Löhne, Kreditzinsen, Transportkosten, Währungen, Umweltschutzauflagen, Zölle: Wer wirtschaftet, muss viele Koordinaten im Blick behalten. Entscheidend für die Entwicklung des Wirtschafts- und Finanzsystems ist, wer diese Koordinaten vorgibt. International werden viele Entscheidungen gefällt bei der Welthandelsorganisation (World Trade Organization, WTO), der Weltbank und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) – sie bilden die drei Pfeiler unserer Weltwirtschaftsordnung. Solche globalen Institutionen sind heute entscheidende Steuerungszentralen, auch für das Währungssystem und Geldordnungen weltweit. "Sie definieren die Paragrafen des Weltregimes, erzeugen rechtliche Wirksamkeit und verändern nationale Politik", sagt Franz Josef Radermacher, Systemtheoretiker und Mitglied des Interner Link: Club of Rome. "Die nationale Politik hat dagegen an Bedeutung verloren, zumal die staatlichen Budgets immer mehr austrocknen, sodass es schließlich immer weniger zu entscheiden gibt."
Währungswächter
Gegründet wurden der IWF und die Weltbank Interner Link: 1944 in Bretton Woods, wo Politiker der Interner Link: Anti-Hitler-Koalition kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs über die neue Weltordnung für die kommende Friedenszeit beratschlagten. Der IWF bekam eine große Aufgabe: Er sollte eine erneute Wirtschaftskrise wie die von 1929 mit ihren katastrophalen Folgen verhindern, vor allem neue Abwertungswettläufe. Nach dem Ende des Währungssystems von Bretton Woods 1973 bekam der IWF die Rolle des Wächters über die Währungspolitik seiner inzwischen 190 Mitgliedstaaten (2022) zugewiesen, die nun zwischen flexiblen oder festen Wechselkurssystemen sowie anderen Modellen frei wählen konnten. Seit 1978 überwacht der IWF die Wechselkurspolitik der Mitgliedstaaten. Insbesondere wegen des rasanten Wachstums der Finanzmärkte nahm die Bedeutung der Institution stark zu.
Zahlungsschwierigkeiten
Gerät ein Mitgliedsland in Zahlungsschwierigkeiten, dann kann es beim IWF einen Kredit beantragen. Kredite finanziert der IWF aus den Kapitalanlagen der Mitgliedsländer, die diese als Gold, Devisen oder in ihrer Landeswährung einzahlen können. Je höhere Beiträge ein Staat geleistet hat, desto höher sind seine sogenannten Quoten, also Anteile am IWF. Von diesen hängen wiederum sowohl das Stimmrecht eines Landes in der Organisation als auch die Höhe der maximalen Hilfen ab, die es beim IWF in Anspruch nehmen kann. Anders als in den meisten Organen der Interner Link: Vereinten Nationen hat beim IWF nicht jedes Land eine Stimme. Große Wirtschaftsnationen wie die USA, Deutschland oder Japan und seit Ende 2015 auch China dominieren deswegen. Und ärmere Länder profitieren entsprechend wenig von den Möglichkeiten des IWF. Aktuell gibt es einige Stimmen aus dem globalen Süden, die fordern, dass die reicheren Länder Teile ihrer Quoten an die ärmeren Länder abgeben.
Jedes Mitglied schickt einen Vertreter in das oberste Entscheidungsorgan des IWF, den Rat der Gouverneure, gewöhnlich die für Währungsfragen zuständige Ministerin oder den Notenbankpräsidenten. Der Rat tagt einmal jährlich. Das Exekutivdirektorium ist für die laufende Arbeit zuständig. Geführt wird es seit dem 1. Oktober 2019 von der georgischen Ökonomin Kristalina Georgiewa, die zuvor Geschäftsführerin der Weltbank war.
Weltbank
Die ursprüngliche Aufgabe der Interner Link: Internationalen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (International Bank for Reconstruction and Development, IBRD), kurz Weltbank, war es, Hilfeleistung beim Aufbau des kriegszerstörten Europa nach 1945 durch die Bereitstellung langfristigen Kapitals zu leisten. Dank der raschen Erholung des alten Kontinents richtete die Weltbank ihr Augenmerk bald schon auf die unabhängig gewordenen Kolonien und vergab vor allem Kredite an die Regierungen der neu entstandenen Staaten. Sie finanzierte mit öffentlichen Mitteln vor allem große Infrastrukturprojekte wie Staudämme, Straßen oder Stromleitungen. Bis heute fördert die Weltbank die wirtschaftliche und soziale Entwicklung beispielsweise durch Programme der Armutsbekämpfung, des Umweltschutzes oder der Förderung privatwirtschaftlichen Engagements.
Förderung der Entwicklung
Die Weltbankgruppe umfasst heute vier selbstständige Finanzierungsinstitutionen: Neben der Weltbank sind dies die Internationale Entwicklungsorganisation (IDA) – sie vergibt günstige Kredite an Regierungen der am wenigsten entwickelten Länder. Die Internationale Finanz-Corporation (IFC) fördert den privaten Sektor in Entwicklungsländern, beispielsweise durch Aktienbeteiligungen, Kredite oder Garantien. Ende der 1980er-Jahre entstand dann die Multilaterale Investitionsgarantie-Agentur (MIGA) zur Förderung von Direktinvestitionen in weniger entwickelte Länder. Die MIGA übernimmt Garantien für nichtkommerzielle Risiken wie Krieg oder Enteignung. Das Internationale Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (ICSID) soll schließlich Streitfälle zwischen Staaten und ausländischen Investoren schlichten.
Höchstes Organ der Weltbank ist der Rat der Gouverneure – er tagt zweimal jährlich. Für die laufende Geschäftstätigkeit ist das Exekutivdirektorium zuständig, dem 25 Mitglieder angehören. An der Spitze der Weltbank steht ein Präsident, seit Juni 2023 der indisch-amerikanische Manager Ajay Banga
IWF und Weltbank zwischen Nord und Süd
Am IWF und an der Weltbank kamen in den vergangenen Jahrzehnten Interner Link: Entwicklungsländer häufig nicht vorbei: Schließlich scheuten viele private Kapitalgeber nach dem Zweiten Weltkrieg die Finanzierung von Projekten in der sogenannten Interner Link: "Dritten Welt" – dies sollte sich erst ab den 1980er-Jahren ändern. Beide Organisationen sind nach ihren Satzungen eigentlich zu politischer Neutralität verpflichtet. Daran gehalten haben sich IWF und Weltbank aber längst nicht immer. Seit ihrer Gründung mischten sie sich regelmäßig in die politischen Angelegenheiten einzelner Länder ein. Dabei standen in den vergangenen 30 Jahren marktwirtschaftliche Reformen im Vordergrund.
Als Hebel dienten den Organisationen dabei die Bedingungen, von denen sie die Zahlung von Krediten oder sonstige Hilfen abhängig machten. Da die Weltbank lange die größte einzelne Kreditkapitalquelle für Entwicklungsländer darstellte, war ihr Einfluss entsprechend groß. Auf Druck der beiden Organisationen haben viele Entwicklungsländer ihre Märkte geöffnet, was sich besonders auffällig am Beispiel der Altersvorsorge zeigt: An mehrere Dutzend Länder vergab die Weltbank Kredite nur unter der Bedingung einer Rentenreform.
IWF und WeltbankWer gibt den Ton an?
Noch heute geben die Industrieländer die Richtung beim Internationalen Währungsfonds (IWF) und bei der Weltbank vor, weil 30 Staaten fast 70 Prozent der Stimmrechte kontrollieren. Die USA verfügen aufgrund ihrer Stimmenanteile sogar in beiden Organisationen de facto über ein Vetorecht. Seit einer Reform 2011 haben Länder wie China, Indien oder Brasilien ebenso wie die Entwicklungsländer aber mehr Stimmen. Bei ihrer Frühjahrstagung im April 2023 wurden Schritte hin zu einer grundlegenden Reform der Weltbank und des IWF beschlossen. Ziel ist, dass die Institutionen Staaten des Globalen Südens besser bei der Bewältigung globaler Herausforderungen wie dem Klimawandel unterstützen können.
In der Staatsschuldenkrise war der IWF erstmals seit Langem auch wieder in EU-Ländern aktiv, vor allem in Griechenland. Die stillschweigende Vereinbarung, dass der Posten des Weltbankpräsidenten einem Amerikaner vorbehalten ist und der IWF-Chefposten einer Europäerin, gilt nach wie vor. Als eine Reaktion darauf gilt die Gründung der New Development Bank (NDB) am 15. Juli 2014 durch die sogenannten BRICS-Staaten Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika. Sitz der Bank ist Schanghai. Amtierende Präsidentin ist die ehemalige brasilianische Staatschefin Dilma Rousseff. Anders als bei der Weltbank, wo sich die Stimmen nach den Anteilen richtet, hat jeder Mitgliedsstaat der NDB eine Stimme, wodurch kleiner Staaten mehr Gewicht haben.
Die NDB „biete für Schwellen- und Entwicklungsländer tatsächlich eine Alternative“, sagt Tobias Heidland, Forschungsdirektor für internationale Entwicklung am Kiel Institut für Weltwirtschaft. Die Hürden sind niedriger für kreditsuchende Staaten, beispielsweise was Vorgaben für politische Reformen anbelangt. Kritisch sei, dass weniger umfassend geprüft werde, weswegen auch wenig rentable Projekte finanziert würden.