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Was war "Österreich" vor 1918?

Thomas Winkelbauer

/ 19 Minuten zu lesen

Das sich mit dem Zerfall Österreich-Ungarns und der Gründung der Republik (Deutsch-)Österreich 1918 radikal verkleinernde Territorium "Österreichs" stellt Historiker und Historikerinnen vor ganz spezifische Probleme. Was also war "Österreich" vor 1918?

Mit dem Namen "Österreich" konnte zwischen dem frühen Mittelalter und dem 20. Jahrhundert je nach Epoche und Kontext Unterschiedliches bezeichnet werden.

Ostarrichi, Austria, Österreich

Erstmals urkundlich belegt ist der Begriff in einem geografischen Sinn für einen Landstrich im heutigen Bundesland Niederösterreich im letzten Jahrzehnt des 10. Jahrhunderts. Die Bayern nannten nach dem 955 in der Schlacht auf dem Lechfeld unter dem ostfränkisch-deutschen König Otto I. errungenen Sieg über die Ungarn, in dessen Folge Teile des 907 an die Magyaren verlorengegangenen Gebietes des Herzogtums Bayern an der Donau östlich der Enns zurückerobert werden konnten, den östlichsten Bereich ihres Herrschaftsgebietes anscheinend "Ostarrichi". Vielleicht haben sie aber auch "bereits im 9. Jahrhundert, als im Osten ihres eigentlichen Stammlandes neue politische Bereiche organisiert wurden, diese Gegenden [unter Einschluss Karantaniens und der späteren Steiermark] als die Ostlande, d.h. als Ostarrichi, bezeichnet". Als diese Gebiete im Laufe des 10. Jahrhunderts, insbesondere durch die Schaffung des Herzogtums Kärnten im Jahr 976, "ein eigenes politisches Profil erlangten, mag sich der Begriff Ostarrichi für die Bayern auf das Gebiet an der Donau reduziert haben".

Zu Beginn der 970er Jahre wurde im Donauabschnitt zwischen den Flüssen Enns und Traisen (im Wesentlichen im Alpenvorland, also südlich der Donau) die bayerische beziehungsweise ottonische "Mark an der Donau" eingerichtet und bis zur Mitte des 12. Jahrhunderts allmählich nach Osten, Norden und Süden vergrößert. In einer Urkunde Kaiser Ottos III. für das bayerische Hochstift Freising vom 1. November 996 wurde der Freisinger Bischofskirche die Schenkung eines Hofes (curtis) in Neuhofen an der Ybbs (in der Nähe von Amstetten im heutigen südwestlichen Niederösterreich) und von 30 – wohl erst zu kultivierenden – Königshufen (rund 1000 Hektar) verbrieft. Zur Lagebestimmung der Schenkung bedient sich die Urkunde der Formulierung "in der Gegend (in regione), die in der Volkssprache (vulgari vocabulo) Ostarrichi heißt, in der Mark und in der Grafschaft (in marcha et in comitatu) des Grafen Heinrich, des Sohnes des Markgrafen Luitpold (Leopold)". "Ostarrichi" bezeichnete zunächst also nicht ein "Reich" im Sinne eines mehr oder weniger selbstständigen Herrschaftsgebietes, sondern bloß eine nicht genau abgegrenzte Gegend (regio). In einer weiteren, zwei Jahre jüngeren Urkunde Ottos III. wird vom geschenkten Gut gesagt, es liege im Gau (in pago) Ostarriche. Das Ostarrichi beziehungsweise Ostarriche von 996 und 998 war offenbar nicht identisch mit der babenbergischen Mark (marcha): Die regio beziehungsweise der pagus namens Ostarrichi liegt in der marcha des Grafen Heinrich (gestorben 1018), des Sohnes von Markgraf Luitpold, des Stammvaters der Babenberger, der von 976 bis 994 bezeugt ist. Es handelt sich dabei aber nicht um die Mark selbst.

Die politische Sprache des ausgehenden 10. Jahrhunderts verfügte anscheinend noch nicht über einen Namen für die bayerische Mark an der Donau. Erst im Laufe des 11. Jahrhunderts wurde der Begriff "Ostarrichi" von einer aus der Perspektive des bayerischen Zentralraumes gewählten Fremdbezeichnung eines Landstrichs "zur Bezeichnung des Herrschaftsbereiches der Babenberger insgesamt (…). Aus der Benennung von außen entwickelte er sich auch zu einer Selbstaussage der Österreicher." Allmählich wurde aus einem unsicheren und dünnbesiedelten Grenzland eine historische Landschaft. Die "Ostarrichi-Urkunde" von 996 ist also gewiss nicht, wie man manchmal lesen kann, die "Geburtsurkunde Österreichs", sondern allenfalls dessen "Taufschein".

1156 wurde "Österreich", die bayerische Mark an der Donau, von Kaiser Friedrich I. Barbarossa – unter hier nicht zu erörternden politischen Umständen – vom Herzogtum Bayern losgelöst und zu einem selbstständigen Herzogtum erhoben. In der diese Erhebung dokumentierenden, nur abschriftlich überlieferten Urkunde ("Privilegium minus") bezeugte der Kaiser, dass er die Mark "Austria" in ein Herzogtum verwandelt habe (marchiam Austrie in ducatum commutavimus). Urkundlich erstmals 1147 belegt, setzte sich "Austria" als lateinischer Landesname Österreichs um die Mitte des 12. Jahrhunderts allgemein durch und wurde im Laufe des hohen und späten Mittelalters auch zur italienischen, spanischen und englischen Benennung Österreichs.

Während der 270-jährigen Herrschaft der Markgrafen und Herzöge aus dem Geschlecht der Babenberger (von 976 bis 1246) wurde Österreich nicht nur zu einem Herzogtum, sondern auch zu einem Land, das heißt, mit den klassischen Worten des österreichischen Historikers Otto Brunner, "eine Rechts- und Friedensgemeinschaft (…), die durch ein bestimmtes Landrecht geeint ist" und deren Träger "das Landvolk" ist, "die Landleute, die den politischen Verband des Landes bilden". Ausgehend von den über Grund- und Untertanenbesitz verfügenden adeligen Landleuten entwickelten auch andere Bewohner des Landes ein Landesbewusstsein als Österreicher. Spätestens seit 1230 repräsentierte das Landeswappen des rot-weiß-roten Bindenschildes die rechtliche und politische Einheit des Landes Österreich. Im Übrigen wird das Vorhandensein eines ausgeprägten Landesbewusstseins – insbesondere, aber nicht nur bei den weltlichen und geistlichen Mitgliedern der Landstände, die, einer vielzitierten Formulierung Otto Brunners zufolge, das Land nicht etwa "vertreten", sondern "sind" – zu Recht als untrügliches Zeichen für den Abschluss der Landwerdung angesehen.

Herrschaft zu Österreich

Seit etwa 1300, also seit den ersten Jahrzehnten der 1282 beginnenden Landesherrschaft der Habsburger in den Herzogtümern Österreich und Steier (Steiermark), ist die Formulierung "Herrschaft zu Österreich" belegt. Damit konnte, erstens, die aus dem Südwesten des Reiches stammende Dynastie selbst, die sich nunmehr nach ihrem neuen Hauptland nannte, gemeint sein, zweitens, die Summe ihrer Herrschaftsrechte und schließlich, drittens, alle Länder und Herrschaftsgebiete der Habsburger (neben Österreich und Steier sowie den Vorlanden westlich des Arlbergs seit 1335 auch die Herzogtümer Kärnten und Krain und seit 1363 die Grafschaft Tirol). Österreich und Steier blieben aber auch nach der Vereinigung unter einem gemeinsamen Landesfürsten im Jahre 1198 zwei selbstständige, nur durch Personalunion verbundene Länder mit zwei unterschiedlichen Landrechten, und dasselbe gilt im 14. und 15. Jahrhundert für die Länder Kärnten, Krain und Tirol. Erst in der Ära von König (seit 1486) und Kaiser (seit 1508) Maximilian I. (1490/93 bis 1519) fand "erstmalig eine bürokratische Überformung der habsburgischen Länder" statt.

In diesen Jahren artikulierte der Landesfürst auch zum ersten Mal den Ständen der einzelnen Erbländer gegenüber "explizit unifikatorische Absichten". So forderte Maximilian im September 1517 die Stände seiner Länder zur Beschickung eines Ausschusslandtages auf und formulierte als Aufgabe der ab Januar 1518 in Innsbruck tagenden Versammlung, zwischen den oberösterreichischen (Tirol und die Vorlande) und den niederösterreichischen (Österreich ob und unter der Enns, Steiermark, Kärnten und Krain) Ländern eine "ainigung (…) aufzürichten, wie sy sich alle als glider ains haubts gegenainander halten (…) sollen und mügen".

Im Übrigen verdankt die heutige Republik Österreich "Gestalt und Namen" im Grunde dem Streben der Habsburger "nach einer territorialen Verbindung zwischen dem babenbergischen Erbe [d. h. den Herzogtümern Österreich und Steiermark] und den 'Stammlanden' [westlich des Arlbergs]".

Haus Österreich

Seit der ersten Hälfte des 14., vor allem aber seit dem frühen 15. Jahrhundert wurde das Geschlecht der Habsburger sowohl von Angehörigen des Hauses selbst als auch von anderen als "Haus Österreich" (domus Austriae) bezeichnet. Allgemeine Verwendung scheint der Begriff erst ab 1438/39 gefunden zu haben, "als die Habsburger mit Albrecht II. wieder in den Besitz der römisch-deutschen Königswürde gelangten". Diese Benennung der Dynastie setzte sich bald auch in einer Reihe von europäischen Sprachen durch (französisch Maison d’Autriche, italienisch Casa d’Austria, spanisch Casa de Austria, englisch House of Austria).

Auch die nicht mehr über das Herzogtum Österreich und die anderen ("österreichischen") Erbländer der Habsburger herrschenden Monarchen aus der spanischen Linie des Hauses wurden im 16. und 17. Jahrhundert international als Repräsentanten des Hauses Österreich wahrgenommen und bezeichnet. "In Frankreich galten gerade die spanischen Habsburger als Angehörige der ‚Maison d’Autriche‘; zwei spanische Infantinnen, die in die französische Dynastie [der Bourbonen] einheirateten, Gattinnen von Ludwig XIII. und Ludwig XIV., hießen in Frankreich Anne d’Autriche und Marie-Therèse d’Autriche. In Spanien aber und seinen überseeischen Besitzungen nannte man die spanischen habsburgischen Könige 'Reyes de la Casa de Austria', 'Reyes Austriacos' oder einfach 'los Austrias'."

Habsburgermonarchie

Die mitteleuropäische Habsburgermonarchie ist 1526/27 als eine "monarchische Union von Ständestaaten" entstanden und in gewisser Hinsicht bis zu ihrem Ende 1918 ein "zusammengesetzter Staat", eine "zusammengesetzte Monarchie" geblieben. Selbst die drei 1526 durch Personalunion verbundenen Ländergruppen – die österreichischen Erbländer, die Länder der böhmischen Krone und das Königreich Ungarn – waren keineswegs nach einheitlichem Recht regierte und verwaltete Territorialstaaten, sondern seit unterschiedlich langer Zeit durch Personalunion verbundene Länderkonglomerate. Die frühneuzeitliche Habsburgermonarchie war also genaugenommen eine monarchische Union monarchischer Unionen von Ständestaaten, ein aus zusammengesetzten Staaten zusammengesetzter Staat.

Das politische System der werdenden Donaumonarchie und die staatsrechtliche Stellung der ihre Länder in vielfacher Personalunion beherrschenden Könige, Herzöge, Markgrafen und Grafen aus dem Hause Österreich wurden zusätzlich durch den Umstand verkompliziert, dass der multiple Landesfürst mit Ausnahme der Regierungszeiten Karls V. (1519–1556) und Karls VII. (1742–1745) stets auch die römisch-deutsche Kaiserwürde innehatte und dass die österreichischen und die böhmischen Länder – nicht hingegen das Königreich Ungarn mit seinen Nebenländern und seit dem 18. Jahrhundert die im Spanischen Erbfolgekrieg behaupteten ehemals spanischen Länder sowie Galizien und die Bukowina – Territorien des Heiligen Römischen Reichs waren.

Die Landesfürsten aus der österreichischen (oder deutschen) Linie des Hauses Österreich herrschten über Königreiche und Länder mit sehr unterschiedlichen historischen Traditionen, politischen und Rechtssystemen. Eine der Schlüsselfragen der Geschichte des politischen Systems der Habsburgermonarchie besteht daher darin, ob und gegen welche Widerstände sie eine Integration ihres Herrschaftsbereichs zu einem möglichst einheitlich regierten oder jedenfalls möglichst effektiven, das heißt militärisch schlagkräftigen Staat erreichten. Bündnispartner waren dabei insbesondere die katholische Kirche, das Offizierskorps der kaiserlichen Armee, der in mehreren Ländern begüterte ("österreichische") Hochadel und die (hohe) Bürokratie (Stichwort "Hofratsnation").

Zur Schaffung eines aus den österreichischen und böhmischen Ländern bestehenden "Kernstaates" mit einheitlicher Rechtsordnung und einheitlichem Staatsapparat kam es erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, beginnend mit der von den Zeitgenossen als "Revolution" erlebten Staatsreform des Jahres 1749. Die insbesondere in den 1670er, 1780er und 1850er Jahren unternommenen, mehr oder weniger gewaltsamen Versuche, das Königreich Ungarn nach dem Muster der "deutschen" beziehungsweise "deutsch-slawischen" Erbländer zu regieren, schlugen hingegen fehl und mündeten schließlich in den staatsrechtlichen "Ausgleich" des Jahres 1867.

Über einen gemeinsamen Namen verfügte das Länderkonglomerat des Hauses Österreich in Mitteleuropa im 16. und 17. Jahrhundert noch nicht. Die Königreiche, Länder und Herrschaften der spanischen Habsburger waren schon seit längerem als "Monarchia Hispanica" ("Spanische Monarchie") bezeichnet worden, als in Analogie dazu um 1700, sei es bereits vor oder erst nach dem in diesem Jahr erfolgten Aussterben der spanischen Linie des Hauses Österreich im Mannesstamm, die Bezeichnung "Monarchia Austriaca" ("Österreichische Monarchie") als Sammelbezeichnung für die Königreiche und Länder der österreichischen Linie des Hauses aufkam. So finden sich in dem Testament, das der künftige Kaiser Karl VI. als König Karl III. von Spanien am 26. September 1711, nach dem unerwarteten Tod seines älteren Bruders, Kaiser Josephs I., in Barcelona verfasste, bevor er zur Kaiserkrönung nach Frankfurt am Main aufbrach, beide Bezeichnungen nebeneinander. Es war also "der Wiener Hof und somit die Politik, die den Begriff um 1700 aus dem Spanischen herüberholte".

Der erste bisher bekannte Beleg für den Begriff "Monarchie des Hauses Österreich" mit Bezug auf das Herrschaftsgebiet der in Wien residierenden Habsburger ist der Titel eines 1673 in Prag erschienenen Buches, Johann Jakob von Weingartens "Fürstenspiegel oder Monarchia deß Hochlöblichen Ertzhauses Oesterreich". Aber erst in den 1770er Jahren kam der Wandel der Begriffe "Monarchie des Hauses Österreich" und "Österreichische Monarchie" von einer dynastischen Herrschaftsbezeichnung zu einer Territorial- beziehungsweise Staatsbezeichnung zu einem Abschluss. Der Wiener Arzt Heinrich Johann von Crantz scheint der Erste gewesen zu sein, der den Begriff in seinem 1777 publizierten Werk "Gesundbrunnen der österreichischen Monarchie", einem Verzeichnis von nicht weniger als 656 Badeorten samt balneologischen Erläuterungen, in einem gedruckten Buch im territorialen Sinn verwendete.

Napoleons Krönung zum erblichen Kaiser der Franzosen zeichnete sich bereits ab, als am 11. August 1804 durch ein kaiserliches Patent verkündet wurde, dass Franz II., Kaiser des Heiligen Römischen Reichs, den Titel eines erblichen Kaisers von Österreich (als Franz I.) angenommen habe. Zwei Jahre später schlossen sich 16 Reichsfürsten dem am 1. Juli 1806 von Napoleon gegründeten Rheinbund an und erklärten am 1. August dieses Jahres auf dem Immerwährenden Reichstag in Regensburg ihren Austritt aus dem Reich. Wenige Tage danach, am 6. August, liquidierte Kaiser Franz die römisch-deutsche Kaiserwürde und erklärte "das Band, welches Uns bis jetzt an den Staatskörper des deutschen Reichs gebunden hat", für gelöst, alle Reichsstände ihrer Bindungen an Kaiser und Reich für ledig und alle Reichsinstitutionen für aufgelöst. Damit trat die 1866 (Österreichisch-preußischer Krieg, Schlacht bei Königgrätz) und 1870/71 (Deutsch-französischer Krieg, Gründung des Deutschen Reiches) nur vorläufig und erst 1945 (Neugründung der Republik Österreich) beziehungsweise 1990 ("Wiedervereinigung Deutschlands") gelöste "Deutsche Frage" ins Leben, die an dieser Stelle ausgeklammert bleiben muss.

Im staatsrechtlichen Sinn war erst in den Verfassungen beziehungsweise Verfassungsentwürfen für die Habsburgermonarchie aus den Revolutionsjahren 1848 und 1849 von einem "Kaisertum Österreich" und einem "österreichischen Kaiserstaat" die Rede (Verfassungs-Urkunde des österreichischen Kaiserstaates vom 25. April 1848, Reichsverfassung für das Kaiserthum Oesterreich vom 4. März 1849). Immerhin bezeichnete bereits Clemens Lothar Fürst Metternich, der maßgebliche österreichische Staatsmann der Jahre 1809 bis 1848, das komplexe Staatswesen auch kurz als "Kaiserstaat", "(österreichische) Monarchie" und "österreichischen Staat".

Doppelmonarchie Österreich-Ungarn

Primäres Ziel der Politik des neuen, im Dezember 1848 mit 18 Jahren auf den Thron gelangten Kaisers Franz Joseph I. in der zehnjährigen Epoche des sogenannten Neoabsolutismus nach der Niederschlagung der Revolutionen von 1848/49 war die Schaffung eines alle Länder des Hauses Österreich (beziehungsweise Habsburg beziehungsweise Habsburg-Lothringen) umfassenden, zentral von Wien aus regierten Kaisertums Österreich. Diese scheiterte schließlich vor allem infolge militärischer Niederlagen und der daraus resultierenden schweren Krise der Staatsfinanzen und wurde ab 1860 durch eine zaghafte Konstitutionalisierung sowie 1867 durch eine Teilung der Monarchie in zwei jeweils als konstitutionelle Monarchien konstruierte "Reichshälften" beziehungsweise Staaten und die Schaffung der Doppelmonarchie Österreich-Ungarn ("Österreichisch-Ungarische Monarchie" oder "Österreichisch-Ungarisches Reich") ersetzt. Im Zuge des staatsrechtlichen Ausgleichs mit Ungarn wurde 1867 zunächst die ungarische "Aprilverfassung" des Jahres 1848 wieder in Kraft gesetzt. Im Dezember desselben Jahres musste Franz Joseph, um die Zustimmung der Deutschliberalen zum Ausgleich zu erlangen, mehrere neue Staatsgrundgesetze für die künftige westliche Reichshälfte, die zusammen die sogenannte Dezemberverfassung bildeten, bestätigen – darunter auch das Staatsgrundgesetz über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger, das bis zum heutigen Tag Bestandteil des österreichischen Bundesverfassungsrechts ist.

Was verstand man nun zwischen 1867 und 1918, vom Ausgleich und der Dezemberverfassung bis zum Ende Österreich-Ungarns, unter "Österreich"? Darüber gingen die Meinungen der österreichischen (insbesondere der deutschösterreichischen) und der ungarischen (magyarischen) Staatsrechtler und Politiker auseinander. In der westlichen oder österreichischen Reichshälfte ("Cisleithanien", offiziell: "die im Reichsrat [d. h. im Wiener Parlament] vertretenen Königreiche und Länder") hielt man an der Vorstellung von Österreich-Ungarn als (zumindest in völkerrechtlicher Hinsicht) einem Staat fest, während man in Ungarn von zwei politisch, militärisch und wirtschaftlich verbündeten selbstständigen Staaten unter einem gemeinsamen Monarchen mit gemeinsamer Außenpolitik sprach. "Der Österreichbegriff begann sich", wie Ernst Bruckmüller treffend formuliert hat, "auf den nichtungarischen Teilstaat der Habsburgermonarchie zurückzuziehen". "Österreich" wurde dadurch – offiziell erst 1915 – zum Synonym der Bezeichnungen "die im Reichsrat vertretenen Königreiche und Länder", "westliche Reichshälfte" und "Cisleithanien". In diesem Sinne gab es von 1867 bis 1918 ein einheitliches "österreichisches Staatsbürgerrecht", eine "österreichische Staatsbürgerschaft". Dennoch blieben auch nach 1867 alle drei territorialen Bedeutungsebenen des Österreichbegriffs in Gebrauch, nämlich:

  • Österreich als Kronland beziehungsweise die zwei Kronländer Österreich unter und ob der Enns, die heutigen Bundesländer Niederösterreich (unter Einschluss der Haupt- und Residenzstadt Wien) und Oberösterreich,

  • Österreich als der, von Wien aus gesehen, "diesseitige Staat" (Cisleithanien), und schließlich

  • Österreich als die Gesamtmonarchie, das Völkerrechtssubjekt "Österreich-Ungarn".

Geografisch-politische Räume der österreichischen Geschichte bis 1918

Das sich mit dem Zerfall Österreich-Ungarns und der Gründung der Republik Österreich (zunächst: Deutsch-Österreich) im Oktober und November 1918 radikal verkleinernde Territorium "Österreichs" stellt Historiker und Historikerinnen vor ganz spezifische Probleme. Wer sich mit der Geschichte Österreichs befasst, hat es mit zwei unterschiedlichen historiografischen Traditionen zu tun, und zwar, erstens, mit der Landesgeschichtsschreibung, die infolge des relativ stabilen räumlichen Rahmens der meisten österreichischen (Bundes-)Länder seit dem Hoch- und Spätmittelalter – abgesehen von den erst nach 1918 geschaffenen Bundesländern Wien und Burgenland – "eine Art ruhenden Pol der Geschichtsschreibung in Österreich darstellt", und, zweitens, mit der "gemeinsamen" österreichischen Geschichte. Im Unterschied zur Geschichte der einzelnen Länder ist die gemeinsame österreichische Geschichte ein "im räumlichen Umfang wie in zeitlicher Kontinuität instabiler Traditionsstrang".

Der Historiker Arno Strohmeyer hat 2008 den – meines Erachtens gelungenen – Versuch unternommen, "Österreichische Geschichte der Neuzeit" als "multiperspektivische Raumgeschichte" zu begreifen. Er geht von einer "Pluralität der Räume" der österreichischen Geschichte aus. Der Schwerpunkt seiner Überlegungen liegt "auf politischen Räumen, d.h. auf Räumen, die sich durch politische Praxis konstituierten und politische Ordnung produzierten". Um einen Raum als Gegenstand und Bestandteil der österreichischen Geschichte zu verstehen, müsse "nicht unbedingt ein genetischer Bezug aufgrund von Staatsbildungsprozessen oder der Entwicklung des Nationalbewusstseins bestehen, ausschlaggebend ist vielmehr die geographische Überschneidung. Eine so verstandene österreichische Raumgeschichte konstituiert sich somit aus der Geschichte der Räume, die das Gebiet des heutigen Österreich oder einzelne seiner Teile beinhalten oder beinhaltet haben und der Geschichte, die in diesen Räumen stattfand. Darin eingeschlossen ist die Wahrnehmung dieser Räume durch die Zeitgenossen wie rückblickend in der österreichischen und internationalen Geschichtswissenschaft."

Strohmeyer unterscheidet als für die (neuere) österreichische Geschichte relevante Räume – neben Europa –, erstens, staatlich-territoriale Räume, zweitens, europäische Mesoregionen (Zentraleuropa und Ostmitteleuropa) und, drittens, das habsburgische Imperium, also die die Herrschaftsräume sowohl der spanischen als auch der österreichischen (oder deutschen) Linie des Hauses Österreich umfassende "dynastische Agglomeration". In unserem Zusammenhang relevant sind in erster Linie die sich im Zeitverlauf ändernden staatlich-territorialen Räume, nämlich die österreichischen Erblande des Mittelalters und der Frühen Neuzeit, die Habsburgermonarchie (1526–1918), das Heilige Römische Reich (962–1806) und der Deutsche Bund (1815–1866).

Das in der österreichischen Geschichte eine tiefe Zäsur bildende Jahr 1918, die Niederlage Österreich-Ungarns und die Auflösung dieses vielsprachigen, multiethnischen und multikonfessionellen Staatsgebildes bedeuten den heutigen Österreichern kaum mehr etwas ihre eigene, historisch fundierte (nationale) Identität Berührendes, werden nicht als "unsere" Niederlage oder der Zerfall "unseres" ehemaligen Staates empfunden. Bezeichnenderweise wird sich das neue Haus der Geschichte Österreich, dessen Eröffnung für November 2018 angekündigt ist, zumindest bis auf Weiteres praktisch ausschließlich der Zeit seit der Republikgründung widmen (die Eröffnungsausstellung trägt den Arbeitstitel "Österreich 1918–2018").

Das Gegenteil gilt – en passant sei es angemerkt – für die Bedeutung der Jahre 1526 (Schlacht bei Mohács) und 1920 (Friedensvertrag von Trianon) im historischen Gedächtnis der heutigen Ungarn oder der Jahre 1620/21 (Schlacht am Weißen Berg, "Prager Blutgericht") und 1918 (Gründung der Tschechoslowakei) im nationalen Geschichtsbild der heutigen Tschechen. Die moderne österreichische Nation ist eine sehr junge Nation. Ihre wichtigsten historischen "Erinnerungsorte" sind die Jahre 1945 (Kriegsende, Ende der nationalsozialistischen Herrschaft, Wiederrichtung der Republik Österreich) und 1955 (Staatsvertrag, Ende der Besatzungszeit, Erklärung der Immerwährenden Neutralität).

Eine "Geschichte Österreichs" kann keine "(deutsch-)österreichische Nationalgeschichte" sein. Während die ersten Jahre nach 1918 von einer "Entösterreicherung" des politischen Bewusstseins eines großen Teils der Deutsch-Österreicher geprägt gewesen sein dürften und die Diktatur der Bundeskanzler Engelbert Dollfuß und Kurt (von) Schuschnigg ("Ständestaat", "Austrofaschismus") in den 1930er Jahren die Parole von Österreich als dem "zweiten deutschen Staat" ausgegeben hatte, kam es erst nach 1945 zu einer "Austrifizierung" Österreichs in einem engeren, "kleinösterreichischen" Sinn (Ernst Hanisch hat von der "Reaustrifizierung", der eigentlichen österreichischen Nationsbildung, gesprochen), nach dem Bruch mit Deutschland und der deutschen Geschichte.

Was also war "Österreich" vor 1918? Vom Frühmittelalter bis 1918 kann meines Erachtens unter Österreich "in etwa jener Raum verstanden [werden], der von einem oder mehreren auf dem Boden der heutigen Republik Österreich gelegenen politischen, sozialen und kulturellen Zentren aus beherrscht oder jedenfalls maßgeblich beeinflusst wurde". Von 1526 bis 1918 ist die "gemeinsame österreichische Geschichte" im Sinne von Gerald Stourzh weitgehend identisch mit der Geschichte der Habsburgermonarchie, wobei – jedenfalls wenn die Autoren Österreicher sind – aus praktischen und pragmatischen Gründen das heutige Staatsgebiet überrepräsentiert sein wird, also beispielsweise Ober- und Niederösterreich, Tirol, Salzburg und die Steiermark stärker zu berücksichtigen sind als die böhmischen Länder, Ungarn oder Galizien, aber auch als das "althabsburgische" Herzogtum Krain (heute Slowenien). Die anderen Teile der Monarchie werden vor allem im Hinblick auf ihre Beziehungen zu diesen und zum Wiener Zentrum berücksichtigt werden beziehungsweise soweit es zum Verständnis der Monarchie als Ganzes notwendig ist. Aber das ist im Grunde nur eine Verlegenheitslösung.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl. v.a. Erich Zöllner, Der Österreichbegriff. Formen und Wandlungen in der Geschichte, Wien 1988; Richard G. Plaschka/Gerald Stourzh/Jan Paul Niederkorn (Hrsg.), Was heißt Österreich? Inhalt und Umfang des Österreichbegriffs vom 10. Jahrhundert bis heute, Wien 1995. Der vorliegende Beitrag ist eine stark überarbeitete, sowohl wesentlich gekürzte als auch um eine Reihe von Passagen erweiterte und mit Anmerkungen versehene Fassung von: Thomas Winkelbauer, Einleitung: Was heißt "Österreich" und "österreichische Geschichte"?, in: ders. (Hrsg.), Geschichte Österreichs, Stuttgart 20183, S. 15–31. Die Anmerkungen beschränken sich auf den Nachweis von Zitaten und Hinweise auf grundlegende weiterführende Literatur.

  2. Josef Riedmann, Der "Taufschein" Österreichs. Die Ostarrichi-Urkunde vom 1. November 996, in: Hermann J.W. Kuprian (Hrsg.), Ostarrichi – Österreich. 1000 Jahre – 1000 Welten. Innsbrucker Historikergespräche 1996, Innsbruck–Wien 1997, S. 19–38, hier S. 33.

  3. Ebd.

  4. Edition des lateinischen Originals: Monumenta Germaniae historica, Diplomata, Bd. 2/2: Die Urkunden Otto des III. (bearbeitet von Theodor von Sickel), Hannover 1893, Nr. 232, S. 647. Vgl. Heide Dienst, Ostarrîchi – oriens – Austria: Probleme "österreichischer" Identität im Hochmittelalter, in: Plaschka/Stourzh/Niederkorn (Anm. 1), S. 35–50; Riedmann (Anm. 2). Die "Ostarrichi-Urkunde" wird heute als Urkunde Nr. 14 des Bestandes Hochstift Freising im Bayerischen Hauptstaatsarchiv in München verwahrt.

  5. Vgl. Riedmann (Anm. 2), S. 29. Auch die Mark an der Donau war zunächst keineswegs ein "durchorganisierter, mit Kompetenzen versehener Amtssprengel auf einer bestimmten, flächenmäßig umschriebenen Basis". Vielmehr war die Markgrafschaft "dort, wo der Markgraf war, sich gerade aufhielt und seine königliche Funktion erfüllte". Georg Scheibelreiter, Ostarrichi – Das Werden einer historischen Landschaft, in: Wilhelm Brauneder/Lothar Höbelt (Hrsg.), Sacrum Imperium. Das Reich und Österreich 996–1806, Wien 1995, S. 9–70, hier S. 39.

  6. Vgl. Christian Lackner, Die Länder und das Reich (907–1278), in: Winkelbauer (Anm. 1), S. 63–109, hier S. 70.

  7. Riedmann (Anm. 2), S. 34.

  8. Vgl. Scheibelreiter (Anm. 5), S. 59.

  9. Vgl. u.a. ebd., passim; Gernot Heiss, "Eine Kette von Begebenheiten" – 996/1996, in: ders./Konrad Paul Liessmann (Hrsg.), Das Millennium. Essays zu tausend Jahren Österreich, Wien 1996, S. 9–27.

  10. Zit. nach Heinrich Appelt, Privilegium minus. Das staufische Kaisertum und die Babenberger in Österreich, Wien–Köln–Graz 1973, S. 96. Vgl. auch Peter Schmid (Hrsg.), Die Geburt Österreichs: 850 Jahre Privilegium minus, Regensburg 2007.

  11. Otto Brunner, Land und Herrschaft. Grundfragen der territorialen Verfassungsgeschichte Österreichs im Mittelalter, Darmstadt 19655 (1939), S. 235.

  12. "Das Landrecht besaß zentrale Bedeutung für das Landesbewußtsein, hatte in diesem seinen eigentlichen Kristallisationskern. Landeszugehörigkeit definierte sich über das Bekenntnis zum Landrecht." Christian Lackner, Das Haus Österreich und seine Länder im Spätmittelalter. Dynastische Integration und regionale Identitäten, in: Werner Maleczek (Hrsg.), Fragen der politischen Integration im mittelalterlichen Europa, Ostfildern 2005, S. 273–301, hier S. 295.

  13. Brunner (Anm. 11), S. 423.

  14. Das Landesbewusstsein war geradezu eine Voraussetzung dafür, dass "das mit dem Personenverband [der Landherren] identische Land ‚funktioniert‘. Für jeden Landherrn, der das Landtaiding aufsuchte, um an der Rechtsprechung oder an den Beratungen über Landesangelegenheiten teilzunehmen, war [das] Land nicht eine abstrakte Vorstellung, sondern die lebendige Realität einer Rechtsgenossenschaft." Winfried Stelzer, Landesbewußtsein in den habsburgischen Ländern östlich des Arlbergs bis zum frühen 15. Jahrhundert, in: Matthias Werner (Hrsg.), Spätmittelalterliches Landesbewußtsein in Deutschland, Ostfildern 2005, S. 157–222, hier S. 165.

  15. Lackner (Anm. 12), S. 284.

  16. Ebd.

  17. Zit. nach ebd.

  18. Dienst (Anm. 4), S. 50.

  19. Lackner (Anm. 12), S. 287.

  20. Zöllner (Anm. 1), S. 38f. Vgl. auch Alfred Kohler, Die europäische Bedeutung des Begriffs "Casa de Austria", in: Plaschka/Stourzh/Niederkorn (Anm. 1), S. 135–147; Ernst Bruckmüller (Hrsg.), Europäische Dimensionen österreichischer Geschichte, Wien 2002.

  21. Otto Brunner, Das Haus Österreich und die Donaumonarchie, in: Südost-Forschungen 14/1955, S. 122–144.

  22. Helmut G. Koenigsberger, Dominium regale or dominium politicum et regale? Monarchies and Parliaments in Early Modern Europe, in: Karl Bosl (Hrsg.), Der moderne Parlamentarismus und seine Grundlagen in der ständischen Repräsentation, Berlin 1977, S. 43–86; ders., Zusammengesetzte Staaten, Repräsentativversammlungen und der amerikanische Unabhängigkeitskrieg, in: Zeitschrift für historische Forschung 4/1991, S. 399–423; John H. Elliott, A Europe of Composite Monarchies, in: Past & Present 1/1992, S. 48–71.

  23. Vgl. Thomas Winkelbauer, Ständefreiheit und Fürstenmacht. Länder und Untertanen des Hauses Habsburg im konfessionellen Zeitalter, Teil 1, Wien 2003, S. 25 und passim.

  24. Vgl. Harm Klueting, Das Reich und Österreich 1648–1740, Münster 1999; Petr Maťa/Thomas Winkelbauer (Hrsg.), Die Habsburgermonarchie 1620 bis 1740. Leistungen und Grenzen des Absolutismusparadigmas, Stuttgart 2006.

  25. Vgl. Michael Hochedlinger, Austria’s Wars of Emergence. War, State and Society in the Habsburg Monarchy 1683–1797, London u.a. 2003; Peter Rauscher (Hrsg.), Kriegführung und Staatsfinanzen. Die Habsburgermonarchie und das Heilige Römische Reich vom Dreißigjährigen Krieg bis zum Ende des habsburgischen Kaisertums 1740, Münster 2010; P[eter] G.M. Dickson, Finance and Government under Maria Theresia, 1740–1780, 2 Bde., Oxford 1987.

  26. Grete Klingenstein, Was bedeuten "Österreich" und "österreichisch" im 18. Jahrhundert? Eine begriffsgeschichtliche Studie, in: Plaschka/Stourzh/Niederkorn (Anm. 1), S. 149–220, hier S. 191.

  27. Vgl. ebd., S. 187f.

  28. Vgl. ebd., S. 201f.

  29. Siehe u.a. Brigitte Mazohl-Wallnig, Zeitenwende 1806. Das Ende des Heiligen Römischen Reichs und die Geburt des modernen Europa, Wien–Köln–Weimar 2005.

  30. Vgl. z.B. Ernst Bruckmüller, Nation Österreich. Kulturelles Bewußtsein und gesellschaftlich-politische Prozesse, Wien u.a. 1996², S. 303–310 ("Der Anschlußgedanke in der Ersten Republik").

  31. Siehe u.a. Heinrich Lutz/Helmut Rumpler (Hrsg.), Österreich und die deutsche Frage im 19. und 20. Jahrhundert. Probleme der politisch-staatlichen und soziokulturellen Differenzierung im deutschen Mitteleuropa, Wien 1982; Anselm Doering-Manteuffel, Die deutsche Frage und das europäische Staatensystem 1815–1871, München 20103. Gerald Stieg hat unlängst die plausible These vertreten, dass sich die österreichische Identität (in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts) "durch Abgrenzung und Differenz, durch eine Art feindselige Konkurrenz mit Deutschland" konstituiert habe, "also durch das, was Freud den ‚Narzissmus der kleinen Differenz‘ genannt hat". Gerald Stieg, Sein oder Schein. Die Österreich-Idee von Maria Theresia bis zum Anschluss, Wien–Köln–Weimar 2016, S. 33.

  32. Zöllner (Anm. 1), S. 60. Vgl. auch Wolfgang Häusler, Kaiserstaat oder Völkerverein? Zum österreichischen Staats- und Reichsproblem zwischen 1804 und 1848/49, in: Plaschka/Stourzh/Niederkorn (Anm. 1), S. 221–254.

  33. Siehe zuletzt Georg Seiderer, Österreichs Neugestaltung. Verfassungspolitik und Verwaltungsreform im österreichischen Neoabsolutismus unter Alexander Bach 1849–1859, Wien 2015; Harm-Hinrich Brandt (Hrsg.), Der österreichische Neoabsolutismus als Verfassungs- und Verwaltungsproblem. Diskussionen über einen strittigen Epochenbegriff, Wien–Köln–Weimar 2014.

  34. Vgl. insbesondere Gerald Stourzh, Die dualistische Reichsstruktur. Österreichbegriff und Österreichbewusstsein 1867–1918 (1991), in: ders., Der Umfang der österreichischen Geschichte. Ausgewählte Studien 1990–2010, Wien–Köln–Graz 2011, S. 105–124; ders., Der Dualismus 1867–1918: Zur staatsrechtlichen und völkerrechtlichen Problematik der Doppelmonarchie, in: Helmut Rumpler/Peter Urbanitsch (Hrsg.), Die Habsburgermonarchie 1848–1918, Bd. VII: Verfassung und Parlamentarismus, Teil 1, Wien 2000, S. 1177–1230.

  35. Ernst Bruckmüller, Österreichbegriff und Österreich-Bewußtstein in der franzisko-josephinischen Epoche, in: Plaschka/Stourzh/Niederkorn (Anm. 1), S. 255–288, hier S. 260.

  36. Staatsgrundgesetz vom 21. Dezember 1867 über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger für die im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder, Artikel 1: "Für alle Angehörigen der im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder besteht ein allgemeines österreichisches Staatsbürgerrecht."

  37. Vgl. insbesondere Herwig Wolfram/Walter Pohl (Hrsg.), Probleme der Geschichte Österreichs und ihrer Darstellung, Wien 1991; Martin Scheutz/Arno Strohmeyer (Hrsg.), Was heißt "österreichische" Geschichte? Probleme, Perspektiven und Räume der Neuzeitforschung, Innsbruck 2008; Stourzh (Anm. 34); ders., Erschütterung und Konsolidierung des Österreichbewußtseins – Vom Zusammenbruch der Monarchie zur Zweiten Republik, in: Plaschka/Stourzh/Niederkorn (Anm. 1), S. 289–311; ders., Vom Reich zur Republik. Studien zum Österreichbewußtsein im 20. Jahrhundert, Wien 1990; zuletzt in aller Kürze: Thomas Winkelbauer, Vorwort des Herausgebers, in: ders. (Anm. 1), S. 11–13.

  38. Stourzh (Anm. 37), S. 310. Vgl. insb. ders., Der Umfang der österreichischen Geschichte, in: Wolfram/Pohl (Anm. 37), S. 3–27.

  39. Arno Strohmeyer, "Österreichische" Geschichte der Neuzeit als multiperspektivische Raumgeschichte: ein Versuch, in: Scheutz/Strohmeyer (Anm. 37), S. 167–197.

  40. Ebd., S. 169.

  41. Arno Strohmeyer, Die Habsburger Reiche 1555–1740: Herrschaft – Gesellschaft – Politik, Darmstadt 2012, S. 12–14.

  42. Siehe Externer Link: http://www.hdgoe.at. Vgl. auch Thomas Winkelbauer (Hrsg.), Haus? Geschichte? Österreich? Ergebnisse einer Enquete über das neue historische Museum in Wien, Wien 2016.

  43. Ernst Hanisch, Reaustrifizierung in der Zweiten Republik und das Problem eines österreichischen Nationalismus, in: Lutz Musner/Gotthart Wunberg/Eva Cescutti (Hrsg.), Gestörte Identitäten? Eine Zwischenbilanz der Zweiten Republik. Ein Symposion zum 65. Geburtstag von Moritz Csáky, Innsbruck–Wien 2002, S. 27–34.

  44. Vgl. insb. Stieg (Anm. 31); Peter Thaler, The Ambivalence of Identity. The Austrian Experience of Nation-Building in a Modern Society, West Lafayette 2001.

  45. Winkelbauer (Anm. 37), S. 12f.

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ist Universitätsprofessor für Österreichische Geschichte (Geschichte der Habsburgermonarchie seit dem 16. Jahrhundert) und Direktor des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung der Universität Wien.
E-Mail Link: thomas.winkelbauer@univie.ac.at