Der um 2.08 Uhr paraphierte Vertrag über die Herstellung der Einheit Deutschlands (Einigungsvertrag) wird vormittags vom Bundeskabinett in Bonn und vom Ministerrat in Ost-Berlin genehmigt und um 13.15 Uhr im Ost-Berliner Kronprinzenpalais von den Verhandlungsführern Innenminister Wolfgang Schäuble und dem parlamentarischen Staatssekretär beim DDR-Ministerpräsidenten Günther Krause unterzeichnet. Der letzte deutsch-deutsche Vertrag besteht aus einer Präambel, 45 Artikeln, drei Alagen sowie einem Protokoll mit Klarstellungen zu den Artikeln und Anlagen. Nach der Präambel wollen die Menschen in beiden Teilen Deutschlands in Frieden und Freiheit in einem rechtsstaatlichen, demokratischen und sozialen Bundesstaat leben und durch die deutsche Einheit zur Einigung Europas und zum Aufbau einer europäischen Friedensordnung beitragen. Die Unverletzlichkeit der Grenzen und der territorialen Integrität und Souveränität aller Staaten in Europa in ihren Grenzen gilt als Voraussetzung für den Frieden und ein vertrauensvolles Zusammenleben. Mit dem Beitritt der DDR zum Geltungsbereich des Grundgesetzes gemäß Art. 23 GG am 3. 10. 1990 werden die fünf Länder Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen Länder der BRD. Der 3. 10. wird anstelle des 17. 6. gesetzlicher Feiertag als Tag der Deutschen Einheit. Berlin, das durch Vereinigung von West-und Ost-Berlin ein Land bildet, ist Deutschlands Hauptstadt. Nach Herstellung der deutschen Einheit entscheiden die gesetzgebenden Bundesorgane über den Sitz von Parlament und Regierung. (Interner Link: 20. 6. 1991) Das Grundgesetz tritt grundsätzlich, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit dem 3. 10. 1990 in den fünf neuen Bundesländern und in Ost-Berlin in Kraft. Jedoch sind bis zum 31. 12. 1992 bzw. längstens bis zum 31. 12. 1995 Übergangsfristen vorgesehen. Beitrittsbedingte Änderungen des Grundgesetzes: 1. Die Präambel wird angepasst. Danach haben die Deutschen in den alten und neuen Bundesländern die Einheit und Freiheit Deutschlands vollendet; dazu hatte die alte Fassung, die von einer »Übergangszeit« spricht, das gesamte deutsche Volk in freier Selbstbestimmung aufgefordert. 2. Art. 23, der vorsieht, dass andere Teile Deutschlands dem Geltungsbereich des Grundgesetzes beitreten können, ist aufgehoben. 3. Ergänzt ist die Stimmenzahl im Bundesrat nach Art. 51 Abs. 2: Länder mit mehr als sieben Millionen Einwohnern erhalten sechs Stimmen. 4. Die Bestimmungen über alte Verbindlichkeiten nach Art. 135 a gelten auch für die DDR und ihre Rechtsträger. 5. Anpassungsbedingte Abweichungen vom Grundgesetz sind nach dem neuen Art. 143 bis zum 31. 12. 1992 bzw. längstens bis zum 31. 12. 1995 zulässig, doch wird auf nicht mehr rückgängig zu machende Eingriffe in das Eigentum gemäß der Gemeinsamen Erklärung zur Regelung offener Vermögensfragen (Interner Link: 15. 6. 1990) hingewiesen. 6. Art. 146 wird neu gefasst. Das Grundgesetz gilt nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands nicht mehr als Provisorium. Es verliert seine Gültigkeit, wenn eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Selbstbestimmung (z. B. einer Volksabstimmung) beschlossen worden ist. Künftige Verfassungsänderungen werden empfohlen. In dem Beitrittsgebiet gelten ab 3. 10. 1990 auch die EG-Verträge nebst den dazugehörenden Rechtsakten, soweit nicht Ausnahmen zugelassen sind, sowie die völkerrechtlichen Verträge der BRD. Völkerrecht der DDR ist mit deren Vertragspartnern zu erörtern und zu klären, ob es fortgilt, angepasst wird oder erlischt. Weitere Bestimmungen betreffen die Bereiche Finanzverfassung, Rechtsangleichung, öffentliche Verwaltung und Rechtspflege, öffentliches Vermögen und Schulden, Arbeit, Soziales, Familie, Frauen, Gesundheitswesen und Umweltschutz, Kultur, Bildung, Wissenschaft und Sport. Die Volkskammer entsendet 144 voll stimmberechtigte Abgeordnete in den Bundestag. Die neuen Länder sind übergangsweise beratend im Bundesrat vertreten. Anlage I enthält besondere Bestimmungen zur Überleitung von Bundesrecht nach Geschäftsbereichen der einzelnen Bundesministerien in Kapiteln: welches Bundesrecht von der Geltung im Bundesgebiet ausgenommen ist, welches Bundesrecht aufgehoben, geändert oder ergänzt wird und welches Bundesrecht mit welchen Maßgaben in Kraft tritt. Anlage II führt besondere Bestimmungen für fortgeltendes Recht der DDR nach Geschäftsbereichen der Bundesministerien in Kapiteln auf: welches Recht der DDR in Kraft bleibt, welche Rechtsvorschriften aufgehoben, geändert oder ergänzt werden und welches Recht mit welchen Maßgaben weiter gilt. Erst in der Nacht zuvor kommt es zu einer Einigung in zwei Streitpunkten: 1. Der Schwangerschaftsabbruch wird unterschiedlich nach dem Tatortprinzip für eine Übergangszeit geregelt: Die Indikationslösung der §§ 218 ff. StGB gilt in den alten Bundesländern, die Fristenlösung nach DDR-Recht (Interner Link: 9. 3. 1972) in den neuen Bundesländern, wo eine Deutsche binnen zwölf Wochen nach Schwangerschaftsbeginn durch einen ärztlichen Eingriff abtreiben lassen kann. Der gesamtdeutsche Gesetzgeber soll bis spätestens zum 31. 12. 1992 eine verfassungskonforme Regelung verabschieden; solange dies misslingt, bleibt die bisherige Fristenlösung im ehemaligen DDR-Gebiet in Kraft. 2. Die Akten des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit (Stasi-Akten) werden im ehemaligen DDR-Gebiet gelagert und archiviert. Die Behandlung dieser Akten ist ergänzend in einer Zusatzvereinbarung vom 18. 9. 1990 geregelt. Anlage III ist mit der Gemeinsamen Erklärung der beiden deutschen Regierungen zur Regelung offener Vermögensfragen (Interner Link: 15. 6. 1990) identisch. Das DDR-Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen enthält als Bestandteil des Einigungsvertrags Rahmenvorschriften zur Rückübertragung bzw. Entschädigung von Vermögenswerten nach - nicht vor - Gründung der DDR.