Die jugendlichen Fans wollten bald lieber gleich die Originale hören anstatt mit mehreren Wochen Verspätung (denn das Material musste ja erst eingeübt werden) die Coverversionen der heimischen Bands. Da "gab es zwei Kategorien von Musikern", erinnert sich Klaus Dreymann, Sänger und Gitarrist der Berliner Team Beats, an seine Auftritte im Hamburger Star-Club. "Entweder du warst ein Engländer oder du warst ein Arsch! Da waren Bands unterwegs, wahrscheinlich vor der Tour wahllos zusammengewürfelt, total Scheiße, aber halt Engländer, und sie trugen Boots – also galten sie was." (in: CD-Booklet "Die Berlin Szene", 2003, S. 38)
Außerdem entwickelten sich neue, komplexere Stile, etwa im progressiven Rock (Jimi Hendrix). Und da mussten die jugendlichen Beatmusiker ebenso passen wie bei dem Mitte der Sechziger einsetzenden Soul-Revival. "James Brown und so, das konnte ja keiner live spielen", erinnert sich Louis van Herpen, Jahrgang 1946, Bassist der Beatband The Reflections (Siebert 2002, S. 73). DJs nutzten die Gunst der Stunde und "sorgten mit ihren gut sortierten Schallplattensammlungen für musikalische Perfektion, Aktualität und Reichhaltigkeit (Pluralität der Stile) und befriedigten so – eher als viele Bands – das mittlerweile anspruchsvolle Konsumbedürfnis vieler Jugendlicher" (a.a.O.). Veranstaltern kommt der neue Trend sehr entgegen: Eine Discothek ist billiger zu betreiben als ein Live-Club, ein DJ verdient – zumindest damals noch – nicht mehr als ein Zehntel dessen, was eine Band üblicherweise als Gage bekommt, das Publikum konsumiert deutlich mehr und teurere Getränke. So stiegen zahlreiche Veranstalter vom kommerziellen Klub bis zum christlichen Jugendheim um: von Beatkonzerten auf "Discoabende" und "DJ-Battles". Ab 1968/69 eröffneten schließlich in ganz Deutschland eigene Diskotheken, deren Innengestaltung Livemusik gar nicht mehr vorsah: Statt einer (nicht mehr vorhandenen) großen Bühne steht nun die Tanzfläche im Mittelpunkt, "Lightshows" rücken das Publikum, nicht die Künstler ins Licht, der Sound wird deutlich besser, die Musik vielfältiger, und sie ist nun nicht mehr auf das mehr oder weniger passive Zuhören der Fans orientiert, sondern animiert das Publikum zu eigenen körperlichen Aktivitäten. Der Tanz und die aktive Inszenierung der eigenen Körperlichkeit gerät zum ersten Mal in den Mittelpunkt einer Musikkultur.
Ab Mitte der Siebzigerjahre wird "Disco" zum Massenkult und bekannte Diskotheken wie das "Sound" in Berlin werden zu hochmodernen Event-Tempeln aufgerüstet, in denen Musik nur ein Angebot unter vielen darstellt:
Eine neue, eigenständige, gesellschaftskritische Jugendkultur hatte sich seit dem Ende – oder dem "Erwachsenwerden" – der Hippiekultur und der Protestbewegung der außerparlamentarischen Opposition nicht mehr herausgebildet. "Die Jugend '76 driftet nicht nach rechts oder nach links. Sie sucht den Weg nach oben", frohlockte der Stern (Nr. 44/1976) bereits. "Aus Hippies wurden Pappis. Underground und Gegenkultur haben ihren Betrieb aus Personalmangel eingestellt." Die Popper machen Schlagzeilen, Sinnbild für eine brave, angepasste Jugend, deren Leidenschaft sich in der eigenen Präsentation und dem Kampf um Marktanteile beim wochenendlichen Saturday-Night-Fever-Beziehungsmarkt erschöpft.
Doch dann sollte doch alles wieder anders kommen als vorhergesagt. 1977 brach, ausgehend von London, eine Jugendkultur über Deutschland herein, deren Provokationsgewalt alles bisher Dagewesene scheinbar mühelos in den Schatten stellte. Zwar gehörte ihr, wie stets bei rebellischen Jugendkulturen, nur eine kleine Minderheit der jungen Generation an, doch diese wirbelte die Mehrheitsgesellschaft ordentlich durcheinander.