Yvonne Hofstetter zeigte im Workshop Chancen und Risiken beim Einsatz Künstlicher Intelligenz in Wirtschaft, Gesellschaft und Militär auf und entfaltete politische Szenarien.
Zum Einstieg zeigte Yvonne Hofstetter, Managing Director bei Teramark Technologies, verschiedene Bilder, die beim Digitalgipfel 2018 in Nürnberg entstanden sind. Die gezeigten Techniken (Flugtaxi, Social Bot, Al Anchor) wirkten für Laien oftmals als wäre Künstliche Intelligenz (KI) verwendet worden. Tatsächlich war dies jedoch nicht der Fall. Doch was ist überhaupt KI?
Künstliche Intelligenz boomt
Hofstetter erklärte, dass KI im engeren Sinn nur neuronale Netze seien, die kognitive Aufgaben (z.B. erkennen, verstehen, denken, Vorhersagen treffen) durchführen könnten. In den Jahren 2013/2014 habe es einen Umbruch in der Forschung gegeben. Das Unternehmen Google gab damals bekannt, dass es in KI investiere und kaufte entsprechende Unternehmen auf. Seitdem gebe es einen regelrechten Run auf promovierte KI-Spezialisten. Durch den Boom werden hauptsächlich maschinelle Lernverfahren durch KI begutachtet, andere Bereiche werden vernachlässigt. Für KI benötige man immense Rechnerkapazitäten. Daher bildeten sich erneut Monopole bei Unternehmen wie Amazon oder Facebook, so Hofstetter.
Deep Fakes
Die Referentin führte auch das Prinzip von sogenannten "Deep Fakes" aus. Dies sind KI-Systeme, die Personen in Gestik und Mimik täuschend echt nachstellen können. Eine Unterscheidung sei für Laien nicht möglich. Somit können zum Beispiel Politikern Aussagen in den Mund gelegt werden, die sie nie gemacht haben. Große Aufregung verursachte ein "Deep Fake", der (scheinbar) Obama bei der Verunglimpfung von Donald Trump zeigte.
Genauigkeit der Ergebnisse, militärischer Einsatz
KI soll künftig bei Google zur zielgerichteten Werbung genutzt werden, so Hofstetter. Hierbei sei die Genauigkeit der Ergebnisse nicht zentral, im Gegensatz zur Verwendung im militärischen Bereich. Beim Erfolg von Werbung sei eine 70-pozentige Wahrscheinlichkeit ausreichend, im militärischen Einsatz müsse die Erfolgsquote bei nahezu 100 Prozent liegen. Auch müsse, nach Ansicht einiger Teilnehmer, die letzte Entscheidung immer in menschlicher Hand liegen. Bei AWACS ist Künstliche Intelligenz seit 20 Jahren im Einsatz. Aufgabe des AWACS ist die luftgestützte Luftraumaufklärung und -überwachung mit dem Ziel der Früherkennung und Vorwarnung. Kontrovers wurde unter den Teilnehmenden der Einsatz von letalen autonomen Waffensystemen diskutiert. Diese werden in Deutschland nicht eingesetzt, jedoch in anderen Ländern. Die Ächtung dieser Systeme wurde bei Abrüstungsvereinbarungen in Genf diskutiert, scheiterte jedoch an der Frage, was überhaupt "autonom" bedeute.
Steht ein "technischer Kalter Krieg" bevor?
Nach dieser Einführung stellte die Referentin eine Rede vor, die sie anlässlich der Münchner Sicherheitskonferenz halten wird. Sie warnte davor, dass ein technischer Kalter Krieg zwischen den USA und China ausbrechen werde. Chinas Plan sei es, bis 2048 Weltmacht zu werden, inklusive eines eigenen Mondfahrtprogramms, einer Flugzeugträgerflotte und der größten Armee der Welt. Anzeichen für die Ablösung der USA als Weltmacht sehe sie in Syrien und Afghanistan. Die USA zögen sich zurück und China übernehme deren Platz. Chinas Ziel sei es, Wohlstand für alle zu generieren, aber immer in Unterordnung unter den Staat und die Partei. Bürgerrechte, Pressefreiheit und Pluralismus seien nicht mit dem chinesischen System vereinbar. Im Gegensatz dazu seien die KI-Strategien im Westen auf Profit orientiert. In China gäbe es eine Einsatzdoktrin für KI und eine stringente Ausrichtung der KI auf die staatlichen chinesischen Bestrebungen. Auch die Initiative der Neuen Seidenstraße sieht die Referentin kritisch. China wolle dadurch politische Macht ausüben. Die Referentin sieht die USA unter Trump weiter in die Isolation abrutschen. Europa müsse hierzu eine Alternative bieten. Diese Alternative bestehe in der Demokratie.
Europa müsse Künstliche Intelligenz nutzen, um seine Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Es müsse höhere Ziele wie Demokratie verfolgen und nicht nur Profit generieren. So könne die moderne Technik genutzt werden, um beispielsweise in Afrika ein Finanzsystem aufzubauen und dadurch Entwicklungsgelder effektiver einsetzen zu können. Viele Teilnehmende zeigten Unverständnis gegenüber den Entwicklungsprognosen der Referentin. Ein Kritikpunkt war, dass die Rolle der USA stark von der Wiederwahl Trumps in zwei Jahren abhänge. Hofstetter schloss mit dem Fazit, dass die Industrialisierung 4.0 erst am Anfang stehe und es wichtig sei, die Demokratie zu stärken und zu schützen.
Dokumentation: Judith Vincenti