Regelwerke: Gesetze und Abkommen der Naturschutzpolitik
Völkerrecht, Europäisches Unionsrecht, nationales Recht
Detlef Czybulka
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Die rechtlichen Vorgaben für die Umwelt- und Naturschutzpolitik sind komplex. Sie sind aber notwendige Voraussetzung, um politische Vorgaben über wenig verpflichtende Absichtserklärungen hinaus verbindlich umzusetzen zu können. Welche Regelwerke es gibt und wie nationales und internationales Recht zusammenwirken, wird im Folgenden dargestellt.
Teil I
1. Einführung in die Struktur der Regelwerke: Mehrebenensystem ("Kaskadensystem") des Umwelt- und Naturschutzrechts
Naturschutzpolitik soll in Deutschland, Europa und den meisten Staaten der Erde mit Hilfe der Rechtsordnung umgesetzt werden.
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Mit Regelwerken kann menschliches Verhalten gegenüber der Natur gesteuert werden. Die Naturvorgänge selbst sind durch das Recht nicht steuerbar.
Neben verbindlichen Rechtsakten gibt es auf allen Ebenen zahlreiche Politiken und Strategien wie z. B. die Agenda 21, die als politisches Aktionsprogramm weltweite Aufmerksamkeit erfuhr, oder die nationale Biodiversitätsstrategie. Letztere ist zwar völkerrechtlich in der CBD (Convention on Diversity – Übereinkommen über die biologische Vielfalt) verankert, stellt selbst aber kein "Recht" dar. Da Verstöße oder Zielverfehlungen gegen derartige "Strategien" zumeist folgenlos sind, werden sie hier nicht behandelt. Naturschützer, deren Engagement wichtig ist, machen sich oft ein zu optimistisches Bild von der Relevanz solcher politischer Absichtserklärungen.
Das moderne Umweltrecht (ab den 1970er Jahren) ist ein komplexes Beziehungsgeflecht mehrerer zu unterscheidender Rechtsebenen (Mehrebenensystem). Das gilt inzwischen auch für das Naturschutzrecht (Recht der Erhaltung der Biodiversität), das in der Rechtswissenschaft als Teilgebiet des Umweltrechts behandelt wird, obwohl es vom Ansatz und den Instrumenten her viele Besonderheiten aufweist.
Das Völkerrecht als Ideengeber
Das Interner Link: Völkerrecht (heute überwiegend internationales Vertragsrecht) adressiert die Vertragsstaaten, nicht einzelne Staatsbürger*innen. Es bedarf also weiterer Umsetzung, wenn es Individuen vor Ort verpflichten soll. Das Völkerrecht ist oft Ideengeber für die anderen Ebenen, es besteht aber keine Hierarche in dem Sinne, dass das Völkerrecht dem Recht der Europäischen Union (oder dem nationalen Recht) übergeordnet wäre. Dies wird von juristischen Laien oft missverstanden. Art. 25 GG räumt nur den (wenigen) "allgemeinen Regeln des Völkerrechts" Vorrang ein, die beim Naturschutz keine Rolle spielen.
Das EU-Recht hingegen bestimmt maßgeblich sowohl faktisch als auch rechtlich (siehe Art. 23 GG) das nationale Umweltrecht. Für den Bereich des Naturschutzes gibt es nur wenige, aber wichtige Rechtsakte der EU, die von den Mitgliedstaaten umgesetzt werden müssen. Weil die EU im Hauptbereich "Umwelt" nur eine geteilte Zuständigkeit mit den Mitgliedstaaten hat (Art. 4 Abs. 2 Buchstabe e Vertrag über die Arbeitsweise der europäischen Union, AEUV), ergehen die Rechtsakte der Union im Naturschutz in der Regel als "Richtlinien", und nicht als (unmittelbar geltende) Verordnungen, wie es in der Handelspolitik oder der Landwirtschaftspolitik der Fall ist. Art. 288 Abs. 3 AEUV bestimmt, dass Richtlinien hinsichtlich ihres Ziels verbindlich sind, die Wahl der Form und der Mittel jedoch den "innerstaatlichen Stellen" überlassen sei.
Umsetzung gesetzlicher Vorgaben
Die Umsetzung erfolgt oft nur widerwillig oder unvollkommen. Die Bundesregierung hat bisher bei der Umsetzung des europäischen Umwelt- und Naturschutzrechts in nationales Recht eine sogenannte "1:1–Umsetzung" propagiert, die meist nur eine "Minimalumsetzung" darstellt, mit der man ein Vertragsverletzungsverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zu vermeiden hofft, was aber oft nicht gelingt. Zu dieser bedenklichen Herangehensweise bei der (gesetzlichen) Umsetzung europäischen Rechts treten Schwächen in der praktischen Umsetzung durch die Bundesländer hinzu, die ganz überwiegend für den Vollzug des Naturschutzrechts zuständig sind. Dazu gehört die nahezu flächendeckende Missachtung der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie, siehe unten) bei der Bewirtschaftung der Wälder in Schutzgebieten des "Natura 2000"-Netzes. Im Naturschutzrecht (und Wasserrecht) sind lokal oder regional bezogene untergesetzliche Normen, insbesondere Schutzgebietsverordnungen, häufig, sodass bis zu fünf Rechtsebenen zu berücksichtigen sind. Die "Kaskade" der oberen drei Rechtsebenen folgt jeweils unterschiedlichen systematischen und zum Teil auch inhaltlichen Konzepten. Im Folgenden werden die wichtigsten Rechtsgrundlagen auf internationaler, europäischer (EU) und nationaler Ebene vorgestellt.
2. Internationales Recht
Internationale Abkommen (Völkerrecht)
Die beiden wichtigsten internationalen Übereinkommen zur Bewältigung der "Doppelkrise" (Klimawandel und Biodiversitätsschwund) sind die Klimarahmenkonvention von 1994 und speziell für den Schutz der Biodiversität das Übereinkommen über die biologische Vielfalt von 1992, abgekürzt CBD. Beides sind rechtsverbindliche Übereinkommen, die von nahezu allen Staaten der Welt ratifiziert wurden, aber als Rahmenübereinkommen darauf angewiesen sind, dass weitere Ziele und konkrete Maßnahmen durch Nachfolgevereinbarungen oder Rechtsakte der Vertragsparteien festgelegt werden. Die CBD versteht Biologische Vielfalt umfassend als Vielfalt der Arten, innerhalb der Arten- und Ökosysteme. Nach Art. 8 Buchstabe a) ist jede Vertragspartei verpflichtet, ein System von Schutzgebieten oder Gebieten, in denen besondere Maßnahmen zur Erhaltung der biologischen Vielfalt erforderlich sind, einzurichten. Der Schutz der Lebensräume und Arten soll vor allem in ihrer natürlichen Umgebung ("in situ") erfolgen. Für die CBD kennzeichnend ist der Ökosystemansatz, der als Managementprinzip des Naturschutzes als "soft law" durch Beschlüsse und Empfehlungen der Vertragsstaatenkonferenzen (Externer Link: Conference of Parties, COP ) entwickelt wurde. Zu einem gewissen Bekanntheitsgrad haben es dabei die auf der COP 10 verabschiedeten sog. Aichi Biodiversity Targets gebracht.
Die CBD enthält auch das Ziel einer nachhaltigen Nutzung ("sustainable use") der Arten und Bestandteile der biologischen Vielfalt (Art. 3). Damit knüpft sie an die sog. Ramsar-Konvention an, die bereits 1976 die Vorstellung eines "wise use" (sinnvolle Nutzung) enthielt.
Zu den nur unzulänglich umgesetzten Übereinkommen zum Schutz von Fauna und Flora zählt die im Rahmen des Europarats schon 1979 geschlossene sog. Berner Konvention (BK) , die im Schutzzweck, der Systematik und der verwendeten "Anhang-Technik" schon weitgehend der FFH-Richtlinie entsprach. Im Rahmen der BK wird dem Schutz der wandernden Arten besondere Aufmerksamkeit gewidmet (Art. 4 BK).
Das war zuvor schon das zentrale Anliegen der 1972 in Stockholm vorbereiteten Bonner Konvention (CMS) gewesen. Unter dem Dach der CMS wurden regionale Abkommen geschlossen. Das Abkommen zur Erhaltung der Kleinwale in der Nord- und Ostsee vom 31.03.1992 sowie das Abkommen zur Erhaltung der afrikanisch-eurasischen wandernden Wasservögel aus dem Jahre 1995 haben für Deutschland einige Bedeutung.
Wichtiges Artenschutzrecht
Zum Artenschutzrecht zählt das globale Washingtoner Artenschutzübereinkommen (WA) von 1973, englisch abgekürzt CITES. Es gehört zu den Ergebnissen der epochalen Stockholmer UN-Umwelt-Konferenz von 1972. CITES soll vor allem den Gefährdungen von Arten durch den internationalen Handel begegnen, die je nach ihrer Seltenheit und Schutzbedürftigkeit in unterschiedlichen Anhängen aufgelistet sind. Das WA gilt aber – was oft übersehen wird – nicht nur für exotische "Touristensouvenirs", sondern auch für einheimische Arten, so etwa für Schneeglöckchen (WA-Anhang II). Das Hauptinstrument des WA ist ein Genehmigungssystem für Im- und Exporte. Da sich WA und CBD letztlich auf den gleichen Gegenstand beziehen (die Erhaltung der biologischen Vielfalt), wurden Hoffnungen auf Synergieeffekte zwischen beiden Konventionen gelegt. Die CBD enthält wegen ihres umfassenden Ökosystemansatzes (siehe oben) selbst keine "Kataloge" schutzbedürftiger Arten. In Entscheidungen internationaler Gerichte wurde CITES herangezogen, um z. B. die Schutzbedürftigkeit von Habitaten und Arten im Sinne der CBD bzw. des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen (SRÜ) zu begründen. Wegen potentieller negativer Auswirkungen auf den illegalen Handel, die Schwarzmarktpreise und die Wilderei sind z. B. sowohl die zeitweise praktizierten Elfenbeinauktionen unter internationaler Kontrolle (zur Finanzierung von nationalen Naturschutzmaßnahmen) als auch die Vernichtung eingezogener Erzeugnisse umstritten.
Die Aarhus-Konvention (AK) von 1998 ist für die Durchsetzung der Beteiligungsrechte von Umweltvereinigungen und evtl. auch einzelner Bürger*innen wichtig. Nach traditioneller deutscher Rechtsauffassung wird Rechtsschutz nur zur Durchsetzung eigener subjektiv-öffentlicher Rechte gewährt (vgl. § 42 Abs. 2 und 113 Abs. 1 S. 1 und Abs. 5 VwGO, "Klagebefugnis"). Naturschutzbelange seien aber Allgemeinwohlbelange und damit rein "objektives" Recht. Die Rechtsschutzgarantie des Art. 9 Abs. 2 und 3 AK geht über diese Sichtweise hinaus. Die AK wurde durch die EU ratifiziert; die Interpretation der AK durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) bewirkt – jedenfalls im Hinblick auf Umwelt- und Naturschutzrecht mit unionsrechtlichem Ursprung – eine Erweiterung der zulässigen Rechtsbehelfe nach dem (nationalen) Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG) und der Mitwirkung von anerkannten Naturschutzvereinigungen nach §§ 63, 64 BNatSchG. Die Einzelheiten der Erweiterung der Mitwirkungs- und Klagerechte sind sehr umstritten.
Europäisches Unionsrecht
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Wenn Naturschutzpolitik real umgesetzt werden soll, muss sie mit ihren Zielen, Instrumenten und Maßnahmen in andere Rechtsbereiche der Land- und Gewässernutzung (einschließlich der Meeresnutzung) hineinwirken.
Diese Anforderung erkennt Art. 11 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), wo es heißt, dass die Erfordernisse des Umweltschutzes bei der Festlegung und Durchführung der Unionspolitiken und -maßnahmen insbesondere zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung einbezogen werden müssen. Eine solche Integrations- oder Querschnittsklausel fehlt im nationalen Recht.
Als die Europäische Gemeinschaft (EG) 1992 einstimmig die sog. Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-RL) verabschiedete und damit das Anwendungsfeld des europäischen Naturschutzrechts ausweitete, wurden die Regelungsziele der Berner Konvention (teilweise) umgesetzt und von den Mitgliedstaaten der (späteren) EU erstmals ernst genommen. Gleichwohl kommt es nach wie vor zu Vertragsverletzungsverfahren vor dem EuGH – auch gegen Deutschland – wegen mangelhafter Umsetzung der FFH-Richtlinie, wie zuvor schon bei der Vogelschutzrichtlinie (VRL) aus dem Jahre 1979. RL 79/409/EWG über die Erhaltung wild lebender Vogelarten, ABl. L 103/1, jetzt: konsolidierte Fassung als RL v. 30.11.2009 (Abl. 2010, L 20,7). Das durch die FFH-Richtlinie konstituierte Schutzsystem "Natura 2000" wurde offiziell als Umsetzung des Auftrags aus Art. 8 Buchstabe a) CBD kommuniziert, was aus der zeitlichen Perspektive nicht völlig korrekt ist. Das nationale Gewässerschutzrecht wurde durch die Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) maßgeblich (um)gestaltet und "ökologisiert". Für den Meeresschutz gewinnt die Meeresstrategierahmen-Richtlinie (MSRRL) an Bedeutung.
FFH-RL und Vogelschutz-RL konstituieren den Kern des Europäischen Naturschutzrechts (zur inhaltlichen Darstellung siehe unten). Flankiert werden diese zentralen Regelungen für das Schutzgebietssystem "Natura 2000 " von der Umwelthaftungsrichtlinie, die eine öffentlich-rechtlich begründete Verantwortlichkeit der "Betreiber" für Umweltschäden an Lebensräumen und Arten, die nach EU-Recht geschützt sind, eingeführt hat. Im Bereich der Landnutzung, insbesondere der Land- und Forstwirtschaft, fehlt bislang ein konzeptioneller Zugriff der EU zugunsten des Naturschutzes, was im Bereich der Landwirtschaft nicht zuletzt auf den Widerstand Deutschlands (und anderer Mitgliedstaaten) gegen entsprechende Reformvorschläge, und bei der Forstwirtschaft auf fehlende Kompetenzen der EU zurückzuführen ist.
Sowohl FFH- als auch VRL enthalten neben dem zentralen Interner Link: Habitatschutz auch Vorschriften zum Artenschutz, die insbesondere für das Fachplanungsrecht und Managementpläne für unionsrechtlich geschützte Tierarten wie den Wolf Bedeutung haben. In Anknüpfung an das WA gibt es eine unionsrechtliche Artenschutzverordnung und sie umrahmende Folgeverordnungen.
Die Mitgliedstaaten, die für die Erhaltung der in Anhang I der VRL aufgeführten Arten (u. a. Seeadler und Weißstorch) verantwortlich sind, haben geeignete Schutzgebiete auszuweisen, Art. 4 VRL. Es besteht insoweit eine Verpflichtung des Mitgliedstaates und nicht nur ein Ermessen, wie dies in Deutschland zuvor bei (nationalen und regionalen) Schutzgebieten angenommen wurde. Diese Gebiete bilden zusammen mit den sog. FFH-Gebieten das Netz "Externer Link: Natura 2000", das flächenmäßig größte Schutzgebietsnetz in Europa.
Alle zum Netz "Natura 2000" gehörenden Gebiete, insbesondere auch die Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung nach Art. 4 Abs. 1 der FFH-Richtlinie, waren von der zuständigen Naturschutzbehörde mit den jeweiligen Erhaltungszielen bis zum 4. Juni 2004 zu Schutzgebieten im Sinne des § 32 Abs. 1 BNatSchG zu erklären. Die Gebietsauswahl selbst hatte nach rein fachlichen Kriterien, so dem Repräsentativitätsgrad (Grad des Vorhandenseins) und der ökologischen Qualität der im Gebiet vorkommenden Lebensraumtypen und Arten, zu erfolgen. Die Wahl der (nationalen) Schutzgebietskategorie soll nach pflichtgemäßem Ermessen von der Naturschutzbehörde vorgenommen werden. Gemäß § 32 Abs. 4 BNatSchG soll die Unterschutzstellung unterbleiben können, soweit
nach anderen Rechtsvorschriften,
nach Verwaltungsvorschriften,
durch die Verfügungsbefugnis eines öffentlichen oder gemeinnützigen Trägers oder
durch vertragliche Vereinbarungen
ein gleichwertiger Schutz gewährleistet ist. Wann dies der Fall ist, ist sehr umstritten, und dieses "Schlupfloch" wird von den Ländern genutzt, um den Verpflichtungen nach Unionsrecht nicht ausreichend nachzukommen.
Teil 2
3. Nationales Recht
Verfassungsrecht
Seit 1994 enthält das Grundgesetz (GG) Art. 20a als Staatszielbestimmung. Art. 20a GG verpflichtet den Staat zum Schutz der "natürlichen Lebensgrundlagen", und zwar "auch in Verantwortung für die künftigen Generationen".
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
Art 20a Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung.
Die 2002 erfolgte Erweiterung der Bestimmung auf den Schutz der Tiere wird hier nicht behandelt, weil sie die Naturschutzpolitik allenfalls am Rande betrifft. Die übliche Interpretation der Staatszielbestimmung als "Staatsziel Umweltschutz" wird zunehmend kritisiert, weil sie den Fokus zu sehr auf den "technischen" Umweltschutz richtet und den Naturschutz (Schutz der Biodiversität auch der Kulturlandschaft) vernachlässigt.
Mit der Einfügung des Art. 20a hat das GG eine Entwicklung aufgegriffen, die sich in den Landesverfassungen bereits in den 1970er und 1980er Jahren zeigte. Die neuen Bundesländer haben vom Beginn ihrer staatlichen Existenz an ab 1990 allesamt derartige Staatszielbestimmungen in ihre Landesverfassungen aufgenommen. Schutzgüter dieser Verfassungsbestimmungen sind die natürlichen Lebensgrundlagen einschließlich der Kulturlandschaft . Die aktuelle Bedeutung des Art. 20a GG zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen lässt sich wie folgt zusammenfassen: Als Staatszielbestimmung hat die Norm objektiv-rechtlichen Charakter; sie verpflichtet die staatlichen Organe, der Gesetzgeber hat einen Konkretisierungsauftrag. Diese Ausgestaltung fehlt teilweise, z. B. bei der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung.
Zitat
Art. 20a gewährt aber nach (noch) herrschender Meinung kein subjektives Recht des Einzelnen gegenüber dem Staat auf eine gesunde oder naturnahe Umwelt.*
Das Recht auf ein "ökologisches Existenzminimum"
Allerdings lässt sich aus Art. 20a wohl ein Recht (des Menschen) auf ein "ökologisches Existenzminimum" ableiten. Das schmälert aber nicht die Bedeutung einer gesetzlichen Ausgestaltung des Schutzes der Biodiversität, weil dieser vom Niveau deutlich anspruchsvoller sein muss, um Arten und Ökosysteme vor Verschlechterung zu bewahren. So mag zwar die Einhaltung eines Grenzwertes für bestimmte Luftschadstoffe die menschliche Gesundheit nicht gefährden, die gleiche Konzentration z. B. von Ammoniak verursacht aber die Gefährdung geschützter Lebensraumtypen und Pflanzen.
Art. 20a GG ist Auslegungshilfe für die Interpretation einschlägigen Rechts (auch des Völkerrechts) durch die staatlichen Organe.
Staatszielbestimmungen können auch als sog. Ermessensdirektive wirken, wenn der Behörde, wie im Falle der naturschutzrechtlichen Befreiungsvorschriften des § 67 BNatSchG, ein Ermessensspielraum eingeräumt ist. Art. 20a GG hat auch Einfluss auf Abwägungsvorgänge etwa im Bereich der Planung. Insoweit wird die Verfassungsbestimmung als Optimierungsgebot aufgefasst. Art. 20a GG enthält ein allgemeines Verschlechterungsverbot in Bezug auf die Situation der natürlichen Lebensgrundlagen. Das Verschlechterungsverbot schließt zwar einzelne Verschlechterungen von Natur und Landschaft nicht aus, gebietet dann aber Kompensation (siehe unten Eingriffs- und Ausgleichregelung). Eine gewisse räumliche Konkretisierung des Verbots kann in Bezug auf die 73 naturräumlichen Haupteinheiten in Deutschland angenommen werden. Die Frage, ob sich für den Naturschutz ein "Integritätsmaßstab" ableiten lässt, wonach für die heimischen Tiere und Pflanzen diejenigen Bedingungen erhalten bleiben oder wiederhergestellt werden müssen, die ihr Überleben als Art in freier Natur und in den heimischen Regionen ermöglichen, dürfte im Grundsatz zu bejahen sein. Im Übrigen verbleibt es bei der prinzipiellen Gleichordnung des Art. 20a mit anderen Verfassungsprinzipien.
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Naturschutzbelange haben keinen absoluten Vorrang gegenüber anderen öffentlichen Belangen.
Dies ergibt auch § 2 Abs. 3 BNatSchG, das naturschutzrechtliche Abwägungsgebot.
Einhaltung des Verschlechterungsverbots muss überwacht werden
Das Verschlechterungsverbot bezieht sich nur auf anthropogene Ursachen, wozu auch der Klimawandel zählt. Das BVerfG hat im März 2021 die Bedeutung des Art. 20a GG in seinem Beschluss zu den Klimaschutz-Verfassungsbeschwerden deutlich gestärkt, insbesondere unter dem Aspekt der "intertemporalen Freiheitssicherung". Es ist aber nicht erkennbar, dass das BVerfG damit von seiner bisherigen Auffassung abrückt, dass Art. 20a GG dem Einzelnen kein subjektives Recht auf Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen gewährt. Sondern der Gesetzgeber ist aufgerufen, innerhalb eines grundsätzlich weiten Spielraums konkretisierendes Recht zu setzen, wobei das (ökologische) Nachhaltigkeitsprinzip und das Vorsorgeprinzip zu beachten sind.
Die Einhaltung und Überwachung des Verschlechterungsverbots setzt ein entsprechendes "Monitoring" (Umweltbeobachtung ) voraus, das die relevanten Daten sammelt und zur Verfügung stellt. Dies geschieht auf Bundes- wie Landesebene unter Einbeziehung insbesondere des ehrenamtlichen Naturschutzes .
Das Bundenaturschutzgesetz (BNatSchG)
Das Bundesnaturschutzgesetz aus dem Jahr 1976, das als BNatSchG 2010 erstmals als sog. Vollregelung in der Kompetenz des Bundes erging , ist die wichtigste nationale Kodifikation der Naturschutzpolitik. Die Länder haben eine (eingeschränkte) Befugnis zur Abweichungsgesetzgebung nach Art. 72 III 1 Nr. 2, 84 I 2.Hs. 2 GG, von der sie auch Gebrauch gemacht haben. Das nationale Recht lässt also in gewissem Umfang Abweichungen durch den Landesgesetzgeber zu, allerdings nicht im Artenschutzrecht und im Recht des Meeresnaturschutzes. Das BNatSchG soll auch das europäische Unionsrecht und internationale Abkommen in die eigene Rechtsordnung integrieren. Nach § 2 Abs. 5 unterstützt der Bund die internationalen und europäischen Bemühungen auf dem Gebiet des Naturschutzes und der Landschaftspflege. Der Aufbau und der Schutz des Europäischen ökologischen Netzes "Natura 2000" sind zu unterstützen. Das BNatSchG wurde deshalb wiederholt novelliert, von einiger Bedeutung war zuletzt das sog Insektenschutzgesetz 2021.
§ 1 Abs. 1 umreißt die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege. Die Vorschrift ist als sog. allgemeiner Grundsatz ausgestaltet und damit abweichungsfest (vgl. Art. 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GG). Danach sind Natur und Landschaft "auf Grund ihres eigenen Wertes und als Grundlage für Leben und Gesundheit des Menschen auch in Verantwortung für die künftigen Generationen im besiedelten und unbesiedelten Bereich […] so zu schützen, dass
die biologische Vielfalt,
die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts einschließlich der Regenerationsfähigkeit und nachhaltigen Nutzungsfähigkeit der Naturgüter sowie
die Vielfalt, Eigenart und Schönheit sowie der Erholungswert von Natur und Landschaft
auf Dauer gesichert sind […]" (siehe auch Quellenkasten "Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege / Bundesnaturschutzgesetz – BNatSchG" weiter unten).
Diese Zielstellung übernimmt (auch) den Ansatz des "intrinsic value" der CBD ("aufgrund ihres eigenen Wertes"), der Umweltethikern Probleme bereitet. Die angestrebte "Verwirklichung der Ziele", wie sie in § 1 Abs. 2-6 und in § 2 detailliert wiedergegeben wird, stellt nur einen potentiellen Maßnahmenkatalog dar. Die Umsetzung durch Ordnungs- und Planungsrecht obliegt in den meisten Fällen den Behörden, die über Vorhaben entscheiden, welche potentiell die Natur gefährden (z. B. Straßenbau, Industrieansiedlung, Wasserbau ), nicht den Naturschutzbehörden. Diese haben nur die in § 3 vorgesehenen (Auffang-)Befugnisse. Außerdem sind die Naturschutzbehörden beim sog. Vertragsnaturschutz vor allem bei der Umsetzung von Förderprogrammen im Bereich der Land- und Forstwirtschaft tätig.
Mitsprachemöglichkeit der Naturschutzbehörden
Bei der Umsetzung von Ordnungsrecht kommt es darauf an, ob die zuständigen Behörden nur das "Benehmen" mit der Naturschutzbehörde herzustellen haben oder ob "Einvernehmen" erforderlich ist. Letzteres räumt der Naturschutzbehörde Mitsprache und einen Gestaltungsspielraum ein, weil die Fachbehörde ihre Zustimmung benötigt. Bei der personellen und sachlichen Ausstattung der Behörden ist von einer starken Unterlegenheit der Naturschutzbehörden gegenüber den (entscheidenden) Fachbehörden auszugehen. Es kommt deshalb oft zu einer informellen Kooperation zwischen Naturschutzbehörde und anerkannten Naturschutzvereinigungen, die ihre Mitwirkungsrechte z. B. nach § 63 BNatSchG geltend machen. In weiten Bereichen der Landnutzung (Land- und Forstwirtschaft) sind von den Nutzern keine Genehmigungen einzuholen, sodass die Kenntnis der Naturschutzbehörde von naturschädigenden Aktivitäten mehr oder weniger zufällig ist.
Problematische industrialisierte Landwirtschaft
Das Verhältnis zwischen heutiger industrialisierter Landwirtschaft (irreführend "konventionelle" Landwirtschaft genannt) und Naturschutz ist sehr problematisch, weil diese – anders als die Landwirtschaft bis in die 1960er Jahre – eben nicht natur- und landschaftsverträglich ist, sondern besonders negativ auf die Biodiversität einwirkt. Eine – zaghafte – Gegensteuerung stellen die in § 5 BNatSchG aufgeführten zu "beachtenden" Grundsätze der guten fachlichen Praxis (GfP) dar; Abs. 3 normiert das bei der forstlichen Nutzung zu "verfolgende Ziel" zum Aufbau naturnaher Wälder, Abs. 4 fordert bei der fischereiwirtschaftliche Nutzung oberirdischer Gewässer, diese als Lebensstätte und Lebensräume für heimische Tier- und Pflanzenarten zu erhalten (und zu fördern).
Die GfP wurden oft als "Mindestanforderungen" dargestellt, jedoch fehlen ihnen i. d. R. der erforderliche Konkretisierungsgrad und damit auch die Durchsetzbarkeit. Obwohl das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) diese Auslegung von § 5 BNatSchG im Jahre 2016 bestätigt hat, es sich also nicht um eine Gebots- oder Verbotsnorm, sondern nur um eine Grundsatznorm handelt, welche nicht zu konkreten Maßnahmen befugt, ist der dringende Novellierungsbedarf in der 19. Legislaturperiode "übersehen" worden. Das hat den Deutschen Naturschutzrechtstag (DNRT) veranlasst, in seiner "Leipziger Erklärung" die Schaffung eines modernen, biodiversitätserhaltenden, klima- und gewässerschonenden Landwirtschaftsgesetzes zu fordern. Daraus hat sich eine rechtswissenschaftliche und interdisziplinäre Diskussion zur Erforderlichkeit eines (nationalen) Ordnungs- und Förderungsrechts für die Landnutzung entwickelt, die inzwischen auch das Wald- und Forst recht erfasst hat.
Die Instrumente des Naturschutzrechts im Bundesnaturschutzgesetz
Aufgaben, Inhalt und Ebenen der Landschaftsplanung regeln §§ 8-12 BNatSchG. § 8 formuliert als "Allgemeinen Grundsatz", dass die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege als Grundlage vorsorglichen Handelns im Rahmen der Landschaftsplanung überörtlich und örtlich konkretisiert und die Erfordernisse und Maßnahmen zur Verwirklichung dieser Ziele dargestellt und begründet werden müssen. Die Landschaftsplanung ist jedoch durchsetzungsschwach.
Mindestschutz der Natur: Die Eingriffs- und Ausgleichsregelung
Außerhalb speziell geschützter Teile von Natur und Landschaft gilt als ubiquitärer Minimalschutz die sog. Eingriffsregelung. Sie spiegelt die Tendenz des modernen Naturschutzrechts wider, nicht mehr nur konservierender Gebietsschutz bestimmter Flächen zu sein, sondern "überall" im gesamten Raum einen – freilich begrenzten – Naturschutz zu ermöglichen. Die Regelung setzt voraus, dass ein Vorhaben beabsichtigt ist, das eine erhebliche, d. h. nicht nur ganz vorübergehende Verschlechterung des Zustandes von Natur und Landschaft mit einigem Gewicht zur Folge hätte.
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Jeder Verursacher (also auch die öffentliche Hand) wird verpflichtet, den "Eingriff" (z. B. durch Bau einer Straße oder einer ortsfesten Anlage) zu minimieren und zu kompensieren.
Tatbestandliche Voraussetzung für diese Rechtsfolge ist eine Veränderung der Gestalt oder der Nutzung von Grundflächen oder Veränderungen des mit der belebten Bodenschicht in Verbindung stehenden Grundwasserspiegels. Die §§ 13 ff. stellen die wohl wichtigste Regelung im (nationalen) Naturschutzrecht dar.
Die Eingriffsregelung besteht seit über 35 Jahren und hat sich insgesamt bewährt. Dies gilt nicht für die Land- und Forstwirtschaft, wo § 14 Abs. 2 BNatSchG in den meisten Fällen zu einer Freistellung dieser Nutzungen führt, weil die Anforderungen an die gute fachliche Praxis wegen deren "Grundsatzcharakter" (siehe oben) nicht durchgesetzt werden (können). Klarstellungen wie in § 12 Abs. 1 Nr. 16 NatSchAG M-V, der bestimmt, dass mit der Änderung der Nutzungsart von Dauergrünland auf Niedermoorstandorten ein Eingriff verbunden ist, sind wichtig, führen aber nicht zu befriedigenden Gesamtlösungen. Weil landwirtschaftliche Flächen im Prinzip durch die Eingriffsregelung doppelt betroffen sind, wird zunehmend eine "Produktionsintegrierte Kompensation" angestrebt. Wie § 18 Abs. 1 und 2 klarstellt, findet die "klassische" Eingriffsregelung auf Vorhaben in Gebieten mit Bebauungsplänen, während der Planaufstellung und im Innenbereich keine Anwendung, sondern die sog. städtebauliche Eingriffsregelung, eine planungsrechtliche Variante (gem. §§ 1 Abs. 6 Ziff. 7, 1a, 135 a-c BauGB). Deren Umsetzung in den Kommunen ist häufig defizitär.
Als Rechtsfolgen eines tatbestandlich vorliegenden Eingriffs ergeben sich in einem Stufenverhältnis Vermeidungs-, Ausgleichs- sowie Ersatzmaßnahmenverpflichtungen des Vorhabenträgers, gegebenenfalls Verpflichtungen zur Ausgleichszahlung, und im äußersten Fall die Rechtsfolge der (dann zwingenden) Untersagung.
Die Vermeidungsverpflichtung wird im Rahmen der Zulassungsentscheidung regelmäßig durch Nebenbestimmungen (z. B. Auflagen) konkretisiert und sichergestellt. Auf dieser Stufe scheitern nur Vorhaben, die generell ungeeignet sind oder Alternativen am Standort nicht wahrnehmen, die den Eingriff unter die Schwelle der Erheblichkeit sinken ließen. Das sind geschätzt ca. 3 % der Vorhaben.
Soweit Beeinträchtigungen nicht zu vermeiden sind, hat der Verursacher dies bei seiner Planung darzustellen und innerhalb einer zu bestimmenden Frist die Eingriffe so auszugleichen, dass nach dem Eingriff oder dem Ablauf der Frist keine erheblichen oder nachhaltigen Beeinträchtigungen des Naturhaushalts zurückbleiben und das Landschaftsbild landschaftsgerecht wiederhergestellt oder neu gestaltet ist (Ausgleichsmaßnahmen, § 15 Abs. 2 S. 1 Hs. 1, S. 2 BNatSchG). Der Ausgleich muss nicht notwendig an der Stelle des Eingriffs erfolgen, aber unter Wahrung des funktionellen Zusammenhangs zwischen Eingriff und Ausgleich.
Ist ein Eingriff nicht in dem erforderlichen Maße ausgleichbar, hat der Verursacher möglichst in dem vom Eingriff betroffenen Naturraum durch geeignete Maßnahmen die beeinträchtigten Strukturen, Funktionen und Prozesse von Natur und Landschaft möglichst gleichwertig oder ähnlich zu ersetzen (Ersatzmaßnahmen, § 15 Abs. 2 S. 1 Hs. 2, S. 3 BNatSchG).
Ob Ausgleichs- und/oder Ersatzmaßnahmen angeordnet werden, entscheidet die Behörde nach fachlichen Gesichtspunkten; der Verursacher hat trotz der – im Wesentlichen – Gleichstellung von Ausgleich und Ersatz im BNatSchG 2010 nicht die freie Wahl.
Sind weder Ausgleichs- noch Ersatzmaßnahmen (nachweisbar) aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen möglich, hat der Verursacher nachrangig gegenüber den anderen Maßnahmen für verbleibende erhebliche Beeinträchtigungen eine Ersatzzahlung zu leisten, die zweckgebunden für Maßnahmen des Naturschutzes möglichst in dem betroffenen Naturraum zu verwenden ist (§ 15 Abs. 6 S. 7 BNatSchG). Das Aufkommen an Ersatzzahlungen ist erheblich, so wurden etwa in Brandenburg seit 1995 rund 50 Millionen Euro an Ersatzzahlungen für Windkraftanlagen an die landeseigene Stiftung gezahlt.
Wenn auch eine Kompensation in sonstiger Weise nicht in Betracht kommt, ist zu prüfen, ob die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege bei der Abwägung aller (sonstigen, z. B. infrastrukturellen) Anforderungen an Natur und Landschaft den anderen (öffentlichen und privaten) Belangen im Range vorgehen oder nicht (§ 15 Abs. 5 BNatSchG). Sind bei der Abwägung die Naturschutzbelange vorrangig, ist der Eingriff unzulässig und deshalb die Genehmigung für den Eingriff zwingend zu untersagen (siehe § 15 Abs. 5 BNatSchG). Dies kommt jedoch sehr selten vor.
Projekte mit Auswirkungen auf Gebiete im Netz "Natura 2000" – Verträglichkeitsprüfung und Abweichungsentscheidung
Projekte (und Pläne) mit Auswirkungen auf Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung (FFH) und Europäische Vogelschutzgebiete unterliegen der verschärfenden Regelung der §§ 32-34 BNatSchG. Man spricht hier auch von Habitatschutz, Es gilt ein wirkungsbezogener Projektbegriff, der weiter ist als der Eingriffsbegriff. Projekte sind prinzipiell unzulässig, wenn sie das "Natura 2000"-Gebiet in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen erheblich oder nachhaltig beeinträchtigen können. Der jeweilige Schutzzweck des Gebiets ergibt sich aus der zugrundeliegenden Schutzgebietsverordnung (siehe § 34 Abs. 1 S. 2 BNatSchG). Soweit vorhanden, sind die Managementpläne heranzuziehen (siehe § 32 Abs. 5 BNatSchG).
Schutzzweck und Erhaltungsziele liefern die Maßstäbe für die Verträglichkeitsprüfung (VP), die bei Projekten (dazu zählen auch alle Eingriffe) und Plänen durchzuführen ist, wenn sie "einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, das Gebiet erheblich zu beeinträchtigen" (§ 34 Abs. 1 S. 1 BNatSchG). Um dies festzustellen, bedarf es einer mehrstufigen Verträglichkeitsprüfung (VP), in aller Regel jedenfalls einer Vorprüfung. Der EuGH und ihm folgend das BVerwG stellten klar, dass grundsätzlich jede Beeinträchtigung der festgelegten Erhaltungsziele des Gebiets erheblich ist und als Beeinträchtigung des Gebiets als solches gewertet werden muss. Damit ist die VP in den meisten Fällen zwingend durchzuführen. Die VP ist von der aus dem Umweltrecht bekannten Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) zu unterscheiden, auch wenn die Prüfungen im Verfahren kombiniert werden können. Gradmesser der VP ist der in Art. 1 Buchstaben e, i FFH-RL definierte "günstige Erhaltungszustand" des geschützten natürlichen Lebensraums bzw. der Art(en); die Prüfung ist gebietsspezifisch für alle vorkommenden Schutzgüter vorzunehmen. Zu prüfen sind auch Projekte, die von außen auf ein "Natura 2000"-Gebiet einwirken. Dies kann z. B. bei Eintragungen von Stickstoffverbindungen über den Luftpfad erforderlich werden.
Besonders intensive Prüfung
Ergibt die Verträglichkeitsprüfung, dass das Projekt zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets führt, ist es unzulässig, wenn nicht die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Ausnahme vorliegen. Diese Abweichungsentscheidung darf nur bei zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art und, soweit zumutbare Alternativen, den mit dem Eingriff verfolgten Zweck an anderer Stelle ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen zu erreichen, nicht gegeben sind, getroffen werden (vgl. Art. 6 Abs. 4 FFH-RL, § 34 Abs. 3 BNatSchG).
Befinden sich in dem von dem Eingriff betroffenen Gebiet sog. prioritäre Biotope, z. B. ein Schlucht- und Hangmischwald (Tilio-Acerion) oder prioritäre Arten (z. B. der Eremit , eine xylobionte Käferart) werden die Anforderungen weiter verschärft. Als zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses können dann nur solche im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen, der öffentlichen Sicherheit, einschließlich der Landesverteidigung und des Schutzes der Zivilbevölkerung, oder den maßgeblich günstigen Auswirkungen des Eingriffs auf die Umwelt geltend gemacht werden. Sonstige Gründe im Sinne des § 34 Abs. 3 Nr. 1 BNatSchG können nur berücksichtigt werden, wenn zuvor eine Stellungnahme der Kommission eingeholt worden ist (siehe § 34 Abs. 4 S. 2 BNatSchG).
Schutz, Pflege und Entwicklung bestimmter Teile von Natur und Landschaft (Gebietsschutz)
Der Gebietsschutz ist ein klassisches Instrument des Naturschutzrechts. Teile von Natur und Landschaft können rechtlich verbindlich zu Schutzgebieten einer bestimmten Schutzgebietskategorie, z. B. zum "Naturschutzgebiet" (NSG) erklärt werden, und erhalten dadurch im Zusammenspiel mit der jeweiligen Schutzgebietsverordnung einen besonderen Rechtsstatus. Bekannt ist die Kategorie des Nationalparks, eine "Erfindung" aus den USA, wo 1872 der Yellowstone Nationalpark als erster Nationalpark der Welt gegründet wurde. In Deutschland gibt es gegenwärtig Externer Link: 16 Nationalparke, die von den Ländern verwaltet werden und (ohne die marinen Gebiete von Nord- und Ostsee) 0,6 % der terrestrischen Fläche ausmachen. Die Schutzgebietskulisse in Deutschland wird geprägt von Landschaftsschutzgebieten (LSG) , die einen schwachen Schutzstatus haben und ca. 28 % der Fläche Deutschlands ausmachen. Sie sind auf den Schutz der Kulturlandschaft ausgerichtet, was im Wesentlichen über ein Bauverbot und Elemente der Biotopvernetzung erreicht werden soll.
Mit der Unterschutzstellung können rechtliche Probleme wegen erforderlichen Beschränkungen der Eigentumsnutzung, etwa für Land- und Forstwirte, auftreten. Für öffentliches Eigentum gilt dies nicht, weil der Staat keinen Grundrechtsschutz genießt, sondern die Grundrechte Privater schützen soll. Auch das Privateigentum wird im Grundgesetz nicht schrankenlos gewährleistet.
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
Art 14 (1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. (3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
Vielmehr heißt es dort, dass Inhalt und Schranken durch die Gesetze bestimmt werden (siehe Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG). "Gesetz" in diesem Sinne ist das BNatSchG, das solche Schutzgebiete vorsieht, sind aber speziell auch die schutzgebietsbezogenen Rechtsnormen. Die in Rechtsverordnungen vorgesehenen Einschränkungen der Nutzung (z. B. Dünge- und Pestizidverbot, Verbot der Entwässerung) sind i. d. R. verfassungsrechtlich unbedenkliche Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums im Sinne von Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG, die auch wegen der "Situationsgebundenheit" des Grundstücks entschädigungslos hinzunehmen sind. Hierin zeigt sich die Ökologiepflichtigkeit des Eigentums an Natur. Es sind Fälle denkbar, in denen die Inhaltsbestimmung ausgleichspflichtig wird, insbesondere wenn die Beeinträchtigung nicht mehr zumutbar ist im Sinne des § 68 Abs. 1. Unterhalb dieser Stufe können die Länder gemäß § 68 Abs. 4 einen "Härteausgleich" für wesentliche Erschwernisse in der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft vorsehen. Auf diesen Billigkeitsausgleich besteht kein Rechtsanspruch, er wird aber im Rahmen der haushaltsrechtlichen Möglichkeiten gewährt.
Insgesamt ist die Praxis dadurch gekennzeichnet, dass auch Rechtsverordnungen für die "strenge" Kategorie des Naturschutzgebiets (NSG) zahlreiche Ausnahmen z. B. für die Beibehaltung "bisheriger Nutzungen" vorsehen, was zu einer schleichenden Verschlechterung der Gebiete führen kann. Die Intensivierung der Nutzung (auch) in geschützten Waldgebieten durch die Einführung von "Vollerntnern" (Harvester ) verlief außerhalb der Rechtsordnung und unterläuft den Schutzanspruch insbesondere in NSG und im Netz "Natura 2000", zumal auch die übrigen Anforderungen im "Natura 2000"-Wald flächenhaft nicht eingehalten werden. Insbesondere werden selten geeignete Managementpläne aufgestellt, vielmehr wird oft nach für den Naturschutz ungeeigneten "Forsteinrichtungen" und jährlichen "Hiebsätzen" gewirtschaftet.
Bestimmte Teile von Natur und Landschaft mit einer besonderen Bedeutung, wie z. B. naturnahe Bereiche der Binnengewässer, Moore, aber auch Trockenrasen und Wacholderheiden, werden unmittelbar gesetzlich geschützt. Es bedarf keiner Schutzerklärung oder eines bestimmten Verfahrens, um den Schutz wirksam werden zu lassen. Handlungen, die zu einer Zerstörung oder erheblichen Beeinträchtigung der Biotope führen können, sind verboten. Es kommt nicht auf den Eingriffscharakter dieser Handlungen an. Vom Verbot kann auf Antrag eine Ausnahme zugelassen werden, wenn die Beeinträchtigungen ausgeglichen werden können. Das repressive Verbot wird also mit einer Ausnahmebewilligung verknüpft, die jedoch im Ermessen der Behörde steht. Der Verursacher hat anders als bei der "normalen" Eingriffsregelung keinen Rechtsanspruch auf die Bewilligung, selbst dann nicht, wenn die Voraussetzung erfüllt ist, dass eine Kompensation in Form eines Ausgleichs erfolgen könnte (gleichartiges Biotop auf der gleichen Fläche bzw. angrenzend). Die Behörde hat dann immer noch einen Ermessensspielraum. Das Instrument des gesetzlichen Biotopschutzes ist als sog. allgemeiner Grundsatz abweichungsfest, § 30 Abs. 1. Die Länder können nach § 30 Abs. 2 Satz 2 aber erweiternd weitere Biotoptypen (und sog. Geotope), die regional bedeutsam sind, dem gleichen gesetzlichen Schutzregime unterstellen wie die in § 30 Abs. 2 Nr. 1-6 aufgezählten Biotoptypen.
Schutz und Pflege wildlebender Tiere und Pflanzen (Artenschutz)
Der Artenschutz ist eine alte Materie des nationalen Naturschutzrechts, ist aber durch Völkerrecht und Unionsrecht erweitert worden (siehe oben). Er dient nicht mehr nur, wie zur Zeit seiner Entstehung, in erster Linie dem Schutz des Individuums (Pflanze, Tier, Eier, Larven etc.), sondern der Art als solcher und seiner wildlebenden Populationen. Er darf nicht mit dem Tierschutz verwechselt werden, der sich mit dem Tierwohl v.a. der Tiere in menschlicher Obhut befasst. Die EU-Artenschutzverordnung (und CITES) werden auf nationaler Ebene ergänzt u.a. durch die aufgrund § 54 Abs. 1 erlassene Bundesartenschutzverordnung.
Das deutsche Artenschutzrecht differenziert zwischen
Arten ohne Schutzstatus,
besonders geschützten Arten und
streng geschützten Arten.
Die §§ 37 ff. ergänzen also zum einen den flächenhaften Schutz von Lebensräumen (§§ 20 ff., 30, 31 ff.) und schützen zum anderen wild lebende Tiere und Pflanzen durch gesetzliche Verbote "flächendeckend" vor schädlichen Handlungen (§ 39 Abs. 1). Hinzu kommen weitergehende Verbote bei besonders geschützten Tier- und Pflanzenarten (§§ 44 ff.). Der Einfluss des internationalen und europäischen Artenschutzrechts (Berner Konvention, FFH-Richtlinie) zeigt sich deutlich z. B. an § 45a BNatSchG ("Umgang mit dem Wolf "), der mit dem zweiten Gesetz zur Änderung des BNatSchG kürzlich eingefügt wurde. Das Recht des Artenschutzes ist wegen seiner europäischen und internationalen Rechtsquellen abweichungsfest (siehe Art. 72 Abs. 3 Nr. 2 GG). Die Länder dürfen also keine schwächeren Regelungen erlassen.
Das geltende Artenschutzrecht ist hoch kompliziert. Nur beispielhaft sei darauf hingewiesen, dass die artenschutzrechtlichen Verbote auch bei (geplanten) Eingriffen oder Planfeststellungsverfahren gelten. Für diese enthält § 44 Abs. 5 spezifische Regelungen, je nachdem, ob Arten nach Anhang IV der FFH-RL, europäische Vogelarten oder Arten nationaler Verantwortung (vgl. § 54) betroffen sind oder andere Arten, für die § 44 Abs. 5 S.5 gilt. § 44 Abs. 5 S. 2-4 enthält für jene Arten eine spezielle artenschutzrechtliche Prüfung. Sie ist auch bei Vorhaben außerhalb von Schutzgebieten durchzuführen. Die Relevanz dieser Vorschriften ist groß, da z. B. alle Fledermausarten Arten des Anhangs IV der FFH-RL sind, europäische Vogelarten z. B. beim Bau von Windkraftanlagen oft betroffen sind und zu den Arten nationaler Verantwortung auch Farn- und Blütenpflanzen und Insekten, z. B. bestimmte Laufkäfer, gehören.
Die Rechtsprechung hat Anforderungen hinsichtlich der Untersuchungsmethodik aufgestellt. In der Regel ist eine zuvorige Bestandsaufnahme vor Ort mit Begehung und Erfassung des Arteninventars erforderlich. Unter Umständen sind dann Vermeidungsmaßnahmen und funktionserhaltende Maßnahmen (sog. CEF-Maßnahmen) durchzuführen und ggf. anzuordnen. Soweit erforderlich, können auch vorgezogene Ausgleichmaßnahmen angeordnet werden (siehe § 44 Abs. 5 S. 3). Die Einhaltung der artenschutzrechtlichen Vorschriften ist in der Praxis, z. B. bei der forstwirtschaftlichen Bewirtschaftung, kaum gewährleistet. Bei der Genehmigung von Windkraftanlagen (Bestehen eines erhöhten Kollisionsrisikos z. B. für bestimmte Vogelarten und Fledermäuse), aber auch bei der Sanierung von Altbauten in der Stadt (z. B. Fledermausquartiere) können stets Probleme auftreten. Erforderlich ist hier eine ökologische Baubegleitung durch fachkundige Personen.
Und sonst im Bundesnaturschutzgesetz …
Breiten Raum im BNatSchG und den Ausführungsgesetzen der Länder nehmen Vorschriften zu Zuständigkeiten und Genehmigungen z. B. zu den Besitzverboten des Artenschutzrechts ein (vgl. § 45, §§ 48 ff.). Der Kampf gegen invasive (eindringende) Arten ist inzwischen in komplizierten Vorschriften verankert, bis hin zur Beteiligung der Öffentlichkeit, vgl. z. B. § 40f.
Da die Natur selbst keine Rechte hat und (bislang) auch natürliche Personen keine eigenen (subjektive) Rechte "pro Natura" geltend machen können, ist die Mitwirkung anerkannter Naturschutzvereinigungen an Vorgängen, die sich auf Natur und Landschaft erheblich auswirken können, eine Möglichkeit, diese Interessen angemessen einzubringen, wie dies Art. 20a GG und die §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 3 BNatSchG voraussetzen.
QuellentextGesetz über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz – BNatSchG)
§ 1 Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege
(1) Natur und Landschaft sind auf Grund ihres eigenen Wertes und als Grundlage für Leben und Gesundheit des Menschen auch in Verantwortung für die künftigen Generationen im besiedelten und unbesiedelten Bereich […] so zu schützen, dass
die biologische Vielfalt,
die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts einschließlich der Regenerationsfähigkeit und nachhaltigen Nutzungsfähigkeit der Naturgüter sowie
die Vielfalt, Eigenart und Schönheit sowie der Erholungswert von Natur und Landschaft
Mitwirkungsrechte anerkannter Naturschutzvereinigungen mit den ihnen eingeräumten Rechtsbehelfen vor den Verwaltungsgerichten regeln § 63 f. Die naturschutzrechtliche Vereinsklage ist ein wichtiges Instrument der Verbände, das Vollzugsdefizit im Naturschutzrecht in Grenzen zu halten. Die früher sogenannte "Verbandsklage" ist seit ihrer Einführung gegen Ende der 1970er Jahre Gegenstand der Kritik von Seiten der Wirtschaft, kann aber auf eine Erfolgsbilanz hinweisen. Ohne die (überproportional erfolgreichen) gerichtlichen Verfahren hätte es die Weiterentwicklung des Naturschutzrechts durch die Rechtsprechung nicht gegeben. Das gilt insbesondere auch für die Fortentwicklung der Vereinsklage durch europa- und völkerrechtliche Vorgaben (siehe oben zur Aarhus-Konvention und zum Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz ).
Erholung in Natur und Landschaft
Das Naturschutzrecht gewährleistet auch die Erholungsfunktion der Landschaft. Voraussetzung zur Erholung ist das Recht zum Betreten der freien Landschaft, wobei § 59 Abs. 1 nur das Betreten auf ungenutzten Flächen der Flur (oder Feldmark) und auf Wegen regelt. Das in der Praxis bedeutsamere Waldbetretungsrecht richtet sich nach dem Bundeswaldgesetz und den Landeswaldgesetzen (vgl. § 59 Abs. 2). Gewährleistet ist zunächst "nur" das bloße Betreten. Einschränkungen und Erweiterungen, z. B. Reit- oder Radwege, Wegegebot in NSG und Nationalparken sind nach örtlichen Vorschriften möglich.
Ordnungswidrigkeitenrecht und Strafvorschriften
Zitat
Straf- und ordnungswidrigkeitsrechtliche Sanktionen bilden ein wohl unverzichtbares, aus naturschützerischer Sicht aber nachrangiges Instrument, weil sie Natur und Landschaft nicht erhalten oder verbessern.
§ 69 Abs. 1 Nr. 1-27 stellt spezifische Verstöße unter Bußgeldandrohung. Diese Ordnungswidrigkeiten können bei schwereren Verstößen mit einer Geldbuße bis zu 50.000 Euro, in leichteren Fällen mit einer Geldbuße bis zu 10.000 Euro geahndet werden. Ein schwererer Fall liegt z. B. vor, wenn jemand ohne die erforderliche Genehmigung einen Eingriff in Natur und Landschaft vornimmt; ein leichterer, wer eine artenschutzrechtliche Einfuhrmeldung nicht oder nicht rechtzeitig vorlegt. Wenig bekannt und daher nur mit mäßig abschreckender Wirkung und geringer Bedeutung sind die speziellen Strafvorschriften im Naturschutzrecht. Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren kann bestraft werden, wer eine vorsätzliche Handlung begeht, die sich auf Tiere oder Pflanzen einer streng geschützten Art bezieht (siehe § 71 Abs. 1). Dies betrifft z. B. das Zerstören von Fledermausquartieren. Auch die fahrlässige Begehungsform kann mit Freiheitsstrafe (oder Geldstrafe) geahndet werden (siehe § 71 Abs. 3). Auf den Spezialstrafbestand einer Gefährdung schutzbedürftiger Gebiete im 28. Abschnitt des Besonderen Teils des Strafgesetzbuches (siehe § 329 Abs. 3 und 4 StGB), der sich auf NSG, Nationalparke und "Natura 2000"-Gebiete bezieht, sei abschließend hingewiesen.
Prof. Dr. Detlef Czybulka hatte bis 2012 einen Lehrstuhl für Öffentliches Recht, v.a. Umweltrecht an der Universität Rostock inne, danach leitete er bis 2017 daselbst eine interdisziplinäre Forschungsgruppe mit Schwerpunkt auf Projekten im Meeresnaturschutz. Zahlreiche Herausgeberschaften, Beiträge und Kommentierungen im Naturschutzrecht und Seerecht. Prof. Czybulka ist Vorsitzender des Deutschen Naturschutzrechtstages e.V.
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