Inhaltsbeschreibung
Seit dem Sommer 2020 wendet sich eine wachsende und heterogene Opposition mit gewaltlosen Protesten gegen die manipulierte Präsidentschaftswahl in Belarus, wo Alexander Lukaschenko seit 26 Jahren einem verkrusteten Regime vorsteht. Nach den ersten freien Wahlen 1994 hatte sich dort für Jahrzehnte ein System etabliert, das eine staatlich gesteuerte Wirtschaft mit sozialen Leistungen auf niedrigem Niveau verbindet – und dafür demokratische Teilhabe und faire Wahlen verweigert. Nun scheint die Geduld vieler Belarusinnen und Belarusen, darunter international Vernetze, Intellektuelle und Kunstschaffende, aber auch Familienmütter, Ältere und Marginalisierte, am Ende, nicht zuletzt nach dem Versagen des Staates in der Corona-Pandemie. Dem friedlichen, kreativen, deutlich weiblich geprägten Widerstand gegen ein paternalistisch-autoritäres Regime setzt dieses das ganze Arsenal der Repression entgegen: Einschüchterungen und Appelle, Diffamierung und Unterbindung von Meinungsäußerungen, brutale Gewalt auf der Straße und in den berüchtigten Haftanstalten, wo binnen zweier Monate weit über 1000 Menschen zu Schaden kamen.
Dieses Buch bündelt – auch (selbst)kritische - Stimmen aus und über Belarus, die Geschichte der Opposition, ihre Intentionen sowie ihre Protagonistinnen und Protagonisten und die Geschlechterrollen in dem Land. Aus analytischen Texten, Blogbeiträgen, Lyrik und Dokumenten formt sich das authentische Bild eines gespaltenen Landes auf dem Weg in eine ungewisse Zukunft: Die breit entfachte Aufbruchstimmung werde, so der Tenor, insbesondere den Belarusinnen noch mehr Mut abverlangen und Opfer kosten. Zurückdrehen oder gar brechen lasse sich die Revolution nur mit noch mehr staatlicher Gewalt vor den Augen Europas und der Welt.