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Die Ukraine-Krise - Eine Konfliktanalyse für den Politikunterricht | Kriege und Konflikte – Schule zwischen medialer Meinungsbildung und dem Anspruch politischer Bildung | bpb.de

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Die Ukraine-Krise - Eine Konfliktanalyse für den Politikunterricht

/ 3 Minuten zu lesen

Der Ukraine-Konflikt fordert den Politikunterricht heraus. Wie kann sich diesem komplexen Konflikt gemeinsam angenähert werden und welche Herausforderungen entstehen dabei? Diese Fragen wurden im Workshop unter Leitung Christian Fischers von der Uni Rostock diskutiert.

Alles, was in Politik und Gesellschaft kontrovers diskutiert wird, muss auch in der politischen Bildung als kontrovers vermittelt werden. Soweit ein Gebot des Beutelsbacher Konsens. Fischer betonte, wie wichtig es sei verschiedene Perspektiven auf einen Konflikt im Unterricht aufzuzeigen und existierende Interessen deutlich zu machen.

Kontroversitätsprinzip

Im Unterricht müsse das Ziel sein, ein Verständnis der Beweggründe einzelner Akteure zu bekommen. Die Analyseebene und die Bewertungsebene sind aber zwei verschiedene Dinge. Verständnis für die Beweggründe Russlands, etwa hinsichtlich der Annexion der Krim, sei wichtig um den Konflikt zu verstehen. Gleichzeitig betonte Fischer, dass "unsere" Wertmaßstäbe wie das Völker-und Menschenrecht, Demokratie oder Souveränität auch bei der Analyse im Unterricht gelten. Russland habe gegen einige dieser Werte verstoßen (Annexion der Krim, militärische Unterstützung der Separatisten, Truppenversammlungen an der ukrainischen Ostgrenze) Das Ziel Verständnis der Beweggründe Russlands zu vermitteln könne und dürfe nicht mit einem positiven Bejahen der russischen Position gleichgesetzt werden.

Simulation einer Unterrichtseinheit

Fischer berichtete von einem Unterrichtsprojekt für die Sek I / 9.-10. Klasse, das in einer freien Schule (unter idealen Bedingungen, Klassengröße = 11, bürgerliche Herkunft der Schüler) erprobt worden sei. Die Arbeit mit Primärquellen (Zeitungsartikel o.ä.) sei in diesem Alter nicht gut machbar gewesen, stattdessen wurden von Fischer verfasste Informationstexte sowie Kartenmaterial und Fotos der Hauptakteure verwendet.

Anhand von fünf Dimensionen könne sich dem Konflikt genähert werden:

  • Konkretheit, Interesse, Ideologie

  • Macht, Funktionszusammenhang

  • Geschichtlichkeit

  • Menschenwürde

  • Recht

Im Workshop wurde dann am Beispiel des Aspekts "Konkretheit, Interesse, Ideologie" das Unterrichtsprojekt simuliert Zuerst erarbeiteten sich die Workshop-Teilnehmenden Informationstexte und beseitigten anschließend Unklarheiten. Zweite Aufgabenstellung war die Herausarbeitung möglicher Konfliktpunkte oder Interessenskonflikte. Der abschließende Schritt war dann eine kritische Reflektion der Texte. Die Schülerinnen und Schüler könnten beispielsweise erzählen, was sie bereits über den Konflikt wissen oder ob sie woanders Widersprüchliches gehört haben.

Diskussion in der Workshop-Gruppe

Der Informationsgehalt der Texte sei sehr dicht, so einige Teilnehmende. Die Texte seien zu lang für Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe I. Fischer erzählte, dass es der Schülerschaft nicht leichtgefallen wäre, dass es aber letzten Endes doch machbar war und zu einem besseren Konfliktverständnis beitrug.

Die russische und ukrainische Selbstwahrnehmung kämen schnell nicht zu ihrem Recht, so ein weiterer Einwand der Workshop-Gruppe. Im Falle Russlands werde die Selbstrechtfertigung sofort durch die Anbindung an politische und strategische Interessen "in Anführungszeichen gesetzt", die europäische Selbstdarstellung (Menschenwürde, Demokratie, Freiheit, freie Wirtschaft) dagegen nicht ausreichend kritisch reflektiert. Fischer entgegnete, dass jeder Text immer standortgebunden sei. Die Aufgabenstellung fordere die Schüler auch dazu auf, den Text selbst zu dekonstruieren und die Position des Autors kritisch zu sehen.

Ein nächster Schritt des Unterrichtsprojekts ist die "Konferenzphase", in der die Schülerinnen und Schüler gruppenweise jeweils den Part einer Konfliktpartei übernehmen und versuchen, in einer simulierten Friedenskonferenz ihre Interessen durchzusetzen.

Fischer beurteilte das Ergebnis seiner Unterrichtseinheit wie folgt: Die Schülerinnen und Schüler haben nach dem Projekt im besten Fall ein angemessenes Verständnis der Situation und der verschiedenen Positionen erworben. Der Reflexionstext einer Schülerin (auch im Erfahrungsbericht im Anhang) zeige Lernerfolge: Die Schülerin argumentierte zunächst moralisch ("Also erst einmal finde ich, sollten alle ihre Waffen niederlegen und miteinander reden."), sei danach aber in der Lage gewesen, die realen Interessen der Akteure zu vergleichen und kam so zu einer differenzierteren, wenn auch hoffnungsloseren Beurteilung der Lage.

Auch wenn in der Diskussion hinterfragt wurde, ob ein Verständnis der Ukrainekrise für die Lernenden ein wichtiges Ziel ist, machten Fischer und andere noch einmal deutlich, dass dies eine paradigmatische Form der Konfliktanalyse in der Schulklasse sei, die Verständnis- und Erarbeitungsstrategien übe und von der Methodik ebenso auf andere Konflikte übertragbar sei.

Das Material ist verfügbar unter Externer Link: http://www.zsb.uni-halle.de/archiv/didaktischer-koffer/unterrichtsreihen/1016159_2861737/.

Fussnoten