Die ersten bekannten Kredite gab es bereits in babylonischer Zeit, also vor rund 4.000 Jahren. Schon damals mussten sich Kleinbauern bisweilen Geld für Saatgut oder das Überleben der Familien leihen, wenn ihre Ernte durch eine Naturkatastrophe oder einen Krieg vernichtet worden war. Es gab keine klaren Vereinbarungen für die Tilgung von Schulden. Jeder Kreditgeber konnte die Bedingungen wie Fristen, Raten und Zinsen selbst willkürlich festlegen.
Schuldenlasten
Adam Smith, der Begründer der Nationalökonomie, beschreibt, wie sich im alten Rom "die ärmeren Schichten ständig bei den Wohlhabenden und Mächtigen verschuldeten, die ihnen Geld gegen Wucherzinsen liehen und sich bei deren Zahlungsunfähigkeit deren Stimme sicherten. „Schuldner, die eine strenge Vollstreckung befürchteten, mussten daher demjenigen Kandidaten die Stimme geben, den ihnen ihre Gläubiger empfahlen, ohne hierfür eine weitere Gegenleistung erwarten zu können“, schreibt Adam Smith. Mit der Zeit häuften sich Berge von Schulden an die unterdrückten Schuldner drängten dann regelmäßig auf eine Aufhebung der Schulden. Sie profitierten davon, wenn es wieder einmal zu einer Neufestsetzung des Münzwertes kam. Sank der Wert der Leitmünze As beispielsweise auf ein Sechstel, dann schrumpften auch die Verpflichtungen auf ein Sechstel. Schon in der Antike muss es viele Menschen gegeben haben, denen die Schulden über den Kopf wuchsen.
GeschichteDer erste Schuldenerlass
Wir wissen vom babylonischen König Ammisaduqa, dass er bei seiner Thronbesteigung im 17. Jahrhundert vor Christus alle Schuldscheine in seinem Reich für ungültig erklärte. Diese Amnestie gilt als der erste bekannte Schuldenerlass in der Menschheitsgeschichte. Auch in anderen Kulturen des Altertums kannte man einen Schuldenerlass. Einer Legende zufolge erfand ein alter chinesischer Kaiser sogar das Münzwesen, damit Eltern mit denen ihnen ausgehändigten Münzen ihre Kinder freikaufen konnten, die sie nach einer der häufigen Überschwemmungen hatten verkaufen müssen. Auch im Alten Testament, das jüdischen, christlichen und in gewissem Maß auch muslimischen Menschen als Offenbarung gilt, ist die Rede davon, dass alle sieben Jahre die Schulden erlassen werden.
In der Realität gingen die Gesellschaften meist ruppig mit Schuldnern um, wenn sie ihre Schulden nicht bedienen konnten. Ihnen selbst oder ersatzweise einem Familienmitglied drohte die Schuldknechtschaft, in der die Schulden beim Gläubiger abgearbeitet werden mussten.
Die Römer regelten die Schuldenfrage im Zwölftafelgesetz: Juristisch bedeutet Sklaverei, dass jemand einen anderen Menschen wie sein Eigentum behandeln kann, ohne auf Grundrechte oder Wünsche zu achten. Gebar eine Sklavin ein Kind, war dies von Geburt an Eigentum ihres Besitzers. Schätzungsweise vierzig Prozent der Bevölkerung des Römischen Reiches waren Sklaven. Neue Sklaven beschafften sich die Römer vor allem bei ihren Kriegszügen. Aber jedem Bewohner des Römischen Reiches drohte das Leben eines Sklaven, wenn er sich überschuldete. Blieb ein Schuldner säumig, konnte ihn sein Gläubiger demnach bis zu sechzig Tage in Schuldhaft nehmen. In dieser Frist musste der Schuldner seine Verpflichtung begleichen oder einen Bürgen finden. Misslang das, ging er als Schuldknecht in den Besitz des Gläubigers über – er wurde dessen Sklave. Solche Schuldknechte wurden manchmal öffentlich ausgestellt, beispielsweise auf dem Markt. Wenn sie jemand loskaufte, waren sie frei. Ansonsten konnten die Gläubiger mit den Schuldnern machen, was sie wollten, selbst sie töten.
Vom Schuldturm zur modernen Sklaverei
Im deutschsprachigen Raum wurde ab dem Jahr 1220 ein großer Rechtskodex aufgestellt, der Sachsenspiegel. Er regelte auch den Umgang mit Schulden: "Hat der Schuldner aber weder Geld für die Schulden noch für das Gewette, muss er seine Gewährschaft, das heißt sein Haus, dem Gegner überschreiben. Wenn er kein Haus besitzt, so kann er nach allgemeinem Recht vom Kläger in Haft genommen werden; wenn der Gläubiger den Schuldner aber darüber hinaus fesselt, muss er dem Richter ein Bußgeld zahlen."
In dieser Zeit bauten die Fürsten "Schuldtürme", meist sieben Stockwerke hohe fensterlose Rundtürme, die als Teil der Stadtbefestigung in die Stadtmauern eingelassen wurden. Die Türme wurden fast ausschließlich für die Inhaftierung säumiger Zahler genutzt. Bis ins 16. Jahrhundert war die Verbüßung von Freiheitsstrafen für Verbrechen wie Diebstahl oder Betrug nämlich selten. In den Schuldtürmen saß folglich, wer die Wucherzinsen nicht zahlen konnte. Es traf regelmäßig auch Vertreter von Städten oder Unternehmer, die in Konkurs gegangen waren.
Verbot der Schuldknechtschaft
Nach der
Sklaverei noch weit verbreitet
Trotzdem existiert
Die Anzahl der Menschen, die in moderner Sklaverei leben, ist seit 2016 um zehn Millionen Menschen gestiegen. Frauen und Kinder sind dabei weiterhin besonders gefährdet. Moderne Sklaverei gibt es in beinahe jedem Land der Welt und über ethnische, kulturelle und religiöse Grenzen hinweg. Mehr als die Hälfte aller Fälle von Zwangsarbeit und ein Viertel aller Fälle von Zwangsehen entfallen auf Länder mit oberem mittlerem Einkommen und Ländern mit hohem Einkommen.