Um viele unterschiedliche Themen ging es beim abschließenden Panel der Konferenz mit Susanne Beer vom Kulturwissenschaftlichen Institut Essen, Deirdre Berger vom American Jewish Committee, Marcus Appelbaum vom U.S. Holocaust Museum, dem Jugendbuchautor Christian Nürnberger und dem Journalisten und Pädagogen Reinhard Kahl. Moderiert wurde die Runde von Silvia Fehrmann vom Haus der Kulturen der Welt.
Auf das titelgebende Thema "Zivilcourage" bezogen sich die Diskussionsteilnehmer nur wenig. Zwar könne man von den stillen Rettern im Nationalsozialismus durchaus lernen. Der Begriff "Zivilcourage" allerdings sei zu einem geflügelten Wort und vielleicht auch zu einer Phrase verkommen. Insbesondere Deidre Berger kritisierte in Zusammenhang mit dem Holocaust: "Das war damals keine Couragegesellschaft. Was bringt uns da der Begriff "Zivilcourage"?" In der Diskussion ging es dann um verschiedene Aspekte des Themas Bildung.
Wissen als Waffe gegen den Faschismus? Ist das nicht zu kurz gegriffen? Susanne Beer spezifizierte: Bildung an sich sei nicht die Lösung. Im Gegenteil: Studien würden belegen, dass hoch gebildete Menschen eher dazu tendierten, keine Hilfe zu leisten. "Wichtig ist, dass das vermittelte Wissen alltagsbezogen ist", so Beer. Hierin stimmte ihr Marcus Applebaum zu. Seit zehn Jahren organisiert er historisch-politische Bildungsseminare mit amerikanischen Polizisten im U.S. Holocaust Memorial Museum. "Es fällt Menschen wesentlich leichter, die Geschichte zu begreifen, wenn sie direkt mit ihr zu tun haben", so Appelbaum.
Christian Nürnberger, der ein Buch für Jugendliche zum Thema deutscher Widerstand geschrieben hat, fordert zum "Protest gegen Streber" auf. "Gerade die waren Hitlers willige Vollstrecker." Im übrigen sei das Lernen ein lebenslanger Prozess und nicht durch Lerneinheiten zu einzelnen Themen abzuschließen.
Reinhard Kahl, Journalist und Pädagoge aus Hamburg, konnte deutschen Schulen nicht viel abgewinnen: "Unsere Bildungsstätten sind so konzipiert, dass Lehrer in Untermieterposition zur Welt stehen und sich auch so verhalten. Diese Mitgift ist vergiftet! Oft wird lieber ein Opferbündnis mit den Kindern gegen den Rest der Welt geschlossen, als sie zum Handeln zu animieren – sie könnten ja Täter werden!“ Die Reaktionen auf diese nur noch indirekt aufs Konferenzthema bezugnehmenden Beiträge waren vielfältig. Lachen schallte durch den Saal, spontaner Beifall brach aus, aber es wurden auch Buhrufe laut. An einer Diskussion wollte sich trotzdem keiner der Zuhörer beteiligen. Im Praxisforum Zivilcourage am nächsten Tag werden sicherlich viele der angerissenen Fragen wieder aufgenommen.