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9. November 1989 | Deutschland-Chronik bis 2000 | bpb.de

Deutschland-Chronik bis 2000 I: Alliierte Besatzungspolitik 1. Vorentscheidungen der Siegermächte 2. Die Teilung Deutschlands 3. Wirtschafts- und Sozialreformen 4. Interzonale Verflechtungen und Sonderfall Saargebiet 5. Berlin und Berlin-Blockade II: Gründerjahre der beiden deutschen Staaten 6. Konstituierung der beiden deutschen Staaten 7. Bipolare Außenpolitik und Wiederaufrüstung im Kalten Krieg 8. Deutschlandpolitik und Berlin-Status im Kalten Krieg 9. Wirtschaft, Sozialpolitik und Gesellschaft 10. BRD und DDR: Bildungs-, Kultur-, Familien- und Jugendpolitik 1949 - 1955 III: BRD und DDR als Vorposten ihrer Schutzmächte 11. Regierung und Innenpolitik 12. Außen- und Sicherheitspolitik der beiden deutschen Staaten 13. Deutschlandpolitik und deutsch-deutscher Konflikt 1955 - 1961 14. Wirtschaft, Arbeit und Sozialpolitik 15. BRD und DDR: Bildungs- und Familienpolitik 1955 - 1961 IV: Deutschland in der Ära der Koexistenz 16. Regierungen, Parteien und Verfassung im politischen Wandel 17. Außen- und Sicherheitspolitik zwischen Konfrontation und Normalisierung 18. Deutsch-deutscher und Berlin-Konflikt im Übergang 1961 - 1969 19. Wirtschafts- und Sozialpolitik 20. Entwicklungspolitik und Weltwirtschaft 1961 - 1969/71 21. BRD und DDR: Bildung und Familie 1961 - 1969/71 V: Die deutschen Staaten im Wandel vom Ost-West-Konflikt zur Entspannung 22. Innenpolitik in der Ära Brandt/Schmidt und Honecker 23. Außen- und Sicherheitspolitik in der Ära Brandt/Schmidt und Honecker 24. Zwei Staaten, eine Nation in Deutschland 1969 - 1982 25. Berlin-Regelung und Berlin-Politik 1971 - 1982 26. Ökonomie, Umwelt und soziale Sicherung 27. Entwicklungspolitik und Weltwirtschaft 1969 - 1982 28. Familie und Jugend, Bildung und Kultur VI: Von der Ost-West-Entspannung bis zum Vorabend der 'Wende' 29. Innenpolitik in der ersten Ära Kohl und am Ende der Ära Honecker 30. Außen- und Sicherheitspolitik 31. Deutsch-deutsche Sonderbeziehungen und Berlin 1982 - 1989 32. Wirtschaft und soziale Sicherung, Umwelt und Entwicklung 33. BRD und DDR: Familie und Bildung 1982 - 1989 VII: Von der friedlichen Revolution zur staatlichen Einheit 34. »Wir sind das Volk«: Die friedliche Revolution vor und nach dem 40. Jahrestag der DDR-Gründung 35. DDR und BRD: Von der Vertragsgemeinschaft zur Einheit 36. Internationale und sicherheitspolitische Rahmenbedingungen der deutschen Einheit 37. Die Wiederherstellung der Einheit Berlins als »kleine Wiedervereinigung« 1989 - 1990 VIII: Deutschland auf dem Weg zur inneren Einheit 38. Regierungssystem und Innenpolitik in der zweiten Ära Kohl 39. Deutsche Außen- und Sicherheitspolitik nach der Einheit 40. Wirtschaft, Steuern und Sozialpolitik in Deutschland 41. Weltwirtschaft, Dritte Welt und Umwelt 1990 - 1998 42. Familien-, Jugend- und Bildungspolitik in Deutschland 1990 - 1998 IX: Kontinuität und Wandel 43. Regierungswechsel und Innenpolitik 44. Deutschland in der internationalen Politik 45. Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik 46. Weltwirtschaft, Dritte Welt und Umwelt 1998 - 2000 47. Familie und Bildung 1998 - 2000 Über die Chronik Redaktion

9. November 1989

Öffnung der Mauer: Auf einer vom Fernsehen direkt übertragenen, zunächst langweiligen Pressekonferenz verliest SED-Politbüromitglied Schabowski um 18.57 Uhr auf eine Frage zur neuen Ausreiseregelung beiläufig den Entwurf für eine Presseerklärung über einen Beschluss, den ihm ein Bote des SED-Chefs Krenz kurz vorher zugesteckt hatte: »Privatreisen nach dem Ausland können ohne Vorliegen von Voraussetzungen (Reiseanlässe und Verwandtschaftsverhältnisse) beantragt werden. Die Genehmigungen werden kurzfristig erteilt.« Visa für ständige Ausreisen, die über alle Grenzübergangsstellen der DDR zur BRD bzw. zu West-Berlin erfolgen könnten, seien unverzüglich zu erteilen. - Auf eine Nachfrage erklärt Schabowski in Unkenntnis über die Tragweite seiner Antwort, das trete nach seiner Kenntnis »sofort, unverzüglich« in Kraft. - Geplant gewesen ist dies tatsächlich erst später und nur auf Antrag. Die sensationelle Meldung löst eine Kettenreaktion aus: In Windeseile verbreiten sich Gerüchte, die Grenzübergänge seien geöffnet, obwohl davon keine Rede gewesen ist. An den abends üblicherweise menschenleeren Kontrollstellen entlang der Mauer wimmelt es binnen kurzer Zeit von Ost-Berlinern. Sie wollen eine Probe aufs Exempel machen. Der Bundestag in Bonn unterbricht seine laufende Beratung über das Vereinsförderungsgesetz und stimmt die Nationalhymne an. Die Grenzwachen sind überrascht, ratlos und überfordert. Weisungsgemäß lassen sie zunächst nur DDR-Bürger mit Ausweisen passieren, die sie abstempeln und entwerten, damit sie nicht wieder zurückkehren können. Doch wird der Ansturm so massiv, dass sie auf Formalitäten und zuletzt auf jede Kontrolle verzichten. Um 23.14 Uhr öffnen sich die Schlagbäume, zunächst am Übergang Bornholmer Straße. Nach 28 Jahren ist damit die Mauer faktisch gefallen. Der symbolträchtige 9. November, an dem 1918 in Berlin der Sozialdemokrat Philipp Scheidemann die Republik ausgerufen hatte (er wurde der erste Ministerpräsident der Weimarer Republik), ist historisch in zweifacher Hinsicht belastet: durch Hitlers Putschversuch in München 1923 (»Marsch zur Feldherrnhalle«) und das Reichsjudenpogrom 1938 (»Reichskristallnacht«). Es ist daher problematisch, den 9. 11. zum »Tag der Deutschen« zu erklären und ihn zu feiern.