Römische Verträge: Die sechs Montanunionstaaten gründen aufgrund der Beschlüsse von Messina (1. - 3. 6. 1955) die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und die Europäische Atomgemeinschaft (EURATOM bzw. EAG). Das eingeladene Großbritannien hatte den Beitritt abgelehnt. Nach dem Scheitern der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft (Interner Link: 30./31. 8. 1954) setzen damit die sechs EGKS-Staaten die Integration auf dem Gebiet der Wirtschaft fort; denn sie war weniger als Armee und Militär vom nationalstaatlichen Souveränitätsdenken beeinflusst. Die Grundlage für die Vertragsverhandlungen hatte eine Expertenkommission unter der Leitung des belgischen Außenministers Paul-Henri Spaak erarbeitet (Spaak-Bericht). Der EWG-Vertrag, die »Magna Charta des europäischen Einigungswerks«, strebt auf unbegrenzte Dauer eine Zollunion und darüber hinaus eine vollständige Wirtschaftsintegration an. Die Mitgliedstaaten verpflichten sich, Binnenzölle und Handelsschranken abzubauen, einen gemeinsamen Außenhandelszoll einzuführen und ihre Wirtschafts-, Landwirtschafts-, Handels-, Verkehrs- und Sozialpolitik miteinander abzustimmen. Der gemeinsame Markt soll in der Endstufe die »vier Freiheiten« des Warenaustausches bzw. der Dienstleistungen, der Freizügigkeit, der Niederlassung und des Zahlungs- bzw. Kapitalverkehrs verbürgen und so die Voraussetzungen dafür schaffen, dass sich die europäischen Völker immer enger zusammenschließen. Der EAG-Vertrag will die friedliche Atomforschung und -nutzung fördern, vor allem durch Kernkraftanlagen, ihren Bau und Unterhalt. Im Falle einer Wiedervereinigung sind die Verträge, die den deutsch-deutschen Interzonenhandel nicht berühren, zu überprüfen. West-Berlin wird in die EWG mit einbezogen. Organe: 1. Der Rat aus Regierungsvertretern übt supranationale Entscheidungsbefugnisse aus; wichtige Beschlüsse erfordern Einstimmigkeit oder qualifizierte Mehrheiten. 2. Die Kommission hat das Funktionieren und die Fortentwicklung der EWG zu gewährleisten, vor allem durch Initiativen, Empfehlungen, Stellungnahmen und Durchführung der Beschlüsse. Die Regierungen ernennen im gegenseitigen Einvernehmen auf vier Jahre die Mitglieder, die von ihnen unabhängig sind. 3. Die Versammlung (Europäisches Parlament) nimmt Beratungs- und Kontrollfunktionen (Budgetund Fragerechte) wahr, vor allem gegenüber der Kommission, der es mit Zweidrittelmehrheit das Misstrauen aussprechen kann. Die Abgeordneten werden zahlenmäßig gestaffelt je nach Mitgliedstaat von den Parlamenten aus ihrer Mitte delegiert (BRD, Frankreich und Italien je 36). 4. Der Gerichtshof, dessen Richter die Regierungen im gegenseitigen Einvernehmen auf sechs Jahre ernennen, übt rechtsprechende, zum Teil rechtsetzende Funktionen bei der Auslegung und Anwendung des EWG-Vertrags aus. Er ist auch zuständig für Streitigkeiten zwischen Gemeinschaftsorganen und Mitgliedstaaten, wenn sie der Auffassung sind, dass gegen Vertragsverpflichtungen verstoßen wird. - Parlament und Gerichtshof sind gemeinsame Organe von EWG, EAG und EGKS. (Interner Link: 18. 4. 1951) Nach Art. 189 EWG-Vertrag gilt eine Verordnung allgemein und unmittelbar in jedem Mitgliedstaat. Eine Richtlinie ist für jeden Mitgliedstaat, an den sie sich richtet, verbindlich, jedoch bleibt es innerstaatlichen Stellen überlassen, Form und Mittel des zu erreichenden Ziels zu wählen. Eine Entscheidung ist für diejenigen verpflichtend, für die sie bestimmt ist. Empfehlungen und Stellungnahmen sind nicht verbindlich.