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7. Oktober 1949 | Deutschland-Chronik bis 2000 | bpb.de

Deutschland-Chronik bis 2000 I: Alliierte Besatzungspolitik 1. Vorentscheidungen der Siegermächte 2. Die Teilung Deutschlands 3. Wirtschafts- und Sozialreformen 4. Interzonale Verflechtungen und Sonderfall Saargebiet 5. Berlin und Berlin-Blockade II: Gründerjahre der beiden deutschen Staaten 6. Konstituierung der beiden deutschen Staaten 7. Bipolare Außenpolitik und Wiederaufrüstung im Kalten Krieg 8. Deutschlandpolitik und Berlin-Status im Kalten Krieg 9. Wirtschaft, Sozialpolitik und Gesellschaft 10. BRD und DDR: Bildungs-, Kultur-, Familien- und Jugendpolitik 1949 - 1955 III: BRD und DDR als Vorposten ihrer Schutzmächte 11. Regierung und Innenpolitik 12. Außen- und Sicherheitspolitik der beiden deutschen Staaten 13. Deutschlandpolitik und deutsch-deutscher Konflikt 1955 - 1961 14. Wirtschaft, Arbeit und Sozialpolitik 15. BRD und DDR: Bildungs- und Familienpolitik 1955 - 1961 IV: Deutschland in der Ära der Koexistenz 16. Regierungen, Parteien und Verfassung im politischen Wandel 17. Außen- und Sicherheitspolitik zwischen Konfrontation und Normalisierung 18. Deutsch-deutscher und Berlin-Konflikt im Übergang 1961 - 1969 19. Wirtschafts- und Sozialpolitik 20. Entwicklungspolitik und Weltwirtschaft 1961 - 1969/71 21. BRD und DDR: Bildung und Familie 1961 - 1969/71 V: Die deutschen Staaten im Wandel vom Ost-West-Konflikt zur Entspannung 22. Innenpolitik in der Ära Brandt/Schmidt und Honecker 23. Außen- und Sicherheitspolitik in der Ära Brandt/Schmidt und Honecker 24. Zwei Staaten, eine Nation in Deutschland 1969 - 1982 25. Berlin-Regelung und Berlin-Politik 1971 - 1982 26. Ökonomie, Umwelt und soziale Sicherung 27. Entwicklungspolitik und Weltwirtschaft 1969 - 1982 28. Familie und Jugend, Bildung und Kultur VI: Von der Ost-West-Entspannung bis zum Vorabend der 'Wende' 29. Innenpolitik in der ersten Ära Kohl und am Ende der Ära Honecker 30. Außen- und Sicherheitspolitik 31. Deutsch-deutsche Sonderbeziehungen und Berlin 1982 - 1989 32. Wirtschaft und soziale Sicherung, Umwelt und Entwicklung 33. BRD und DDR: Familie und Bildung 1982 - 1989 VII: Von der friedlichen Revolution zur staatlichen Einheit 34. »Wir sind das Volk«: Die friedliche Revolution vor und nach dem 40. Jahrestag der DDR-Gründung 35. DDR und BRD: Von der Vertragsgemeinschaft zur Einheit 36. Internationale und sicherheitspolitische Rahmenbedingungen der deutschen Einheit 37. Die Wiederherstellung der Einheit Berlins als »kleine Wiedervereinigung« 1989 - 1990 VIII: Deutschland auf dem Weg zur inneren Einheit 38. Regierungssystem und Innenpolitik in der zweiten Ära Kohl 39. Deutsche Außen- und Sicherheitspolitik nach der Einheit 40. Wirtschaft, Steuern und Sozialpolitik in Deutschland 41. Weltwirtschaft, Dritte Welt und Umwelt 1990 - 1998 42. Familien-, Jugend- und Bildungspolitik in Deutschland 1990 - 1998 IX: Kontinuität und Wandel 43. Regierungswechsel und Innenpolitik 44. Deutschland in der internationalen Politik 45. Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik 46. Weltwirtschaft, Dritte Welt und Umwelt 1998 - 2000 47. Familie und Bildung 1998 - 2000 Über die Chronik Redaktion

7. Oktober 1949

Gründung der DDR: Die Provisorische Volkskammer (bisher 2. Deutscher Volksrat) setzt die Verfassung in Kraft. Die erste Verfassung der DDR als »antifaschistisch-radikaldemokratische Republik« ist eine gesamtdeutsche Kompromissverfassung. Sie orientiert sich nach dem Modell des SED-Entwurfs vom 14. 11. 1946 am Vorbild der Weimarer Reichsverfassung (1919) und der sowjetischen Verfassung (1936). Nach den »Grundlagen der Staatsgewalt« (Art. 1 - 5) ist Deutschland eine »unteilbare demokratische Republik«; es gibt nur »eine deutsche Staatsangehörigkeit«. Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus; jeder Bürger hat das Recht und die Pflicht zur Mitgestaltung (Gestaltungsrechte mit Pflichtenbindung). Berlin erhält den Status der Hauptstadt der DDR, obwohl die Verfassung im Ostsektor nicht gilt. »Inhalt und Grenzen der Staatsgewalt« (Art. 6 - 49) bestimmen die Bürgerrechte im Rahmen allgemeiner Gesetzesvorbehalte. Neben persönliche Freiheits- und Schutzrechte (Art. 6 - 14) treten kollektive soziale Rechte (Art. 15: Schutz der Arbeitskraft und Recht auf Arbeit; Art. 16: Recht auf Erholung, Urlaub, Kranken- und Altersversorgung; Art. 17: Mitbestimmung in den Betrieben; Art. 18: leistungsgerechtes Arbeitsentgelt, gleicher Lohn bei gleicher Arbeit). Einrichtungsgarantien gelten für die Wirtschaftsordnung, das Eigentum und seine Vergesellschaftung (Art. 19 - 29), für Familie und Mutterschaft (Art. 30 - 33), Erziehung und Bildung (Art. 34 40), Religion und Religionsgemeinschaften (Art. 41 - 48). - Die Wirtschaftsordnung, ein Mischsystem aus Privat- und Staatswirtschaft, ermächtigt zur »sozialistischen« Umgestaltung, z. B. durch Wirtschaftsplanung (Art. 21), Enteignung und Vergesellschaftung (Art. 23 - 25, 27). Der »Aufbau der Staatsgewalt« geht vom Prinzip der Volksdemokratie und Gewalteinheit aus. Über die Rechtswirklichkeit und die Rolle der SED sagt die Verfassung nichts. Die Volkskammer (Art. 50 - 70) ist als Volksvertretung das höchste Organ der Republik. Sie bestimmt die Grundsätze der Regierungspolitik und der Verwaltung und ist für ihre Überwachung zuständig; sie bestätigt und beruft die Regierung ab; sie verabschiedet u. a. Gesetze, Staatshaushalt, Wirtschaftsplan und stimmt Staatsverträgen zu; sie erlässt Amnestien, wählt den Präsidenten der Republik (zusammen mit der Länderkammer), die Mitglieder des Obersten Gerichtshofs sowie den Obersten Staatsanwalt; sie entscheidet über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen, Regierungs- und Verwaltungsmaßnahmen. - Die Abgeordneten werden in allgemeiner, gleicher, direkter und geheimer Wahl nach den Grundsätzen des Verhältniswahlrechts für vier Jahre gewählt; die praktizierte, verfassungsrechtlich nicht verankerte Einheitsliste sichert das von der SED geführte Blocksystem. Die Länderkammer (Art. 71 - 80) vertritt die Länder; die Abgeordneten werden von den Landtagen nach dem Blocksystem in der Regel aus ihrer Mitte gewählt. Die Länderkammer kann Gesetzentwürfe bei der Volkskammer einbringen und gegen Gesetzbeschlüsse aufschiebend Einspruch einlegen. Die Gesetzgebung (Art. 81 - 90) obliegt der Volkskammer (repräsentativ) oder dem Volk durch Volksentscheid (plebiszitär). Der Einspruch der Länderkammer gegen Gesetzbeschlüsse wird hinfällig, wenn die Volkskammer ihre Entscheidung aufrechterhält, ggf. mit Zweidrittelmehrheit (z. B. bei Verfassungsänderungen). Gesetze dürfen nicht richterlich auf ihre Verfassungsmäßigkeit überprüft werden. Die Regierung der Republik (Art. 91 - 100) fungiert als Ausschuss der Volkskammer (Versammlungsregierung): Sie bestätigt den von der stärksten Fraktion benannten Ministerpräsidenten und die nach dem Blocksystem von den Fraktionen gestellten Minister. Die Regierung und jeder Minister bedürfen des Vertrauens der Volkskammer; sie kann es ihr insgesamt oder jedem einzelnen Regierungsmitglied entziehen. Der Präsident der Republik (Art. 101 - 108) wird in gemeinsamer Sitzung von Volks- und Länderkammer gewählt; er kann von ihnen mit Zweidrittelmehrheit der gesetzlichen Zahl der Abgeordneten abberufen werden. Er verkündet die Gesetze, verpflichtet die Regierungsmitglieder beim Amtsantritt, vertritt die DDR völkerrechtlich, schließt Staatsverträge ab, beglaubigt und empfängt die Botschafter und übt das Begnadigungsrecht aus. Im Verhältnis zwischen »Republik und Ländern« (Art. 109 - 116) gilt das Prinzip des dezentralisierten Einheitsstaats. Die wesentlichen Gesetzgebungskompetenzen sind der Republik vorbehalten; ihre Gesetze führen in der Regel die Organe der Länder aus. Die Verwaltung der Republik (Art. 117 - 125) obliegt in der Regel der Republik. Sie verwaltet das Post-, Fernmelde-, Rundfunk- und Eisenbahnwesen, die Wasser- und Fernverkehrsstraßen; ihr steht die Abgabenhoheit und eine eigene Abgabenverwaltung zu. Die Rechtspflege (Art. 126 - 138) ist der gewaltenvereinenden Volkskammer untergeordnet. Die von ihr gewählten Richter des Obersten Gerichtshofes und der Oberste Staatsanwalt können von ihr abberufen werden, wenn sie gegen die Verfassung und die Gesetze verstoßen oder ihre Pflichten gröblich verletzen. Die Kontrollen durch die Volksvertretungen und Verwaltungsgerichte sollen vor rechtswidrigen Verwaltungsmaßnahmen schützen. Die Selbstverwaltung (Art. 139 - 143) steht den Gemeinden und Gemeindeverbänden unter Gesetzesvorbehalt zu. Nach den Übergangs- und Schlussbestimmungen (Art. 144) sind alle Verfassungsbestimmungen unmittelbar geltendes Recht. - Dem widerspricht die Verfassungswirklichkeit; über sie gebietet die SED.