Die Reform des Asylgrundrechts und das angepasste Asylverfahrensgesetz treten in Kraft. Der Bundestag hatte die Verfassungsänderung und das neue Asylverfahrensgesetz am 26. 5. 1993 verabschiedet, während das Parlaments- und Regierungsviertel in Bonn durch Demonstrationen und Blockaden in eine Art Belagerungszustand versetzt worden war. Der neu eingefügte Art. 16a GG gewährleistet gemäß Abs. 1 nach wie vor, dass politisch Verfolgte Asyl genießen (= alte Fassung des Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG). Verbürgt bleibt damit das weltweit bislang einzigartige, einklagbare Individualgrundrecht des politisch verfolgten Ausländers auf Asyl in der BRD. Neu ist jedoch, dass sich Personen, die aus sicheren Drittstaaten einreisen, nicht mehr auf das Asylrecht berufen können (Art. 16a Abs. 2 GG). Als verfolgungssichere Drittstaaten gelten alle EU-Mitgliedstaaten, Finnland, Norwegen, Österreich, Polen, Schweden, die Schweiz und Tschechien. Wer folglich auf dem Landwege an den Grenzen zur BRD Asyl beantragt, wird zurückgewiesen. Aufenthaltsbeendende Maßnahmen, z. B. bei illegaler Einreise, können unabhängig von einem eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden, sodass kein vorläufiges Bleiberecht besteht. Wer vom Asylverfahren ausgeschlossen ist, kann vom Ausland aus dagegen klagen. Bei Einreise aus einem sicheren Herkunftsland wird angenommen, dass dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu befürchten sind (Art. 16a Abs. 3 GG). Nach dem Asylverfahrensgesetz gelten als sichere Herkunftsländer (Nichtverfolgerstaaten) Bulgarien, Gambia, Ghana, Polen, Rumänien, Senegal, Slowakei, Tschechien und Ungarn. Wer aus diesen Staaten per Flugzeug oder Schiff einreist, dessen Asylantrag wird generell als »offensichtlich unbegründet« eingestuft, es sei denn, es werden Tatsachen vorgetragen, die die Annahme begründen, dass politische Verfolgung vorliegt. In der Regel ist das Asylverfahren drastisch verkürzt. So entscheidet auf Flughäfen im Transitbereich (»Niemandsland«) eine Außenstelle des Zirndorfer Bundesamtes binnen zwei Tagen über den Asylantrag, im Falle eines Einspruchs gegen den ablehnenden Bescheid das zuständige Verwaltungsgericht binnen zwei Wochen (Flughafenregelung). Die BRD kann sich europäischen Vereinbarungen über die Zuständigkeit für Asylverfahren und die gegenseitige Anerkennung von Asylentscheidungen anschließen (Art. 16a Abs. 5 GG). Sie strebt damit eine europäische Harmonisierung des Asylrechts an und ermöglicht die Ratifikation des Dubliner Asylrechtsübereinkommens vom 15. 6. 1990. Es schafft klare Zuständigkeiten für die Prüfung eines in einem EU-Mitgliedstaat gestellten Asylantrags und tritt in der BRD am 7. 7. 1994 in Kraft. über die Asylanträge entscheiden direkt neu geschaffene Außenstellen des Zirndorfer Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, über die Einsprüche Verwaltungsrichter möglichst vor Ort. Als »offensichtlich unbegründet« gelten auch widersprüchliche, mehrfache oder gefälschte bzw. verfälschte Asylanträge, als »unbeachtlich« Anträge, wenn der Asylbewerber offensichtlich in einem Drittstaat vor Verfolgung sicher war. Abgelehnte Asylbewerber können abgeschoben werden, sofern sie nicht Abschiebeschutz (»kleines Asyl«) erhalten oder aus humanitären Gründen vorübergehend geduldet werden. (Interner Link: 1. 11. 1993, Interner Link: 24. 9. 1992 und Interner Link: 7. 5. 1993) Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlinge, die auf einen Asylantrag verzichten, erhalten einen eigenständigen Status, eine befristete Aufenthaltsbefugnis nach dem Ausländergesetz (Interner Link: 1. 1. 1991) und den vollen Sozialhilfesatz.