In vier thematisch und strukturell ganz unterschiedlichen Vorträgen stellten die Referenten Ergebnisse und Perspektiven unterschiedlicher Disziplinen vor. Zu Beginn ging es bei dem Kulturwissenschaftler Marten Düring um die Ergebnisse seiner Analyse von Helfernetzwerken während des Zweiten Weltkriegs. Im Mittelpunkt stand seine These, dass Hilfsempfänger und ihre Helfer meist durch Vermittler miteinander verbunden waren, zu denen beide Vertrauen hatten. Je komplexer die Struktur der Hilfsnetzwerke gewesen sei, desto höher sei die Chance der tatsächlichen Rettung, aber auch das Risiko der Entdeckung gewesen.
Der Politologe Ethan Hollander fragte im Anschluss, warum in einigen europäischen Ländern prozentual mehr Juden den Holocaust überlebten als in anderen. Er untersuchte systematisch den Zusammenhang zwischen der Art von Verwaltung und Herrschaft und der Zahl der Überlebenden. Daraus entstand seine These, die Überlebenschance sei in Ländern mit indirekten Besatzungsregimes, trotz oder gar wegen der dadurch notwendigen Kollaboration mit den Besatzern, deutlich höher gewesen als in direkt von den Deutschen verwalteten Territorien.
Mit seinem Vortrag über die Aufarbeitung von Morden und Hilfeleistungen während des Genozids in Ruanda 1994 in lokalen Gerichten zeigte der Jurist und Sprachwissenschaftler Gerd Hankel, wie in Ruanda versucht wird, den sozialen Frieden der Tür an Tür lebenden Täter und Opfer wieder herzustellen und der Zuschreibung einer Kollektivschuld entgegen zu wirken.
Natan Sznaider formulierte das Paradox einer notwendigen Erziehung zur Non-Konformität als den grundlegenden Widerspruch moderner Gesellschaften seit dem 19. Jahrhundert. Unter Verweis auf den Ausnahmezustand des totalitären Systems des Nationalsozialismus sei keine positive Verhaltensethik zu formulieren: Gerade die deutsche Vernichtungsmaschine habe doch ihrerseits vorhandene Handlungsspielräume erkannt und in ihrem Sinne konsequent genutzt. Das Erkennen von Handlungsspielräumen war im Laufe der Konferenz bereits wiederholt als eine Voraussetzung des Hilfeverhaltens angeführt worden. Das Gute werde, so paraphrasierte Sznaider Hannah Arendt im Versuch es als ein allgemeines, ja: standardisiertes Gut zu lehren, tendenziell "banal".
Die anschließende Diskussion bestätigte die Notwendigkeit eines breit angelegten Forschungsblickes auf die Phänomene Hilfe und Rettung und auch auf die sozialen Beziehungen zwischen Helfern, Rettern und den von ihnen Geretteten.