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Ohne Berührungsängste

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Seit 60 Jahren veranstaltet die Bundeszentrale für politische Bildung Reisen nach Israel. Das Programm soll Einblicke in die politische und kulturelle Vielfalt des Landes geben. Im Jubiläumsjahr sind gleich mehrere Reisen geplant.

Teilnehmende einer Israel-Studienreise der Bundeszentrale für politische Bildung im Jahr 1985. (© bpb)

"Natürlich begleitet uns immer wieder die bange Frage, ob uns die Sicherheitslage einen Strich durch unsere Planungen macht." Waltraud Arenz weiß, wovon sie spricht. Seit mehr als 20 Jahren organisiert sie für die Bundeszentrale für politische Bildung/bpb Reisen nach Israel. "Das Herausragende und Ergreifende für mich sind auch nach so langer Zeit die Begegnungen mit Menschen, die uns an ihrer persönlichen Lebensgeschichte teilhaben lassen und mit Leidenschaft über Licht und Schatten ihres Landes sprechen", sagt sie.

Begonnen hat alles 1963 – zwei Jahre vor der Aufnahme offizieller diplomatischer Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und Israel. Eine handverlesene Schar von etwa 30 Frauen und Männern machte sich damals auf die Reise, gerade einmal 18 Jahre nach dem Ende des Holocaust. Das Programm wurde ein Erfolg: 267 Israel-Reisen mit mehr als 7300 Teilnehmenden hat die bpb bis Ende 2012 gezählt.

"Es ist wohl eine der besten Ideen, die die Bundeszentrale je entwickelt hat", sagt Stephan Kramer, der lange vor seiner Zeit als Generalsekretär des Zentralrats der Juden mit der bpb nach Israel gereist ist. Kramer erinnert sich etwa an eine Diskussion mit Studenten der palästinensischen Birzeit-Universität bei Ramallah. "Im Gegensatz zu Angeboten so mancher politischer Stiftung ist das Reiseprogramm der Bundeszentrale so objektiv wie möglich."

Waltraud Arenz betont als Verantwortliche für die Israel-Studienreisen deren Unabhängigkeit. "Das Reiseprogramm wird ganz autonom erstellt, ohne jegliche Einflussnahme von israelischer oder deutscher Regierungsseite. Das ist uns wichtig." Klar ist auch: Hier findet keine Erholungsreise auf Staatskosten statt. Das meist 14-tägige Programm richtet sich an sogenannte Multiplikatoren der politischen Bildung und "Meinungsführer". Die Tage sind von morgens bis oft spät in die Nacht durchgeplant. Schließlich geht es darum, "die politische und kulturelle Vielfalt" des Landes kennenzulernen, wie es in den Zielsetzungen der bpb heißt.

Dazu gehören Vorträge, Lesungen, Exkursionen, Begegnungen mit orthodoxen jüdischen Siedlern ebenso wie mit politisch links orientierten Künstlern, Holocaust-Überlebenden und Angehörigen von Terror-Opfern, Diskussionen mit israelischen Militärs und palästinensischen Intellektuellen und immer wieder das Zusammentreffen mit Menschen, die in dem Land etwas bewegen wollen: Wie etwa Lydia Aisenberg vom Versöhnungsprojekt Givat Haviva. Die engagierte Journalistin führt ihre deutschen Reisegruppen gerne auch einmal zu einem schwer bewachten Checkpoint entlang der sogenannten Grünen Linie, die Israel vom Westjordanland trennt, um deutlich zu machen, dass sich etwas im Verhältnis zwischen Israelis und Palästinensern ändern muss.

"Von meiner ersten Reise nach Israel damals bin ich mit gewaltigen Eindrücken zurückgekommen", erinnert sich Klaus Kinkel. Bevor der FDP-Politiker später als Bundesaußenminister noch öfter in das Land reiste, war er schon als junger Referent mit der bpb in Israel unterwegs gewesen. Wenige Tage vor dem 80. Jahrestag der Machtübernahme Adolf Hitlers am 30. Januar betont Kinkel: "Ich halte diese Reisen auch heute noch für äußerst wichtig." Gerade junge Menschen müssten wissen, was in der NS-Zeit passiert sei.

"Viele Reiseteilnehmer arbeiten in den Medien, bei Nichtregierungsorganisationen, Bildungseinrichtungen oder sind Kulturschaffende", sagt Waltraud Arenz. "Sie sind Multiplikatoren, das heißt, sie geben das, was sie auf den Reisen erlebt und gelernt haben, an andere weiter." Da könne es nur hilfreich sein, ein differenziertes Bild von Israel und dem Nahostkonflikt zu vermitteln. "Dazu sind wir da."

bpb-Chef Thomas Krüger ist dabei sicher, "dass die Nachfrage nach den Studienreisen weiter steigen wird. Heute gibt es keine Berührungsängste mehr zwischen den Kindern und Kindeskindern der Kriegs- und Holocaustgeneration." So sind für dieses Jahr schon wieder mehrere Reisen geplant. Die nächste soll am 8. April starten. Vorausgesetzt, die Sicherheitslage macht dem Unternehmen keinen Strich durch die Rechnung.

Der Beitrag ist zuerst als Feature beim Evangelischen Pressedienst (epd) erschienen.

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