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Workshop 2: Hybride Kriegsführung und soziale Medien | 16. Bensberger Gespräche 2019 | bpb.de

16. Bensberger Gespräche 2019 Keynote Address Simulation eines Cyberangriffs auf elektronische Systeme Warum ist es so schwer, den Cyberraum zu kontrollieren? Podiumsdiskussion: Herausforderungen für die Cybersicherheit Die helle und die dunkle Seite des Darknet Workshop 1: Cyber Crime und die Möglichkeiten der Bekämpfung Workshop 2: Hybride Kriegsführung und soziale Medien Workshop 3: Rüstungskontrolle vernetzter Systeme Workshop 4: Spannungsfeld Innere Sicherheit vs. IT-Sicherheit Workshop 5: Die Cybersicherheitsstrategie Großbritanniens Workshop 6: Das Wettrüsten um Künstliche Intelligenz Meinungsmache durch digitale Medien – Gefahren für die Demokratie? Führen im digitalen Zeitalter? Podiumsdiskussion: Politik und Kontrollmöglichkeiten von Cyber-Aktivitäten Fazit und Ausblick

Workshop 2: Hybride Kriegsführung und soziale Medien

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Finden in den sozialen Medien tatsächlich „neue Kriege“ statt? Mit dieser Frage setzten sich Dr. Nicolas Fromm und die Workshopteilnehmenden auseinander.

Dr. Nicolas Fromm, freier Mitarbeiter beim Gustav Stresemann Institut in Niedersachsen, gestaltete den Workshop sehr interaktiv. Zunächst sammelten die Teilnehmenden an der Pinnwand verschiedene Definitionen von Krieg, zum Beispiel "gewaltsamer Interessenskonflikt", "territoriale Gewinne", "angreifen und verteidigen". Die Begriffe wurden teils kontrovers diskutiert und warfen neue Fragestellungen auf. So wurde z.B. diskutiert, ob Krieg eine dauerhafte feindliche Handlung sei oder lediglich eine begrenzte Zeitspanne andauere. Der Referent stellte verschiedene Definitionsansätze vor. Schlussendlich könne Krieg nicht definiert werden und auch eine Findung des kleinsten gemeinsamen Nenners zeigt sich schwierig. Man könne konstatieren, dass sogenannte "neue Kriege" durch eine zunehmende Asymmetrie gekennzeichnet wären, so Fromm.

Neue Kriege?

Dr. Nicolas Fromm erarbeitet mit den Teilnehmern des Workshops was unter "neue Kriege" zu verstehen ist. (© bpb/BILDKRAFTWERK/Zöhre Kurc)

Die These, dass Kriege sich in den letzten zehn Jahren verändert haben, wurde als nicht haltbar gesehen, da sich Kriege immer den Gegebenheiten der Zeit angepasst hätten. Krieg sei ein Chamäleon und passe sich immer den Umständen an, bemerkte ein Teilnehmer. So habe es schon immer Selbstmordattentate gegeben, dies sei keine Entwicklung der letzten Jahre. Bei den Balkan-Kriegen und dem "Arabischen Frühling" war das Kriegsziel ein Regimewechsel, "winning hearts and minds" war ein Mittel zur Kriegsgewinnung. Es sei ein Anwendungsbereich der hybriden Kriegsführung, durch die zunehmende Vernetzung Gesellschaften zu beeinflussen. So werden durch nicht-militärische Mittel militärische Ziele erreicht.

Terrorismus

Im zweiten Teil des Workshops wurden Definitionen für Terrorismus entwickelt. Die Teilnehmenden definierten Terrorismus als die Verbreitung von Angst und Schrecken mit der Verknüpfung eines politischen Zieles. Sie waren sich einig, dass Terrorismus Aufmerksamkeit brauche und sich im Verborgenen vorbereite. Der Referent stellte folgende Definition vor: "Terrorismus ist der gezielte Einsatz manifester Gewalt gegen Zivilisten/Nichtkombattanten (Mittel) durch nichtstaatliche Akteure, um Angst und Schrecken zu verbreiten (Ziel) um einen Staat zur Veränderung seiner Politik zu zwingen (Zweck)." Die Teilnehmenden erklärten, dass sich der (Miss-)Erfolg terroristischer Anschläge an der Aufmerksamkeit messe und nicht unbedingt an der Anzahl von Toten. Das Plenum war sich einig, dass Terroristen mit den Urängsten der Menschen spielten. Terrorismus stelle einen Grundkonsens der Gesellschaft, das "Grundrecht auf Sicherheit" und das Gewaltmonopol des Staates, in Frage. Auch zeige er die Legitimationsproblematik, da legitime Gewaltausübung kein Terrorismus sei. Terrorismus sei auch immer eine Frage der Deutungshoheit, "des einen Freiheitskämpfers ist des anderen Terrorist". Der Referent zeigte auf, dass es sich hierbei um ein komplexes Thema handelt. Es sei wichtig, sich nicht in Haarspalterei zu verlieren, jedoch seien Definitionen nötig. Interessanterweise verwendeten das amerikanische Verteidigungs- und das Justizministerium verschiedene Definitionen des Begriffs "Terrorismus".

Propaganda

Es folgte eine Diskussion zur Rolle der Medien in der internationalen Sicherheitspolitik und zum Begriff Propaganda. Die Teilnehmenden diskutierten den sprachlichen Ursprung und die derzeitige Bedeutung von "Propaganda". Vor allem die negative Konnotation durch die Zeit des Nationalsozialismus wurde herausgestellt. Propaganda bedeute, dass Medien sich vor den Karren eines politischen Akteurs spannen ließen. Kontrovers wurde die Rolle der Medien diskutiert: Gibt es überhaupt eine "objektive" Berichterstattung, da jeder Mensch jedes Ereignis subjektiv wahrnimmt? In Deutschland herrscht jedoch durch den Pressekodex vorgeschrieben die journalistische Sorgfaltspflicht. Außerdem gebe es einen großen Unterschied zwischen interessengeleiteter Kommunikation und Propaganda. Letztere ziele auf systematische Gefolgschaft und Homogenisierung ab. In Beiträgen in sozialen Medien werde den "traditionellen" Medien oftmals Propaganda vorgeworfen. Diese Diskussionen zeigten, dass Medienkompetenz im Bildungssystem einen höheren Stellenwert erfahren müsse. Auch Terroristen nutzten soziale Medien, um Aufmerksamkeit zu erregen. Da man soziale Medien nicht abschaffen könne, müssten die Nutzer lernen, kritisch und verantwortungsbewusst mit diesen umzugehen, so das Fazit des Workshops.

Dokumentation: Judith Vincenti

Fussnoten