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Die Bundestagsabgeordnete Krista Sager (Bündnis90/Die Grünen) und der CDU-Politiker Wulf Schönbohm zum Thema: Wie sehen damalige Gegner die "68er-Bewegung" heute?
Moderator: Herzlich willkommen zum bpb-Live-Chat zum Thema "Die 68er-Bewegung". Zu Gast sind heute die Bundestagsabgeordnete Krista Sager (Bündnis90/ Die GRÜNEN) und der CDU-Politiker Wulf Schönbohm. Beide sind Zeitzeugen und werden heute von 13 bis 14 Uhr an dieser Stelle live miteinander diskutieren und Fragen unserer Chatter beantworten.
Gleich zu Beginn die Frage an Frau Sager und Herrn Schönbohm: Können wir beginnen?
Wulf Schönbohm: Ja.
Krista Sager: Ja, gerne.
Max: Was denken Sie, wie würde die Bundesrepublik heute aussehen, hätte es die 68er-Bewegung nicht gegeben?
Krista Sager: Da die 68er Bewegung eine internationale Bewegung war, müssen wir uns fragen, wie die Welt aussehen würde? Unser freiheitlicher Lebensstil und die Vielfalt unserer Kultur wäre dann nicht Mainstream, es gäbe viel weniger Bürgerinitiativen und eine weniger lebendige Zivilgesellschaft und wohl auch nicht die Grünen.
Wulf Schönbohm: Erstaunlicherweise kann ich Frau Sager in dieser Beurteilung zustimmen. Allerdings möchte ich doch einige Dinge ergänzen: Ohne die 68er hätten wir nicht die Phase der Linksradikalen gehabt, die ja dann sogar im Terrorismus der RAF mündete. Wir hätten auch nicht die für mich sehr problematische Infragestellung des Leistungsprinzips in vielen Fachbereichen der Universitäten in Deutschland gehabt.
Erlend: Wie hart war die Gegnerschaft zwischen APO und konservativeren Studenten damals, heute ist der Umgang doch deutlich entspannter und weniger radikal ablehnend?
Wulf Schönbohm: Also man muss zwischen APO und linksextremen Gruppen, zum Beispiel SDS in Berlin, unterscheiden. Ich habe in Berlin studiert, damals als Politologiestudent, und habe den SDS und seine führenden Leute erlebt. Das war in der Tat eine ganz harte Auseinandersetzung, weil der SDS eine radikale Veränderung von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft anstrebte, was wir abgelehnt haben. Wir waren für Reformen und der SDS war für Revolution. Der zweite Grund war, dass wir von der Linken dargestellt wurden - und auch beschimpft wurden - als Faschisten, reaktionäre Dummköpfe und ähnliches. Das hat natürlich die Eskalation erhöht.
Moderator: Wie haben Sie diese "Gegnerschaft" oder "Eskalation" erlebt, Frau Sager?
Krista Sager: Ich habe 68 in Bremen als Schülerin erlebt und da an zwei Demonstrationen teilgenommen. Die eine gegen die Fahrpreiserhöhung und die andere gegen den Einmarsch des Warschauer Paktes in die Tschechoslowakei. Das zeigt, dass die Politische Bewegung nicht so verengt war, wie viele heute denken. Die deutsche 68er Bewegung war sehr stark geprägt durch die Empörung, durch die nicht aufgearbeitete NS- Zeit, und auch geprägt durch die Anti-Vietnam-Bewegung. Wir haben sicher kein Verständnis für diejenigen gehabt, die nicht so empfunden haben wie wir. Wir haben uns an unseren Schulen und in unseren Gruppen als Avantgarde gesehen. Und haben Menschen, die wenig aufmüpfig waren wie wir, verachtet. Diese Portion an Überheblichkeit würde ich heute durchaus kritisch sehen. Aber zu den Motiven von damals stehe ich heute noch.
Wulf Schönbohm: Noch eine Ergänzung: Die Empörung über den Vietnam-Krieg war verständlich, aber daraus den Schluss zu ziehen, dass die BRD aus der NATO austreten solle und den Bruch mit den USA herbeiführen solle, war falsch. Genauso falsch war es, Mao Tse-Tung, Che Guevara und Fidel Castro als die großen politischen Vorbilder darzustellen.
Krista Sager: Da wollte ich auch noch was sagen.Man sollte nicht übersehen, dass von den vielen 100.000 Menschen, die aus politischen, kulturellen und sozialen Gründen von der Jugendrevolte erfasst waren, nur ein sehr kleiner Teil sich Anfang der 70er Jahre in kommunistischen Gruppen und Sekten organisierten.Ganz zu schweigen von der RAF, die für ihre Taten schon selbst verantwortlich ist und das nicht auf die 68er abschieben kann. Wir sahen uns allerdings als eine Generation, deren Großeltern den ersten Weltkrieg erlebt hatten, deren Eltern den zweiten Weltkrieg erlebt hatten, und wir hielten es für den wahrscheinlichen Gang der Geschichte, dass wir den dritten, diesmal atomaren Weltkrieg erleben würden, aus dem es keine Wiederauferstehung geben würde. Deshalb haben wir verzweifelt nach Wegen gesucht aus der Blockkonfrontation des Kalten Krieges auszuscheren.
Moderator: Ich würde gerne wissen, wie sich die "Gegnerschaft" im Alltag zeigte? Durfte man nicht miteinander sprechen? Gab es Tabus?
Wulf Schönbohm: Wenn ich das Otto-Suhr-Institut betreten habe, an dem ich studierte, dann haben die linken Genossen mich begrüßt: "Guten Morgen Faschist Schönbohm." Andererseits gab es durchaus normale Diskussionen im kleinen Kreis. Aber - sowie die Öffentlichkeit vorhanden war, war es eine Konfrontation. Im Übrigen war mir Rudi Dutschke als einziger Linker wirklich sympathisch, wenngleich ich mit ihm in keiner politischen Frage übereinstimmte.
Krista Sager: Ich habe die Konfrontation hauptsächlich als Reaktion der "Normal- Bürger" auf uns rebellische Schülerinnen und Schüler erlebt: Da kamen so schöne Vorschläge wie "Euch muss man alle vergasen.", "Bei Hitler hätte das nicht gegeben." Freundliche Vorschläge waren dann, "Euch sollte man ins Arbeitslager stecken" oder "Geht doch nach drüben". Gemeint war damit die DDR, die man aber nicht so nennen durfte. Rudi Dutschke war damals jemand, der damals ein unverständliches Politik- Kauderwelsch sprach, aber er war schon deswegen unser Held, weil er es schaffte, die verschlafenen und betonierten Verhältnisse zum Tanzen zu bringen.
Moderator: Ich denke, diese Frage geht an beide Gäste. Vielleicht zuerst Frau Sager?
hamburg1: Frau Sager: Ist die junge Generation heute zu unpolitisch? Grund zum Protest gebe es doch genug: Große Koalition, Sicherheitsgesetze, Umweltprobleme,....
Krista Sager: Die junge Generation ist sehr verschieden, es gibt viel weniger, was sie alle verbindet, das fängt schon damit an, dass es keine gemeinsame Musik gibt, sondern alle ihre eigene Richtung hören. Die Verhältnisse sind sicherlich auch heute subtiler und komplexer, man darf aber auch nicht übersehen, dass sich viele junge Menschen ehrenamtlich in der Gesellschaft tätig sind oder in Bürgerinitiativen. Elemente der Rebellion sehe ich derzeit durchaus,in der Kultur und Musik der eingewanderten jungen Leute. Ich bin schon sehr gespannt, ob daraus eine stärkere politische Bewegung entsteht.
Wulf Schönbohm: In der Tat hätte die heutige Studentenschaft mehr Anlass zum Protest über die Situation an den Hochschulen als wir damals, weil der Leistungsdruck ungleich größer ist, weil es Numerus Clausus gibt und weil sie sehr unsichere Berufsaussichten haben. Ich führe das darauf zurück, dass wir heute eine völlig andere Gesellschaft haben mit ungleich mehr Freiheit und Liberalität, eine Gesellschaft, die weniger autoritär ist. Nach meiner Einschätzung waren für viele Mitläufer der Protestbewegung die Gründe, dass sie viel zu sehr kontrolliert und eingeschränkt waren. Beispiele: Es gab den Kuppelei-Paragraphen, wonach man nach 22 Uhr das Zimmer seiner Freundin verlassen musste. Nacktheit in der Öffentlichkeit war verpönt. Nach dem Gesetzbuch musste man als Mann noch Kranzgeld zahlen, wenn man eine Verlobung auflöste usw. Hinzu kommt die autoritäre Art der Erwachsenen im Umgang mit Jugendlichen - ich sage, das war ein wesentlicher Grund für die große Resonanz auf die Protestbewegung bei Jugendlichen.
Dude: Sollte diese sich an den "68ern" orientieren oder einen eigenen Weg finden, Frau Sager?
Krista Sager: Natürlich muss die heutige junge Generation ihren eigenen Weg finden. Ich denke aber, dass es viele Motive der damaligen Bewegung gab, die heute noch ihre Berechtigung haben. Zum Beispiel Freiheits- und Bürgerrechtsmotive, Frieden, Ablehnung von Diktatur und Unterdrückung , Gerechtigkeitsfragen - diese Themen haben sich nicht erledigt. Es sind allerdings neue Themen dazu getreten wie Umwelt, Globalisierung, auch Fragen der Geschlechtergleichstellung haben damals schon eine gewisse Rolle gespielt, aber sich erst in den späteren Jahren voll entfaltet.
Moderator: Eine Nachfrage zu den Provokationen an der Universität, die Herr Schönbohm geschildert hatte:
Dude: Wie haben Sie denn auf solche Provokationen reagiert, Herr Schönbohm?
Wulf Schönbohm: Im kleinen Kreis habe ich nur müde gelächelt, ich hatte ja nichts anderes erwartet. In öffentlichen Diskussionen im Audimax war es anders. Da hat man versucht, mit aller Deutlichkeit und Härte zurückzuschlagen, aber es war klar - als Kritiker des SDS im Audimax stand man allein auf weiter Flur vor 1.000 Studenten.
Selma: Was fasziniert die Gesellschaft denn so an den 68ern - besonders, da es ja eher eine Minderheit war - das heute noch so intensiv über diese Zeit diskutiert wird?
Krista Sager: Das ist gar nicht leicht zu sagen, was damals Mehrheit und Minderheit war. Denn Protest und Kultur, inklusive der Themen, über die Herr Schönbohm sprach (wie freiheitliche Fragen) gehen miteinander. Es hat alle erfasst. Zur Minderheit gehörten dann diejenigen, die sich in politischen Gruppen engagierten. Eine gewisse Faszination geht wohl von dem Element der Rebellion aus, dass ist für junge Leute immer attraktiv, und es erfüllt einige mit Neid, dass die 68er sich nicht nur als vereinzelte sehen, sondern als eigene Generation mit eigener Erzählung.
Wulf Schönbohm: Das Faszinierende war der Aufbruch, die Infragestellung des Bestehenden, der Autoritäten. Es war ja die Nachkriegsgesellschaft und die Nachkriegsgeneration, die die Jugendlichen erlebt haben und damit waren sie nicht einverstanden. Die Protestformen wie die Demonstrationen, die Auseinandersetzungen mit der Polizei, die Verhohnepipeplung der Professoren und Lehrer und der Politiker, das war für viele Jugendliche faszinierend. Von den politischen Inhalten des SDS zumindest ist heute nichts mehr übrig.
Moderator: Wir haben noch sehr viele Fragen. Hier zwei, die unsere Gäste vielleicht parallel beantworten können:
Vincent: Frau Sager, wenn Sie damals noch Schülerin waren: Wie reagierten Lehrer oder Eltern auf Ihren Protest?
Selma: Herr Schönbohm, was sagen Sie denn zu der These, die Herr Mohr, wenn ich mich richtig erinnere, im letzten Chat aufgestellt hatte: Die Linken hatten 1968 einfach mehr Spaß?
Wulf Schönbohm: Mehr Spaß als wer?
Moderator: Ich denke, es sind die anderen Studenten gemeint.
Selma: Mehr Spaß als die RCDSler, hatte Mohr im letzten Chat als These aufgestellt.
Krista Sager: Mit meinem Vater lebten mein Bruder und ich damals im Dauerstreit, er reagierte einerseits hilflos, andererseits cholerisch mit Schreien und Türenschlagen. Meine Mutter versuchte immer an den Familienfrieden zu appellieren, was aber meistens nicht viel nutzte. Bei den Lehrern gab es große Unterschiede. Einige hassten uns und ließen uns das auch spüren, andere hatten Verständnis und einige symphatisierten mit uns.
Wulf Schönbohm: Die Linken hatten sicherlich viel Spaß, aber auch später viel Frust und Verzweiflung, weil sie irgendwann mit ihren Zielen und Aktivitäten in der Sackgasse gelandet waren. Außerdem galt für uns: Wir mussten unser Studium beenden und gleichzeitig aktiv Studentenpolitik machen. Deshalb hatte ich zum Beispiel überhaupt keine Zeit, auch während der Semesterferien nicht, um irgendwelchen interessanten Vergnügungen nachzugehen.
Moderator: Wieder zwei Fragen, die wir parallel beantworten können:
Kai Neahnung: Frau Sager, wie begegnen Sie der Kritik, dass die 68er an Werteverfall und Zerfall der Familie Schuld seien?
Meinungsmacher: Frage an Herrn Schönbohm: Was am damaligen System fanden Sie denn erhaltenswert?
Wulf Schönbohm: Erhaltenswert waren für mich der Rechtsstaat, den der SDS als Klassenjustiz abgetan hat; die parlamentarisch-repräsentative Demokratie, die der SDS durch ein rätedemokratisches System ersetzen wollte, und erhaltenswert war für mich auch die soziale Marktwirtschaft, die der SDS als "Spätkapitalismus" ansah, und durch eine demokratische, sozialistische Wirtschaftsordnung ersetzen wollte.
Krista Sager: Wenn der niedersächsische Ministerpräsident Wulff, der Verbraucherschutzminister Seehofer und andere Konservative und viele andere tausend Menschen in dieser Republik Probleme haben, ihre Familie zusammenzuhalten, dann haben da sicherlich nicht die 68er schuld. Ich glaube, dass heute durch Vermarktungsinteressen und Quotenwettbewerb in den Medien mehr Werte in Frage gestellt werden, als die 68er sich haben träumen lassen. Die BILD- Zeitung hat offenkundig kein Problem, derben Sex zu vermarkten und gleichzeitig den Papsts zu huldigen. Auch keine Schuld der 68er.
Moderator: Und noch einmal zwei Fragen parallel:
LalaLand: Herr Schönbohm, was waren eigentlich Ihre Hauptthesen gegen die APO?Würden Sie dies auch heute noch so aufrecht erhalten? Frau Sager: Sie waren als Schülerin aktiv. Was machte die Schülerbewegung aus, was waren ihre Ziele, Mittel und wie wurden sie in der gesamten 68er Bewegung wahrgenommen? Fühlten Sie sich ernst genommen?
Wulf Schönbohm: Aus Zeitgründen kann ich jetzt nicht alle meine Kritikpunkte aufzählen. Ich verweise daher auf meine vorangehende Antwort, in der ich wichtige Punkte angesprochen habe. Hinzufügen möchte ich, dass mich die Intoleranz und ideologische Verbohrtheit dieser Gruppe besonders abgestoßen hat.
Krista Sager: Die Themen waren ähnlich wie in der Studentenbewegung. Es gab aber lokale und regionale Besonderheiten. Es ging natürlich um Vietnam und Notstandsgesetze und SPRINGER, es ging bei uns in Bremen aber auch um Solidarität mit den Rädelsführern der Bewegung und Auseinandersetzung um die Situation an den Schulen, den so genannten Kampf gegen den Zensurenterror. Für uns war es gerade eine tolle Erfahrung, dass wir über die Schülerbewegung Kontakte bekamen zu Studierenden aus anderen Städten, und von denen, weil wir politisch organisiert waren, auch ernst genommen wurden. Darum haben uns sicherlich viele Mitschüler beneidet. Mich hat das beispielsweise nach Hamburg geführt.
Moderator: Und eine Frage, die an beide Gäste geht. Vielleicht Herr Schönbohm zuerst?
Hoirkman Shcest: Gab es 1968 wirklich eine Massenbewegung oder war - außer in Westberlin - gar nicht so viel los?
Moderator: Dazu passt auch diese Frage:
Hans: Wie wurden die Studentenbewegungen außerhalb der Epizentren, wie West-Berlin, wahrgenommen?
Wulf Schönbohm: 68 war keine Massenbewegung. Die Zentren waren in Berlin und Frankfurt und haben sich dann ausgedehnt an viele andere Universitätsorte. 68 war eine so genannte Intellektuellenbewegung. Alle Versuche der APO, in Berlin oder anderswo Arbeiter für ihre Ziele zu mobilisieren, sind - im Gegensatz zu Frankreich - kläglich gescheitert.
Krista Sager: Das sehe ich anders. Die Bewegung erreichte auch die kleineren Städte in der Provinz, das reichte von Biberbach bis Bremen. Die Bremer Proteste gegen die Fahrpreiserhöhung fingen die Schüler der Gymnasien an, es solidarisierten sich Lehrlinge und schließlich die Arbeiter der Bremer Werft, die Straßen waren voller Menschen, und am Ende musste der SPD- Senat die Erhöhung der Fahrpreise sogar zurücknehmen. Welche Bedeutung diese Proteste für die Demokratie hatten, beschäftigte sogar so kluge Köpfe wie die Gräfin Döhnhoff in der ZEIT.
Wulf Schönbohm: Trotzdem wiederhole ich: Die 68er-Bewegung war in Deutschland niemals eine Massenbewegung - von örtlichen Sonderfällen abgesehen.
Krista Sager: Es war sicherlich eine Jugendrevolte. Und es gab nicht die Entwicklung wie in Frankreich bis hin zum Generalstreik, das ist richtig. Aber als Jugendrevolte hat sie weite Teile der damaligen jungen Menschen tatsächlich beeinflusst. Es ging ja nicht nur um politische Fragen, es ging auch um die individuellen Freiheitsthemen.
Moderator: Wir sind auch kurz vor Schluss, leider die letzte Frage für heute:
politik_stud84: Frau Sager, Herr Schönbohm, durch den Bologna- Prozess wurde an deutschen Hochschulen viel von dem, was die 68er erreicht haben zerstört. Studienzeitverkürzung, Studiengebühren uvm. sind sie Folge. Gruppierungen wie der SDS bilden sich neu. Wird es zu einem zweiten 68 kommen?
Krista Sager: Studiengebühren sind eine Folge von politischen Entscheidungen in den jeweiligen Bundesländern und haben mit dem Bologna- Prozess nichts zu tun. Die Umsetzung der internationalen Vereinbarungen gelingt in den einzelnen Hochschulen sehr unterschiedlich, an den Fachhochschulen zum Teil besser als an den Universitäten. Hier muss sicherlich manches verändert und verbessert werden. An eine neue Studierendenrebellion glaube ich allerdings nicht, die heutigen Studierenden nehmen Probleme eher als individuelle Probleme wahr, für die sie auch individuelle Lösungsstrategien suchen.
Wulf Schönbohm: In der Tat sind die Folgen des Bologna-Prozesses für die Universitäten und Studenten in Deutschland eher negativ. Da hat die damalige rot-grüne Regierung zu schnell diesem europäischen Beschluss zugestimmt. Aber das ist nicht mehr - so fürchte ich - zurückzudrehen. Es kommt jetzt auf die Professoren, Hochschulverwaltungen und die Studenten an, daraus trotzdem eine Universität zu entwickeln, die nicht nur auf Paukerei, gute Noten, schnelles Studium etc. Wert legt, sondern auch auf Wissenschaftlichkeit, Forschung und wissenschaftliche Freiheit. Eine Protestbewegung heute halte ich für unwahrscheinlich.
Moderator: Das war eine Stunde bpb-Live-Chat zum Thema "Die 68er-Bewegung". Vielen Dank an Frau Sager und Herrn Schönbohm für die Antworten und die Diskussion. Vielen Dank auch an unsere Chatter für die Fragen und Diskussionsbeiträge. Das Transkript dieses Chats können Sie in Kürze auf bpb.de nachlesen. Das Chatteam wünscht allen Beteiligten noch einen schönen Tag und entschuldigt sich bei den Chattern, deren Fragen wir aus Zeitgründen nicht beantworten konnten.
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