziellen Angaben machte). FDP, Grüne, Linke und AfD investierten zwischen drei und 6,5 Millionen Euro. Zwar sind die Ausgaben der kleinen Parteien absolut deutlich geringer als bei der CDU und SPD, allerdings ist ihre Größenordnung relativ zum Gesamthaushalt der Parteien durchaus vergleichbar.
Die Einnahmen der einzelnen im Bundestag vertretenden Parteien variieren stark: So konnte die SPD beispielsweise 2017 auf Gesamteinnahmen von rund 166 Millionen Euro zurückgreifen, die CDU nahm 157 Millionen Euro ein. CSU, Grüne, FDP, Linke und AfD nahmen zwischen 18 und 48 Millionen Euro ein. Auch die Einnahmequellen unterscheiden sich erheblich.
Gesamteinnahmen ausgewählter Parteien von 2000 bis 2018 Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/
Gesamteinnahmen ausgewählter Parteien von 2000 bis 2018 Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/
Während SPD und Die Linke ihren Etat nach wie vor zu einem erheblichen Anteil aus Mitgliederbeiträgen bestreiten (rund 31 bzw. 32 Prozent), liegen CDU (23 Prozent), FDP (39 Prozent) und AfD (37 Prozent) bei den Spenden vorn. Bei der AfD (41 Prozent), den Linken (39 Prozent) und den Grünen (36 Prozent) spielen staatliche Mittel eine große Rolle. Eine besondere Bedeutung kommt den Mitgliederzahlen der Parteien zu, denn an sie ist der staatliche Zuschuss gekoppelt. Während für 2017 ein Anstieg der Mitglieder aller im Bundestag vertretenden Parteien um 1,8 Prozent verzeichnet werden konnte, sank die Anzahl der Parteimitglieder 2018 jedoch wieder um 0,2 Prozent. Das gilt allerdings nicht für alle Parteien: Während besonders die Grünen (+ 15,7 Prozent) und die AfD (+ 21,3 Prozent) ihre Mitgliederzahlen erneut erhöhen konnten, verloren CDU (‒ 2,6 Prozent), CSU (‒ 1,9 Prozent), SPD (‒ 1,2 Prozent) und Linkspartei (‒ 0,5 Prozent) 2018 wieder Mitglieder. Die FDP konnte einen leichten Zuwachs von 1,4 Prozent verzeichnen (Oskar Niedermayer 2019). Je nach Entwicklung der Mitgliederzahlen verändern sich also auch die staatlichen Zuschüsse, die die Parteien erhalten.