Sektion 4 – Exklusion und Inklusion
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Wer bleibt draußen, wer drinnen – und wer bestimmt das? Wenn Zugehörigkeit und Ressourcen asymmetrisch verteilt sind, ist Teilhabe gefährdet. Was kann man hier tun? Eine Sektion über Macht, Gerechtigkeit und Intersektionalität.
Referentinnen und Referenten der
Prof. Dr. Stephan Bundschuh, Hochschule Koblenz
Nuran Yiğit, Trainerin, Beraterin und Coach für Empowerment, Antidiskriminierung und Antirassismus
Prof. Dr. Stefan Liebig, Universität Bielefeld
Prof. Dr. Anne Waldschmidt, Universität zu Köln
Moderation: Dr. Margret Spohn, Migrationssoziologin
Stigmatisierende Blicke
Das Projekt Kodex, das an einer Förderschule SchülerInnen – darunter viele Sinti – bei ihrer sozialen und beruflichen Integration unterstützte, nimmt Stephan Bundschuh als Beispiel, um über
Bundschuh erläutert, dass während des Projekts Prozesse der Marginalisierung deutlich wurden: Mit wachsendem Abstand zu den SchülerInnen selbst verstärkte sich auch der kategorisierende Blick auf sie – ein wohlwollender, aber paternalistischer: Konnten LehrerInnen sich noch gut mit den Bedürfnissen ihrer SchülerInnen befassen, sank diese Fähigkeit bereits bei der Schulleitung – je weiter man aus dem System Schule hinausging, desto stigmatisierender wurde der Blick auf die FörderschülerInnen.
Powersharing einfordern
Nuran Yiğit stellt in ihrem Input die Konzepte Empowerment und Powersharing vor: Empowerment meine Selbstermächtigung und orientiere sich an Ressourcen, nicht an Defiziten. Dieser Prozess bedeute, dass die Betroffenen von Diskriminierung sichtbar werden und eine Stimme finden. Sie würden ermutigt Powersharing, das Pendant zum Empowerment, einzufordern. Es reiche nicht aus, für Diskriminierung zu sensibilisieren. Diejenigen, die von Diskriminierungen profitieren, müssten auch bereit sein, Macht und Privilegien abzugeben. Dem Empowerment-Ansatz kommt laut Yiğit eine besondere Rolle in der politischen Bildungsarbeit zu, da er die Stärke habe, Powersharing einzufordern und so gesellschaftliche Veränderungsprozesse anzuregen.
Ungleichheit ist gerecht
Ein Viertel der Befragten einer Gleichheitsforschungsstudie hält es für gerecht, wenn wohlhabende Menschen einen privilegierten Zugang zu Bildung haben. Im subjektiven Gerechtigkeitsempfinden gibt es also angemessene Formen von Ungleichheit. Professor Stefan Liebig setzt an diesem Gerechtigkeitsempfinden an. Er sagt, es gibt legitimierte Ungleichheiten: Einkommensungleichheit zwischen "Menschen mit Migrationshintergrund" und Menschen ohne ebendiesen beruhe auf unterschiedlich hohem Humankapital, also unterschiedlichen Fähigkeiten und Bildungsabschlüssen, und sei daher gerechtfertigt. Gleiches gelte für die niedrigere Entlohnung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt. Auch dort sei der Einkommensunterschied legitim, wenn Frauen schlechtere Qualifikationen vorzuweisen hätten als Männer und Pausen im Erwerbsleben einlegten.
Mit Blick auf den Bildungssektor stellt Liebig fest: In einem nach Marktregeln funktionierenden System ist es gerecht im Sinne des Equity Prinzips, dass diejenigen, die mehr Geld in Bildung investieren, auch mehr Bildung erhalten. Dieses Verständnis von Bildungsgerechtigkeit nimmt Ungleichheit nicht nur in Kauf, sondern stellt sie aktiv her: z.B. bei der Ausdifferenzierung des Bildungssystems in private und öffentliche Schulen. Je stärker Bildung Wettbewerbsprinzipien folgt, desto eher wird Ungleichheit wiederum akzeptiert, auch das ein Ergebnis der Studie zu Gerechtigkeitseinstellungen. Insofern bedingen sich subjektives Empfinden und objektive Bildungsrealität in einem Ungleichheit reproduzierenden Zirkelschluss.
Förderschulen: ein gescheiterter Ansatz
Einen weiteren Ungleichheitshort unseres Schulsystems identifiziert Professorin Anne Waldschmidt im Umgang mit Menschen mit Behinderung: Trotz der nachgewiesenen Erkenntnis, dass Segregation nicht zu Bildungserfolg sondern Bildungsbenachteiligung führe, hielten wir an einem System der Trennung fest. Durch ein Parallelschulwesen schließen wir Menschen mit Behinderung von der Teilnahme am regulären Unterrichtsleben aus. Das seien Praktiken der Ungleichheit, die einer nationalen Logik folgen und nicht alternativlos sind. Integrative Modelle führten eindeutig zu besseren Bildungsergebnissen.
Zudem offenbare sich eine weitere Schwäche der Exklusionsstrategie darin, dass Förderschulen eben nicht rein nach Fähigkeiten und Bedürfnissen filtern: In sonderschulartigen Einrichtungen landen überproportional viele von Armut betroffene Kinder. Eine Form der Mehrfachexklusion, die den Ausgeschlossenen nachhaltig Bildungserfolge verwehrt. Um das zu erkennen, sei ein intersektionaler Blick auf Ausschlussmechanismen besonders wichtig.
von Sarah Laukamp und Annika Meixner
Den Bericht der Externer Link: ruhrbarone von der Außenstation der Sektion
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