Ricarda Steinbach, Direktorin der Point Alpha Stiftung, eröffnete den Workshop mit einem kurzen Input-Vortrag über grundlegende sicherheitspolitische Herausforderungen in Afrika. Die Ursache vieler Konflikte liege in den willkürlich festgelegten Grenzen der ehemaligen Kolonialmächte, die aber von den Nomadenvölkern nicht anerkannt würden. Man sei zudem mit neuen, asymmetrischen Konfliktformen konfrontiert, denen nicht mit den klassischen Mitteln der Sicherheitspolitik begegnet werden könne. Bei Entscheidungen über den sicherheitspolitischen Beitrag Deutschlands in Afrika spielten politische Verpflichtungen, Interessen, Bedrohungen und auch Staatsräson eine Rolle. Die deutschen Interessen in Afrika als solche müssten jedoch erst noch definiert werden.
Dr. Meik Nowak des Gustav-Stresemann-Instituts e.V erläuterte sodann die Situation in der afrikanischen Sahelzone. Die G5-Sahel-Staaten Burkina Faso, Tschad, Mali, Mauretanien und Niger seien mit ihrer ehemaligen Kolonialmacht Frankreich sehr eng verbunden durch den hohen Anteil französischer Staatsbürger an der Bevölkerung, bilateralen Militärabkommen sowie den CFA-Fonds, eine Gemeinschaftswährung, die an den Euro gekoppelt ist. Im Jahr 2013 hätten französische Kampftruppen im Rahmen der gegen Touareg-Rebellen gerichteten Operation Serval in Mali interveniert, um die Sicherheit des Staates und der dort lebenden französischen Staatsbürger sicherzustellen. Im Anschluss sei 2014 mit der französisch geführten Anti-Terror-Operation Barkhane begonnen worden, die parallel zu anderen Missionen der UN (MINUSMA), der Afrikanischen Union und der G5 Sahel Joint Force in der Sahelregion stattfinde. Während die Kernfrage der militärischen Interventionen in Afrika "Fighting Terror, Building Regional Security" sei, bekämpfe die Entwicklungspolitik Fluchtursachen durch Bildung und sozio-ökonomische Entwicklung. Als Grundbedingung dafür, dass zivil-militärische Kooperation stattfinden könne, seien eindeutig definierte Mandate, eine klare Kommunikation und Koordination sowie konfliktspezifische Richtlinien auf strategischer und operativer Ebene erforderlich. Lösungsansätze aus der Perspektive der Entwicklungszusammenarbeit seien zum einen die Reduzierung der "Überbewaffnung" der Konfliktparteien, die Herstellung der Ernährungssicherheit, die Lösung der Frage der Landnutzung und der Landrechte, die Schaffung lokaler und regionaler Märkte sowie die Stärkung regionaler Institutionen und grenzüberschreitender Politiken. Frieden könne zwar, so der Referent mit Blick auf die Operation Serval, militärisch erzwungen werden. Allerdings sei es mit der Operation Barkhane nicht gelungen, dieses Ziel auch zu erhalten.
In der Diskussion kritisierte ein Teilnehmer den "Marshallplan mit Afrika" des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Gerd Müller, u.a. weil er die Agenda 2063 der Afrikanischen Union unberücksichtigt lasse. Steinbach merkte an, dass es einen glaubwürdigen Mediator brauche, der von allen anerkannt werde, was bei der Afrikanischen Union nicht der Fall sei. Nowak sah in der Agenda 2063 zumindest eine Chance für einen emanzipierten entwickelten afrikanischen Kontinent. Ein Teilnehmer wies darauf hin, dass die Ziele für nachhaltige Entwicklung der UN nur an den Symptomen ansetzten. Viel wichtiger sei es, die Handelspolitik der EU zu verändern und keine Zölle auf afrikanische Produkte zu erheben. Die Gruppe diskutierte zudem die starke Präsenz Chinas in Afrika, die überwiegend kritisch betrachtet wurde. Das Engagement Chinas in Afrika beruhe vorwiegend auf wirtschaftlichen Interessen und weiche von der auf Partnerschaft und moralischen Ansprüchen beruhenden deutschen Entwicklungspolitik ab. Chinas Vorgehen sei zwar effizient, trage aber wenig zur Erreichung von qualitativen Zielen wie der Schaffung von Arbeitsplätzen bei. Ein Teilnehmer machte auf die brisante sicherheitspolitische Gemengelage in Afrika angesichts von Entwicklungen wie der Bevölkerungsexplosion, der Auswirkungen des Klimawandels und der fragilen Staaten aufmerksam. Die beiden Referierenden erklärten, dass diese Entwicklungen zu wenig im Blickfeld der Politik seien.
Dokumentation: Nils Hermsen