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Im Mai 1942, zwei Monate vor Beginn der Massendeportationen in das Vernichtungslager Treblinka, reist ein Filmteam einer NS-Propaganda-Einheit in das Warschauer Ghetto. Die Aufnahmen zeigen Straßenszenen, Handel, aber auch überfüllte Wohnhäuser und die katastrophalen Lebensbedingungen. Besonders inszeniert wird dabei der Gegensatz zwischen einer vermeintlichen reichen Oberschicht und einer im Elend lebenden Unterschicht des Ghettos, um so antisemitische Stereotype wie Geiz oder Habgier zu bedienen.
Die Regisseurin Yael Hersonski stellt den im Deutschen Bundesarchiv aufbewahrten Rohschnitt des nationalsozialistischen Propagandafilms ins Zentrum ihres Dokumentarfilms und zeigt die Aufnahmen erstmals in voller Länge. Sie fragt nach dem Auftraggeber und nach dem Ziel der Aufnahmen. Die Rohfassung des Films ohne Tonspur galt jahrzehntelang als authentisches Archivmaterial. Doch mit Hilfe von Zeitzeugenberichten und Outtakes, die in den 1990er Jahren wieder aufgefunden wurden, deckt Hersonski auf vielschichtige Weise die manipulative Wirkung des Propagandamaterials auf. Sie entlarvt die Methoden der Inszenierung, etwa durch Kameraführung oder durch gezielte Verhaltensanweisungen an die im Film gezeigten Personen, und hinterfragt konsequent die historische Realität. So wird offensichtlich, wie wichtig eine kritische Auseinandersetzung auch mit vermeintlich authentischen historischen Quellen ist.
Die umsichtige Kommentierung, Kontrastierung und situative Einordnung des Materials führt zu der grundsätzlichen Frage, was Bilder zeigen können – und was nicht, welche Absicht hinter dem Sichtbarem liegt und wofür Bildmaterial generell ge- und missbraucht werden kann. Gerade hinsichtlich der komplexen Bildersprache des Holocaust provoziert Hersonskis Film eine Diskussion um ikonografische Kontinuitäten und Brüche bei der Darstellung von Judenverfolgung und –vernichtung, konstruiert und demontiert gleichermaßen Täterblick und Opferperspektive. Der Dokumentarfilm eröffnet damit wertvolle Zugänge für die historische Bildung einerseits und die Medienpädagogik andererseits.
Der Film "Geheimsache Ghettofilm" ist von der Externer Externer Link: FSK ab 12 freigegeben. Die bpb empfiehlt den Film erst ab einem Alter von 14 Jahren.
Mehr Informationen
Kamera: Itai Neeman
Schnitt: Joëlle Alexis
Drehbuch: Yael Hersonski
Sprecher: Janusz Hammerszmit, Axel Thielmann, Eliezer Niborski
Musik: Ishai Adar
Sound: Aviv Aldema
Produktion: Noemi Schory, Itay Ken-Tor
Recherche: Felicitas Piwaronas, Jaffa Ganor, Yael Hersonski
Produktion: 2009
Spieldauer: 88 Min.
hrsg. von: Belfilms LTD.
Verfügbar bis: 17.08.2030
Lizenzhinweise
© 2013 Belfilms LTD. / bpb