In dem zweigeteilten Workshop stellte zum einen Dr. Stefanie Orphal vom Zentrum für Osteuropa- und internationale Studien (ZOiS) ein Videoglossar vor, in dem unterschiedliche Themen über die Ukraine behandelt werden und dadurch gegen Desinformation wirken soll. Zum anderen präsentierten Julia Smirnova und Ronja Gerstadt vom Institute for Strategic Dialogue (Germany) ein Projekt, das sich mit der Desinformation und Propaganda gegen Geflüchtete aus der Ukraine auseinandersetzt.
Als Einstieg in den Workshop fragte Ronja Gerstadt mit einer interaktiven Methode per Smartphone berufliche Hintergründe, thematische Berührungspunkte und verschiedene Kenntnisse der Teilnehmenden ab. Bei den Ergebnissen fiel auf, dass fast alle Teilnehmenden entweder beruflich oder privat bereits Berührungspunkte mit Desinformation hatten und hinsichtlich der Ukraine viele Stereotypen und Klischees aufzählen konnten, die sie unterschiedlichen Medien entnommen hatten.
Im Anschluss daran stellte Dr. Stefanie Orphal das Videoglossar-Projekt des ZOiS zum Thema Ukraine vor, das aktuell in Zusammenarbeit mit der Bundeszentrale für politische Bildung/bpb erstellt wird. Ausgangspunkt für das Projekt war der Angriff Russlands auf die Ukraine im Februar 2022. Nach Einschätzung von Dr. Orphal offenbarte sich damals in Deutschland eine Wissenslücke in Bezug auf das Land Ukraine, was als Einfallstor für Desinformation genutzt werden konnte. Um dem entgegenzuwirken, sollen in dem Projekt Themen aus den Medien rund um die Ukraine aufgegriffen und durch Erläuterung weiterführender Hintergründe eingeordnet werden.
Beispielhaft präsentierte Dr. Orphal Vorabversionen von zwei der geplanten zehn Videos, in diesem Fall zu den Themen 'Tschernobyl' und 'Krim'. In beiden Videos präsentiert jeweils eine Wissenschaftlerin verschiedene historische Hintergründe und Entwicklungen zu den jeweiligen Themen. Visuelle Einblendungen sollen das Gesprochene veranschaulichen, dies war in einem der Videos bereits umgesetzt.
Dr. Orphal beendete ihren Vortrag mit der Frage an das Plenum, wie mit Desinformation und Propaganda umzugehen sei. Die Teilnehmenden sagten, dass es vor allem wichtig sei nicht zu schweigen und dass diesen Phänomenen entgegengetreten werden müsse. Gleichzeitig wurde angemerkt, dass es teilweise schwierig sei in einen Dialog mit Menschen zu treten, die entsprechende desinformative Inhalte verbreiten würden. Zum einen sei es zeitintensiv über Fakten aufzuklären und zum anderen würden sich diese Personen häufig nicht auf eine faktenorientierte Diskussion einlassen. Frau Dr. Orphal ergänzte, man müsse neben dem Debunking, also dem Entlarven von Desinformationen, ebenfalls darauf achten, selbst Agenda Setting zu betreiben, sodass die Themensetzung nicht nur von diesen Personengruppen vorgegeben werde.
Julia Smirnova ging im zweiten Teil des Workshops vor allem auf den Analyseansatz des Projekts "Narrative über den Krieg Russlands gegen die Ukraine" des Institute for Strategic Dialogue (Germany) ein. In Bezug auf die vor dem Krieg in der Ukraine geflüchteten Menschen kursierten verschiedene Narrative, die als Desinformation oder Propaganda verstanden werden könnten. Unterschiedliche Akteure, u. a. russische staatliche Medien, verbreiteten diese Narrative über Soziale Medien wie Facebook, Instagram und Telegram. In unterschiedlichen Sprachen würden, zugeschnitten auf die entsprechenden arabisch-, deutsch- und russischsprachigen Zielgruppen, stereotype und unwahre Erzählungen über aus der Ukraine Geflüchtete erzeugt.
Ausgehend von dieser Analyse präsentierte Ronja Gerstadt die Videokampagne "#wirstattDesinformation", die als Gegenreaktion auf die Desinformationstaktiken angelegt sei. Den Teilnehmenden wurde eine Vorabversion des Einführungsvideos der Kampagne vorgestellt. In dem Kurzvideo geht es um Desinformation im Kontext des Kriegs in der Ukraine, wobei die audiovisuelle Umsetzung bewusst im Stil von zuvor besprochenen desinformativen Videos gewählt wurde. Auf diesem Einführungsvideo aufbauend seien drei tiefergehende Fortsetzungen geplant.
In der anschließenden Diskussion wurden besonders die Distributionswege von Aufklärungsvideos thematisiert. So äußerten Teilnehmende, dass mit solchen Videos in erster Linie Social-Media-Plattformen bespielt und gezielt Influencerinnen und Influencer angesprochen werden müssten, wenn man junge Menschen erreichen wolle. Frau Gerstadt wies in diesem Zuge jedoch auf die Problematik hin, dass man nicht abschätzen könne, wie sich die jeweiligen Influencerinnen und Influencer künftig weiterentwickeln. Vor allem für längerfristige Projekte stelle dies ein hohes Risiko dar, sodass im Zweifelsfall bei negativer Entwicklung ein entsprechendes Projekt sogar selbst in den Verdacht von Desinformation geraten könne.