Starkes Meer – Widerstand auf der Krym
Die Projektgruppe Mittel-, Ost- und Südosteuropa der Bundeszentrale für politische Bildung lädt Sie am 20. April 2024 von 16:00 bis 22:00 herzlich zu der Veranstaltung „Starkes Meer. Widerstand auf der Krym“ in die Staatsbibliothek zu Berlin ein. Das vielfältige Programm mit Vorträgen, Diskussionen, Lesungen und musikalischen Interventionen widmet sich den Themen Dissidenz und Vertreibung, Vielfalt und Zusammenleben, sowie der Geschichte der Krym. Mit dem Einmarsch auf die Krym 2014 begann der andauernde neoimperiale Krieg Russlands gegen die Ukraine. Seit nunmehr zehn Jahren lebt die ukrainische Halbinsel Krym unter russischer Besatzung. In dieser Zeit verwandelte sich die Halbinsel in einen Raum, in dem jene, die nicht mit der Annexion einverstanden sind, mit Repressionen bis hin zu Vertreibung rechnen müssen. Russländische Propaganda über die “immer schon russische Krym“, aber auch der mangelnde Wille der internationalen Community, gegen die Verletzung des Völkerrechts vorzugehen, begleiten diese gewaltige Transformation.
Bis zum russischen Angriff auf die Ukraine im Jahr 2022 stand sowohl der Widerstand auf der Krym als auch die ukrainische Politik in Bezug auf die Rückholung der Halbinsel im medialen Schatten. Auch in der Berichterstattung rund um Russlands Krieg gegen die Ukraine bleibt die Krym wenig erzählt. Die Halbinsel, so scheint es, sollte von der internationalen Tagesordnung schnellstmöglich verschwinden. Ihre historische, politische und kulturelle Identität gerät zunehmend in Vergessenheit. Dabei entspinnen sich viele signifikante europäische Erzählungen - von kolonialer Politik über Imperialismus bis zu kultureller Vielfalt und Emanzipation – auch auf der Krym.
Mit dem Bild eines „starken Meeres” beschreibt die ukrainische Dichterin und Intellektuelle Lesja Ukrajinka die Krymer Landschaft als Kampf der Natur gegen Unterwerfung. Gleichzeitig spricht sich die Dichterin gegen idyllische Beschreibungen der Landschaft aus, welche die Eroberung verschleiern sollen. An der Schnittstelle zwischen dem Politischen und dem Poetischen setzt die Veranstaltung “Starkes Meer. Der Widerstand auf der Krym” an. Ukrainische und internationale Historiker:innen, Dissident:innen, Künstler:innen und Politiker:innen kommen miteinander ins Gespräch und erzählen Geschichten von der Krym, um die Beständigkeit der gewaltigen Stille um die Krym zu durchbrechen.
Mit Beiträgen von Anna Andrievska, Emil Asadow, Mustafa Dzhemilev, Rory Finnin, Wilfried Jilge, Anastasia Levkova, Tamila Tasheva.
Anna Andrievska ist freie ukrainische Journalistin, die als Redakteurin im „Zentrum für investigativen Journalismus“ über das Bataillon Krym schrieb, aufgrund dessen sie unter Repression des russischen Sicherheitsdienstes geriet. Sie ist Koautorin des Buches People of the “Gray Zone”. Witnesses of Russian annexation of Crimea in 2014 (2018) und Mitherausgeberin des Buches Witnessing: Anatomy of Russia’s Annexation of Crimea (2019). Derzeit wohnt sie in Kyiw.
Emil Asadov ist elektronischer Produzent, Komponist und Medienkünstler aus Odesa, derzeit arbeitet er in Kyjiw. Asadow hat sich durch verschiedene hochkarätige ukrainische Avantgarde-Musikprojekte wie Digital Himalayas, die Gruppe Potreba und Indirect gearbeitet, war Mitglied des Ensembles für Militärgesang und -tanz, arbeitete als Geräuschemacher und war Teil des unabhängigen Theaters.
Mustafa Dzhemilev ist ukrainischer Politiker, Menschenrechtsaktivist und Ikone des krimtatarischen Widerstandes. Als Dissident und politischer Gefangener in der Sowjetunion setzte er sich bis zu ihrem Ende 1991 für Menschenrechte, insbesondere die der Krimtartaren ein. 1989 war er Vorsitzender des krimtatarischen Kommunalparlaments Mejlis, ab 1998 Mitglied des ukrainischen Parlaments. Für seine politische und menschenrechtliche Arbeit bekam Dzhemilev internationale Preise und die höchste Auszeichnung in der Ukraine als „Held der Ukraine“ im Jahr 2023.
Rory Finnin ist Professor für Ukrainistik an der Universität Cambridge, wo er 2008 das Cambridge Ukrainian Studies Programme ins Leben gerufen hat. Sein neues Buch, Blood of Others: Stalin's Crimean Atrocity and the Poetics of Solidarity (2022) wurde mit internationalen Buchpreisen ausgezeichnet und erhielt Auszeichnungen in den Bereichen Ukrainistik, Europastudien, Slawistik, Nationalismus und Genozidforschung. Finnins Hauptforschungsinteresse gilt dem Zusammenspiel von Kultur und Identität in der Ukraine.
Wilfried Jilge ist Osteuropahistoriker und Senior Adviser Ukraine and Wider Black Sea Region am Integrated Response Hub Ukraine der Stabilisation Plattform. Zu seinen Hauptaufgaben gehören die Beratung und Ausarbeitung von Analysen und Empfehlungen zu den Ursachen und Folgen des Angriffskrieges Russlands. Desweiteren berät er zu unterschiedlichen Ebenen der deutschen Unterstützung der Ukraine und zur Stabilisierung von Schlüsselvorhaben des ukrainischen Reformprozesses. Außerdem ist er Associate Fellow bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) und Mitglied der Steuerungsgruppe der ukrainisch-deutschen NGO-Plattform „Kiewer Gespräche“.
Anastasia Levkova ist ukrainische Schriftstellerin, Editorin und Kulturmanagerin. Sie ist Mitglied des ukrainischen PEN-Clubs. Levkova ist Kuratorin des Wettbewerbs Krym-Feigen / Qırım inciri für Schriftsteller:innen und Übersetzer:innen. Sie ist auch Mitherausgeberin der hieraus entstandenen Anthologien. Nach einigen anderen Buchveröffentlichungen wurde ihr Krym-Roman Hinter Perekop liegt Land (2023) ein literarischer Erfolg.
Tamila Tasheva ist ständige Vertreterin des Präsidenten der Ukraine in der Autonomen Republik Krym und eine prominente Menschenrechtlerin. Sie ist Mitbegründerin der NGO und Initiative Crimea SOS, deren Hotline Hunderten von Bewohnern nach der Annexion der Krym 2014 zur Flucht verhalf. Die Initiative unterstütze auch Geflüchtete aus dem Donbas und dokumentiert die andauernden politischen Repressionen gegen Krimtataren. Zudem gilt Tascheva als eine der treibenden Kräfte hinter der Gründung der Krymplattform, einer internationalen diplomatischen Initiative zur Krym.
Hinweise zur Veranstaltung
Veranstaltungsadresse:
Staatsbibliothek zu Berlin
Veranstaltungsaal / Haus Unter den Linden
Unter den Linden 8
10117 Berlin
Veranstalter:
Bundeszentrale für politische Bildung
Pressekontakt:
Journalistinnen und Journalisten wenden sich bitte an die
Hinweise zur Teilnahme:
Teilnahmegebühr: Die Teilnahme ist kostenfrei. Um Anmeldung wird gebeten.