Im Frühjahr 2023 prägten Demonstrationen und Proteste regelmäßig das öffentliche Bild polnischer und serbischer Städte. Dabei waren die Auslöser für beide Bewegungen sehr unterschiedlich. Nach zwei Amokläufen in Serbien warfen große Teile der Bevölkerung Präsident Aleksandar Vučić und den Boulevardmedien vor, ein gesellschaftliches Klima des Hasses zu schüren. Die Protestierenden forderten den Rücktritt des Präsidenten und Verantwortlicher im Sicherheitsapparat des Landes.
In Polen riefen gleich zwei Gesetze die Bevölkerung regelmäßig auf die Straße. Während Aktivist:innen das rigide Abtreibungsgesetz kritisierten, war es im Falle des umstrittenen Gesetzesentwurfs „Lex Tusk“ vor allem die Opposition, die den Protest anführte. Das Gesetz sollte eine Kommission zur „Erforschung des russischen Einflusses auf die innere Sicherheit der polnischen Republik“ installieren. Viele befürchteten allerdings, es gehe der rechtspopulistischen PiS-Partei vor allem um den Ausschluss Oppositioneller aus öffentlichen Ämtern.
Welche Rolle spielen zivilgesellschaftliche Bewegungen in autoritären Systemen? Worin unterscheiden sich die Proteste, ihre Akteure sowie historischen, kulturellen und politischen Hintergründe in Serbien und Polen und was haben sie gemeinsam? Welche Rückschlüsse können wir aus der Betrachtung von autoritären Dynamiken und wachsendem Populismus in Europa als transnationale Entwicklung ziehen?
Zu diesen Themen waren Dr. Maria Skóra, Krsto Lazarević und Dr. Vedran Džihić und Martyna Hormańska im Gespräch.
Dr. Maria Skóra
Dr. Maria Skóra ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Europäische Politik in Berlin und forscht zu Fragen der Rechtsstaatlichkeit in den EU-Mitgliedstaaten.
Krsto Lazarević
Krsto Lazarević ist Mitarbeiter des Europa-Abgeordneten Erik Marquardt (Bündnis 90/Die Grünen) und arbeitet schwerpunktmäßig zu Flucht, Migration und Entwicklungspolitik. Dabei setzt er sich insbesondere mit der Lage von Geflüchteten auf der sogenannten Balkan-Route auseinander. Er ist außerdem Host des Balla Balla Balkan Podcast.
Dr. Vedran Džihić
Dr. Vedran Džihić ist Senior Researcher am Österreichischen Institut für Internationale Politik und Lektor an der Universität Wien. Er forscht zu Demokratietheorie und Demokratisierungsprozessen, Europäischer Integration, Zivilgesellschaft und Protestbewegungen sowie Außenpolitik und Nationalismus mit regionalem Fokus auf Ost- und Südosteuropa.
Martyna Hormańska
Martyna Hormańska ist Musikerin, Aktivistin und Mitbegründerin der in Berlin ansässigen ehrenamtlichen Organisation Ciocia Basia („Tante Barbara“). Das queer-feministische Kollektiv hilft Menschen, die eine Abtreibung benötigen, aber z. B. aufgrund restriktiver Gesetze an ihrem Wohnort keinen Zugang zu entsprechender medizinischer Hilfe haben.
Moderiert wurde die Podiumsdiskussion von Sophie Rebmann. Die freie Journalistin berichtet u.a. für den SWR, Die ZEIT, Deutschlandfunk und die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung. Sie studierte Politikwissenschaften und Komparatistik in Tübingen, Krakau und Sarajevo und arbeitete u.a. in der Programmabteilung des Goethe-Instituts Krakau.