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Chinas internationale Energiestrategie | Energiepolitik | bpb.de

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Chinas internationale Energiestrategie

Eva Sternfeld

/ 11 Minuten zu lesen

Chinas Energiebedarf hat sich in den vergangenen zehn Jahren mehr als verdoppelt. Schon längst kann der Bedarf nicht mehr allein durch die heimische Energieproduktion gedeckt werden. Daher investieren chinesische Unternehmen verstärkt im Ausland und sichern sich den Zugang zur Energiequellen in Afrika und Zentralasien. Doch auch der Ausbau von Atomkraft und erneuerbaren Energien wird forciert.

Bijiashan Windkraftanlage in China. (© picture-alliance, Photoshot)

Im September 2012 brachte eine winzige unbewohnte Inselgruppe im ostasiatischen Meer die Volksrepublik China, Japan und Taiwan erneut an den Rand einer militärischen Auseinandersetzung. Der Streit gärt seit 1972, damals hatten die USA die acht winzigen Inseln, die 200 Kilometer nördlich der taiwanesischen Küste liegen, an Japan übergeben. Es geht bei dieser mit großer Emotion geführten Auseinandersetzung nicht nur um verletzten nationalen Stolz oder um reiche Fischgründe. Bereits 1969 hatte ein UN-Report auf die möglicherweise sehr großen Ölvorkommen am Meeresboden der Inseln hingewiesen. Ressourcen, die alle drei in den Streit verwickelten Parteien dringend benötigen.

Die globale Konkurrenz um Energieressourcen verschärft sich und könnte einem "friedlichen Aufstieg" Chinas im Wege stehen, wie es 2004 ein Vertreter der zentralen Parteihochschule der Kommunistischen Partei (KP) China formulierte.

Herausforderung: Wirtschaftswachstum und Energiesicherheit

Der Eintritt in die Welthandelsorganisation WTO im Jahre 2001 hat in China ein beispielloses Wachstum beflügelt. In der vergangenen Dekade, in der sich China zur buchstäblichen "Werkbank der Welt" entwickelte, gelang mehreren hundert Millionen Chinesen der Sprung aus der Armut zu einem bescheidenen Wohlstand. Weit schneller noch als die Wachstumsraten des Bruttoinlandsprodukts (BIP) wuchs der Verbrauch an Energie und Rohstoffen. So verdoppelte sich der Verbrauch von Erdöl innerhalb von 10 Jahren von jährlich 224 Mio. Tonnen auf 462 Millionen Tonnen im Jahr 2011, der Kohleverbrauch stieg im gleichen Zeitraum um mehr als das Dreifache. 2009 avancierte das Land zum weltgrößten Energieverbraucher.

Entwicklung des Primärenergieverbrauchs (in Millionen Tonnen Öl-Äquivalent)
 
  2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011
China 1041 1105 1277 1512 1659 1831 1951 2041 2240 2402 2613
USA 2259 2295 2302 2348 2351 2332 2372 2320 2205 2277 2269
Deutsch-
land
338 334 337 337 333 339 324 326 307 322 306

Quelle: BP Statistical Review of World Energy. Excel Workbook of historical statistical data from 1965-2011.

Energiemix China (© bpb)

Die Legitimation der KP Chinas ist eng mit der ökonomischen Erfolgsgeschichte der vergangenen Jahre verwoben. Energiesicherheit gehört daher zu den hohen Prioritäten der Politik, denn sie gewährleistet die Fortschreibung des wirtschaftlichen Wachstums. Erhebliche Fördermittel hat die chinesische Regierung dabei in den vergangenen Jahren in Strategien investiert, die einer wachsenden Abhängigkeit von den internationalen Märkten entgegensteuern sollen. So ist das Land mittlerweile Weltmarktführer bei den erneuerbaren Energien. Seit 2006 schreiben die Fünfjahrespläne konkrete Ziele zur Verbesserung der Energieeffizienz fest. Auch gehört China zu den Ländern, die verstärkt in die Entwicklung der Elektromobilität investieren. Diese Maßnahmen können jedoch die rapide gestiegene Nachfrage nach Ressourcen bei weitem nicht ausgleichen. Bereits seit 1993 muss China Öl und in jüngerer Zeit auch Uran, Gas und sogar Kohle importieren. Angesichts der Größe Chinas und der Dynamik seiner ökonomischen Entwicklung erhält die chinesische Energiefrage damit internationale Tragweite.

  • Öl – Die eigenen Ölvorkommen reichen seit 1993 nicht mehr für die Versorgung aus. Inzwischen importiert das Land bereits mehr als die Hälfte seines Erdölbedarfs.


  • Gas – Bei Gas sieht die Lage etwas besser aus, da die im eigenen Land vorhandenen Gasvorkommen erst seit den 1990er Jahren systematisch erschlossen werden. Seit 2006 wird aber auch Gas aus den zentralasiatischen Nachbarländern und Russland über Pipelines sowie als Flüssiggas per Tanker bezogen. Innerhalb von fünf Jahren stiegen die Gasimporte um das Vierzigfache.


  • Kohle – China verfügt über die drittgrößten Kohlevorkommen weltweit. Folglich dominiert Kohle mit einem Anteil von über 70 Prozent den chinesischen Energiemix. In der letzten Dekade ist China zum größten Kohleproduzenten und –verbraucher der Welt aufgestiegen. Da die Nachfrage schneller steigt als die Förderkapazitäten importiert China seit 2009 auch Kohle. Auch wenn die Importe im Verhältnis zum Gesamtvolumen relativ klein sind, wurde China 2010 bereits der zweitgrößte Kohleimporteur der Welt. Wie sich die Nachfrage in China entwickelt hat damit auch Auswirkungen auf den internationalen Kohlehandel und dessen Preisgestaltung.


  • Uran – Mit 26 in Bau und mindestens 50 in Planung befindlichen Atommeilern verfolgt China das derzeit größte Atomenergieprogramm der Welt. Neben den nach Fukushima verschärften Sicherheitsbestimmungen könnte jedoch auch die Uranversorgung der Entwicklung Grenzen setzen. Die chinesischen Uranbergwerke können maximal 1.000 Tonnen jährlich fördern, der Bedarf könnte dagegen bis 2015 auf bis zu 8.000 Tonnen jährlich ansteigen. Die China Nuclear International Uranium Corporation (CNIUC) ist daher in den vergangenen Jahren ein wichtiger Akteur im internationalen Uranhandel geworden und weltweit bei der Erschließung von Uranminen aktiv. Strategische Abkommen für den Uranabbau existieren mit Australien, Kanada, Kasachstan, Usbekistan, Namibia, Süd-Afrika und Senegal. Aufgrund der erwarteten Nachfrage aus China sind die Weltmarktpreise für Uran deutlich gestiegen.

Energiediplomatie

In der vergangenen Dekade ist China zu einem neuen "Global Player" im internationalen Energiegeschäft aufgestiegen. Um die Versorgungslücken zu schließen ermutigt und unterstützt die chinesischen Regierung seit 1999 chinesische Unternehmen zum "Hinausgehen" (zuochuqu). Sie sollen, gefördert von der offiziellen Diplomatie, Versorgungsketten für die chinesische Wirtschaft aufbauen und den Zugang zur Förderung und Verarbeitung von Rohstoffen weltweit sichern. Das Streben nach Energiesicherheit ist ein wesentliches Gestaltungselement der chinesischen Außen- und Wirtschaftspolitik. China ist bemüht bei stetiger Steigerung der Importe einseitige Abhängigkeiten von einzelnen Lieferländern zu vermeiden und zielt auf eine möglichst starke Streuung der Versorgungsquellen. China bietet seinen Energiepartnern vielfältige Gegenleistungen an. Sie reichen von politischer Unterstützung im UN-Sicherheitsrat, militärischer Hilfe durch Waffenlieferungen und Entwicklungshilfe durch zinsgünstige Kredite bis zur Unterstützung beim Bau von Infrastrukturprojekten.

Chinas große Devisenreserven erlauben es den staatlichen Energiekonzernen weltweit in Energieprojekte zu investieren und strategische Partnerschaften mit internationalen Konzernen aufzubauen. In der Praxis preschen die von kommerziellen Interessen geleiteten Konzerne häufig der offiziellen Diplomatie voran und haben durch ihre Aktivitäten den Vormarsch Chinas in Afrika und Lateinamerika beschleunigt. 2010 waren chinesische Ölfirmen bereits an 200 Projekten in 50 Ländern beteiligt. Der Wert dieser Beteiligungen wurde auf etwa 60 Mrd. US-Dollar geschätzt. Dies war zwar im Vergleich zu den multinationalen Konzernen ExxonMobil, Shell und BP noch relativ bescheiden, jedoch wachsen die chinesischen Beteiligungen rasch. So kamen im Jahr 2011 weitere 18 Mrd. US-Dollar hinzu, die chinesische Unternehmen in internationale Öl- und Gasprojekte investierten. Diese gewannen mit finanzieller Rückendeckung ihrer Regierung in den vergangenen Jahren immer häufiger Ausschreibungen. Allerdings boten die international noch unerfahrenen Firmen oft völlig überhöhte Preise für kaum rentable Projekte. Noch sitzt China als "latecomer" im internationalen Energiegeschäft am Katzentisch, die attraktivsten Projekte haben die multinationalen Konzerne längst unter sich verteilt. Chinesische Unternehmen engagieren sich daher auch in Staaten, in denen westliche Länder aus politischen oder Sicherheitsgründen nicht vertreten sind sowie auch in Ländern, in denen sich westliche Konzerne wegen der geringen Rentabilität nicht engagieren (z.B. Äthiopien, Kenia, Elfenbeinküste, Philippinen, Thailand).

Der Nahe Osten als Garant der Energieversorgung

Erdölimporte nach China (© bpb)

Derzeit bezieht China etwa 50 Prozent seiner Öllieferungen aus dem Nahen Osten. Wichtigster Öllieferant ist seit vielen Jahren Saudi-Arabien mit einem Anteil von 20 Prozent. Aus dem Iran bezieht China derzeit 11 Prozent seiner Öllieferungen. Auch wenn China die iranische Atompolitik offiziell verurteilt, fordert es eine diplomatische Lösung und lehnt ökonomische Sanktionen ab. Die iranische Regierung honorierte die chinesische Position mit dem Zuschlag für die Erschließung des Yadavaran Ölfelds und der Einwilligung den iranisch-chinesischen Ölhandel künftig mit der chinesischen Währung Renminbi im Austausch gegen chinesische Waren zu verrechnen. Auf iranische Drohungen im Januar 2012, die Straße von Hormuz zu blockieren, reagierte China indes scharf. Eine solche Blockade würde China von den Öllieferungen aus den arabischen Ländern abschneiden.

Nach Abzug der amerikanischen Truppen wurde der Irak als Öllieferant für China interessant. Seit 2009 haben die staatlichen Ölkonzerne Sinopec, Interner Link: CNPC und CNOOC Beteiligungen an der Erschließung von mehreren Ölfeldern erworben. Im März 2010 hatten Schätzungen zufolge chinesische Firmen Zugang zu etwa 18 Prozent der irakischen Ölreserven und sind damit der größte ausländische Akteur auf dem irakischen Ölmarkt. Derzeit stammen etwa 5 Prozent der chinesischen Ölimporte aus dem Irak. Aufgrund der weiterhin fragilen Sicherheitslage im Irak und rechtlichen, politischen und ökonomischen Unwägbarkeiten, ist das chinesische Engagement jedoch äußerst riskant. Nur unter der Voraussetzung dass sich die Lage stabilisiert, ist künftig ein deutlicher Anstieg der Öllieferungen aus dem Irak zu erwarten.

China-Afrika-Kooperation

Seit den 1950er Jahren pflegt China Beziehungen zu afrikanischen Staaten. Diese langjährigen Kontakte wurden intensiviert durch das im Jahr 2000 eingerichtete China-Afrika-Kooperations Forum, das regelmäßig Treffen auf ministerieller Ebene abhält. All das zahlt sich aus: Der Rohstoffhandel, insbesondere auch Ölimporte aus Afrika, haben seither stetig zugenommen. 2011 wurden gut ein Viertel der Ölimporte aus afrikanischen Ländern bezogen. Angola ist mit einem Anteil von 12 Prozent Chinas zweitwichtigster Öllieferant. Das Land, das seinen Staatshaushalt überwiegend durch den Export von Öl finanziert, erhält aus China seit 2004 zinsgünstige Kredite in Milliardenhöhe. Die Kredite werden zum Ausbau der Ölversorgungsinfrastruktur genutzt. Hauptprofiteur der chinesischen Ölimporte ist der staatseigene angolanische Konzern Sonangol, der von Gefolgsleuten des langjährigen Staatspräsidenten Dos Santos kontrolliert wird.

Umstritten im Westen ist vor allem Chinas Engagement im Sudan, dem es den Aufbau seiner Ölindustrie ermöglichte. Der Sudan lässt keine internationalen Ölkonzerne zu, vergibt aber Konzessionen an die staatliche chinesische Interner Link: CNPC (China National Petroleum Corporation). Zeitweilig exportierte der Sudan etwa 60 Prozent seines Öls nach China und finanzierte mit den Einnahmen die Bürgerkriege in Darfur und im Süd-Sudan. Internationale Kritik an der Unterstützung Chinas für das al-Baschir Regime, die 2008 in Boykottaufrufen prominenter amerikanischer Schauspieler gegen die "Olympischen Spiele des Völkermords in Beijing" gipfelten, bewirkten eine Aufweichung der chinesischen Haltung der "Nichteinmischung". Bereits seit 2006 vermittelte China in den Konflikten und erreichte, dass der Sudan dem Einsatz von Friedenstruppen der UN und der Afrikanischen Union zustimmte. Mit der Unabhängigkeit des Süd-Sudan 2011 verlor der Norden drei Viertel seiner Ölquellen. Jedoch ist der Süd-Sudan davon abhängig seine Öllieferungen durch eine Pipeline in den Norden nach Port Sudan zu leiten. Streitigkeiten über die Aufteilung der Kosten führten beide Länder schnell wieder an den Rand des Krieges und zur zeitweiligen Einstellung der Öllieferungen aus dem Süd-Sudan. China, das an der Wiederaufnahme der Lieferungen interessiert ist, hat in diesem Konflikt eine Vermittlerrolle übernommen.

Das Malakka-Dilemma

Über 80 Prozent der chinesischen Ölimporte werden mit Tankern durch die Straße von Malakka transportiert. Bei einer Blockade dieser Meerenge zwischen Malaysia und Indonesien wäre Chinas Energieversorgung derzeit extrem beeinträchtigt. Die chinesische Regierung versucht sich gegen das Malakka-Dilemma, wie es Präsident Hu Jintao 2003 in einer Rede bezeichnete, durch Aufrüstung und verstärkte Präsenz der chinesischen Marine im Indischen Ozean zu wappnen. Das Malakka-Dilemma motiviert China zugleich zunehmend aggressiv und mit militärischer Präsenz einen Anspruch auf umstrittene Gebiete im Ost- und Südchinesischen Meer (zum Beispiel die Diaoyu-Inseln und die Nansha Inseln) geltend zu machen, auf deren Meeresgrund große Rohstoffvorkommen vermutet werden. Zugleich soll das Malakka-Problem durch die Erschließung von Ausweichrouten und Stärkung von Energiepartnerschaften mit chinesischen Nachbarstaaten entschärft werden. Chinesische Energiestrategen sind bemüht Alternativen zur Transitroute in der Straße von Malakka zu finden. So begann 2011 der Bau einer Gas- und Ölpipeline vom Kyaukpyo-Hafen in Burma nach Kunming in Südchina. Die Pipeline soll künftig bis zu 20 Prozent des chinesischen Öl- und Gasbedarfs unter Umgehung der Malakka-Straße befördern. Die Fertigstellung des Projekts wird für 2013 erwartet. Jedoch könnte das politische Tauwetter in Burma, dessen ehemals im Westen isolierte Militär-Junta stets ein verlässlicher Partner Chinas war, Konsequenzen haben für Infrastrukturprojekte mit chinesischer Beteiligung. Nervös macht Chinas Energieplaner die von der neuen burmesischen Führung angeordnete Einstellung eines umstrittenen, von chinesischen Firmen geplanten Staudammprojekts. Der Betreiber der im Bau befindlichen Öl- und Gaspipeline, der Interner Link: chinesische Ölkonzern CNPC, hat nun zusätzliche Mittel zur Förderung von Schulen im Projektgebiet bereitgestellt. Ziel ist die Vermeidung von Protesten durch die lokale Bevölkerung, die enteignet wurde. Auch ist die Sicherheitslage im Projektgebiet weiterhin äußerst prekär. Auf fast 1.000 km Länge muss die Strecke von bewaffneten burmesischen Sicherheitskräften geschützt werden. Teilweise verläuft die Pipeline durch Gebiete, in denen sich die burmesische Armee noch immer in Kämpfe mit der Armee der Shan-Nationalität verwickelt ist.

Um die Versorgungswege zu diversifizieren, versuchte China daher in den letzten Jahren auch die Energieimporte aus den benachbarten zentralasiatischen Staaten und Russland zu erhöhen. Hierzu nutzt China die Shanghai Corporation Organisation (SCO), die 2001 von China, Russland und mehreren zentralasiatischen Staaten gegründet wurde und als sicherheitspolitisches Forum zur Bekämpfung von Terrorismus und Separatismus dienen soll. Die erste transnationale Öl-Pipeline wurde 2006 in Betrieb genommen, sie verbindet Atasu in Kasachstan mit Alashankou in Xinjiang. Die Pipeline wurde inzwischen auf kasachischer Seite ausgebaut und mit den kasachischen Ölfeldern nahe des Kaspischen Meers verbunden. 2011 bezog China 4 Prozent seiner Öllieferungen aus Kasachstan.

Seit 2011 ist China an die Zentral-Asien-China-Gas Pipeline angeschlossen, die in Turkmenistan beginnt und über Usbekistan und Kasachstan in die Autonome Region Xinjiang verläuft. Turkmenistan hat sich vertraglich verpflichtet bis 2030 jährlich 30 Milliarden Kubikmeter Erdgas an China zu liefern, das ist etwa ein Viertel des derzeitigen Verbrauchs in China. Zusätzlich hat China 2010 und 2011 weitere Abkommen mit Usbekistan und Kasachstan unterzeichnet, die China weitere 10 - 20 Milliarden Kubikmeter pro Jahr sichern. Im August 2012 wurde erstmals Gas aus Usbekistan nach China geliefert.

Russland spielte als Energielieferant Chinas bisher eine erstaunlich bescheidene Rolle. Erst 2011 wurde nach der Inbetriebnahme einer neuen Pipeline, die Sibirien mit dem chinesischen Ölzentrum Daqing verbindet, eine Steigerung der Importe verzeichnet. 2011 stammten 8 Prozent der Ölimporte und 4 Prozent der Gasimporte aus Russland. Das 2009 geschlossene Abkommen "Öl für Kredite" sichert China bis 2019 jährlich die Lieferung von 15 Millionen Tonnen Erdöl zu. Experten bezweifeln allerdings, ob Russland die Förderkapazitäten entsprechend ausbauen kann, um die Zusagen zu erfüllen. Auch kam es 2011 zu Verstimmungen wegen des Ölpreises, den China für zu hoch hielt. Chinesische Energieexperten fürchten, dass Russland mit der Pipeline Druck auf China ausüben könne, wenn es einseitig die Öllieferungen unterbreche, wie dies in der Vergangenheit im Preisstreit mit der Ukraine und Turkmenistan geschehen war. Auch sind aufgrund der russischen Restriktionen für ausländische Investitionen die Möglichkeiten für chinesische Energieunternehmen in Russland aktiv zu werden relativ eingeschränkt.

Lateinamerika und Nordamerika

Ölimporte aus Lateinamerika sind aufgrund der hohen Transportkosten im Vergleich zum Nahen Osten und Afrika vergleichsweise gering. Als Lieferant ist insbesondere Venezuela mit den erst kürzlich nachgewiesenen großen Teersandvorkommen im Orinoco Gürtel interessant. Dort profitierte China von der populistischen anti-amerikanischen Politik der Chavez-Regierung. Derzeit beteiligt sich China mit 8 Mrd. US-Dollar an Projekten der Ölindustrie. Im Gegenzug hat Venezuela zugesichert seine Exporte von derzeit 15 Millionen Tonnen pro Jahr bis 2015 auf 50 Millionen Tonnen zu erhöhen.

In Brasilien hat China seit 2006 mehrere Abkommen mit dem staatlichen brasilianischen Ölkonzern Interner Link: Petrobras geschlossen, die sich auf die Erschließung von Ölvorkommen im Land und vor der Küsten Brasiliens beziehen. Der wachsende einheimische Bedarf Brasiliens dürfte allerdings einer weiteren Steigerung der Öllieferungen aus Brasilien Grenzen setzen.

In Kanada sind PetroChina und Sinopec bei der Erschließung der Teersande aktiv. 2012 unterzeichnete die China National Offshore Oil Corporation (CNOOC) ein Abkommen zum Kauf der kanadischen Ölfirma Nexen im Wert 15 Mrd. US-Dollar, hier steht jedoch die Zustimmung der kanadischen Regierung für den endgültige Abschluss noch aus.

Kredite für Energie

Im Gegenzug für vereinbarte Energielieferungen verbindet China den Energiehandel mit entwicklungspolitischen Anreizen wie der Vergabe von zinsgünstigen Krediten oder Schuldenerlass. In zahlreichen Ländern vergibt Chinas Eximbank zinsgünstige Kredite an lokale Energieunternehmen, die im Gegenzug mit vereinbarten Energielieferungen abbezahlt werden. In vielen Fällen ist die Vergabe der Kredite an die Bedingung geknüpft, dass damit der Ausbau von Infrastruktur finanziert wird und dass chinesische Baufirmen bei Ausschreibungen bevorzugt behandelt werden. Dies betrifft zum Beispiel den Ausbau von Pipelines in Zentralasien, Russland und Burma, die Aufstockung von Eisenbahnfrachtkapazitäten aus Russland sowie den Ausbau von Ölhäfen.

Kritisiert wird am Auslandsengagement chinesischer Ölkonzerne, dass bei Vertragsabschlüssen Korruption im Spiel sei, Umweltschutz und Arbeitsschutz keine Rolle spielen und der lokalen Bevölkerung Beschäftigungsmöglichkeiten genommen würden, da viele Unternehmen ihre eigenen Arbeiter mitbringen. Dies mögen Gründe dafür sein, dass im Ausland tätige chinesische Unternehmen und deren Mitarbeiter in letzter Zeit auch häufiger Ziel von Aggressionen geworden sind. So wurden chinesische Mitarbeiter von Ölfirmen gekidnappt oder ermordet (so geschehen in Äthiopien, Pakistan, Sudan und Nigeria). In letzter Zeit bemüht sich China, das schlechte Image seiner Konzerne im Ausland zu verbessern. So traten 2007 Richtlinien für soziale Verantwortung von staatlichen Unternehmen in Kraft, die auch für im Ausland tätige Unternehmen gelten sollen. 2008 legte das Umweltministerium einen Entwurf für Umweltrichtlinien für chinesische Unternehmen im Ausland vor, der allerdings noch nicht ratifiziert ist.

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Dr. Eva Sternfeld ist auf eine auf Umweltpolitik und Ressourcenökonomie spezialisierte Sinologin. Seit 2008 ist sie Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der TU Berlin und leitet dort das Center for Cultural Studies on Science and Technology in China. Zuvor war sie von 2000 bis 2008 Leiterin des China Environment and Sustainable Development Reference and Research Center, ein dem chinesischem Umweltministerium unterstehendes öffentliches Informations- und Bildungszentrum in Beijing, das im Rahmen der deutsch-chinesischen Entwicklungszusammenarbeit aufgebaut wurde.

Siehe auch: Externer Link: www.china.tu-berlin.de