Schattenbanken (auch „Nichtbanken“ genannt) erfüllen eine nützliche Funktion im Finanzsystem, etwa wenn sie Anlegern sinnvolle Alternativen zu herkömmlichen Bankeinlagen bieten oder als alternative Finanzierungsquelle dienen – sei es für Unternehmen oder Kommunen. Dabei arbeiten sie gewöhnlich legal, anders als es der Begriff „Schattenbanken“ suggeriert.
Abgrenzung
Aber wer gehört dazu? Das ist schwer zu sagen, weil es keine Einigkeit darüber gibt, welche Institute als Schattenbanken gelten. Wesentlich ist die Definition des bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) angesiedelten „Finanzstabilitätsrat“ (FSB). Dieses Gremium wurde von den 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländern (G-20) infolge der Finanzkrise zur Stabilisierung des Finanzsystems geschaffen. Zu seinen Mitgliedern gehören die
Zwischen Banken und Schattenbanken gibt es erhebliche Unterschiede: Anders als im Bankensystem erfolgt die Vermittlung von Krediten bei Schattenbanken typischerweise in einem mehrstufigen Intermediationsprozess. Schattenbanken können bei der Kreditvergabe auch anders als Banken kein Geld schöpfen und sich kein Geld bei der Zentralbank leihen. Entsprechend müssen sie also über das Geld verfügen, mit dem sie wirtschaften. Bei Schattenbanken gibt es keine Sicherungseinrichtung wie bei Banken, wo die Kundeneinlagen in der Europäischen Union bis zu einer festgelegten Höhe geschützt sind (Einlagensicherung).
Schattenbanken dürften eine ebenso lange Geschichte haben wie regulierte Banken. Der Begriff wurde allerdings erst während der Finanzkrise von 2007/2008 von dem Investmentbanker Paul McCulley geprägt. Damit gab es einen Namen für den Teil des Finanzmarktes, der Bankfunktionen erfüllt, ohne wie Banken behandelt zu werden. Dabei spielen Schattenbankakteure zunehmend eine wichtigere Rolle bei normalen Geldgeschäften, wie der Vergabe von Krediten.
Schattenbanken spielten auch eine zentrale Rolle bei der Ausweitung der Krise und gerieten deswegen mit ihrem Geschäftsmodell ins Licht der Öffentlichkeit, etwa mit den sogenannten Geldmarktfonds: Diese Anlagevehikel investieren ihre Einlagen in kurzfristig laufende Wertpapiere, beispielsweise von Banken. Nach der Pleite der Investmentbank Lehman Brothers im September 2008 zogen solche Geldmarktfonds massiv Mittel aus dem gesamten Geschäftsbankensektor ab, was viele Banken in Liquiditätsengpässe brachte. Staaten retteten mit immensen Summen an Steuergeldern in der Krise Banken und erließen nach der Krise neue Regeln für Finanzmarktakteure, auch für die Geldmarktfonds.
BankensektorWer zählt zu den Schattenbanken?
Schattenbanken sei „auch ein politischer Begriff“, sagt Christian Weistroffer, der sich bei der Europäischen Zentralbank mit der Finanzmarktstabilität beschäftigt. Der Schattenbankensektor bestehe „aus einer sehr heterogenen Gruppe von Institutionen und Geschäftsmodellen, die auf den ersten Blick nicht viel miteinander zu tun haben“. Dazu zählen neben Hedgefonds auch Vermögensverwalter wie die US-Riesen BlackRock, Vanguard und Fidelity oder Versicherer wie die deutsche Allianz oder französische AXA. Schattenbankaktivitäten gibt es in den USA und Europa genauso wie in China.
Lehren aus der Finanzkrise
Nach der Finanzkrise 2007/2008 beschloss die Staatengemeinschaft strengere Regeln für Banken, um zu verhindern, dass noch einmal Staaten mit Steuergeldern große Banken retten müssen, die als systemrelevant gelten. Seitdem werden mehr Kredite außerhalb des Bankensektors vergeben, womit Volkswirtschaften weniger abhängig von Banken wurden. Gleichzeitig wuchsen damit die Risiken aufseiten der Schattenbanken. Zwar wurden einzelne Bereiche reguliert, etwa Geldmarktfonds: Sie dürfen in der EU etwa nur noch maximal ein Zehntel ihrer Vermögenswerte an einem Tag verkaufen und nur weitere zwei Zehntel innerhalb einer Woche. Auf Empfehlung des Finanzstabilitätsrats wurden auch neue europäische Aufsichtsbehörden gegründet, etwa für das Versicherungswesen oder den Wertpapierhandel.
Durch die zunehmende Regulierung der Banken stieg allerdings der Anreiz für Banken, neu oder nun strenger regulierte Geschäfte in das weniger regulierte Schattenbankensystem zu verlagern. Geht eine Schattenbank insolvent, kann dies jedoch erhebliche Rückwirkungen für das Bankensystem haben und im Extremfall sogar die Stabilität des gesamten Finanzsystems bedrohen. Deswegen ist es höchst problematisch, dass die Aufsicht wenig Einblick in das dortige Geschehen hat: Wenn z. B. Banken riskante Wertpapiere an Hedgefonds verkauften, um die Regulierungsvorschriften für Eigenkapital und Rechnungslegung zu umgehen, und die Hedgefonds wiederum den Kauf dieser Wertpapiere durch Kredite über das normale Bankensystem finanzierten, dann seien durch diese Transaktionen die mit den Wertpapieren verbundenen Risiken für die Aufsicht zunächst nicht mehr sichtbar – so schreibt der wis¬senschaftliche Dienst des Bundestages: „Die Risiken sind jedoch aus dem Finanzsystem nicht verschwunden – sie wurden nur in den Schatten verlagert.“ Fielen dann die Wertpapiere der Hedgefonds aus, bliebe die Krise nicht auf die Schattenbanken beschränkt, denn über die Kreditvergabe bestehen zahlreiche Verbindungen zum regulären Bankensystem. Vergleichbare Geschäfte trugen über eine Kettenreaktion wesentlich zur Ent¬stehung der Finanzkrise von 2007/2008 bei.
Die EZB bewertet es als positiv, wenn Unternehmen mit den Schattenbanken eine weitere Quelle der Finanzierung haben. Aber es gebe auch Risiken. Da Schattenbanken nicht so stark reguliert seien wie klassische Banken, träfen sie möglicherweise risikoreichere Entscheidungen. „Erweisen sich diese Entscheidungen später als falsch, können die Verluste immens sein. Bei sehr großen Schattenbanken könnte dadurch sogar das gesamte Finanzsystem in Schieflage geraten“, heißt es bei der EZB.
FondsgesellschaftBlackRock
Larry Fink gründete mit sieben Kollegen 1988 BlackRock, mittlerweile größter Vermögensverwalter der Welt mit einem verwalteten Portfolio von mehr als sechs Billionen Euro. Das ist dreimal so viel wie die Wirtschaftsleistung Italiens.
BlackRock ist weltweit an rund 17 000 Unternehmen beteiligt, dazu zählen auch alle DAX-Konzerne. Eine solche Institution habe es „nie zuvor gegeben“, schreibt die Wirtschaftsjournalistin Heike Buchter in dem Buch BlackRock: „Goldman Sachs, die Deutsche Bank, die Allianz – sie alle verblassen dagegen. Keine Regierung und keine Zentralbank hat diesen Einblick in die Wirtschaft. Allerdings gibt es diverse weitere große Vermögensverwalter wie etwa Vanguard, State Street oder Fidelity. Diese Giganten sind vor allem deswegen entstanden, weil das Vermögen (das sehr ungleich verteilt ist) in den vergangenen Jahrzehnten stark zugenommen hat und die private Altersvorsorge, politisch gewollt, vielerorts an Bedeutung gegenüber einer umlagefinanzierten Rente, bei der kein Geld auf dem Kapitalmarkt angelegt wird, zugenommen hat. Die Kundschaft von BlackRock ist breit gestreut und stammt vor allem aus zwei Gruppen: Da sind zum einen institutionelle Anleger wie Pensionskassen oder Stiftungen und zum anderen einzelne private Anleger. Alle kaufen vor allem Anteile an börsennotierten Fonds, sogenannten exchange-traded funds (ETFs), die meistens passiv einen Index abbilden wie etwa den DAX. Wenn große Vermögensverwalter an allen großen Unternehmen einer Branche beteiligt sind, können sich nach Ansicht von Kritikern daraus Interessenkonflikte ergeben. Erste Studien anhand der Preisentwicklung US-amerikanischer Fluglinien legen den Schluss nahe, dass eine solche Konzentration der Eigentümer zu einer nachlassenden Wettbewerbsintensität und einem Anstieg der Preise führt. Der Internationale Währungsfonds und die deutsche Monopolkommission sehen es ähnlich.
Die „Heuschrecken“ – Plage der Finanzwelt?
Allgemein werden sie oft als „Heuschrecken“ bezeichnet, die eine Investition abgrasen und dann weiterziehen. Nüchtern betrachtet, sind
(© bpb, Caspar Dohmen)
(© bpb, Caspar Dohmen)
Ursprünglich galten sie einmal als äußerst vorsichtige Anleger, woher auch noch ihr Name zeugt – das englische Verb „to hedge“ steht für „absichern“. Die Idee hatte Alfred W. Jones, der als Journalist beim US-Magazin „Fortune“ arbeitete. Im Jahr 1949 begann er, gleichzeitig auf fallende und steigende Aktienkurse zu wetten, um unabhängig vom Verlauf der Märkte Geld verdienen zu können. Längst haben die Hedgefonds ihre konservative Strategie gegen ein aggressives Verhalten eingetauscht. Dabei verfolgen sie in der Regel eher risikoreiche und renditeträchtige Anlagestrategien, häufig unter hohem Einsatz von Fremdkapital.
Bekannte Hedgefonds-Manager sind Ray Dalio, James Simons, George Soros und Paul Singer. Zu den größten Hedgefonds-Unternehmen weltweit gehören Bridgewater Associates (USA), die britische Man Group und Renaissance Technologies (USA).
Leerverkäufe
Eine Spezialität von Hedgefonds sind Leerverkäufe: Dabei leihen sie sich Wertpapiere von Finanzinstitutionen und vereinbaren einen späteren Rückgabezeitpunkt. Zwischenzeitlich verkauft der Hedgefonds die geliehenen Papiere wie beispielsweise Aktien oder Rohstoffe. Er wettet auf fallende Kurse und hofft, dass er die Aktie in den kommenden Wochen deutlich günstiger zurückkaufen kann. Wenn beispielsweise eine Aktie heute 100 Euro kostet und der Händler erwartet, dass der Kurs auf die Hälfte fällt, dann leiht er sich das Papier und verkauft es sofort zu 100 Euro. Bricht das Papier wie spekuliert um die Hälfte ein, kauft er die Aktie zum Rückgabetermin zum Preis von 50 Euro und reicht sie an den Verleiher weiter. Die Differenz zwischen Verkaufs- und Kaufkurs von 50 Euro verbucht er als Gewinn. Wenn die Aktie steigt, macht er in diesem Fall jedoch Verlust. Dann ist der Hedgefonds gezwungen, die Aktie zu einem höheren Preis zurückzukaufen, als er sie verkauft hat, um sie wie versprochen dem Verleiher zurückzugeben.
(© bpb)
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