Zur Einführung erläutert Reichel die Entstehungsgeschichte des KMK-Beschlusspapiers. Auf Initiative der nordrhein-westfälischen Schulministerin Sylvia Löhrmann im Jahr 2013 wurde unter Beteiligung von neun der sechzehn Bundesländer an einem Entwurf des Papiers gearbeitet. Die Stellungnahmen verschiedener Verbände zu ersten Entwürfen seien in der Überarbeitung der Empfehlung berücksichtigt worden, bevor das Papier im Dezember 2014 in seiner finalen Form von der KMK beschlossen wurde.
Im Zuge der Gespräche in der Arbeitsgruppe wurde die Nutzung des Begriffs "Erinnerung im KMK-Beschlusspapier kritisch reflektiert. Es wurde vor allem die Frage aufgeworfen, in welchem Verhältnis Erinnerung zu historischem Lernen stehen sollte. Hier wünschen sich einige Teilnehmende nicht nur eine klare begriffliche Positionierung, sondern auch inhaltliche Problematisierungen. Gegenstand der Diskussion waren zudem der Begriff "kultursensibel" und die im Plural verwendete Formulierung "staatssozialistische Diktaturen". In diesem Kontext betont Reichel den Prozess- und Kompromisscharakter des Beschlusspapiers. Dieses versuche einerseits, Inhalte und Ziele möglichst angemessen und ausgewogen darzustellen, und andererseits, den Besonderheiten in unterschiedlichen Einrichtungen und Bundesländern Rechnung zu tragen. Diese Schwierigkeiten werden auch im Hinblick auf die Auswahl der im KMK-Papier benannten Ortsnamen und Opfergruppen deutlich, die von einigen Teilnehmenden als unvollständig und unzureichend wahrgenommen werden.
Hinsichtlich der Umsetzung des KMK-Beschlusspapiers wären bei den Teilnehmenden konkrete Maßnahmen und Empfehlungen willkommen. Hinweise zu Unterrichtsmaterial, das den im KMK-Papier formulierten Kriterien entspricht, wäre beispielsweise für die Lehrkräfte hilfreich. Laut Reichel sollte das KMK-Papier allerdings zunächst als Anregung verstanden werden, sich kritisch mit vorhandenen Ressourcen auseinanderzusetzen. Empfehlungen der KMK würden sich meistens auf bereits in den Bundesländern existierende Strukturen und Angebote beziehen und in diesem Rahmen Veränderungen und Anpassungen vorschlagen. Den Lehrkräften würden die Beschlüsse daher oft als Legitimation von neuen Unterrichtsvorhaben dienen, aber könnten nicht direkt von der KMK unterstützt, eingefordert oder evaluiert werden.
Das KMK-Beschlusspapier "Erinnern für die Zukunft" macht deutlich, dass Erinnerungskultur im Kontext von historisch-politischer Bildung in der Schule einen höheren Stellenwert einnehmen sollte. In seiner jetzigen Form bedarf es wohl begrifflicher und inhaltlicher Nachbesserung und Spezifizierung, bietet aber nichtsdestotrotz einen wichtigen Diskussionsanlass.
Arbeitsgruppe 6: Empfehlung der Kultusministerkonferenz "Erinnern für die Zukunft"
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Mit Verabschiedung des Beschlusspapiers "Erinnern für die Zukunft" im Dezember 2014 hat die KMK die Relevanz des Themas Erinnerungskultur als Gegenstand historisch-politischer Bildung in der Schule unterstrichen und allgemeine Empfehlungen zur praktischen Umsetzung ausgesprochen. Im Rahmen dieser von Dr. Constanze Jaiser und Birgit Marzinka moderierten Arbeitsgruppe hatten die Teilnehmenden Gelegenheit, sich mit Dr. Norbert Reichel, der an der Entstehung des KMK Beschlusspapieres mitgewirkt hat, über dessen Inhalt und Wirkung auszutauschen.
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