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Ein neuer Ausschluss 1928-1945

Dr. Frauke Geyken Frauke Geyken

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Das Ende der Weimarer Republik ist gekennzeichnet vom Kampf um die Demokratie. Mit den Nationalsozialisten betrat eine Partei die politische Bühne, die das Frauenwahlrecht zwar nicht aktiv abschaffte, die sich aber nicht von Politikerinnen vertreten lassen wollte.

Reichskanzler Adolf Hitler bei der Begründung des Ermächtigungsgesetzes im neuen Reichstag in der Krolloper am Königsplatz in Berlin. Frauen durften in der NSDAP ab Herbst 1931 lediglich einfache Parteimitglieder werden und keine Führungsaufgaben übernehmen. (© Bundesarchiv Bild 102-14439)

Sobald die Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 Interner Link: an die Macht kamen entfalteten sie eine ungeheure Dynamik um die deutsche Gesellschaft in allen Bereichen nach nationalsozialistischen Grundsätzen umzuformen. Viele Menschen im In- und auch im Ausland waren davon begeistert. Teil dieses Transformationsprozesses war es, dass fast alle Errungenschaften, die seit 1918 auf frauenpolitischem Gebiet durchgesetzt worden waren, wieder abgeschafft werden sollten. Frauen sollten aus dem öffentlichen Leben verdrängt und auf die häusliche Sphäre beschränkt werden. Vor diesem Hintergrund ist die Äußerung der späteren Reichsfrauenführerin Gertrud Scholz-Klink zu verstehen, die schon im Oktober 1931 auf einer Frauenkundgebung des Gauparteitages der Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) in Karlsruhe die Ansicht vertreten hatte, dass es ein "Irrweg" gewesen sei, den Frauen 1918 das aktive und das passive Wahlrecht zu verleihen. Die 1919 gegründete NSDAP hatte auf der ersten Generalmitgliederversammlung der Partei am 21. Juni 1921 in München beschlossen: "Eine Frau kann in der Führung der Partei und in den leitenden Ausschuß nie aufgenommen werden." Frauen durften ab Herbst 1931 lediglich einfache Mitglieder der Partei werden. Allerdings hat die nationalsozialistische Diktatur den Frauen weder das aktive noch das passive Wahlrecht je offiziell genommen. Da es aber nach dem 30. Januar 1933 nur noch sehr wenige, vor allem keine freien Wahlen mehr und ab Sommer 1933 auch keine anderen Parteien mehr gab, sind die Frauen dieser staatsbürgerlichen Rechte de facto dennoch beraubt worden.

Sofort nachdem die Nationalsozialisten die Macht übernommen hatten, setzte die Verfolgung der KPD-Mitglieder ein. Diejenigen, die noch nicht verfolgt oder gar getötet worden waren, sich noch nicht in den Untergrund oder ins Exil begeben hatten, konnten bei den Reichstagswahlen am 5. März 1933 immerhin noch 12,3 Prozent für die KPD erringen. Die KPD war damit die drittstärkste Kraft im neuen, nicht mehr ganz frei gewählten Reichstag. Doch diese Sitze der KPD wurden drei Tage später aufgrund von bereits im Februar erlassenen Interner Link: Notverordnungen annulliert. Die SPD, 1930 noch die stärkste Partei (24,5 Prozent), kam auf 18,3 Prozent, das Zentrum auf 11,3 Prozent und die DNVP erreichte noch 8 Prozent, die DDP war längst vollständig marginalisiert (0,9 Prozent). Die NSDAP wurde von 43,9 Prozent gewählt, damit stieg die Zahl ihrer rein männlichen Abgeordneten von 12 (2,8 Prozent) im Jahr 1928 auf 107 im März 1933. Doch sie erhielt trotz der massiven Behinderung der Anderen und des hohen Einsatzes von Propaganda und Terror nicht die absolute Mehrheit. Am 22. Juni verbot das Regime auch die SPD, am 4./.5. Juli wurden das Zentrum und die DNVP zur Selbstauflösung gezwungen. Noch im selben Monat, am 14. Juli 1933, erging das gesetzliche Verbot der Neubildung von Parteien, sodass die NSDAP die einzige Partei im ausgehöhlten, formal aber immer noch bestehenden Weimarer Staat war. Der Einparteienstaat wurde abschließend am 1. Dezember 1933 durch das "Gesetz zur Sicherung der Einheit von Partei und Staat" auch rechtlich verankert.

Frauenstimmen für Frauenstimmrechtsgegnerinnen

Gertrud Scholz-Klink stand bei weitem nicht allein mit ihrer Meinung, dass Frauen nicht wählen sollten; dies war keineswegs eine ausschließlich nationalsozialistische Position. So wie es seit Beginn des Kampfes für dieses Grundrecht Befürworterinnen und Befürworter gab, so gab es vehemente Gegner und Gegnerinnen. Letztere schlossen sich 1912 im "Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation" zusammen, der seine Ablehnung weiblicher Emanzipation, ähnlich wie später die Nationalsozialisten, u. a. biologistisch begründete: "Warum will man denn das biologische Grundgesetz der Arbeitsteilung der Geschlechter umstoßen und aus der guten Hausfrau und Mutter eine schlechte Politikerin machen, die ihr Hauswesen vernachlässigt, und aus dem willensstarken, wehrfreudigen Manne einen Weiberknecht, der nicht imstande ist, den Staat auszubauen und Heim und Vaterland zu verteidigen?" fragte Ludwig Langemann 1913 in seiner Schrift "Das Frauenstimmrecht und seine Bekämpfung".

Die Frauenrechtlerin, Schriftstellerin und spätere Nationalsozialistin Elsbeth Krukenberg kommentierte 1905 – zu einem Zeitpunkt als sie noch der aktiven Sozialdemokratie zuzurechnen war – Äußerungen dieser Art mit dem klaren Satz: "Der Mann w i l l ganz einfach das Stimmrecht der Frau nicht. Das genügt. Es lohnt nicht, über solche törichte Dinge zu sprechen." Sie wies damit auf einen durchaus handfesten Grund hin, aus dem diese Ablehnung sich speisen konnte: die Sorge der Konservativen nämlich: "daß nur die Sozialdemokratie Vorteil von dem Frauenstimmrecht haben könnten [sic], vielleicht auch das Zentrum, dem die Frauen von Geistlichen sicher geführt Stimmenzuwachs bringen würde." Doch tatsächlich stellte sich heraus, dass Frauen so wählten wie Männer auch, sich das Wahlverhalten also an der Lebenslage orientierte und nicht am Geschlecht. Davon profitierte u. a. die DNVP: Zwar hatte sie bis zum Schluss das Frauenwahlrecht abgelehnt, weil das "Wesen der deutschen Frau und Mutter nicht auf die Öffentlichkeit eingestellt", sondern "durch Natur, Anlage und Neigung" auf Haus und Familie konzentriert sei, so formulierte es Paula Müller-Otfried, Vorsitzende des Deutschen Evangelischen Frauenbundes und Abgeordnete der DNVP. Doch nachdem erkannt worden war, welches riesige Potenzial die weiblichen Wählerstimmen bildeten, versuchte man öffentliche politische Tätigkeit von Frauen zu rechtfertigen, indem argumentiert wurde, weil "die Güter der deutschen Familie, des deutschen Hauses in Gefahr" seien, müssten nun auch Frauen "Verantwortung für das Schicksal des Vaterlandes" übernehmen. Es entstand der Topos von der "deutschen Frau", die das Gegenbild war zur liberalen, demokratischen Frau, die im internationalen Kontext dachte und handelte. Die "deutsche" Frau war antisemitisch und verortete sich selbst in der Volksgemeinschaft, diese war für sie integrativ und eher schichten- als geschlechterübergreifend.

Die exklusive Volksgemeinschaft

Die Volksgemeinschaft schien ein verheißungsvoll "harmonischer Ausweg aus den gesellschaftlichen Spannungen" (Kirsten Heinsohn) zu sein. Den Nationalsozialisten gelang es, den Begriff für sich zu vereinnahmen und dies war ein wichtiger Schlüssel zu den Stimmen der Wählerinnen. Die etablierten Parteien hatten massiv an Ansehen verloren. Parteipolitik galt als langweilig, schwerfällig, als eine Angelegenheit elitärer Altherrenkreise, die Frauen kaum Spielraum für Partizipation bot. In der parlamentarischen Arbeit waren die Frauen an den Rand gedrängt worden. Während einzelne Politiker jeweils als Fachmann für Verteidigungs-, Finanz-, Innen- oder Außenpolitik wahrgenommen wurden, sah man weibliche Abgeordnete ausschließlich als Interessenvertreterinnen der unspezifischen Gruppe "Frau". Aus diesem Grund ließ man (Mann) sie auch nur in diesen, vermeintlich weiblichen, Themenfeldern politisch arbeiten – im Sozial- und Bildungswesen.

Ganz anders inszenierte sich die NSDAP, jung und dynamisch, weniger als Partei, mehr als Bewegung. An diese außerparlamentarische Organisationsstruktur konnten Frauen anknüpfen, denn sie erstreckte sich bis in die weiblichen Lebensbereiche hinein. Die amerikanische Historikerin Claudia Koonz wies schon 1991 darauf hin, dass Frauen nicht als unpolitische Anhängsel von Männern zu verstehen sind, sondern aus eigener Entscheidung zu Unterstützerinnen des Nationalsozialismus wurden. Andrea Süchting-Hänger kann eine zunehmende Radikalisierung konservativer Frauen mit Einsetzen der Wirtschaftskrise 1929 nachweisen. Katja Kosubek, welche die Lebensgeschichten früher Nationalsozialistinnen untersuchte – selbstverfasste Texte unter der Fragestellung "Warum ich vor 1933 der NSDAP beigetreten bin" – stellte fest, dass erste Kontakte zum Nationalsozialismus oft über soziale Bindungen entstanden, weil Brüder, Männer oder Freunde sich in der Sturmabteilung (SA) engagierten. Mit dem Durchbruch der NSDAP zur Massenbewegung spielte die SA eine zunehmend wichtigere Rolle innerhalb der "Bewegung", weil die Partei ihren Straßenkampf erheblich ausweitete. Dazu gehörte das Verteilen von Flugblättern, das Kleben von Plakaten, Propagandamärsche, der Schutz der eigenen Versammlungen und die Störung bzw. Sprengung der gegnerischen Veranstaltungen usw. Während des Jahres 1931 verdoppelte sich die Zahl der SA-Angehörigen auf 260.000 Mitglieder (Dez. 1931). Die Intensität der Agitation strahlte Kraft und Durchsetzungsvermögen aus. Sie symbolisierte Erfolg, der den herkömmlichen Parteien fehlte und machte die NSDAP für die von der Republik Enttäuschten attraktiv.

Für konservative Frauen war sie anschlussfähig, weil sie ‚ihren‘ Teil der politischen Arbeit übernahmen, indem sie ‚typisch weibliche‘ Tätigkeiten ausübten, nämlich die Verletzten versorgten, sich um die Versorgung der SA-Ortsgruppe kümmerten, das SA-Heim pflegten und es zu einem gemütlichen Versammlungsort machten, etc. Die Frauen, die sich selbst der privaten Sphäre zuordneten, konnten so im öffentlichen Raum agieren, weil die Grenzen zwischen privat und politisch aufgehoben waren: "Der ganze Mensch wird in die Politik einbezogen", schwärmte ein Zeitgenosse. Der Kampf für die Volksgemeinschaft wurde von Männern und Frauen gleichberechtigt geführt, aber jeweils in dem Rahmen, der Männern und Frauen 'wesensmäßig' vorgegeben war, d. h. sie hatten gleiche Rechte gerade aufgrund einer Geschlechterdifferenz. Auf der Basis eines nationalen Konsenses wurde soziale Harmonie angestrebt für alle, die an ihr teilhaben wollten und – durften! Dass dieses nationale und soziale Einvernehmen auf Kosten, in letzter Konsequenz tödlicher Ausgrenzung aller Männer und Frauen geschah, die aufgrund rassistischer und anderer Kriterien aus der Volksgemeinschaft ausgeschlossen waren, wurde von den Handelnden hingenommen.

Sehnsucht nach Kontinuität und Veränderung

Der Einsatz für die nationale und soziale Volksgemeinschaft gewährleistete für ihre Anhängerinnen sowohl die ersehnte Kontinuität und als auch den bestehenden Interner Link: Wunsch nach Veränderung. Die traditionelle, altbekannte und für gut befundene Geschlechterordnung blieb bestehen, noch dazu im vertrauten deutschnationalen Rahmen. Zugleich ergab sich für Frauen die Möglichkeit politischer Partizipation. Die Forderungen der Frauenbewegung waren an den Bedürfnissen vieler Frauen, die Ehe und Familie als ihr eigentliches Betätigungsfeld betrachteten, vorbeigegangen. Berufliche Eigenständigkeit war oft gar nicht gewollt, war aber für viele zur Notwendigkeit geworden, um die eigene Familie zu ernähren. Sie bot keine gesellschaftliche Anerkennung, nur geringen Lohn und die Doppelbelastung von Erwerbs- und Hausarbeit. Im nationalsozialistischen Gesellschaftsmodell wurde, so Ute Planert, "Nationalismus zur Emanzipationsstrategie". Frauenarbeit wurde aufgewertet, sogar mit höheren Weihen versehen, z. B. durch das ab 1939 verliehene sogenannte Mutterkreuz, das dem Eisernen Kreuz nachempfunden war: Mütter ab vier Kinder erhielten es in Bronze, ab sechs in Silber, ab acht in Gold. Bis 1945 wurde es fünf Millionen Mal verliehen. Das alltägliche, scheinbar unpolitische Handeln erlangte Bedeutung, ohne dass die Frauen die traditionell weibliche Sphäre verlassen mussten und doch waren sie nicht länger auf den originär häuslichen Bereich festgelegt. 1939 waren 12 Millionen Frauen in den Massenorganisationen der Nationalsozialisten organisiert. Sie hatten Partizipations- und Aufstiegsmöglichkeiten wie kaum je zuvor und lange danach nicht wieder. Die NSDAP mutierte, so formuliert es Katja Kosubek, zur "Frauen-Freiheitsbewegung".

Weitere Inhalte

Studium der Geschichte, Skandinavistik und Anglistik. Dissertation erschien 2002. Langjährige wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Göttingen. Seit 2008 freie Historikerin, Mitarbeit an Ausstellungen, Konzeption, Recherche, Ausstellungs- und Katalogtexte, zuletzt bei der Neugestaltung der Dauerausstellung im Hessischen Landesmuseum Kassel.