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Arbeitsgruppe 4: Routine und Überdruss statt Betroffenheit und Reflexion? | Fachtagung der bpb und der Kultusministerkonferenz (KMK) | bpb.de

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Arbeitsgruppe 4: Routine und Überdruss statt Betroffenheit und Reflexion? Lernziel "Verantwortung für die eigene/nichteigene Geschichte" und die Unterrichtspraxis des Schulalltags

Peter Schuller Nino Löffler Jana Ehret

/ 2 Minuten zu lesen

Zusammen mit Prof. Dr. Martin Lücke, Prof. Dr. Matthias Proske und Prof. Dr. Wolfgang Meseth diskutierte diese Arbeitsgruppe die Frage, wie verhindert werden kann, dass Erinnern in der Routine der Schule und Pflege der Gedenktage zur Pflichtübung verkommt.

Workshop: Routine und Überdruss (© Mareike Bier)

Historisches Lernen konzipiert Lücke als "eigen-sinnige", produktive Aneignung von vergangenen Wirklichkeiten. Die Aushandlung gemeinsamer, geteilter und konfligierender Erinnerung geschehe dabei im Zuge des historischen Erzählens und der Diskussion über diese Erzählungen. Dieser Lern- und Aushandlungsprozess beginne allerdings nicht erst in der Schule, denn die Schülerinnen und Schüler verfügen über medial oder sozial vermitteltes Vorwissen. Laut Meseth beinhalten diese Vorkenntnisse implizites Wissen über öffentlich anerkannte moralische Bewertungen der NS-Verbrechen, sozial erwünschte Sprachregelungen und gesellschaftlich erwartete Haltungen. Weil das Thema in der Öffentlichkeit bereits mit eindeutigen moralischen Erwartungen belegt sei, könne die schulische Auseinandersetzung mit dem Thema eine moralische statt fachliche Form der Kommunikation annehmen.

Proske plädiert dafür, nicht nur diese moralische, sondern auch die generationelle und nationale Imprägnierung öffentlicher Erinnerungskultur selbst zum Lerngegenstand des Unterrichts zu machen. Das müsse auch heißen, dass ein Gedenktag oder Rituale in der Schule auch auf ihre herrschaftsstabilisierenden Bedeutungen untersucht werden: Wer erinnert sich an wen und warum? Wer wird dabei vergessen und warum? Im Zuge dessen könne ein reflektiertes Bewusstsein dafür entwickelt werden, inwiefern öffentliche Erinnerung in einem Konstrukt deutscher Mehrheitsgesellschaft oder pluraler Einwanderungsgesellschaft gedacht wird.

In der Diskussion wird Lückes Forderung aufgegriffen, sich von einem homogenen Nationenbegriff zu verabschieden, um die Schülerinnen und Schüler zu globalem und pluralistischem Denken zu befähigen. Die Teilnehmenden betonten, dass die Nation weiterhin die dominierende Analyseeinheit im Geschichtsunterricht darstellt und als solche schwer zu überwinden scheint. Die Tradition, kritisch zu reflektieren und daran geknüpfte Routinen zu durchbrechen, könne und solle allerdings trotzdem als Chance für das historische Lernen wahrgenommen werden.

Im Hinblick auf Gedenktage könnten Rituale beispielsweise gemeinsam von den Schülerinnen und Schülern entwickelt werden. Lernziele einer solchen Übung wären das Aushandeln von (nicht unbedingt die Einigung auf) Ritualen innerhalb der Gruppe, aber auch die Loslösung von der mit öffentlicher Erinnerung verknüpften moralisch-eindeutigen Rezeptions- und Aneignungserwartung. Allgemein wurde der Wunsch geäußert, historisches Lernen in der Schule methodisch vielfältiger zu gestalten, interdisziplinär auszurichten und über den Geschichtsunterricht hinaus in der Schulkultur zu etablieren.

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Fussnoten