Der EG-Sondergipfel in Dublin über die deutsche Einheit und ihre Folgen für Europa billigt die beabsichtigte Vereinigung Deutschlands vorbehaltlos. Er sieht darin einen »positiven Faktor in der Entwicklung Europas im Allgemeinen und der Gemeinschaft im Besonderen«. Seitdem sind deutsche und europäische Einigung miteinander verzahnt und zum Junktim gemeinschaftlicher Politik geworden. »Wir freuen uns, dass die Vereinigung Deutschlands unter einem europäischen Dach stattfindet.« Die DDR soll nach den Plänen der Kommission und des Gipfels, die das Europäische Parlament unterstützt, phasenweise in die EG eingegliedert werden - ohne Änderung der Römischen Verträge. Die BRD sagt zu, Kommission und EG-Mitgliedstaaten über den deutschen Einigungsprozess zu informieren und zu konsultieren. Die Kommission soll Übergangsregelungen vorschlagen. Der Sondergipfel war vom EG-Kommissionspräsidenten Jacques Delors angeregt worden, denn die deutsche Frage hatte eine unerwartete Dynamik entfaltet. Auch galt es , Bedenken zu zerstreuen, die Veränderungen in Deutschland könnten den europäischen Einigungsprozess gefährden oder verzögern - vor allem in Großbritannien (Premierministerin Thatcher), teilweise auch in Frankreich (Präsident Mitterrand). Diese Besorgnisse zerstreute u. a. die deutsch-französische Initiative Kohls und Mitterrands vom 18./ 19. 4. 1990, die politische Union zu beschleunigen.