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2013 trifft sich die Neuerkircher Ökogruppe zum ersten Mal. Sven Konrath und die anderen Mitglieder waren einem Aufruf in einer Bürgersprechstunde gefolgt, sich für die Zukunft ihres Dorfes zu engagieren. Schon bald entwickeln sie eine Idee: Sie wollen eine gemeinsame, nachhaltige Wärmeversorgung für ihren Heimatort Neuerkirch im Hunsrück.
Eine Umfrage mit positivem Feedback
In Absprache mit dem Bürgermeister und dem Gemeinderat konzipiert die Ökogruppe eine Umfrage, um herauszufinden, wie viele Menschen Interesse an einem Nahwärmenetz für Neuerkirch haben – mit einem Heizort, der alle versorgt. Das Interesse ist so groß, dass die Gruppe sich Gedanken macht, wie so eine Anlage aussehen könnte.
Die Mitglieder der Ökogruppe diskutieren und recherchieren, was eine gute Energiequelle für ein Nahwärmenetz sein kann. Eine Option, die sie gut finden, ist ein Heizwerk, in dem Holzhackschnitzel verbrannt werden, kombiniert mit einer Solarthermieanlage. Dabei handelt es sich um ein Solarfeld, wo Kollektoren die Sonnenkraft auffangen und in Wärme umwandeln.
Podcast "Wir im Wandel"Über die Hosts
Sonja Ernst ist freie Journalistin. Sie berichtet über Themen aus Politik und Gesellschaft, vor allem für den Hörfunk, u.a. Deutschlandradio oder SWR. 2022 gewann sie den Peter Scholl-Latour Preis für ihre Reportage "Kinder aus Kriegsvergewaltigungen – Trauma und Schweigen überwinden".
Monika Ahrens ist freie Radiojournalistin und arbeitet im Redaktionsteam des Update-Podcasts von Deutschlandfunk Nova. Sie kommt aus Niedersachsen, hat in Leipzig und Berlin studiert und lebt in Köln.
Zwei Gemeinden unterstützen die Idee
Die Gemeinde beauftragt ein Planungsbüro, um zu überprüfen, ob ein Nahwärmenetz mit diesen Energiequellen in Neuerkirch umsetzbar ist. Das Ergebnis ist zwiespältig: Ein Leitungsnetz kann in dem kleinen Ort effizient angelegt werden, aber eine Solarthermieanlage als Energiequelle ist nicht wirtschaftlich. Es gibt zu wenig Leute, die sich anschließen lassen können.
Erst als auch der Nachbarort Külz Interesse an einem Nahwärmenetz zeigt, wird das Vorhaben umsetzbar. 2015 ist Baubeginn für das Heizwerk, die Solarthermieanlage und das Leitungsnetz. 2016 können die ersten von 142 Haushalten angeschlossen werden. Inzwischen sind es sogar 158.
Finanzierung mit Hilfe von Windenergieeinnahmen
Die endgültige Planung, den Bau und den Betrieb überlassen die beiden Orte damals den Verbandsgemeindewerken Simmern. Dafür werden Kredite beantragt bei der staatlichen Förderbank KfW. Außerdem gibt es Zuschüsse vom Land Rheinland-Pfalz. Auch die beiden Orte unterstützen das Projekt finanziell.
Neuerkirch und Külz beschließen jeweils ein eigenes Förderprogramm. Jedes Haus, das auf regenerative Energie umgestellt wird (Nahwärme, Pellets, Luft/Wärmepumpe usw.), erhält eine Förderung in Höhe von 4.000 Euro. Für jeden an der Nahwärme teilnehmenden Haushalt bedeutet dies, dass die Anschlussgebühren gedeckt sind. Das Geld für das Förderprogramm stammt aus Pachteinnahmen. Auf Gemeindegrund beider Orte stehen Windkraftanlagen.
Sven Konrath vor dem Nahwärmekraftwerk Neuerkirch-Külz. (bpb, Monika Ahrens) Lizenz: cc by-nc-nd/4.0/deed.de
Sven Konrath vor dem Nahwärmekraftwerk Neuerkirch-Külz. (bpb, Monika Ahrens) Lizenz: cc by-nc-nd/4.0/deed.de
Heizen mit Holz ist umstritten
Die Holzhackschnitzel, die in dem Heizwerk in Neuerkirch verbrannt werden, kommen von einem nahegelegenen Forstbetrieb, der diese aus Waldabfällen gewinnt. Es gibt in Deutschland solche nachhaltig produzierten Hackschnitzel zu kaufen – und auch zertifizierte Pellets, die aus Holzabfällen stammen sollen. Aber diese Nachhaltigkeits-Siegel sind nicht immer aussagekräftig. Oft ist unklar, woher das Holz kommt. Und ob nicht, zum Beispiel in Osteuropa, ein ganzer Wald dafür gefällt wurde.
Beim Verbrennen von Holz wird zudem mehr CO2 frei als beim Verbrennen von Gas oder Öl. Umweltschützer und Wissenschaftler schätzen es als nicht klimaneutral ein. Da Neuerkirch und Külz ihr Holzhackschnitzel-Heizwerk jedoch mit einer Solarthermieanlage kombinieren, sparen beide Orte im Vergleich zu früher, als die einzelnen Haushalte Gas- und Ölheizungen hatten, trotzdem im großen Umfang CO2-Emissionen ein.