Ungarn öffnet um 0 Uhr auf Anweisung des Innenministers István Horváth seine Westgrenze für alle DDR-Bürger. Es suspendiert damit vorübergehend Vorschriften des bilateralen Abkommens mit der DDR über den visafreien grenzüberschreitenden Verkehr vom 20. 6. 1969; dieses verbietet die Ausreise von Angehörigen des jeweils anderen Staates in westliche Länder ohne gültige Dokumente. Die Massenflucht schwillt lawinenartig an: Binnen drei Tagen fliehen ca. 15 000, bis Monatsende ca. 30 000 DDR-Bürger nach Österreich und von dort in die BRD. Proteste der DDR gegen die »Nacht-und Nebelaktion«, gegen den »organisierten Menschenhandel« und gegen »Völkerrechtsverletzungen« werden von Ungarn zurückgewiesen: Einzelne Punkte des bilateralen Reiseabkommens hätten zeitweilig aufgehoben werden müssen, da sich die Umstände der zu erfüllenden Verpflichtungen grundlegend geändert hätten (Clausula rebus sic stantibus).