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Kindersuchmaschinen im Zeitalter von "Digital Natives"

Leonie Meyer

/ 5 Minuten zu lesen

Kindersuchmaschinen gibt es seit mehreren Jahrzehnten. Wie funktionieren sie und wie zeitgemäß ist das Konzept? Wir sprachen mit Darja Martens von "Blinde Kuh" und Nathalie Stelmach von "fragFINN".

Kindersuchmaschinen sind auf die Bedürfnisse von Kindern zugeschnitten. (Violeta Martinez) Lizenz: cc by-sa/4.0/deed.de

Vor kurzem haben sich die Kindersuchmaschinen „Blinde Kuh“ und „fragFINN“ zusammengetan, um in einer Externer Link: Social-Media-Kampagne gemeinsam für Kindersuchmaschinen zu werben. Unter dem Hashtag #darumKindersuchmaschinen äußerten sich Vertreterinnen und Vertreter aus den Medien und der Bildungslandschaft dazu, warum Sie Kindersuchmaschinen für wichtig halten. Andockend an die Kampagne sprachen wir mit zwei Vertreterinnen der beiden Suchmaschinen, Darja Martens und Nathalie Stelmach.

Wieso braucht es separate Suchmaschinen für Kinder?

Darja Martens: Im Internet sind jede Menge Webseiten zu finden, die nicht für Kinder gemacht sind und auf denen es für Kinder schwierig ist, sich zurechtzufinden. Und Suchmaschinen für Erwachsene enthalten häufig Werbeinhalte. Kindersuchmaschinen hingegen begrenzen sich auf die Angebote, die für Kinder geeignet und interessant sind.

Nathalie Stelmach: Man könnte genauso fragen, weshalb es extra Bücher oder Filme für Kinder gibt. Die sind eben auf die Bedürfnisse von Kindern ausgelegt. So ähnlich verhält es sich mit Kindersuchmaschinen. Kinder sollen geschützt surfen können und die Chance bekommen, das Internet zu nutzen, um eine Informationsrecherche- und Medienkompetenz zu entwickeln, die sie für ihr alltägliches Leben und ihre Zukunft benötigen. Außerdem können Kinder über Kindersuchmaschinen auch ihr Externer Link: Recht auf Information wahrnehmen.

Stichwort Medienkompetenz: Sollten die Kinder beim Umgang mit den Suchmaschinen unterstützt werden oder sich selbstständig ausprobieren?

Interviewpartnerin Nathalie Stelmach. (© Zarko Matovic)

Nathalie Stelmach: Wir raten Eltern und Lehrkräften bei der ersten Nutzung definitiv zur Begleitung. Den Kindern muss gezeigt werden, wie die Kindersuchmaschinen funktionieren, worauf zu achten ist und wie man richtig sucht. Anschließend sollten die Kinder die Kindersuchmaschine eigenständig für eigene Recherchen nutzen und sich einfach mal durchklicken. Dadurch kommt es zu Aha-Erlebnissen, beispielsweise, dass man auf einmal auf eine andere Webseite gelangt, wenn man auf einen Menüpunkt klickt oder dass es Werbung gibt.

Darja Martens: Ich vergleiche das immer mit dem Straßenverkehr. Da würde man sein Kind auch erst mal am Anfang an die Hand nehmen und ihm zeigen: Hier ist die Ampel, hier verhältst du dich so und so. Und je älter das Kind wird, desto größer wird dann auch sein Radius und es kann dann mehr allein machen.

Nathalie Stelmach: Kindersuchmaschinen sind mittlerweile auch integraler Bestandteil der Schule geworden. Sie werden in Schulbüchern erklärt und es gibt verschiedene Unterrichtseinheiten für Lehrkräfte, die aufzeigen, wie man Kindersuchmaschinen einsetzen kann.

Nach welchen Kriterien wählen Sie die Online-Inhalte aus, die Ihre Suchmaschine ausspielt?

Darja Martens: Wichtig ist, dass die Inhalte kindgerecht sind und dass sie Kinder überhaupt interessieren. Klar ist zum Beispiel, dass eine gewisse Textlänge nicht überschritten werden sollte und, dass Fachwörter erklärt werden müssen.

Wir haben bei Blinde Kuh auch Seiten im Index, die für Erwachsene gemacht sind oder Werbung enthalten. Das ist okay, wenn sie von Kindern verstanden werden können und Kinder da in keine Falle tappen können, weil beispielsweise persönliche Daten erhoben werden. Wenn Werbung enthalten ist, muss diese klar von dem inhaltlichen Teil abgegrenzt sein. So können Kinder lernen, was Werbung und was redaktioneller Teil ist.

Nathalie Stelmach: Hier unterscheiden sich die Suchmaschinen auch. Bei fragFINN ist es so, dass wir einen Kriterienkatalog haben, der sich auf ausgewählte Paragrafen des Jugendmedienschutzvertrages und des Telemediengesetzes stützt. Der Kriterienkatalog bildet die Grundlage für die Prüfung durch unsere Medienpädagoginnen und -pädagogen. Die Kriterien sind inhaltlicher Form: Es muss zum Beispiel ausgeschlossen werden, dass Internet-Angebote entwicklungsbeeinträchtigend sind, und die Angebote müssen redaktionell gepflegt sein. Wir schauen uns unter anderem an, ob es eine Chatfunktion gibt und ob diese moderiert ist. Sollte es Shops geben, müssen diese gekennzeichnet sein, so dass Kinder nicht in Abo-Fallen treten oder versehentlich etwas kaufen können.

fragFINN basiert auf einer Whitelist. Es gibt also einen kuratierten Surfraum, in dem in einer Datenbank explizite Kinderseiten sowie unbedenkliche Webseiten aufgelistet sind, die unseren Kriterien entsprechen. Auf dieser Whitelist basiert dann die Kindersuchmaschine. Wenn ein Suchbegriff eingegeben wird, werden die Webseiten durchsucht, die von uns freigegeben worden sind.

Wie verhalten sich Kindersuchmaschinen zu sozialen Netzwerken?

Interviewpartnerin Darja Martens. (© privat)

Darja Martens: Dazu befinden wir uns untereinander in einem ständigen Austausch. Eine aktuelle Herausforderung ist etwa, dass Kinder ihre Stars sehen wollen. Früher hatten die einfach eine Website – heute eher einen Instagram Account oder YouTube-Kanal. Die haben wir dann jedoch oftmals nicht in unserem Index.

Nathalie Stelmach: Tatsächlich befindet sich zum Beispiel YouTube nicht auf der fragFINN-Whitelist, weil YouTube erst ab 16 Jahren freigegeben ist. Wir orientieren uns an den Nutzungsbedingungen der gängigen Social-Media-Plattformen. Bei Instagram und Facebook liegt das Mindestalter bei 13 Jahren, bei TikTok bei 18 Jahren. Unsere Zielgruppe sind, wie bei der Blinden Kuh auch, sechs- bis zwölfjährige Kinder und Jugendliche. Das bedeutet, dass wir eine Zielgruppe haben, die eigentlich nicht auf diesen Social-Media-Plattformen sein darf. Darüber hinaus sind Social-Media-Plattformen grundsächlich nicht für Kinder angelegt. Es sind Plattformen für Erwachsene und die können entsprechend aus medienpädagogischer Sicht nicht freigegeben werden.

Darja Martens: Als wir festgestellt haben, dass mittlerweile alle Kinder auf YouTube sind, haben wir bei Blinde Kuh eine ganz gute Videosammlung angelegt und verstärkt auf das Videoportal Juki hingewiesen, auf dem Kinder eigene Videos hochladen können. Letztlich ist es so, wie Nathalie Stelmach sagt: Social-Media-Inhalte sind nicht für Kinder gemacht. Was wir hingegen machen können, ist so eine Art Lobbyarbeit für Kinder, indem wir den Plattformen sagen: "Achtet doch mal ein bisschen mehr auf den Jugendschutz."

Nathalie Stelmach: Soziale Netzwerke sind in ihrer jetzigen Form für uns nicht kontrollierbar. Gerade bei Chats und Foren haben wir hohe Sicherheitsanforderungen. Es gibt aber auch Kinderseitenbetreiber die versuchen, partizipative Möglichkeiten wie beispielsweise moderierte Foren zu schaffen. Solche Seiten können wir dann auch freigeben. Die sind für die Betreiber allerdings entsprechend kostenintensiv. Ein Kindernetzwerk darf auch nicht unaufhörlich Daten sammeln oder Werbung schalten. Das ist also ebenso eine Frage der Finanzierung sozialer Netzwerke.

Greifen die Kinder dann nicht einfach auf anderem Wege auf die sozialen Netzwerke zu?

Darja Martens: Ich glaube nicht, dass wir grundsätzlich verhindern können, dass Kinder auf soziale Netzwerke zugreifen. Wir können nur das Angebot machen: Bei uns findet ihr gute Webseiten und ihr findet auch schnell kindgerechte Inhalte. Für eure Hausaufgaben ist es viel toller bei uns zu schauen, als wenn ihr euch durch ganz Google wühlen müsst, wo die aufgeführten Inhalte nicht kindgerecht sind.

Nathalie Stelmach: Kindersuchmaschinen bilden in erster Linie eine Startrampe für junge Nutzerinnen und Nutzer. Uns geht es nicht darum, dass Teenager noch mit uns suchen sollen, sondern darum, Kinder fit fürs Internet zu machen. Irgendwann sollten die Kinder auch den Absprung schaffen und dann das "große Internet" nutzen.

Was glauben Sie: Wird sich der Jugendschutz in Zukunft an das veränderte Mediennutzungsverhalten der Kinder und Jugendlichen anpassen?

Darja Martens: Ich hoffe, dass es andersherum ist, also dass sich die sozialen Medien ändern werden und sich ein bisschen mehr an den Jugendschutz anpassen.

Nathalie Stelmach: Natürlich hat sich seit unserer Gründung viel verändert - auch die Fähigkeiten der Kinder. Letzten Endes können wir nicht absehen, was sich zukünftig tut. Aber wir werden es beobachten und schauen, wie wir Kinder im Netz bestmöglich unterstützen können.

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Leonie Meyer war von 2021-2024 Redakteurin für werkstatt.bpb.de. Ihr thematischer Schwerpunkt liegt auf den Wechselwirkungen von Sozialen Netzwerken und Politik bzw. politisch-historischer Bildung. Leonie Meyer hat einen Hintergrund in der Politikwissenschaft und studierte an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn.