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17. Juni 1953 | Deutschland-Chronik bis 2000 | bpb.de

Deutschland-Chronik bis 2000 I: Alliierte Besatzungspolitik 1. Vorentscheidungen der Siegermächte 2. Die Teilung Deutschlands 3. Wirtschafts- und Sozialreformen 4. Interzonale Verflechtungen und Sonderfall Saargebiet 5. Berlin und Berlin-Blockade II: Gründerjahre der beiden deutschen Staaten 6. Konstituierung der beiden deutschen Staaten 7. Bipolare Außenpolitik und Wiederaufrüstung im Kalten Krieg 8. Deutschlandpolitik und Berlin-Status im Kalten Krieg 9. Wirtschaft, Sozialpolitik und Gesellschaft 10. BRD und DDR: Bildungs-, Kultur-, Familien- und Jugendpolitik 1949 - 1955 III: BRD und DDR als Vorposten ihrer Schutzmächte 11. Regierung und Innenpolitik 12. Außen- und Sicherheitspolitik der beiden deutschen Staaten 13. Deutschlandpolitik und deutsch-deutscher Konflikt 1955 - 1961 14. Wirtschaft, Arbeit und Sozialpolitik 15. BRD und DDR: Bildungs- und Familienpolitik 1955 - 1961 IV: Deutschland in der Ära der Koexistenz 16. Regierungen, Parteien und Verfassung im politischen Wandel 17. Außen- und Sicherheitspolitik zwischen Konfrontation und Normalisierung 18. Deutsch-deutscher und Berlin-Konflikt im Übergang 1961 - 1969 19. Wirtschafts- und Sozialpolitik 20. Entwicklungspolitik und Weltwirtschaft 1961 - 1969/71 21. BRD und DDR: Bildung und Familie 1961 - 1969/71 V: Die deutschen Staaten im Wandel vom Ost-West-Konflikt zur Entspannung 22. Innenpolitik in der Ära Brandt/Schmidt und Honecker 23. Außen- und Sicherheitspolitik in der Ära Brandt/Schmidt und Honecker 24. Zwei Staaten, eine Nation in Deutschland 1969 - 1982 25. Berlin-Regelung und Berlin-Politik 1971 - 1982 26. Ökonomie, Umwelt und soziale Sicherung 27. Entwicklungspolitik und Weltwirtschaft 1969 - 1982 28. Familie und Jugend, Bildung und Kultur VI: Von der Ost-West-Entspannung bis zum Vorabend der 'Wende' 29. Innenpolitik in der ersten Ära Kohl und am Ende der Ära Honecker 30. Außen- und Sicherheitspolitik 31. Deutsch-deutsche Sonderbeziehungen und Berlin 1982 - 1989 32. Wirtschaft und soziale Sicherung, Umwelt und Entwicklung 33. BRD und DDR: Familie und Bildung 1982 - 1989 VII: Von der friedlichen Revolution zur staatlichen Einheit 34. »Wir sind das Volk«: Die friedliche Revolution vor und nach dem 40. Jahrestag der DDR-Gründung 35. DDR und BRD: Von der Vertragsgemeinschaft zur Einheit 36. Internationale und sicherheitspolitische Rahmenbedingungen der deutschen Einheit 37. Die Wiederherstellung der Einheit Berlins als »kleine Wiedervereinigung« 1989 - 1990 VIII: Deutschland auf dem Weg zur inneren Einheit 38. Regierungssystem und Innenpolitik in der zweiten Ära Kohl 39. Deutsche Außen- und Sicherheitspolitik nach der Einheit 40. Wirtschaft, Steuern und Sozialpolitik in Deutschland 41. Weltwirtschaft, Dritte Welt und Umwelt 1990 - 1998 42. Familien-, Jugend- und Bildungspolitik in Deutschland 1990 - 1998 IX: Kontinuität und Wandel 43. Regierungswechsel und Innenpolitik 44. Deutschland in der internationalen Politik 45. Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik 46. Weltwirtschaft, Dritte Welt und Umwelt 1998 - 2000 47. Familie und Bildung 1998 - 2000 Über die Chronik Redaktion

17. Juni 1953

Generalstreik und danach Volksaufstand in der DDR: Bauarbeiter in der Ost-Berliner Stalinallee beginnen am 16. 6. mit einem Streik, da der Ministerrat trotz des »Neuen Kurses« die am 28. 5. 1953 beschlossene Erhöhung der Technischen Arbeitsnormen (TAN) um mindestens zehn Prozent nicht zurücknimmt. Die Gewerkschaftszeitung »Tribüne« nennt sie am 16. 6. »in vollem Umfang richtig«. Streiks, Demonstrationen und Unruhen greifen auf 373 Städte und Ortschaften über. Sie weiten sich zum Generalstreik und schließlich zum Volksaufstand aus, obwohl die SED die Normenerhöhung noch am 16. 6. korrigiert hat. Zentren des Volksaufstandes sind Industriestädte wie u. a. Ost-Berlin, Jena, Halle, Merseburg, Erfurt, Gera, Leipzig, Dresden, Magdeburg, Rostock und ferner Großbetriebe wie Bitterfeld, Leuna, Buna und Hennigsdorf. Es sind ehemalige Hochburgen der politischen Arbeiterbewegung in der Weimarer Republik. Zunächst werden ökonomische Zugeständnisse erstrebt (»Nieder mit den Normen!«), später überwiegen politische Forderungen: »Freie Wahlen!«, »Nieder mit Ulbricht und Grotewohl«, »Rücktritt der Regierung«, »Freiheit den politischen Gefangenen«, »Nationale Einheit«. In manchen Städten übernehmen Arbeiterkomitees spontan zeitweilig die Macht. Sowjetische Stadtkommandanten verhängen ab 13 Uhr in Ost-Berlin und danach über 13 Bezirks- und 15 Kreisstädte den Ausnahmezustand und das Kriegsrecht. Demonstrationen und Versammlungen jeder Art sind verboten. Sowjetische Truppen schlagen schließlich die Zentren des Aufstands mit Panzern, Schützenwagen und Mannschaftsfahrzeugen nieder. Das ZK der SED prangert den Aufstand am 21. 6. als »faschistische Provokation« (Tag X) von »Adenauer, Ollenhauer, Kaiser und Reuter« an, danach als »faschistischen Putschversuch«. Justizminister Max Fechner (SED), der die Verhaftung Oppositioneller und Wortführer des 17. Juni kritisiert und das Streikrecht befürwortet hatte, wird am 15. 7. 1953 abgesetzt und verhaftet. Seine Nachfolgerin ist Hilde Benjamin, die »Rote Hilde«. Sie lenkt die politischen Strafverfahren »operativ« nach Anweisungen der Besatzungsmacht und der SED. Ohne die sowjetische militärische Intervention wäre die SED-Diktatur innerhalb weniger Tage in sich zusammengebrochen. Der erste Volksaufstand im Stalinismus, von den maßgeblichen Historikern in der DDR bis zuletzt als »konterrevolutionärer Putschversuch« dargestellt, bleibt daher für die SED-Führung stets ein Trauma. Noch am 31. 8. 1989 fragt Stasi-Chef Mielke in einer Dienstbesprechung auf höchster Ebene in Ost-Berlin: »Ist es so, dass morgen der 17. Juni ausbricht?«